Eintragung Wohnrecht und Nießbrauch

  • Folgender Fall:
    In einem Übertragungsvertrag hat sich die Übergeberin für sich und ihren Ehemann ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Ferner hat sich die Übergeberin für sich und ihren Ehemann einen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten.
    Nach Auffassung des zuständigen Rechtspflegers kann ein Wohnrecht nicht zusammen mit einem Nießbrauch für die gleichen Berechtigten im Grundbuch eingetragen werden. Ferner hält er die Eintragung eines Wohnrechts nicht notwendig und das Gericht soll von überflüssigen Eintragungen freigehalten werden.
    Bislang sind Anträge auf gleichzeitige Eintragung eines Wohn- und Nießbrauchsrechts immer anstandslos durchgelaufen.
    Gibt es aktuelle Rechtsprechung zu dem Thema, in welcher die Eintragungen beider Rechte bejaht werden?
    Danke für eure Hilfe.

  • Die Rechtsprechung sieht das kritisch; s.

    Zusätzliche Eintragung eines Wohnungsrechts für Nießbraucher

    BGB §§ 1030, 1093
    Es besteht für den Inhaber eines Nießbrauchs kein rechtlich geschütztes Interesse, daß für ihn an dem mit dem Nießbrauch belasteten Grundstück zusätzlich ein Wohnungsrecht in das Grundbuch eingetragen wird. Denn seine Rechte und Pflichten als Nießbraucher erfassen alle dem Inhaber eines Wohnungsrechts zustehenden Rechte und die diesem obliegenden Pflichten.
    OLG Hamm, Beschluß vom 28. 4. 1997 - 15 W 334–96 = NJW-RR 1998, 304

    6. BGB §§ 1030, 1060, 1090; GBO §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1,
    16 Abs. 2 (Keine Eintragung eines Wohnungsrechts für den
    Nießbraucher)
    Der Berechtigte des Nießbrauchs darf alle Nutzungen der
    Sache ziehen, also grundsätzlich sämtliche Nutzungen, es
    sei denn, dass einzelne Nutzungen qualitativer Art von
    diesem Recht ausgenommen sind. Derjenige, dem der
    Nießbrauch an einem Grundstück eingeräumt ist, das mit
    einem Wohnhaus bebaut ist, darf also auch darin wohnen.
    Für den Nießbrauchsberechtigten besteht damit kein
    rechtlich geschütztes Interesse, zusätzlich zu seinem Nießbrauch
    ein Wohnungsrecht für sich im Grundbuch eintragen
    zu lassen.
    OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.4.2008, 20 W
    53/07 = MittBayNot 1/2009, 45

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es gibt aber auch diese, allerdings mit Einschränkung:

    Gericht: LG Frankfurt (Oder) 9. Zivilkammer
    Entscheidungsdatum: 04.02.2010
    Aktenzeichen: 19 T 40/10
    Dokumenttyp: Beschluss
    Quelle:
    Normen: § 1030 BGB, § 1059 S 2 BGB, § 1060 BGB, § 1092 Abs 1 S 1 BGB, § 1092 Abs 1 S 2 BGB ... mehr


    Grundbuchverfahren: Zulässigkeit der gleichzeitigen Eintragung eines Nießbrauchs und eines Wohnrechts für denselben Berechtigten am gleichen Grundstück

    Orientierungssatz
    Es besteht ein hinreichendes rechtlich geschütztes Interesse daran, sowohl einen Nießbrauch als auch ein im Rang vorgehendes Wohnungsrecht im Grundbuch eintragen zu lassen, wenn das Wohnrecht vertragsgemäß nicht übertragbar und damit der Pfändung nicht unterworfen ist (Rn.15) (entgegen OLG Frankfurt, 15. April 2008, 20 W 53/07, NotBZ 2008, 274 und OLG Hamm, 28. April 1997, 15 W 334/96, FGPrax 1997, 168).

    Fundstellen
    NotBZ 2010, 153-155 (red. Leitsatz und Gründe)
    weitere Fundstellen ...
    Verfahrensgang
    vorgehend AG Frankfurt, 11. November 2009, Az: XX, Beschluss

    Diese Entscheidung zitiert
    Rechtsprechung
    Entgegen OLG Frankfurt 20. Zivilsenat, 15. April 2008, Az: 20 W 53/07
    Entgegen OLG Hamm 15. Zivilsenat, 28. April 1997, Az: 15 W 334/96

  • Hallo Jupp, danke für die schnelle Antwort.

    Die von dir genannte Entscheidung habe ich bereits im Vorfeld als Begründung aufgeführt!

    Der Rechtspfleger hat daraufhin geantwortet: "Die Argumente des LG Frankfurt a.d. Oder, dass die Eintragung beider Rechte möglich ist, da der Nießbrauch pfändbar ist, vermögen nicht zu überzeugen. Denn nicht nur ein Nießbrauch, sondern auch andere Rechte wie Reallasten, beschränkt persönl. Dienstbarkeiten (wenn diese übertragbar sind) und Hypotheken sind pfändbar und werden nicht durch die Eintragung eines weiteren Rechts abgesichert. Auch liegen bisher keine Anhaltspunkte für eine evtl. Pfändung des Nießbrauchsrechts vor."

    Gibt es vielleicht weitere positive Beschlüsse??

    Danke im Voraus.

  • Gibt es vielleicht weitere positive Beschlüsse??

    Eher nicht. Zumindest keine höchstrichterlichen. Mich wundert, daß es überhauupt noch Beschlüsse dazu gibt, da man das Problem doch ganz einfach durch ein (vorrangiges) aufschiebend bedingtes Wohnungsrecht umgehen kann? Die Bedingung würde das Grundbuch sicher auch nicht zu sehr "befrachten" (so aber Frank MittBayNot 1/2009, 47).

  • Guten Morgen,

    bestellt wurden für den Verkäufer ein Wohnungsrecht und ein Nießbrauchrecht. Insoweit werde ich den Notar auf die Entscheidung der OLGe Hamm und Frankfurt a. M. mitteilen, dass bzgl. des Wohnungsrechts kein rechtliches Interesse auf Eintragung besteht (s.o.).

    Weiterhin wurde für den Verkäufer dann aber noch ein Nießbrauch an der an dem veräußerten Anwesen bestehenden Photovoltaikanlage bestellt.
    Aber ist nicht die Möglichkeit die Photovoltaikanlage zu nutzen schon in dem „ersten“ bestellten Nießbrauch enthalten?

    Nach § 1031 BGB erstreckt sich der Nießbrauch ja auch auf das Zubehör. Ist die Photovoltaikanlage Zubehör? Auf die Schnelle habe ich eine Entscheidung des LG Passau gesehen, die die Zubehöreigenschaft bejaht.
    Dann wäre der Verkäufer ja schon durch Eintragung des „ersten“ Nießbrauchs berechtigt, die Anlage zu nutzen.

    Also würde hier die Eintragung eines einzigen Nießbrauchs für den Verkäufer ausreichen, damit er (was ja gewollt ist)
    a) wohnen,
    b) die Photovoltaikanlage nutzen und
    c) alle (übrigen) Nutzungen ziehen kann.

    Richtig? Oder bin ich auf dem Holzweg?

    Vielen Dank für Hinweise! :)

  • Der Notar hat Eintragungsanträge wie folgt gestellt:
    a) "Wohnungsrecht/Nießbrauch"
    b) "Nießbrauch an der Photovoltaikanlage" :cool:
    c) "Eigentumswechsel"

    Ich meine ja, ein Nießbrauch und alles was zu a) und b) gewollt ist, ist umfasst.

  • Möglich, dass für den weiteren Nießbrauch ein Bedürfnis besteht. Auch wegen der unterschiedlichen rechtlichen Schicksale (s. z.B. § 1062 BGB; wegen der Zubehörseigenschaft s. Bamberger/Fritsche § 97 Rn 18 unter Hinweis auf das bereits genannte LG Passau (= Rpfleger 2012, 401)). Aber im Grundbuch eintragen wird man einen Nießbrauch an einer Photovoltaikanlage auf keinen Fall können - falscher Belastungsgegenstand für ein Grundstücksrecht.

  • Guten Morgen in die Runde,

    bei mir liegt der Fall etwas anders:

    V überträgt an S ein Grundstück mit aufstehendem Wohnhaus.
    V behält sich den lebenslänglichen Nießbrauch am Vertragsgegenstand vor.
    Weiter wird für M ein lebenslängliches Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB bestellt (M darf die Wohnung x gemeinsam mit dem Nießbraucher benutzen).
    Nießbrauch und Wohnungsrecht sollen im Gleichrang eingetragen werden.

    Diese Konstellation ist mir überhaupt nicht geläufig.
    Ist dies so überhaupt möglich?

    Zur Absicherung von M kam mir zunächst die Bestellung einer Dienstbarkeit gem. § 1090 BGB in den Sinn, die dann - bei Ableben des V (bzw. mit Erlöschen des Nießbrauchs) - zu einem Wohnungsrecht § 1093 BGB "erstarkt".

    Was meint Ihr?

    Vielen Dank vorab.

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