Bestimmung eines Kindergeldberechtigten

  • Interessiert euch, welche entsprechenden Versuche vor der Antragstellung beim FamG erfolgten oder spielt das keine Rolle?

    Spielt für mich keine Rolle. Es hat bei der Anhörung der Eltern noch nie einer geantwortet, dass man das doch hätte außergerichtlich klären können, oftmals kennen die sich gar nicht mehr oder reden nicht miteinander, mindestens ein Elternteil interessiert sich auch null Komma nichts für ein solches Kind. In der Regel sehe ich von der Kostenerhebung ab, habe aber auch schon den Eltern zu gleichen Teilen die Kosten auferlegt, wenn ich gesehen habe, dass sie auf außergerichtliche Aufforderungen nicht reagiert haben.

  • Danke für deinen Beitrag.

    So ganz kann ich das allerdings nicht teilen. Sicher wird es häufig so sein, wie du schreibst.

    Anders ist aber m. E. folgende Konstellation zu beurteilen, die eben auch vorkommt und mich zur Frage veranlasste:

    Antrag der Kindesmutter, sie zur Kindergeldberechtigten für das (volljährige) Kind zu bestimmen,
    Familienkasse hat ihr mitgeteilt, dass die frühere Berechtigtenbestimmung nicht mehr gilt

    schriftliche Anhörung des Vaters zum Antrag, dieser schreibt postwendend der Kindesmutter, dass er damit einverstanden sei und zu meinem Verfahren, dass ihn die Kindesmutter doch hätte kontaktieren können

    Letztlich sind das Verfahren, wo man das FamG gar nicht hätte "behelligen" brauchen. Da fällt es mir schon schwer, von der Kostenerhebung abzusehen. Eigentlich müsste sogar die KM die kosten tragen, sie hätte sich ja vor Antragstellung mal außergerichtlich um Klärung bemühen können.

  • Ich möchte Frog beipflichten. Hier wird die Eigenbemühung vorab abgefragt. Wenn da so gar nichts kommt, zweifle ich an dem Rechtsschutzbedürfnis für dieses Verfahren. Und wenn es so wäre, dass der Antragsgegner sofort „anerkennt“, hätte ich kein Problem damit, dem Antragsteller die Kostenlast aufzubürden.

  • Mein Schreiben in einem entsprechenden Verfahren:.... "Der Bezugsberechtigte für das Kindergeld kann durch das Familiengericht nur dann bestimmt werden, wenn keine Bestimmung der Berechtigten getroffen wurde. Bitte weisen Sie die Aufforderung der Berechtigten hierzu nach."

  • Ich kann wiederum den beiden Vorbeiträgen nur eingeschränkt zustimmen. Zunächst müssen wir mal festhalten, dass es sich bei dem Verfahren um keine Familienstreitsache handelt, die ZPO (Begriffe wie "sofortiges Anerkenntnis") bleibt also außen vor. Es handelt sich um ein Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Rechtsprechung sieht auch keinen Zwang für ein gegebenes Rechtsschutzbedürfnis darin, dass jemand vorher aufzufordern ist, wenn der Erfolg einer solchen Aufforderung zweifelhaft erscheint. Typisches Beispiel hierfür sind ja die vielen Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz. Hier wird ja praktisch auch nie verlangt, dass man seinen Stalker vorher schriftlich auffordern muss, dass er das sein lassen soll .... In den Verfahren zur Bestimmung der Kindergeldberechtigung lag bei mir die Konstellation auch immer so, dass das volljährige Kind den Antrag stellte (manchmal sogar vertreten durch einen Berufsbetreuer), sich sogar schon von dem einen Elternteil entzweit hatte und den anderen kaum noch kannte. Da konnte bzw. kann man von vornherein davon ausgehen, dass mit einer Reaktion nicht zu rechnen ist. In Einzelfällen mag das auch mal anders sein. Ich habe noch nicht einen Fall erlebt, bei dem beide Elternteile bei der Anhörung mir überhaupt geantwortet hätten, wohl wissentlich, dass sie von dem Kindergeld sowieso nichts haben werden. Aber dafür kann man wohl nicht das ganze Verfahren in Frage stellen, allenfalls bei der Kostenentscheidung wäre das wohl zu berücksichtigen, wenn etwa durch die Elternteile darauf hingewiesen würde, dass sie ja gar nicht gefragt wurden. Es soll ja letztlich auch der zum Kindergeldberechtigten bestimmt werden, bei dem zum Wohle des Kindes damit zu rechnen ist, dass es die wenigsten Probleme gibt und dass somit auf schnellem Wege das Kindergeld dem Kinde zugute kommt.
    Insgesamt darf man wohl in diesen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Schwelle für ein Rechtsschutzbedürfnis nicht so hoch ansetzen, weil es letztlich immer auf eine zeitnahe Entscheidung zum Wohle eines Betroffenen (oder Opfers) ankommt.
    Was soll man auch machen oder verlangen, wenn für ein geistig behindertes volljähriges Kind ein Berufsbetreuer den Antrag stellt, der der von mindestens einem Elternteil nicht mal Aufenthalt/Adresse kennt und sich mindestens ein Elternteil für das Kind überhaupt nicht interessiert hat. Manchmal ist es schon schwierig, überhaupt den Namen des leiblichen Vaters herauszufinden. Letztlich geht es in solchen Verfahren ja nicht mal um irgendwelche Rechte dieser Elternteile, es ist eine reine formale Entscheidung, denn am Ende bekommt - wirtschaftlich gesehen - sowieso keiner der beiden Elternteile das Kindergeld.
    Im Übrigen stellen unsere Richter in Verfahren, in denen es vorrangig um das Kindeswohl geht, auch keine übertriebenen Anforderungen an vorgerichtliche Bemühungen, ich habe noch keinen Antrag gesehen, der deswegen zurückgewiesen wurde, allenfalls musste eben mal ein Antragsteller die Kosten tragen oder ihm wurde keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

  • Ich möchte Frog beipflichten. Hier wird die Eigenbemühung vorab abgefragt. Wenn da so gar nichts kommt, zweifle ich an dem Rechtsschutzbedürfnis für dieses Verfahren. Und wenn es so wäre, dass der Antragsgegner sofort „anerkennt“, hätte ich kein Problem damit, dem Antragsteller die Kostenlast aufzubürden.

    :dito:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Danke für eure Meinungen.

    @ Andy K.:

    Der Fall der Antragstellung durch einen Betreuer für ein volljähriges Kind ist m. E. schon etwas anders zu beurteilen als bei Antragstellung durch einen Elternteil.

    Im ersteren Fall kann man natürlich kaum Eigenbemühungen verlangen. (Auch wenn der gute Betreuer vielleicht von sich aus schreibt, weshalb eine Klärung ohne FamG nicht möglich war.)

  • ...... Letztlich geht es in solchen Verfahren ja nicht mal um irgendwelche Rechte dieser Elternteile, es ist eine reine formale Entscheidung, denn am Ende bekommt - wirtschaftlich gesehen - sowieso keiner der beiden Elternteile das Kindergeld.
    Im Übrigen stellen unsere Richter in Verfahren, in denen es vorrangig um das Kindeswohl geht, auch keine übertriebenen Anforderungen an vorgerichtliche Bemühungen, ich habe noch keinen Antrag gesehen, der deswegen zurückgewiesen wurde, allenfalls musste eben mal ein Antragsteller die Kosten tragen oder ihm wurde keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

    Verstärkt wird der Aspekt durch das erhebliche finanzielle Risiko, das der Kindergeldberechtigte trägt:

    Meines Wissens ist weiterhin der Berechtigte zur Erstattung verpflichtet, wenn das Kindergeld nachträglich widerrufen wird. Typisch für junge Erwachsene in schwierigen sozialen Verhältnissen. Sie bekommen Kindergeld, weil sie sich als Schüler im Berufskolleg angemeldet haben. Niemand wird informiert, wenn sie schwänzen - oder arbeiten gehen. Erst wenn nach einem Jahr die Bestätigung vorgelegt werden muss, kippt es auf. Das Kindergeld wird zurückgefordert - und zwar vom Berechtigten!
    Seit gefühlt vier Jahren habe ich von den Eltern meiner Ex-Mündel keine empörten Anrufe mehr bekommen. Mag sein, dass die Praxis inzwischen milder wurde.

  • Ich möchte diese Thema noch mal aufgreifen und zwar im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit bei volljährigen Kindern (die auch keine privilegierten Kinder im Sinne des § 1603 II 2 BGB sind).
    Nach meiner Meinung müsste man dann danach differenzieren, wer den Antrag stellt.
    Stellt ein Elternteil den Antrag, dann müsste sich doch die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des anderen Elternteils richten (§§ 232 Abs. 3 Satz 1 FamFG in Verbindung mit § 12 ZPO), obwohl es sich bei diesen Verfahren ja nicht um echte Familienstreitsachen handelt.
    ...

    Ich habe jetzt auch einen solchen Fall vorliegen:

    Antrag auf Berechtigtenbestimmung durch Mutter des volljährigen Kindes, dieses ist zwar unter 21, aber in Berufsausbildung

    "Kind" lebt bei der Mutter im hiesigen Gerichtsbezirk, Vater in einem weit entfernten Gerichtsbezirk

    So wie ich die Vorschriften verstehe, kommt es somit auf den Wohnsitz des Vaters=Antragsgegners für die örtliche Zuständigkeit an. Richtig? :gruebel:

  • dann werfe ich mal folgende Kommentierung in den "Raum"

    Nach § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG ist für den Unterhalt privilegierter volljähriger Kinder das Familiengericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk das Kind oder der Elternteil, der auf Seiten des minderjährigen Kindes zu handeln befugt ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Haben das Kind und der handlungsbefugte Elternteil unterschiedliche Gerichtsstände, so kann der Antragsteller zwischen diesen wählen.

    [TABLE='width: 526']

    [tr][td]

    Heiß/Born, Unterhaltsrecht
    Werkstand: 59. EL Januar 2021

    [/td][/tr]


    [/TABLE]

  • Demgegenüber:

    Ist eine ausschließliche Zuständigkeit nach Abs. 1 nicht gegeben, verweist Abs. 3 S. 1 auf die Vorschriften der ZPO zur örtlichen Zuständigkeit. Danach ist regelmäßig der Unterhaltsantrag am Gerichtsstand des Antragsgegners zu stellen (§ 12 ZPO). Zur Vereinheitlichung tritt in den Vorschriften über den allgemeinen Gerichtsstand der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes (§§ 1316 ZPO). Unterhaltsstreitigkeiten sind auch bei Sach- und Verfahrenszusammenhang gegeben (→ § 231 Rn. 1113 sowie → Rn. 8).

    Nach Abs. 3 richtet sich die Zuständigkeit in Unterhaltssachen nach

    • ....

    • –§ 231 Abs. 2 (Verfahren zur Bestimmung des Kindergeldberechtigten).

      Fundstelle:

    • [TABLE='width: 526']

      [tr][td]

      Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht
      7. Auflage 2020

      [/td][/tr]


      [/TABLE]


      jedoch, es gibt noch das wahlrecht, also, wie wird das von euch in der praxis umgesetzt? gebt ihr ab? interessiert mich auch, weil ich gerade auch so einen fall habe...


    (sorry, musste die §§ erst bzgl. der Schriftfarbe ändern, sonst wären sie nicht sichtbar gewesen)

    [TABLE='width: 526']

    [tr][td][/td][/tr]


    [/TABLE]

  • ... interessiert mich auch, weil ich gerade auch so einen fall habe...


    [TABLE='width: 526']

    [tr][td][/td][/tr]


    [/TABLE]

    Welchen Fall? Kind volljährig, unter 21, lebt bei Mutter > Gericht am gewö. Aufenthalt des Kindes. Wahlrecht gibt es nur bei mdj. Kindern, zumindest muss es Minderjährigenunterhalt betreffen.

    Antrag Kind volljährig, eigener Hausstand, Gericht entweder allg. Gerichtsstand KV oder KM. Das Wahlrecht wird ausgeübt, indem bei einem der zust. Gerichte der Antrag eingereicht wird.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • ... interessiert mich auch, weil ich gerade auch so einen fall habe...


    [TABLE='width: 526']

    [tr][td][/td][/tr]


    [/TABLE]

    Welchen Fall? Kind volljährig, unter 21, lebt bei Mutter > Gericht am gewö. Aufenthalt des Kindes. ...

    Aus meiner Sicht ist das nicht generell zutreffend.

    Voraussetzung für die von dir genannte Schlussfolgerung ist, dass es sich um ein nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleichgestelltes Kind handelt.
    Laut Kommentierung trifft das nur zu, wenn sich das Kind noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet. Absolviert es hingegen eine normale Ausbildung oder ein Studium, gilt es nicht mehr als gleichgestellt.

  • Ich habe jetzt einen ganz speziellen Fall. Volljährige Tochter beantragt die Bestimmung ihres Vaters als Kindergeldberechtigten, damit dann die Überleitung uns Auszahlung an sie erfolgen kann (soweit habe ich sie bzw. ihren Anwalt bereits aufgeklärt). Sie hatte schon bösen Schriftverkehr mit ihm. Über die Mutter lässt sie sich erst gar nicht aus (Verhältnis wohl noch schlechter), die Adresse haben wir aber mittlerweile. Der Vater hatte zuletzt das Kindergeld bezogen.

    Die Voraussetzungen nach § 64 EStG liegen alle vor.

    Nun schreibt der Vater bei der Anhörung, er will auf keinen Fall als Berechtigter bestimmt werden, das Verhältnis zu ihr wäre so schlecht, dass seine Tochter ihm nach der letzten OP gesagt habe "wäre besser gewesen, du wärst daran gestorben" (jetzt mal etwas milde ausgedrückt).

    Echt eine blöde Situation, wenn niemand dazu bestimmt werden will. Ein Rechtsmittel bei einer Bestimmung durch mich liegt praktisch schon auf der Hand. Dabei hat unser OLG mal entschieden, dass derjenige bestimmt werden soll, bei dem anzunehmen ist, dass es dem Kind am besten (bzw. ohne weitere Probleme) zugute kommt. Dies ist hier aber offensichtlich bei keinem der Elternteile der Fall.

    Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als das Rechtsmittel in Kauf zu nehmen, obwohl ich mich mit der Begründung immer noch schwer tue.

  • Ist doch interessant, was das RM-Gericht dazu sagt.
    Zur Beründung: Das Kind kann nicht zum Berechtigten bestimmt werden, es muss ein Elternteil sein. Wenn zur KM gar kein Kontakt besteht, zum KV ein schlechter, dann liegt es doch nahe, den KV zu bestimmen. Es soll ja eh ein Überleitungsantrag gestellt werden.

  • Ich habe das jetzt nochmal zur Stellungnahme rausgegeben an den Anwalt des Kindes, werde das vermutlich am Ende aber auch so entscheiden. Ich MUSS ja eine Entscheidung treffen und KANN dabei nur zwischen Mutter und Vater wählen. Der Berechtigte ist ja auch praktisch durch nichts beschwert, im Abzweigungsverfahren wird er lediglich angehört (für den Fall, dass er entgegen der Angaben des Kindes doch Unterhalt leisten sollte), muss aber auch auf nichts eingehen. Ein Rechtsmittel dagegen wäre ja dem Rechtsmissbrauch schon ziemlich nahe.

    Das Rechtsmittel dürfte allerdings nur die Erinnerung sein, denn der Wert des Verfahrens wäre nach § 51 Abs. 3 FamGKG auf 500,00 € festzusetzen, und der Mindest-Beschwerdewert beträgt 600 € (und zulassen kann man sie auch nicht auf Grund einer faktisch kaum vorhandenen Beschwer für die Elternteile).

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