PfüB zurückweisen wegen Unklarheit bezgl. Forderung

  • Hallo,

    ich habe einen PfÜB-Antrag auf dem Tisch, bei dem ich mir nicht wirklich schlüssig bin, ob dieser so erlassen werden kann.

    Hintergrund ist folgender:
    Gläubigerin hat gegen den Schuldner einen Titel vom Arbeitsgericht auf Zahlung von Lohn und Urlaubsgeld (jeweils brutto; z.B. 2000,-€ brutto).

    Bei der Antragstellung war die Gläubigerin persönlich beim Amtsgericht und hat als Unterlagen neben dem Titel auch noch den bisherigen Schriftverkehr zwischen ihr und der Schuldnerseite vorgelegt. Aus dem Schriftverkehr ergibt sich, dass die Schuldnervertreterin bereits mehrfach versucht hat, die Gläubigerin zum Nachweis der aktuell gültigen Steuerklasse vorzulegen.
    Nachdem dies nicht geschehen ist, hat der Schulder eben nach Steuerklasse 6 abgerechnet und den sich daraus ergebenden Betrag x an die Schuldner ausbezahlt.
    Gläubigerin behauptet, sie habe die Lohnsteuerkarte über ihre Anwältin bereits an die Schuldnerseite aushändigen lassen. Ein Telefonat mit der Gläubigervertreterin hat jedoch ergeben, dass diese nicht in Besitz der Steuerkarte sei und bereits an die Gläubigerin zurückgegeben wurde.

    Aus Sicht des Schuldners hat dieser seine Zahlungsverpflichtung aus dem Titel erfüllt, da er nach dem momentanen Stand lediglich nach Steuerklasse 6 abrechnen darf, solange kein gegenteiliger Nachweis vorliegt.

    Ich tendiere auch dazu, den Antrag zurückzuweisen (fehlendes Rechtsschutzbedürfnis, da Forderung erledigt?)...allerdings ist es ja nicht Aufgabe des Vollsrteckungsgerichts zu prüfen, ob die Forderung auch korrekt abgerechnet und ausbezahlt wurde bzw. von welcher Steuerklasse der Schuldner auszugehen hat....das würde doch in die materielle Prüfung gehen.

    Jedoch sträube ich mich dagegen, den PfüB zu erlassen, da dies meiner Meinung nach nicht richtig sein kann....denn nach Aktenlage hat der Schuldner alles getan, um seine Schuld zu erfüllen.
    Keine Forderung, somit kein Rechtsschutzbedürfnis für PfÜB.

    Wie seht ihr das???

  • Ich sehe hier schon eine ziemliche Prüfung materiellen Rechts, die eigentlich nicht zulässig ist. Ebenso sind die Streitigkeiten bezüglich der Lohnsteuerklasse nicht im Pfüb Verfahren zu klären-ich würde eher zum Erlass tendieren, gegebenenfalls wäre auch das "weniger" also nur die Pfändung als solche und ohne Überweisung aus meiner Sicht denkbar.

  • Ist der Beschluss in Höhe des vollen Urteilsbetrages beantragt worden?


    Die Gläubigerin hat den Titel vorgelegt und gleichzeitig einen Betrag angegeben, den sie bereits erhalten hat.
    Tituliert ist aber Brutto.....erhalten hat Sie einen Betrag x Netto.
    Das heißt, die Forderung wird im PfüB wie folgt ausgewiesen: Tituliert Brutto - erhalten Netto = Rest ???
    Ist das nicht zu unbestimmt?

  • Nein, das ist nicht zu unbestimmt. Auch arbeitsgerichtliche Titel auf Zahlung von Bruttoeinkommen und Bruttoabfindungen sind grundsätzlich vollstreckungsfähig (siehe beispielhaft LG Berlin DGVZ 1993 Seite 27). Beigetrieben werden kann der volle Bruttobetrag, evtl. Zahlungen können gegen Quittungsvorlage im Rahmen des § 775 Nr. 4 ZPO geltend gemacht werden (so LG Berlin aaO). Allerdings wäre über § 775 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 776 ZPO auch keine Einstellung möglich, wenn die Gläubigerin den über § 775 Nr. 4 ZPO nur vorläufig zu berücksichtigenden materiellrechtlichen Erfüllungseinwand bestreitet (vgl. Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl. § 775 Rdnr. 12).

  • Habe jetzt ein ähnliches Problem und würde mich über eure Meinungen freuen:

    arbeitsgerichtlicher Vergleich mit u. a. folgendem Inhalt:

    "Der Beklagte zahlt an die Klägerin rückständigen Arbeitslohn für Monat A von 1.000 € brutto und für Monat B von 1.000,- €."

    "Die Zahlung erfolgt in zwei gleichen Raten in den Monaten C und D, jeweils bis zum x. Tag des Monats."


    Pfüb wurde beantragt wegen 1.000,- € Hauptforderung (ohne Angabe, welcher Monat offen ist oder ob es sich ggf. um eine Teilforderung handelt). Auf Nachfrage Klarstellung, dass es sich bei den 1.000,- € "um den 2. Teilbetrag aus dem Vergleich handelt". Der erste Betrag sei gezahlt worden. Nach meiner Lesart ist damit der Lohn für den Monat B noch offen.

    Wegen zwischenzeitlich weiterer Zahlungen sei der Pfüb-Antrag entsprechend dargelegter Berechnung zu reduzieren:

    In diesem Zusammenhang nimmt der Gläubiger-RA allerdings Bezug auf eine Korrekturabrechnung für Monat A. Diese weise neben der "ursprünglichen Vergütung" die im Vergleich vereinbarten 1.000,- € brutto aus. Somit ergebe sich aus dem Gesamtbrutto von knapp 2.500,- € ein Netto von knapp 2.000,- € für den Monat A (im Schriftsatz stehen natürlich die genauen Zahlen). Hierauf seien vor dem Rechtsstreit reichlich 1.100,- € geleistet worden, so dass reichlich 800,- € noch offen seien.

    Für Monat B seien bei der Abrechnung zu dem bereits abgerechneten Bruttobetrag von knapp 400,- € der Vergleichsbetrag von 1.000,- € addiert worden. Es ergebe sich daher ein Nettobetrag von knapp 1.100,- €. Laut Lohnabrechnung betrage der Auszahlungsbetrag jedoch ca. 1.350,- €, daher rechne er mit diesem.

    Im Folgenden wurden vom Gl.-RA die Beträge von (reichlich) 800,- € und die ca. 1.350,- € addiert und verschiedene Teilzahlungen der Gegenseite in Abzug gebracht.

    Letztlich verbleibe ein Nettobetrag von 3xx,xx €, wegen dem der Pfüb nunmehr ergehen solle.

    Kann aus eurer Sicht der Pfüb erlassen werden? Ich hadere damit, dass beim Ausgangspunkt der Berechnung auch nicht titulierte Forderungen mit herangezogen werden und insoweit wohl auch die Verechnung der Zahlungen erfolgte.

  • Das geht so natürlich nicht, vollstreckt werden kann nur was tituliert ist. Ich würde eine Forderungsaufstellung verlangen in der ausschließlich titulierte Beträge enthalten sind

    Hinsichtlich der Verrechnung von Zahlungen auf nicht titulierte Beträge/Forderungen: Siehst du das als Problem (des Vollstreckungsgerichts)?

    (In der wohl nachzureichenden Forderungsaufstellung könnten geringere Beträge an Zahlungen erscheinen als mir jetzt per Schriftsatz mitgeteilt wurden.)

  • Zu prüfen ist nur, ob die geltend gemachte Forderung durch den Titel gedeckt ist. Eine Verrechnung des Gläubigers habe ich als Vollstreckungsorgan nicht zu prüfen, es muss dem Schuldner überlassen bleiben ggf. nach § 767 ZPO seine Reche zu verfolgen.

  • Zu prüfen ist nur, ob die geltend gemachte Forderung durch den Titel gedeckt ist. Eine Verrechnung des Gläubigers habe ich als Vollstreckungsorgan nicht zu prüfen, es muss dem Schuldner überlassen bleiben ggf. nach § 767 ZPO seine Reche zu verfolgen.


    Merkwürdig kommt es mir dennoch vor, wenn mir der Gläubiger zur Erläuterung der im Pfüb geltend gemachten Forderung in etwa schreibt:

    Der Schuldner hat zwar Zahlungen von x € am ..., y € am ... und z € am ... geleistet, diese sind jedoch nicht auf die titulierte Forderung zu verrechnen, weil weitere Ansprüche gegen den Schuldner bestehen.
    (Auf die dann offenbar die Zahlungen verrechnet wurden.)

    Ab und an kommt das - außer in dem von mir geschilderten Fall - auch Pfüb-Anträgen aufgrund Teil-Vollstreckungsbescheiden vor.

    Da erscheinen auch die Forderungen, denen eigentlich im Mahnverfahren widersprochen wurde, mit in der Forderungsaufstellung. Diese sind dann zwar getilgt (so dass bei Antrag auf Pfüb davon nichts mehr offen ist), weil die Teilzahlungen des Schuldners eben (zuerst) auf die nicht titulierten Positionen verrechnet wurden. Das finde ich immer sehr unschön. Und ob der Schuldner mit seinen Zahlungen nun ausgerechnet die Beträge tilgen wollte, denen er im Mahnverfahren widersprochen hat, halte ich für sehr fraglich.

  • Ich hatte in der Bearbeitung Fälle, in denen die städt. Kinderbetreuungskosten nicht öffentlich-rechtlicher Natur waren.
    Die mussten jedesmal tituliert und mit PFÜB beigtrieben werden und jedesmal mit Rückfrage. Denn, 3x aufeinanderfolgend nicht bezahlt = rausgeworfen.
    Aber 2 alte Raten offen und die nächste Zahlung auf die morgen enstehende Forderung: gangbar.

    Kommt halt drauf an, was der Schuldner bei Zahlung angegeben hat - § 366 Abs. 1 BGB.
    Mit einem übergenauen Gläubiger kommt man auf Deinen Fall.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti


  • Der Schuldner hat zwar Zahlungen von x € am ..., y € am ... und z € am ... geleistet, diese sind jedoch nicht auf die titulierte Forderung zu verrechnen, weil weitere Ansprüche gegen den Schuldner bestehen.
    (Auf die dann offenbar die Zahlungen verrechnet wurden.)


    Ob die genannte Vorschrift auf den geschilderten Fall passt? :gruebel: M. E. fehlt es dafür an Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen.

    Häh? Schreibst Du doch selber.

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  • Der Schuldner hat zwar Zahlungen von x € am ..., y € am ... und z € am ... geleistet, diese sind jedoch nicht auf die titulierte Forderung zu verrechnen, weil weitere Ansprüche gegen den Schuldner bestehen.
    (Auf die dann offenbar die Zahlungen verrechnet wurden.)


    Ob die genannte Vorschrift auf den geschilderten Fall passt? :gruebel: M. E. fehlt es dafür an Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen.

    Häh? Schreibst Du doch selber.

    Ja tut mir leid, der Beispiel-Fall war so zu unkonkret geschildert.

    Gemeint waren nicht Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen, sondern mehrere Forderungen aus dem selben Rechtsgrund bzw. auch nur Forderungsteile.

    Um an das obige Beispiel ist dem Lohn anzuknüpfen: Gl. hat für zwei Monate Lohnforderungen, jeweils nur teilweise tituliert. Schuldner leistet Teilzahlungen, Gläubiger verrechnet diese auf die nicht titulierten Forderungsteile und vollstreckt aus dem Titel in voller Höhe

    Oder eben bei einem Pfüb-Antrag aus einem Vollstreckungsbescheid nach Teilwiderspruch verrechnet der Gläubiger erhaltene Teilzahlungen auf die widersprochenen Forderungsteile.

    Das hat mich als Vollstreckungsgericht aber wohl dennoch nicht zu interessieren?

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