Einzusetzendes Vermögen: Fahrzeuge

  • :gruebel:
    Hab hier komischweise mit der Suchfunktion nichts gefunden, sollte doch ein typisches Einsteigerproblem sein.

    Ab wann gilt ein Fahzeug als einzustzendes Vermögen? Ich habe hier eine AStellerin, die zwar erwerbstätig ist, aber einen 10.000-Euro-Wagen (nach ihrer Schätzung) fährt. Wo zieht man da die Grenze? Ich fang ja auch nicht an, dem Schuldner den Verkauf eines PKW nahezulegen, wenn der Wert das Schonvermögen knapp übersteigt und er den Wagen zum Nachgehen der Erwerbstätigkeit benötigt...

    Wie handhabt ihr das? Rechtsprechung evtl.?

  • hast du ne Null vergessen? ein 10.000 € Auto ist doch kein Luxus?
    Ich verlange auch von erwerbslosen nicht das sie ihr Auto verkaufen. Ich ziehe nur diese Kosten nicht ab, da nicht notwendig.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Was ist denn hier los? Eine 10.000-Euro-Kutsche wäre ja sogar für mich Luxus^^ Der ist 4 Jahre alt und noch 10.000 wert... Daher meine Frage, wo zieht ihr da die Grenze?

  • Wieso nicht. Wir fragen doch gerade nach Vermögen, da dieses bei Vorhandensein gegebenenfalls verwertet werden muss. Der Schonbetrag lässt sich § 90 SGB XII entnehmen. Der Wert des Fahrzeugs übersteigt den Wert des Schonvermögens, in der Konsequenz kann keine Beratungshilfe bewilligt werden.

    ABER: Wenn der A'st das Auto wirklich benötigt für die Arbeit, meinetwegen noch Kinder hat, die daran transportiert werden oder einen Job im Kundendienst, bei dem er einen vernünftigen Eindruck machen muss, würde ich bei Würdigung der gesamtumstände trotzdem keine Verwertung verlangen.

    Dient das Auto nur privatem Vergnügen, würde ich die Verwertung verlangen.

  • Da stimm ich dir grds. zu. Wo ist aber die Grenze, wenn das Auto für Familie und Arbeit benötigt wird, es aber übertrieben teuer war?

  • Das wirst du im Rahmen deines Ermessens entscheiden müssen. Kommt auf den Einzelfall an, kann ich ohne Kenntnis der Umstände natürlich so nicht sagen.

    ich dag mal so, bei einem Wert von 10.000,00 € contra maximales Schönvermögen 2.600 € müssen schon gute Gründe vorliegen, damit ich Beratungshilfe bewillige.

    Es ist letzlich eine Sozialleistung, die absolut bedüftigen Menschen Hilfestellung leisten soll. Bedürftig ist jemand mit so einer Kiste in meinen Augen nicht zwangsläufig.

  • Eine ganz gute Übersicht mit den entsprechenden Entscheidungen dazu findet sich im Aufsatz von Nickel in der FPR 2009, 391 (über b*ck-*nline).

    and the night is full of hunters
    (The Beauty of Gemina - Hunters)

  • Sächs. OVG, 29.06.2010, 4 D 228/09 Wert:5.125,- EUR
    BayVGH, 03.03.2011, 5 C 11.254 Wert: 15.000,- EUR
    OLG Brmen, 25.07.2008, 3 W 19/08 Wert: zwischen 14.T - 18.000,- EUR

    haben entschieden, dass die Kfz. jeweils verwertbares Vermögen darstellen.


    nein, das kann man so nicht zusammenfassen. Der Entscheidung geht eine Prüfung voraus, die hier mangels SV nicht möglich ist:

    Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen
    Beschluss
    4 D 228/09


    Leitsatz:
    Kraftfahrzeuge, die nicht zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, müssen als Vermögensbestandteil der Partei grundsätzlich für die Kosten der Prozessführung eingesetzt werden.

    OLG Brmen, 25.07.2008, 3 W 19/08 Wert: zwischen 14.T - 18.000,- EUR
    [FONT=&quot]Anhaltspunkte für eine Unverwertbarkeit nach § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII (Unentbehr-lichkeit zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit) oder einen Härtefall nach § 90 Abs. 3 SGB XII sind weder vorgetragen noch ersichtlich.[/FONT]

  • nein, das kann man so nicht zusammenfassen...[FONT=&quot].[/FONT]

    Klar kann man und ich erst recht :D. Ich verfasse hier nämlich keine (nicht-) amtlichen Leitsätze, die die wesentlichen und tragenden Umstände komprimiert, aber umfassend abdecken (dafür werd ich nicht bezahlt :cool:), sondern, es soll nur einen Grobüberblick geben, worum es überhaupt geht. Die Mühe, die Entscheidung zu lesen, sollte man sich schon machen.

    PS. Würdest du bitte zu https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…aft-einzusetzen was schreiben, du hast da sicher mehr Ahnung, ob es nach Rückzahlung der PKH vom JC, für diesen Zeitraum Leistungen (nicht nur darlehensweise) gibt. Wäre ganz nett.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Das Fahrzeug sei "unentbehrlich zur Aufnahme einer Tätigkeit" kann doch nun fast jeder Arbeitslose im erwerbsfähigen Alter behaupten. Für mich braucht auch jeder der hier auf dem Lande wohnt, ein Fahrzeug. Beispielsweise in den Schulferien fahren hier auf viele Dörfer überhaupt keine Busse, allenfalls früh und abends. Und Geld für die wiederholte Inanspruchnahme eines Taxis haben viele Rentner oder Arbeitslose auch nicht, nicht mal viele Erwerbstätige mit miserablen Stundenlöhnen. So ist doch die Realtiät, Gerichtsentscheidungen hin oder her. Ich bin da, was die Notwendigkeit von Fahrzeugen und die Höhe von Fahrtkosten relativ großzügig, weil ich ganz einfach rechnen kann, was man nicht von allen Richtern an Obergerichten behaupten kann. Wenn es strikt nach der Rechtsprechung ginge, dürfte man für ein Fahrzeug auch nur die Entfernungs-Km x 5,20 €, beschränkt auf max. 40 km, in Ansatz bringen, dazu keine weiteren Fahrzeugunterhaltungskosten --> genauso weltfremd. Der sich so errechnende Betrag reicht für manchen nicht mal zur Finanzierung eines bescheidenen Autos, geschweige denn für Benzin, Haftpflichtversicherungen (besonders bei Fahranfängern), Durchsichten, Reparaturen, Verschleißteile etc. Wo ich wohne, sind in den 90-er Jahren massenhaft Industriearbeitsplätze weggebrochen. Viele sind gezwungen, in die nächst gelegenen Großstädte zu fahren, die 50- 60 km entfernt liegen, wieso also Beschränkung auf 40 km. Diese Leute haben bescheidene Grundstücke, wo sie vielleicht max. 200 € im Monat an Wohnkosten haben, wobei sie dann in den Städten 500-600 € Miete zahlen müssten. Daran sieht man man den Sinn des Festhaltens an derartigen Gerichtsentscheidungen. Wenn ein Arbeitsloser einen PKW hat oder ein Rentner auf dem Lande, so habe ich überhaupt kein Problem damit und würde nicht im Traume verlangen, diesen wegen einer Anwaltsrechnung von mehreren hundert Euro für weit unter dem Wert zu verhökern. Ich frage mich nur, was das für Menschen sind, die so eine Denkweise gut heißen. Einschränken muss ich das ganze nur dahingehend, dass das Auto natürlich den persönlichen Lebensverhältnissen entsprechen muss: Ein BMW oder Audi ist natürlich unangemessen für jemanden, der nicht mal 1000 € Monatseinkommen hat.

    Ich kenne da natürlich auch Entscheidungen meines OLGs, die genau in die Gegenrichtung zeigen:
    Krankenschwester, 3-Schichtsystem, Wohnung von KH etwa 400 m entfernt, sie zahlt für einen BMW eine monatliche Rate von 450 €, nur dadurch hat sie PKH ohne Raten bekommen; Beschwerde gegen Ratenanordnung des Richters, OLG entscheidet: Ja, sie braucht dieses Auto, kann nachts 22 Uhr nicht etwa die 400 m laufen oder mit dem Fahrrad fahren, man kommt nicht mal auf den Gedanken, dass es vielleicht notfalls auch ein VW-Polo tun könnte.

    Von diesen Entscheidungen (Fall der Krankenschwester, oder der zu erwartende Verkauf eines PKW im Werte von 5000- 10000 €) ist eine genauso schwachsinnig als die andere. Es tut mir leid, diese Worte hier verwenden zu müssen, aber es ist so. Letztlich alles total praxisfremd.

  • Und noch einmal eine Übersicht: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post664693

    Fälle, die ich schon hatte:
    1.) Beratungshilfesuchender fährt einen BMW X5 mit einem (zum Zeitpunkt der Entscheidung) Wert von 22.000€ -> Beratungshilfe zurückgewiesen
    2.) Beratungshilfesuchender, der arbeitslos ist fährt einen BMW 330d (E46) mit einem Wert von 8.000€ -> Beratungshilfe zurückgewiesen
    3.) PKH- Partei (in Arbeit stehend) hat nach der PKH- Bewilligung einen Mercedes CLK gebraucht für 15.000€ gekauft -> sehr hohe Ratenzahlung (die quasi einer Einmalzahlung gleichkommt) angeordnet
    4.) PKH -Partei mit einem eher geringen Gehalt hat einen neuen PKW im Wert von 10.000€ finanziert und will die Raten neben den Fahrtkosten berücksichtigt haben. Die Anschaffung eines Neuwagens sei aus "umweltpolitischen Gründen" geboten gewesen. Ich habe den Standpunkt vertreten, es sei zumutbar gewesen, einen PKW für bis zu 3.000€ anzuschaffen und lediglich insoweit die Raten berücksichtigt -> Beschwerde liegt beim OLG

    Meine persönliche Auffassung (unter Berücksichtigung einer eher ländlichen Struktur): Bei Personen, die das KFZ nicht für Fahrten zur Arbeit brauchen (oder mit Gehbehinderung o.Ä.) schaue ich ab 5.000€ genauer hin, ansonsten liegt meine Schwelle so bei 10.000€.

    Gruß
    rezk

  • Ich denke, dass wir uns einig sind unter welchen Voraussetzungen der PKW als Schonvermögen gilt. Wichtigste Kriterien dafür sind die unbillige Härte, die Notwendigkeit des PKW für die Berufsaufnahme und Ausübung bzw. deren Fortsetzung (muss glaubhaft gemacht werden), aber auch die fehlende Verwertungsmöglichkeit (ggf. glaubhaft zu machen). In allen anderen Fällen ist der PKW als Vermögen einzusetzen. Beachten muss man aber auch, dass sogar mehrere Fahrzeuge zum Schonvermögen zählen können, wenn dargelegt wird, warum alle Fahreuge benötigt werden bzw. unentbehrlich sind. Wie weit die Pflicht der Verwertung des vorhanden PKW gehen kann, zeigt die im Folgenden zitierte Entscheidung. Der Wert ist verhältnismäßig gering, das spielt aber bei einzusetzendem Vermögen keine Rolle. Ausnahme: Unverhältnismäßigkeit (schon aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beachten).

    Eine pauschale Aussage ist aus den vorgenannten Gründen kaum möglich, es kann sich grundsätzlich nur um Einzelfallentscheidungen handeln. Wenigstens sind die Entscheidungen als Richtwerte nicht ungeeignet.

    Fundstelle

    NJW-RR 2006, 1005 (Leitsatz und Gründe)

    Ist der einem Ratsuchenden gehörende und zur Einkommenserzielung nicht benötigte Pkw (Verkaufswert: 3500 Euro) verwertbares und zur Finanzierung des Anwaltshonorars einzusetzendes Vermögen, besteht kein Anspruch auf Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (Rn.3) .
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    [TD='class: TD30']Gericht:
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    [TD='class: TD30']Entscheidungsdatum:
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    [TD='class: TD70']16.06.2005
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    [TD='class: TD30']Aktenzeichen:
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    [TD='class: TD70']40 UR IIa 192/05
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    [TD='class: TD30']Dokumenttyp:
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