Was für einen Sinn macht der neue § 850 l ZPO ab 01.01.2012?

  • Der Schuldner ist doch schon durch Einrichtung des nunmehr zwingend erforderlichen P-Kontos ausreichend geschützt.
    Was bringt ihm da noch die Aufhebung der Pfändung gem. § 850 l ZPO?
    Dadurch hat er doch keine zusätzlichen Vorteile?
    Aufheben kann man nur die Pfändung betreffend P-Konten und auch nur den ohnehin eingehenden pfandfreien Betrag.
    Oder was übersehe ich?
    Wurde diese Möglichkeit nur eingeführt um den Banken eine „Erleichterung“ zu geben (so liest sich jedenfalls die Begründung zum Gesetzesentwurf), wobei ich mich Frage, ob es tatsächlich eine ist, denn sie müssen ja trotzdem das Konto auf eine andere Art „überwachen“ wie ein übliches Girokonto, die Aufhebung der Pfändung ist zeitlich beschränkt und gilt auch nur für Guthaben.
    Vielleicht wurde dieses Thema auch schon besprochen, ich habe nur leider nichts gefunden, falls ja bitte kurzen Hinweis.

  • Nach Sinn darfst du nicht fragen!
    Aufheben kannst du nicht, sondern nur anordnendass das Guthabens auf dem P-Konto befristet der Pfändung nicht unterworfen ist.

    Die Anträge des § 833a ZPO (a.F.) haben auch bis zum 31.12.2011 keine Rolle gespielt.
    ca. 5 Anträge in 18 Monaten

  • § 850l ZPO könnte z.B. für einen Fernfahrer Sinn machen, dessen Arbeitseinkommen seit geraumer Zeit gepfändet ist, der zum Lohn noch seine Auslagen vom Arbeitgeber erstattet bekommt (§ 850a ZPO) und dem so jeden Monat unpfändbare Anteile dem Konto gutgeschrieben werden, die seinen Freibetrag überschreiten....... (kann die Bank bestimmt besser mit leben, als mit wilden Formulierungsversuchen auf Grundlage des BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - VII ZB 64/10)....

    Weiterhin für Rentner, die hierdurch eine echte Möglichkeit erhalten, Beträge anzusparen und nicht nur bis zum Freibetrag, der in den nächsten Monat rübergerettet werden kann.....

  • Ich würde einem § 850l ZPO-Antrag grundsätzlich nicht bei Arbeitseinkommen stattgeben, allein schon wegen möglichen Steuererstattungsansprüchen nicht. Bei Rentnern ist es durchaus eine mögliche Alternative. Wir hatten hier seit der Einführung allerdings noch keinen einzigen Antrag.

  • dann doch bitte konsequent: auch diverse Rentner zahlen Steuern......
    (und die wenigsten Arbeitnehmer werden sich ihrer Steuererstattung auf das gepfändete Konto überweisen lassen)
    § 850l ZPO werden grundsätzlich Einzelfallentscheidungen, so dass man pauschal recht wenig dazu sagen kann...

    und aufgrund der nicht/kaum vorhandenen Anträge dürfte es uns allen an der praktischen Erfahrung mangeln.

  • Der 850 l ZPO macht dann Sinn, wenn der pfändungsfreie Betrag über dem Sockelbetrag (auch nach Erhöhung) liegt und noch weitere Pfändungen zu erwarten sind.
    Dann macht´s allen Beteiligten weniger Arbeit (aber auch nur für ein Jahr).

  • Der Paragraph darf als Kompromiss und als das deutlich kleinere Übel und Überbleibsel eines noch unsinnigeren Paragraphen angesehen werden, als das, was ursprünglich im Referentenentwurf zum P-Konto geträumt wurde.
    Da er in der Praxis nicht großartig angewandt werden kann, stört er wenigstens auch nicht.

    Auszug Referentenentwurf zum P-Konto

    § 833a
    Pfändungsumfang bei der Pfändung von Kontoguthaben
    (1) Die Pfändung des Guthabens eines Kontos bei einem Kreditinstitut umfasst das
    am Tag des Zugangs des Pfändungsbeschlusses bei dem Kreditinstitut bestehende
    Tagesguthaben sowie die Tagesguthaben der auf die Pfändung folgenden 180 Bankgeschäftstage,
    es sei denn, es wird wegen der in § 850d bezeichneten Forderungen
    gepfändet.
    (2) Die Pfändung des Guthabens eines Pfändungsschutzkontos im Sinne von § 850k
    Abs. 6 umfasst das am Tag des Zugangs des Pfändungsbeschlusses bei dem Kreditinstitut
    bestehende Tagesguthaben sowie die Tagesguthaben der auf die Pfändung
    folgenden 90 Bankgeschäftstage, es sei denn, es wird wegen der in § 850d bezeichneten
    Forderungen gepfändet.“
    ...
    Zudem wird der zeitliche Umfang einer Kontopfändung eingeschränkt
    (siehe § 833a ZPO-E – Artikel 1 Nr. 3). Alle diese Maßnahmen gewährleisten,
    dass das Pfändungsschutzkonto des Schuldners auch bei Pfändungsmaßnahmen
    seine Funktion nicht verliert. Damit dürfte ein typischer
    Grund für die Kündigung von Girovertragsverhältnissen in Zukunft wegfallen.

    http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/d…/2007-01-19.pdf


    :teufel::teufel::teufel:

    2 Mal editiert, zuletzt von BadBanker (9. Januar 2012 um 23:07) aus folgendem Grund: div.

  • Danke für Eure Beiträge :)
    Er hat wohl doch seine Berechtigung.
    Sobald man irgendwie über den Sockelbetrag rauskommt (siehe Fernfahrer ;) oder auch sonst) und / oder mehrere Pfändungen anstehen kann es tatsächlich hilfreich sein - wenn auch nur für ein Jahr.
    Mal sehen wie häufig er zur Anwendung kommt...
    Seit Einführung des neuen (und nun schon alten) § 833 a II hatte ich einmal damit zu tun und habe für ein Jahr "aufgehoben", ich nehme mal es hält sich auch weiterhin in Grenzen.

  • § 850 l ZPO hat auch seine Berechtigung, weil der Schuldner einfach 1 Jahr Ruhe hat um Geld auf seinem P-Konto anzusammeln, um dies dann nach 11 Monaten stolz seinem Gläubiger(n) anzubieten, damit dieser ihm die nach Zahlung des angesammelten betrag die noch verbleibden Restforderung erlässt.

    So, und jetzt gehe ich meinen rosa Elefanten streicheln...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Naja, ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, dass ein Schuldner, der von überwiegend unpfändbaren Beträgen (also z.B. Hartz IV oder einem geringen Einkommen) lebt es auch noch schafft größere Beträge anzusparen :gruebel:

  • Der Sinn und die Nützlichkeit des § 850l ZPO "könnte nach den Beiträgen im Rechtspflegerforum den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern nicht immer klar sein".

    Dazu die letzten Beiträge von Olaf K. und DD aus den obersten Sub-Bereichen Arbeitshilfen P-Konto und Rechtsprechung.

    Habe nur die Kurzfassung quer gelesen, dort ganz am Ende dann zu § 850l.

    Haben wir also mal wieder nichts verstanden, okay von mir aus.
    Kann ich eigentlich auch nichts zu sagen. Hatte ja erst so zwei (?) solche Anträge in 4 Jahren. Einem habe ich entsprochen; ist doch eine gute Quote.

    :D

  • Den Haken dabei sehe ich im Blick in die Zukunft. Das ist alles Spekulatius. Mein LG sagt, selbst bei einem Mitsiebziger kann sich noch etwas ändern (Erbschaft, Lottogewinn), so dass die Pfändung, selbst wenn der Sch mit seinem Einkommen weit unter den Freibetrag liegt, bestehen bleiben muss (a.A. OLG Frankfurt in einer "uralten" Entscheidung)

  • Den Haken dabei sehe ich im Blick in die Zukunft. Das ist alles Spekulatius. Mein LG sagt, selbst bei einem Mitsiebziger kann sich noch etwas ändern (Erbschaft, Lottogewinn), so dass die Pfändung, selbst wenn der Sch mit seinem Einkommen weit unter den Freibetrag liegt, bestehen bleiben muss (a.A. OLG Frankfurt in einer "uralten" Entscheidung)

    Ne, dann hast du und dein LG den 850l tatsächlich nicht verstanden.
    Es muss in der Prognose nicht zu erwarten sein, dass ...

    Bei einem 75-jährigen Rentner unter c1 kann man doch bei l nicht den abstrusen Lottogewinn prognostisch heranziehen; dann ist mir die Kritik klar, weia.

    Egal, persönlich wasche ich meine Hände in Unschuld, schlicht weil so ein Antrag nahezu nie gestellt wird.

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