Ablauf der Abtretungserklärung - was ist mit dem letzten Monat?

  • Zu dem Thema habe ich schon alle möglichen Meinungen gehört, daher würde mich mal interessieren, wie Eure Insolvenzgerichte das sehen:

    Die Abtretungserklärung läuft am 14.12. ab. Gehaltszahlung erfolgt am 29.12. Was ist mit den pfändbaren EK-Anteilen? Muss man den letzten Monat aufteilen oder ist alles, was nach Abluaf der Abtretung eingeht, dem Schulder zu belassen?

    Grüße

  • Zu dem Thema habe ich schon alle möglichen Meinungen gehört, daher würde mich mal interessieren, wie Eure Insolvenzgerichte das sehen:

    Die Abtretungserklärung läuft am 14.12. ab. Gehaltszahlung erfolgt am 29.12. Was ist mit den pfändbaren EK-Anteilen? Muss man den letzten Monat aufteilen oder ist alles, was nach Abluaf der Abtretung eingeht, dem Schulder zu belassen?

    Grüße

    Weil am Zahltag keine wirksame Abtretung mehr vorliegt, ist die Abtretung erledigt und es wird nichts einbehalten.

    Aber es gibt auch andere Meinungen (die natürlich falsch sind :D).

  • Also ich würde taggenau abrechnen und die pfändbaren Anteile des Zeitraums 1.12. bis 14.12. entsprechend abführen. § 614 BGB regelt ja bloß die Fälligkeit am Monatsende. Begründet wurde dieser Vergütungsanspruch ja aber nicht erst am 31.12.

  • Das Thema hatten wir hier aber schon soooooooo oft. Da gibt es wirklich ALLE Meinungen...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Es gibt meiner Meinung nach drei Gründe dafür, dass die Abtretung die pfändbaren Beträge, die nach dem Ende der Laufzeit der Abtretung zahlbar sind, nicht mehr erfasst:

    Die Abtretung an den Treuhänder endet taggenau mit Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Schuldner hat den jeweils pfändbaren Betrag von seinen monatlichen Bezügen an den TH abgetreten. Nach dem Ende der Laufzeit der Abtretung liegt keine wirksame Abtretung mehr vor, die danach fällige Lohnansprüche erfassen könnte.

    Die Insolvenzordnung kennt in ihrem Zusammenhang zwei Abtretungen.

    Die (vorherige) Abtretung nach § 114 Abs. 1 InsO ist noch für zwei Jahre nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats wirksam.

    Mit der Abtretung an den Treuhänder nach § 287 Abs. 2 InsO soll der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge (….) für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (….) abtreten.

    Im Gegensatz zu § 114 Abs. 1 InsO bestimmt § 287 Abs. 2 InsO nicht die Laufzeit auf sechs Jahre nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats sondern spricht nur von sechs Jahren nach der Eröffnung.

    Hier liegt ein gravierender Unterschied zu der Regelung der Wirksamkeit der vorherigen Abtretung nach § 114 Abs. 1 InsO. Der Gesetzgeber hat zu der Abtretung an den TH (scheinbar) bewusst (wissen tut man das ja nie), eine andere Regelung getroffen als in § 114 Abs. 1 InsO. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass die Abtretung mit Ablauf des Monats enden sollte, hätte er das auch so regeln können, wie im § 114 Abs. 1 InsO), hat er aber nicht.

    Man könnte vermuten, dass der Gesetzgeber das auch ganz bewusst so gemacht hat, und zwar aus folgendem Grund:

    Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.

    Das bedeutet, dass, wenn das Insolvenzverfahren am 28. eines Monats eröffnet wird, gehören die Bezüge, die am Monatsultimo fällig und zahlbar werden, zur Insolvenzmasse, soweit sie nicht unpfändbar sind (§ 36 Abs. 1 InsO). Also der gesamte pfändbare Teil der Bezüge für den abgelaufenen Monat (in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde) werden von dem Insolvenzbeschlag erfasst.

    Mit der Laufzeitbegrenzung auf sechs Jahre ab Eröffnung des Verfahrens wollte der Gesetzgeber eine einheitlich lange Laufzeit für alle Schuldner erreichen und nicht die benachteiligen, bei denen das eröffnete Verfahren länger dauert als bei anderen.

    Wenn das Verfahren insgesamt nur 6 Jahre laufen sollte, wäre es nicht gerechtfertigt, den gesamten oder auch nur anteiligen pfändbaren Betrag des letzten Monats (wenn die Lohnzahlung am Ende des Monats erfolgt) von der Abtretung erfassen zu lassen, weil die pfändbaren Beträge von dem Monat der Eröffnung ja schon voll von dem Insolvenzbeschlag erfasst wurden. Somit sind die sechs Jahre voll und es ist kein Grund vorhanden darüber hinaus zu gehen.

    Den pfändbaren Teil oder einen Teil des pfändbaren Betrages des letzten Monats würde dazu führen, dass der Schuldner unter dem Strich mehr zahlen muss, als das, was in sechs Jahren an pfändbaren Bezügen anfällt. Das wäre aber nicht im Sinne des Gesetzgebers.

  • Es gibt meiner Meinung nach drei Gründe dafür, dass die Abtretung die pfändbaren Beträge, die nach dem Ende der Laufzeit der Abtretung zahlbar sind, nicht mehr erfasst:

    Die Abtretung an den Treuhänder ...  

    Danke für die ausführliche Darstellung, klingt plausibel und hilft mir sehr weiter.

    Grüße

  • Es gibt meiner Meinung nach drei Gründe dafür, dass die Abtretung die pfändbaren Beträge, die nach dem Ende der Laufzeit der Abtretung zahlbar sind, nicht mehr erfasst:

    Die Abtretung an den Treuhänder ...

    Danke für die ausführliche Darstellung, klingt plausibel und hilft mir sehr weiter.

    Grüße

    :yes:wieder einen überzeugt :D

  • Klasse Coverna !
    Die Begründung für den Ansatz absolut überzeugend. Bin bisher auch eher in die Richtung "Deines" Ergebnisses gegangen, aber eher so nach dem Motto "macht wie es euch gefällt" und musste es bis heute auch nicht entscheiden. Werd das Thema aber bei der nächsten Besprechung vortragen und - unter Zitat - den Ansatz vortragen.
    Grüße Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Seit diesem hübschen Thread sind jetzt drei Jahre (!) vergangen. Da frag ich doch mal in die Runde, ob es inzwischen Rechtsprechung dazu gibt (und die jemand kennt)?

    Was brauchst Du bei so guten Argumenten noch Rechtsprechungen.

    Außerdem kann man die Entscheidung des BGH in meiner Signatur auch analog auf Rechtsprechungen anwenden :

    Grund dafür, dass diese Frage in der Rechtsprechung nicht behandelt wird, ist infolgedessen allein die Selbstverständlichkeit dieser Lösung. :strecker

    Ob sich einer bis zum BGH begibt um das für den einen Monat klären zu lassen?

  • Seit diesem hübschen Thread sind jetzt drei Jahre (!) vergangen. Da frag ich doch mal in die Runde, ob es inzwischen Rechtsprechung dazu gibt (und die jemand kennt)?

    Was brauchst Du bei so guten Argumenten noch Rechtsprechungen.

    Außerdem kann man die Entscheidung des BGH in meiner Signatur auch analog auf Rechtsprechungen anwenden :

    Grund dafür, dass diese Frage in der Rechtsprechung nicht behandelt wird, ist infolgedessen allein die Selbstverständlichkeit dieser Lösung. :strecker

    Ob sich einer bis zum BGH begibt um das für den einen Monat klären zu lassen?

    Wohl eher nicht, wir sind inzwischen auch auf Deine Lösung umgeschwenkt, ist letztendlich aus Verwaltersicht auch das einfachste ...

  • Leider sehen das aber nicht alle Treuhänder so.

    Mit dieser Argumentation habe ich schon viele Treuhänder überzeugt, aber leider nicht alle. Es gab doch tatsächlich einen, der dann den Schuldner aufgefordert hatte, den fehlenden Betrag selbst zu überweisen, was der dann auch gemacht hat :teufel:

  • Ich verstehe nicht, dass am Ende der Abtretungserklärung drüber nachgedacht wird.

    Am Anfang - mit Eröffnung - fragt doch auch keiner, ob der Verwalter die Kohle nur anteilig einnehmen darf. Wenn am 14. d. M. eröffnet wird und am 29. d. M. Zahltag ist, wird gern alles zur Masse gezogen. Oder bietet man dem Schuldner dann eine anteilige Rückerstattung an? :gruebel:

    Wenn am 29. d. M. eröffnet wird, am 14. d. M. Zahltag war, wird üblicherweise im Eröffnungsmonat NICHTS eingenommen. Da fragt dann niemand nach, ob ´s noch anteilig nachzuzahlen wäre - wäre es ja auch nicht.

    Aber am Ende der WVP möchte man dann noch anteilig etwas einziehen? Die Logik hinter dem Ansinnen erschließt sich mir (immer noch) nicht. :)

  • Das sind 2 Paar Schuhe

    Am Anfang habe ich den Insolvenzbeschlag. Zur Masse gehört alles, was der Schuldner besitzt oder während des Verfahrens erwirbt. Ein Lohnanspruch, der bei Eröffnung schon ausgezahlt ist, fällt nicht mehr drunter, da keine offene Forderung mehr (höchstens wenn er als Konto-guthaben pfändbar ist). Aber ein Lohnanspruch der bei Eröffnung noch nicht erfüllt wurde oder erst nach Eröffnung entsteht, fällt eben - soweit pfändbar - drunter.

    In der WVP haben wir eine Abtretung. Abgetreten ist das pfändbare Einkommen bis zum Tag X. Entscheidend ist, wann der Lohnzahlungsanspruch erworben wird. Und der wird wohl schon mit Erbringung der Arbeitsleistung erworben. Daher fällt m.E. auch der Lohnanspruch bis zum Tag X unter die Abtretung. Auf die Fälligkeit des Anspruchs kommt es dabei m.E. nicht an.

    Krasses Beispiel zur Untermauerung: Sch. schließt Arbeitsvertrag und regelt die Fälligkeit des Arbeitslohns für die nächsten 5 Jahre auf einen Tag nach Ende der WVP (weil er halt eine reiche Ehefrau hat). Darauf kann es nicht ankommen bei der Frage, was unter die Abtretungserklärung fällt.

  • Zunächst scheint das ein guter Einwand zu sein. Allerdings scheint mir das bei näherer Betrachtung ein Missbrauchsfall zu sein, und Missbrauchsfälle regelt man über § 242 BGB, indem man dem Missbrauchenden die Berufung auf den Missbrauch versagt, hier also dem Schuldner die Berufung auf den Einwand, der Arbeitslohn sei erst nach Ablauf der WVP fällig geworden.

    Aber muss man aus dem Missbrauchsfall Konsequenzen für den Regelfall ziehen, für den leicht überschaubare und durchführbare Abgrenzungsregeln erforderlich sind?


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Das sind 2 Paar Schuhe

    Finde ich nicht.

    Am Anfang wird auf die Fälligkeit abgestellt, am Ende muss es das dann auch. Ansonsten nimmt der Verwalter / Treuhänder mehr als für 6 Jahre ein. Nämlich 6 Jahre und - m. E. unberechtigt - ein paar Tage.

  • Wie wäre es denn zu handhaben, wenn die Abtretungserklärung innerhalb des laufenden Insolvenzverfahrens ("weil´s mal wieder länger dauert") endet?

    Da hast du dann nach deiner Auffassung den Insolvenzbeschlag bis Ende des Insolvenzverfahrens (meinetwegen 8 Jahre). Darfst aber dennoch nicht mehr "zuschlagen", weil die 6 Jahre eben um sind ab Eröffnung.

    Genau deswegen hat´s der Gesetzgeber ja jetzt ins Gesetz gepackt (was der BGH vorher in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht hat): Nach Ablauf der Abtretungserklärung kein nach Ablauf der Abtretungserklärung fällig werdender Neuerwerb mehr in die Masse.

  • Das sind 2 Paar Schuhe

    Am Anfang habe ich den Insolvenzbeschlag. Zur Masse gehört alles, was der Schuldner besitzt oder während des Verfahrens erwirbt. Ein Lohnanspruch, der bei Eröffnung schon ausgezahlt ist, fällt nicht mehr drunter, da keine offene Forderung mehr (höchstens wenn er als Konto-guthaben pfändbar ist). Aber ein Lohnanspruch der bei Eröffnung noch nicht erfüllt wurde oder erst nach Eröffnung entsteht, fällt eben - soweit pfändbar - drunter.

    In der WVP haben wir eine Abtretung. Abgetreten ist das pfändbare Einkommen bis zum Tag X. Entscheidend ist, wann der Lohnzahlungsanspruch erworben wird. Und der wird wohl schon mit Erbringung der Arbeitsleistung erworben. Daher fällt m.E. auch der Lohnanspruch bis zum Tag X unter die Abtretung. Auf die Fälligkeit des Anspruchs kommt es dabei m.E. nicht an.

    Krasses Beispiel zur Untermauerung: Sch. schließt Arbeitsvertrag und regelt die Fälligkeit des Arbeitslohns für die nächsten 5 Jahre auf einen Tag nach Ende der WVP (weil er halt eine reiche Ehefrau hat). Darauf kann es nicht ankommen bei der Frage, was unter die Abtretungserklärung fällt.

    Soll der AN seinen Arbeitgeber doch mal auffordern, seinen Lohnanspruch am Tag des Ablaufs der Abtretungsfrist abzurechnen. Der AG wird seinem AN einen husten und darauf hinweisen, dass das AE erst an Ultimo fällig ist.

    Es ist meiner Meinung nach hinzunehmen, dass es Fälligkeiten für die Einkommen gibt. Es gibt ja auch die Fälligkeit der Beamtenbezüge, die monatlich im Voraus zahlbar sind. Bei eben diesen wird ja auch der volle pfändbare Betrag für den letzten Monat der Abtretungsfrist an den TH überwiesen. Oder andere AN bekommen ihr Gehalt am 15. des Monats. Liegt der letzte Tag der Abtretungsfrist davor, oder taggenau auf den 15., erhält der TH den vollen pfändbaren Betrag. Endet die Frist nach dem 15., geht der TH leer aus.

    Ärgerlich wird es für den Schuldner dann, wenn der Zahltag und der letzte Tag der Abtretungsfrist ein Wochenend- oder Feiertag ist., Dann endet die Frist nämlich am nächsten Werktag und Lohnzahlung wird am Werktag davor fällig.

    Beispiel:

    Juligehalt 2012 fällt am 15. (Sonntag) Zahltag ist der Werktag davor, also Freitag der 13.

    Eröffnung des Verfahrens am 14.07.2006. Die Abtretungsfrist endet eigentlich am 14.07.2012, also Samstag. Nach § 193 BGB endet die Abtretungsfrist aber erst am Monat, den 16. Also muss der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag von den Junibezügen noch an den TH überweisen.

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