Heilung eines (form-)unwirksamen Testaments

  • Guten Morgen!

    Ich würde gerne mal eure Meinung zu folgendem Fall hören:

    Mir liegt ein maschinegeschriebenes gemeinschaftliches Testament von Eheleuten vor, in welchem diese sich gegenseitig zu Erben eingesetzt haben für den Fall des Todes des Erstversterbenenden. Für den Fall, dass der Letztversterbende nicht anders verfügt, wurden die beiden Kinder zu Erben desjenigen benannt.

    Zunächst mal ist der Fall klar, das Testament ist nicht wirksam.

    Ich frage mich jetzt, ob diese Unwirksamkeit ggf. durch das weitere mir vorliegende handschriftliche gemeinschaftliche Testament geheilt werden kann (irgendwas spukt in meinem Kopf herum)... In diesem 2. Testament wird ausdrücklich bestätigt, dass es bei dem ersten Testament bleiben soll.

    Ist eine solche "Heilung" des unwirksamen Testaments möglich??? Die Familie scheint sich wohl auch grundsätzlich einig darüber zu sein, dass die Mutter nun Alleinerbin geworden ist.

    Danke schon jetzt für eure Hilfe!!!

  • Na ja, es gibt schon einen Fall, in dem ein maschinenschriftlich oder sogar von einer fremden Person geschriebenes privatschriftliches Testament des Erblassers trotzdem wirksam sein kann:

    Der Erblasser schreibt mit Maschine sein Testament (oder läßt es sich von einem Dritten -egal wie- schreiben) und steckt es z.B. in einen Umschlag. Dann geht er zum Notar und erklärt ihm, dass in dem Umschlag sein Testament sei und er es hinterlegt haben will. So kann es kommen, dass ein maschinenschriftliches privates Testament zum "öffentlichen Testament" wird und volle Formwirksamkeit entfaltet.

    Glaubt ihr nicht? Na dann einfach mal § 2232 BGB aufmerksam lesen. Habe ich selbst nicht geglaubt, bis ich mal so nen Fall hatte :)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich halte diesen Vergleich im hier erörterten Kontext für verfehlt, weil es sich bei der Testamentserrichtung durch Übergabe einer Schrift i.S. des § 2232 BGB von vorneherein um ein öffentliches Testament handelt. Es stellt sich somit nicht die Frage, ob ein zunächst formunwirksames privatschriftliches (sic!) Testament später als privatschriftliches (sic!) Testament wirksam werden kann.

  • Ich wollte nicht vergleichen oder auf den bestehenden Sachverhalt eingehen, sondern lediglich ganz allgemein aufzeigen oder vervollständigen, dass es eben doch einen Weg der "Heilung" gibt, den sicher nur wenige User kennen.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (7. November 2011 um 17:35)

  • Wenn eine privatschriftliche Testierung mit entsprechendem Testierwillen beabsichtigt war und die Niederschrift des Testaments formunwirksam ist, dann stimme ich Dir für den Zeitraum zwischen der Niederschrift des Testaments und der notariellen Beurkundung zu. Streng genommen handelt es sich dann aber nicht um eine Heilung der Formunwirksamkeit, sondern um ein von vorneherein wirksames öffentliches Testament, während die Ursprungsniederschrift als privatschriftliches Testament weiterhin formunwirksam bliebe.

    Testamentserrichtungen nach § 2232 BGB sind mir schon einige Male untergekommen. Aber Du hast recht: Man sollte diese Möglichkeit der Testierung schon kennen und der Hinweis darauf war daher durchaus angebracht.

  • OK ich hab jetzt mal in meinem letzten Beitrag das Wort "Heilung" in "" gesetzt. Dennoch können ja zwischen der Erichtung des ansich formunwirksamen Testaments und der Einreichung beim Notar sogar viele Jahre liegen....

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  • Ich würde mich an dieser Stelle mit einem Testament (Nachtrag) ranhängen, was ich bisher so auch noch nicht hatte.

    1. TES aus 1987: gemeinschaftlich, not. mit gegenseitiger Erbeinsetzung und Vermächtnissen für den Fall, dass die Frau stirbt, ohne Schlusserbeinsetzung, jedoch mit dem Satz, der überlebende Ehegatte soll jederzeit in der Lage sein ein neues Testament zu errichten.

    2. TES aus 2009: ist teils mit Hand, teils mit Maschine geschrieben in folgender Weise: maschineller Teil lautet
    "Nachtrag zum TES vom...,
    Schlusserben sollen sein, a bis f und hier nur die Vornamen der Personen...
    zu gleichen Teilen.
    Der überlebende Ehegatte kann neu testieren.

    Mit der Hand wurden das Datum, beide Unterschriften und alle Familiennamen der Personen von a bis f und deren Anschriften angebracht.


    Der erste Erbfall ist nicht das Problem, der Ehegatte, in dem Fall die Frau.

    Was mache ich mit dem Nachtrag, der Schlusserbeinsetzung?
    Ich tendiere zur Unwirksamkeit, decke ich alle maschinellen Teile ab, bleiben die Familiennamen, die Anschriften und die Unterschriften, also eine Auflistung von Anschriften aus der ohne Kontext nicht erkennbar ist, was damit geschehen soll.

    Gibt es jemanden, der so einen "Mischmasch" schon einmal vorliegen hatte?

    Danke für die Unterstützung

  • Bei einem teils eigenhändig, teils mit Schreibmaschine geschriebenen Testament ist der eigenhändige Teil gültig, sofern der formgerecht verfasste Teil des Testaments für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt. (OLG Zweibrücken, Beschluss 17.4.03, 3 W 48/03, OLGR 03, 260)

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  • Es ist der 1. Erbfall, für die jetzige Erbfolge ist der Nachtrag noch nicht relevant. Aber der Ehegatte sitzt demnächst vor mir und da die Möglichkeit der erneuten Testierung in dem not. TES enthalten ist denke ich, dass es richtig wäre dem Ehegatten einen Satz zum Nachtrag zu sagen. Er hätte ja die Möglichkeit die Dinge noch zu richten. Im Termin stellen die Leute ja sehr oft die Frage wie es dann mit dem 2. Erbfall ist.

    Außerdem war dieses Problem für mich neu und ich versuch die Dinge für mich möglichst schnell und im Ganzen zu klären, da fang ich später nicht noch mal von vorn an.

    Ich werde bei meiner ursprünglichen Tendenz bleiben, unwirksam, da der handschriftliche Teil allein keinen testamentarischen Inhalt hat.

    Dank für die Hilfe

  • Wenn ich Rechtspfleger wäre, würde ich auch dazu raten, ein neues (form)wirksames Testament zu machen. In meiner Doppelfunktion tue ich mich da ein wenig schwer. Es könnte so ausgelegt werden, dass ich den Hals nicht voll genug bekomme...

  • In meiner Doppelfunktion tue ich mich da ein wenig schwer. Es könnte so ausgelegt werden, dass ich den Hals nicht voll genug bekomme...


    Ja, aber wenn's nicht gemacht wird und hinterher schiefgeht, sind das immer die ersten Kunden, die Regreßansprüche androhen. :mad::mad:

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich habe nur vor auf die Unwirksamkeit hinzuweisen und den Grund zu benennen, nicht beraten und nicht belehren. Die Schlüsse daraus sollten die Leute selber ziehen aber ich kann die Möglichkeiten aufzeigen auf Nachfrage. Damit dürfte die Gratwanderung gewahrt sein. Ist manchmal etwas schwierig, die älteren Leute löchern oft und sind dann sauer, wenn man sagt, das geht über eine Auskunft hinaus, beraten bitte RA oder Notar.
    Ich muss auch erst mal schauen wie es mit der Geschäftsfähigkeit ausschaut, die TES sind ja nicht mehr ganz neu und die Testatoren auch nicht.

    Ob der alte Herr dann zum Notar geht und sich noch einmal ausführlich beraten lässt oder ob er den Text einfach noch mal mit der Hand schreibt wie gehabt , ist dann seine Sache.

  • Ich schließe mich hier an, denn es geht auch hier um den Fall einer etwaigen "Heilung" eines formunwirksamen Testaments:

    Etwas vereinfachter Sachverhalt, bitte nicht an den Worten festmachen, es geht nur um die Form:

    Der Ehemann schreibt handschriftlich:

    "Testament:

    Ich, Edeltraud, bestimme, dass nach meinem Tode mein Haus an meinen Ehemann geht."

    Datum

    Unterschrift Frau Unterschrift Mann"

    Danach (so erklärt der Ehemann) ergänzt er, der Mann, das Testament um die Überschrift "Gemeinschaftliches" und setzt den Satz

    "- einer beerbt den anderen!" zwischen zwei Zeilen oberhalb der Unterschriften. Das sieht dann so aus (neu = unterstrichen):


    "Gemeinschaftliches Testament:

    Ich, Edeltraud, bestimme, dass nach meinem Tode mein Haus an meinen Ehemann geht.

    - einer beerbt den anderen!

    Datum

    Unterschrift Frau Unterschrift Mann"


    Es werden keine neuen Unterschriften getätigt. Die Änderung soll unmittelbar nach der Errichtung erfolgt sein.

    Aufgefallen ist mir das nur, weil es ein etwas anderer Stift war, mit dem die Ergänzungen vorgenommen wurden. Angeblich funktionierte der ursprüngliche Kuli nicht mehr.


    Frage:

    Das Ursprungstestament war von IHM geschrieben und in der Ich-Form für seine Frau ("Ich Edeltraud" "mein" Haus etc.).

    Also m. E. ein formunwirksames Einzeltestament auch wenn er mit unterschreiben hat:

    Nur SIE hat verfügt, es ging um ihren Besitz. Er war nicht beteiligt und hat auch nix.

    Die Ergänzung, die NACH der Unterschriftsleitung vorgenommen wurde, macht aus dem formunwirksamen Einzeltestament doch kein formgültiges Ehegattentestament. Oder ist das "heilbar"?

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

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