Genehmigung der Erbausschlagung bei fraglichen Vermögensverhältnissen

  • Hallo liebe Kollegen,

    ich habe über einen Antrag auf Genehmigung der Erbausschlagung zu entscheiden und brauche euren Rat.

    Die Erblasserin setzt in Ihrem notariellen Testament ihre Enkel E1, E2, E3 und E4 als Erben ein und setzt Ihre beiden einzigen Söhne S1 und S2 auf den Pflichtteil. S1 ist der Vater der Erben E1 bis E4.
    E1, E2 und E3 sind volljährig und schlagen die Erbschaft wegen Überschuldung aus. Für E4, der minderjährig ist, schlagen die Eltern S1 und seine Ehefrau wegen Überschuldung aus.

    Nun habe ich die Sache in die Familienabteilung liegen, da für die Ausschlagung ja eine familiengerichtliche Genehmigung notwendig ist, da das Kind nicht erst in Folge der Ausschlagung der Eltern erbt.
    Also habe ich mir die Betreuungsakte herangezogen und den Vater aufgefordert, die Überschuldung konkret darzulegen.

    Der Vater gibt an, dass noch viele rechtliche Dinge unerledigt und ungewiss wären und er die Erbschaft für den Sohn ausgeschlagen habe, um ihn nicht in die Haftung zu ziehen. Er selbst wolle dann aber nach Genehmigung der Erbausschlagung für seinen Sohn selbst die Erbschaft als gesetzlicher Erbe annehmen (!!!), um sich selbst in eigenem Namen und eigener Haftung um die Dinge zu kümmern.

    Bei den ungeklärten Fragen handelt es sich um persönliche Streitigkeiten mit der ehemaligen Betreuerin (vermögensrechtlich irrelevant) und mit seinem Bruder. Dieser hatte von der Erblasserin zu Lebzeiten unrechtmäßig (mangels Geschäftsfähigkeit) ein Grundstück geschenkt bekommen, das eigentlich in den Nachlass gefallen wäre.

    Das Vermögen stellt sich wie folgt dar:
    NL-Aktiva :
    -Rückforderungsanspruch der Erben aus unrechtmäßiger Schenkung
    des Grundstücks gegen S2: 125.000 €
    -Forderung Rentenversicherung: (????? s. unten) 19.000 €

    NL-Passiva:
    Rückforderungsanspruch von Sozialamt: 8.000 €
    Beerdigungskosten 5.000 €
    Sonstige Forderungen ca 500 €

    Der Rückforderungsanspruch der /des Erben gegen S2 müsste erst noch gerichtlich eingeklagt werden, was sowohl Zeit als auch Geld kosten würde. Außerdem wird der Anspruch wohl auch bei Prozessgewinn nur schwer durchsetzbar, da S2 zahlungsunfähig ist.

    In dem Rentenversicherungsvertrag erwähnten sind als Begünstigte "die gesetzlichen Erben" eingetragen. Nachdem ich schon mehrere Aufsätze (DNotZ 2000,905, ZEV 2000,10) gewälzt habe, komme ich zu dem Schluss, dass die Rentenversicherungsleistung nicht in den Nachlass fällt, auch wenn die Begünstigenbestimmung im Rentenversicherungsvertrag dadurch eigentlich das Testament untergräbt.

    Der Vater (S1) teilte hierzu mit, dass die Rentenversicherung bereits an die gesetzlichen Erben also ihn und S2 ausgeschüttet wurde und nahezu verbraucht ist und das es eben damals versäumt wurde die Begünstigenbestimmung der Rentenversicherung nach Errichtung des Testaments zu ändern. - Also Pech für die Erben.

    Würdet ihr die Ausschlagung der Erbschaft nach alldem genehmigen?

    Achja Kind ist 16 Jahre alt, daher ist so und so kein Ergänzungspfleger zu bestellen. Den Minderjährigen würde ich nach Abschluss der Ermittlungenselbstverständlich noch anhören. ;)

  • Da die beiden Kinder der Erblasserin ausdrücklich auf den Pflichtteil gesetzt wurden, kann der Vater der Enkel nach meiner Ansicht auch nicht Erben, wenn die Enkel die Erbschaft ausschlagen.

    Des Weiteren: Wenn die seinerzeitige Überlassung an Bruder S2 mangels Geschäftsfähigkeit der Veräußerin unwirksam ist, dann befindet sich der besagte Grundbesitz im Nachlass, weil die Erblasserin das Eigentum nie verloren hatte. Dann wäre aber von einer Überschuldung des Nachlasses keine Rede mehr.

    Wenn die Erblasserin das Eigentum -bei Geschäftsfähigkeit- verloren hatte, können immer noch Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen (hier aber wohl zugunsten von S1 und nicht zugunsten der Enkel).

  • Da die beiden Kinder der Erblasserin ausdrücklich auf den Pflichtteil gesetzt wurden, kann der Vater der Enkel nach meiner Ansicht auch nicht Erben, wenn die Enkel die Erbschaft ausschlagen.
    ....


    Das habe ich übersehen, aber da drängt sich mir die Frage auf, ob diese Bestimmung nur eine Bekräftigung der Erbeinsetzung der Enkel ist, quasi nur in nur diffuser Kenntnis des NL-Rechtes getroffen worden ist. Im Wege der Auslegung denkbar, denn es ist doch relativ unwahrscheinlich, dass entferntere Verwandte durch die Ausschlagung der Kinder Erben werden.

  • Denkbar ist dies im Wege der Auslegung schon, ich wollte es nur problematisieren, weil es im Sachverhalt so dargestellt wurde, als wenn es völlig zweifelsfrei wäre, dass nach Ausschlagung der Erblasserenkel deren Vater (und zwar nur er und nicht auch dessen Bruder?) als gesetzlicher Erbe berufen ist.

    Ganz abgesehen davon müssten die drei volljährigen Enkel auch noch kinderlos sein.

  • Also nochmal ein bisschen Input und Berichtigung zum Sachverhalt.

    Dass die Söhne der Erblasserin auf den Pflichtteil gesetzt wurde habe ich erstmal zur Kenntnis genommen gehabt. Ich hatte mir allerdings noch keine Gedanken darum gemacht, ob diese nun, wenn alle testamentarischen Erben wirksam ausgeschlagen haben (ggf im Wege der Auslegung wie oben) Erben werden oder nicht. Diese Überlegungen muss das Nachlassgericht dann anstellen, wenn aber auch nur wenn ich die Ausschlagung genehmige... :)

    Es sei der Vollständigkeit halber noch hinzugefügt, dass die anderen testamentarisch bedachten Enkelkinder, die die Erbschaft ausgeschlagen hatten, keine Abkömmlinge haben.

    Bezüglich der erfolgten Schenkung habe ich die Sache nochmals mit der ehemaligen Betreuerin besprochen, da die Angaben in der Betreuungsakte doch sehr kryptisch waren. Diese hat mir erklärt, dass die Erblasserin zu Lebzeiten, noch nicht unter Betreuung stehend und voll geschäftsfähig im Jahr 2002 ein Grundstück an die Ehefrau Ihres Sohnes S2 übertragen hatte. Hierfür ist auch ein Betrag von 150.000 € auf das Konto der Erblasserin geflossen. Zwei Tage später aber hat diese von dem Geld 125.000 € an diverse andere Personen, nämlich wohl den S2 und dessen beide Kinder weitergeleitet.
    Diese 125.000 € sind nun der Betrag der Schenkung. Diesen Betrag fordert das Sozialamt nun zurück, weil die Erblasserin selbst pflegebedürftig geworden ist und von dort aus Heimkosten übernommen worden sind. Das Drama richtet sich dann wohl nach § 528 BGB.

    Dieser Rückforderungsanspruch geht doch nun auf den Erben über und ist in der Nachlassmasse, oder? Ist nur noch fragluch, ob das Kind das Geld jemals wieder sieht....

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!