Wem ist das Kindergeld als Einkommen anzurechnen?

  • Hallo...

    Bisher hab ich immer den Eltern das Kindergeld als Einkommen angerechnet. Jetzt kommt eine Anwältin und erklärt mir, dass nach neuester BVerfG-Rechtsprechung (1 BvR 932/10 vom 14.07.2011) dem Kind das Kindergeld als Einkommen anzurechnen sei.

    In dem Urteil geht es jedoch um Unterhaltsberechnung. Wie seht ihr das????

    Danke und allen ein schönes Wochenende.....

  • Habe ich auch immer so gemacht...lediglich, wenn das Kind noch Unterhalt bekommt, habe ich das als Einkommen des Kindes gewertet...:gruebel:

  • Da hat die Anwältin im Prinzip recht: Kindergeld ist Einkommen des Kindes, wenn es für dessen Lebensunterhalt benötigt wird. Wird der Lebensunterhalt anderweitg gedeckt, ist es Einkommen der Eltern. Hat der BGH schon lange so entschieden, 26. jan 2005 XII ZB 234/03
    Leitsatz:

    Kindergeld, das die um Prozeßkostenhilfe nachsuchende Partei bezieht, ist als
    deren Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen,
    soweit es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen
    Kindes zu verwenden ist.

  • Im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist Kindergeld Einkommen des Elternteils, dem es zufließt.
    Der notwendige Lebensunterhalt des bei der Partei lebenden Kindes ist durch den zu
    berücksichtigenden Freibetrag und die abzugsfähigen Kosten der Unterkunft und Heizung
    gedeckt.
    OLG Karlsruhe, JurBüro 2006, 261 = NJW-RR 2006, 945; OLG Nürnberg, FamRZ
    2000, 102

  • Muss man das nicht nach der neuen Entscheidung des BVerfG zum Unterhaltsrecht anders / neu bewerten? Die Kinder bekommen ja auch im Rahmen von ALG II zuerst Kindergeld, das dann auf ALG II angerechnet wird (entsprechend gibt es weniger ALG II, weil das Kindergeld offensichtlich im Sozialhilfrecht als Einkommen des Kindes beurteilt wird).

    Im Rahmen der ZV berücksichtige ich das Kindergeld immer als Einkommen des Kindes. Wird das im Rahmen der PKH so völlig anders gesehen?

  • Die BGH-Entscheidung ist wie folgt zu verstehen (Beispiel):

    Kind in der 3. Altersstufe (9 Jahre) erhält 250 € Unterhalt oder hat insoweit eigenes Einkommen (z.B. als Auszubildender). Weiterhin erhält die Mutter 184 € Kindergeld. Der Freibetrag wäre derzeit 316 €.

    Dann wird das Kindergeld beim Kind in Höhe von (250 + 184) - 316 = 118 € berücksichtigt und in Folge bei der Kindesmutter in Höhe von 66 € bei der Kindesmutter als deren Einkommen.
    Kann die Kindesmutter jedoch nachweisen, dass sie das Kindergeld vollständig für das Kind aufbringt, zB. weil das Kind erhöhte Belastungen durch seine Ausbildung hat und demzufolge neben seinem Unterhalt das Kindergeld in voller Höhe erhält, wird bei der Mutter dann nichts als Einkommen gewertet.

  • "Keine" widerspricht aber der in #4 bezeichneten BGH-Entscheidung, der im Übrigen z.B. schon etwa eine fast gleichlautende Entscheidung des OLG Dresden vorausgegangen war.
    Wenn das überschüssige Kindergeld nicht bei dem Elternteil als Einkommen gezählt werden, sollte das aber die Bezirksrevisoren zu Beschwerden ermuntern. Oftmals ist diese teilweise Berücksichtigung von Kindergeld als Einkommen bei mir sogar ein Grund für die Nichtgewährung von Beratungshilfe. Noch nicht ein Anwalt hat dies beanstandet.

  • Die BGH-Entscheidung ist wie folgt zu verstehen (Beispiel):

    Kind in der 3. Altersstufe (9 Jahre) erhält 250 € Unterhalt oder hat insoweit eigenes Einkommen (z.B. als Auszubildender). Weiterhin erhält die Mutter 184 € Kindergeld. Der Freibetrag wäre derzeit 316 €.

    Dann wird das Kindergeld beim Kind in Höhe von (250 + 184) - 316 = 118 € berücksichtigt und in Folge bei der Kindesmutter in Höhe von 66 € bei der Kindesmutter als deren Einkommen.
    Kann die Kindesmutter jedoch nachweisen, dass sie das Kindergeld vollständig für das Kind aufbringt, zB. weil das Kind erhöhte Belastungen durch seine Ausbildung hat und demzufolge neben seinem Unterhalt das Kindergeld in voller Höhe erhält, wird bei der Mutter dann nichts als Einkommen gewertet.

    So ganz kann ich der Rechnung nicht zustimmen. Wir rechnen hier so - und das hat das Oberlandesgericht auch schon mehrfach so bestätigt:

    Kind z. B. 16 Jahre hat einen Bedarf für seien Lebensunterhalt in Höhe des Freibetrag nach § 115 I S. 3 Nr. 2 ZPO von 316 €
    Der Lebensunterhalt wird gedeckt durch:
    es erhält Unterhalt vom Vater 250 €
    somit noch verbleibender Bedarf ,
    der vom Kindergeld zu decken ist. 66 €

    Damit wird Kindergeld in Höhe von 116 € (184-66) nicht für den Lebensunterhalt des Kindes benötigt und ist daher Einkommen der Mutter, bei der das Kind lebt.

    Einmal editiert, zuletzt von Ini (10. November 2011 um 13:35)

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