§ 1793 1a vom 26.11.2011

  • Ich habe als Berufsbetreuer mit derzeit 40 Betreuungen ( 19 Heim, 21 in eigener Wohnung)
    einen Hinweis des AG bekommen, das ich künftig mitzuteilen habe, wann ich die Betreuten persönlich getroffen habe.
    "(1a) Der Vormund hat mit dem Mündel persönlichen Kontakt zu halten. Er soll den Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten. "
    Heisst das, das ich alle Betreuten einmal monatlich treffen muss oder sollte?
    Es ergeben sich sowohl Kostenprobleme als auch Zeitprobleme hierbei, wenn ich alle 1x monatlich besuchen müsste. Was bedeutet "in der Regel" hierbei? Muss ich oder sollte ich?

  • _Aha- Warum weist das AG dann aber auf den
    § 1793 1a hin, wenn er nur für Vormünder- nicht also für Berufsbetreuer gilt ?

  • Unabhängig von der Gesetzeslagemöchte ich mal eines anmerken: Ich kann mich gut an die Zeit vor der Pauschalierung erinnern, als nahezu alle Betreuer mindestens ein bis zwei Besuche pro Monat für zwingend erforderlich hielten und die Rechtsprechung in die gleiche Richtung ging.

    Seit der Pauschalierung ist es aber plötzlich vollkommen ausreichend, den Betroffenen maximal alle 2 bis drei Monate zu besuchen.

    Erstaunlich!

  • Damals wurde der Auwand zeitlich und kilometermäßig verggütet. Jetzt gehen die Kosten von den satten Pauschalen ab. Der Aufwand ist zeitlich und kostenmäßig erheblich.

  • Das mag sein. Das war allerdings vom Gesetzgeber als Mischkalkulation vorgesehen.
    Ich erwarte von den Betreuern, dass sie mindestens (!) einmal im Quartal bei dem Betroffenen zu Besuch sind. Zum einen, um sich ein Bild vom Betroffenen und seinem persönlichen Umfeld zu machen, zum anderen, weil der Betroffene im persönlichen Gespräch wohl doch noch mehr preisgibt, als am Telefon oder im Brief.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Landgericht Leipzig: 2 Besuche/Monat
    Landgericht Berlin: 1 Besuch/Monat

    regelmäßig erforderlich, regelmäßig aber auch ausreichend. Begründete Abweichungen natürlich möglich.
    Ich weiß nicht mehr, in welchem Kontext die Entscheidungen ergingen, aber ich glaube, es hing mit der Vergütungsabrechnung nach dem bis zum 30.06.2005 geltenden Recht zusammen.

  • Landgericht Leipzig: 2 Besuche/Monat
    Landgericht Berlin: 1 Besuch/Monat

    regelmäßig erforderlich, regelmäßig aber auch ausreichend. Begründete Abweichungen natürlich möglich.
    Ich weiß nicht mehr, in welchem Kontext die Entscheidungen ergingen, aber ich glaube, es hing mit der Vergütungsabrechnung nach dem bis zum 30.06.2005 geltenden Recht zusammen.

    So ist es. Damals wurde gestritten, wie oft man den Betreuten besuchen darf, heute, wie oft man muss. Und was da alles als Begründung herhalten musste ... :eek:

    Heute stellt sich selbst der Richter auf einer Tagung vor die Betreuer und hält einen Vortrag über Kontaktpflege!

  • Vor und nach der Pauschalierung hat der Tag immer noch 24 Stunden. Ich finde es erstaunlich, dass man vor der Pauschalierung 1-2 Besuche im Monat zeitlich realisieren konnte und nach der Pauschalierung schon ein monatlicher Besuch zuviel ist. Dabei hat sich an der Anzahl der Betreuungen doch nur wenig geändert.

    Mit 40 Betreuungen hat man gut zu tun. Man muss nicht hungern, aber man wird sicher auch nicht reich.

    Meines Erachtens gehört es durchaus zu den Aufgaben des Betreuers sich regelmäßig ein persönliches Bild vom Betroffenen zu verschaffen. Solche Besuche schützen ja auch den Betroffenen, wenn sich z.B. gesundheitliche Defizite einstellen (Abmagerung, Verletzungen/Wunden/Krankheiten, Verwahrlosung).

    Sind die Betreuer heutzutage tatsächlich schon so abgebrüht, dass sie der visuelle und persönliche Eindruch des Betreuten nicht mehr interessiert???? :eek:

  • Ich halte meine Betreuer an, mindestens einmal im Monat persönlichen Kontakt herzustellen und zu halten. Im übrigen sieht selbst der Gesetzgeber dies als ernstes Thema an, siehe den ab 05.07.2012 geltenden §1837 Abs. 2 BGB und §1908b Abs.1 Satz 2 BGB (wichtiger Grund ist nun auch, dass der erforderliche persönliche Kontakt nicht eingehalten wurde). Leider wurde keine verbindliche Zeitspanne genannt. Von meinem persönlichen Empfinden her brauche ich aber mindestens einen persönlichen Kontakt im Monat, um über den betroffenen Menschen und dessen aktuelle Nöte Bescheid zu wissen.

  • Was die Anzahl der persönl. Kontakte betrifft , kann ich dem nicht beipflichten.
    Hätte der Gesetzgeber mind. einmal im Monat Kontakt durch Besuche vorgegeben, hätte er entsprechendes im Betreuungsrecht regeln müssen wie bei den Vormündern/Pflegern .
    Hat er aber - wohl bewusst - nicht getan ( in dem Bewusstsein , dass dann die Pauschalvergütung nicht mehr ausreicht :confused: :gruebel:) .

    Pauschale Vorgaben bzw. "analoge" Übertragungen der Regelungen für die Vormundschaft auf das Betreuungsrecht verbieten sich daher m.E. von selbst.

  • Ich besuche Betreute die in ihrer Wohnung leben, alle paar Monate. Ist ein Pflegedienst im Einsatz, besteht jederzeit "Überwachung" bzw. Kenntnis vom Stand dort. Heimbewohner besuche auch, aber nur etwa alle 4 Monate, da Kontakt zu den jew. Einrichtungen besteht.

  • Ich besuche Betreute die in ihrer Wohnung leben, alle paar Monate. Ist ein Pflegedienst im Einsatz, besteht jederzeit "Überwachung" bzw. Kenntnis vom Stand dort. Heimbewohner besuche auch, aber nur etwa alle 4 Monate, da Kontakt zu den jew. Einrichtungen besteht.

    Ganz ehrlich? Ein Witz!:mad:

  • Das ist doch mal ein Beitrag zur Ehrlichkeit und daher zu begrüßen.

    So wirds wohl weitgehend in der Praxis bei Berufsbetreuern auch ablaufen.
    Obs "ausreichend" ist , steht natürlich auf einem anderen Blatt .

  • Das ist doch mal ein Beitrag zur Ehrlichkeit und daher zu begrüßen.

    So wirds wohl weitgehend in der Praxis bei Berufsbetreuern auch ablaufen.
    Obs "ausreichend" ist , steht natürlich auf einem anderen Blatt .

    Da hast Du recht, Steinkauz. Ich frage mich nur gerade, wo man (bzw. der Richter) den Hebel ansetzen soll. Wenn bereits bei 40 Verfahren - die man sicherlich zum Leben braucht - so selten Kontakt zu Betroffenen pflegt, brauche ich mir wohl über die, die z.T. wesentlich mehr Verfahren haben, keine Gedanken mehr machen.

    M.W. ging der BdB von ca. 45 Verfahren aus, die ein Betreuer als Einzelkämpfer führen kann ohne die Betroffenen aus den Augen zu verlieren. Für mich bedeutet das ganz klar, den markt für Berufsbetreuer (noch) weiter zu öffnen ...

  • So sehe ichs auch.

    Wenn man tatsächlich mal nachforschen wollte , warum der Gesetzgeber die Regelungen für die Vormundschaft seit 06.07.2011 nicht 1:1 auf die rechtl. Betreuung übertragen hat, müsste man in die Gesetzesbegründung einsteigen.

    Im übrigen wird der Richter bzgl. § 1908 b BGB nur eine Einzelfallprüfung vornehmen können , da sich - wie gesagt - pauschale Vorgaben erübrigen.
    Ein Mindeststandard für die Anzahl der Kontakte wird wohl erst wieder durch obergerichtliche Rechtsprechung gefunden, weil der Gesetzgeber sich selbst nicht in der Lage sieht, Vorgaben aufzustellen ( wie bei der Vormundschaft ).

  • Ich besuche Betreute die in ihrer Wohnung leben, alle paar Monate. Ist ein Pflegedienst im Einsatz, besteht jederzeit "Überwachung" bzw. Kenntnis vom Stand dort. Heimbewohner besuche auch, aber nur etwa alle 4 Monate, da Kontakt zu den jew. Einrichtungen besteht.

    :eek: :eek: :eek: :mad: :mad: :mad:
    Ich bin sprachlos und geschockt und könnte an Deiner Stelle nicht mehr ruhig schlafen.

  • Das ist doch mal ein Beitrag zur Ehrlichkeit und daher zu begrüßen.

    So wirds wohl weitgehend in der Praxis bei Berufsbetreuern auch ablaufen.
    Obs "ausreichend" ist , steht natürlich auf einem anderen Blatt .

    Hallo,
    also ich finde die Angaben des Kollegen auch recht problematisch und glaube nicht das sich seine Angaben verallgemeinern lassen. Mir wären diese Kontakte zu selten.
    Die Häufigkeit der persönlichen Kontakte läßt sich aber m.E. nicht pauschal bestimmen. Es hängt stark von den Erfordernissen jeder Betreuung ab.
    So macht es z.B. kaum Sinn bei Apalikern einen monatlichen persönlichen Kontakt zu fordern, wobei jedoch jederzeit sichergestellt sein muss, das die Pflege gewährleistet ist.

    In der Praxis ergibt sich daher eine breite Streuung der Kontakte. Die liegen bei mir schon zwischen 3x/Woche bis 1-2x/Quartal.

  • Ich denke auch, dass man jede Betreuung für sich betrachten muss, wobei ich dennoch der Meinung bin, dass einmal im Quartal Pflicht sein sollte.
    Bei meinen Betreuten sind welche dabei, die wollen ihren Betreuer nicht sehen. Das ergibt sich aber auch aus der Akte. Da reicht mir dann aus, wenn der Betreuer den ganzen Kram erledigt und telefonischen Kontakt zu Betroffenem, Angehörigen, Pflegepersonal und dergleichen hält.
    Dann wieder sind Betroffene vorhanden, die brauchen sehr engmaschige persönliche Betreuung, da ist schon erforderlich, zwei Termine in der Woche zu haben.
    Ist halt wie überall bei den Juristen: Es kommt darauf an. :)

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

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