§ 134 InsO und Nachlassinsolvenz

  • Inwiefern kommt es drauf an, was es aus Sicht des Erben ist?
    Aus Sicht der Masse (i.e. sub specie Schmälerung der zukünftigen Insolvenzmasse) sind es m.E. jedenfalls eigene.

  • Bitte nicht falsch verstehen, mein Schuldner! hat als Erbe zunächst die vom Erblasser geerbten Verbindlichkeiten beglichen und später dann einen Nachlassinsolvenzantrag gestellt. Kann ich die Nachlassgläubiger im Insolvenzverfahren des Erben gemäß § 134 InsO in Anspruch nehmen. Der Nachlass war im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • genau so ist es, wobei es im Insolvenzverfahren des Erben nicht nur um Nachlassverbindlichkeiten geht

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  • hier darf man ja auch einmal Gedanken äußern, ohne dass man gleich gehauen wird:

    Der Ansatz zu § 134 InsO ist, aufgrund der Wertlosigkeit der Forderung erst einmal nicht schlecht. Aber war da nicht etwas wie Zahlung auf Schuld versus Zahlung auf Anweisung?

    Was leider nicht so gut passt, ich bringe es aber einmal trotzdem, ist, dass der Erbe dem Insolvenzverwalter nicht haftet. Ansonsten könnte man eine Brücke schlagen zu § 93 InsO und der Entscheidung des BGH bei der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter, IX ZR 138/06.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ... ich glaub' jetzt hab' ich den Sachverhalt soweit.
    Zurück zur Ausgangsfrage...

    Das Problem mag hier darin liegen, daß zur Zeit der anzufechtenden Zahlung es sich wg. Gesamtrechtsnachfolge tatsächlich um eigene Verbindlichkeiten des Erben handelte.
    Allerdings erfolgt durch den Nachlaßinsolvenzantrag wiederum Vermögenstrennung. Aus der Sicht des IV des Erben sind es jetzt wieder "fremde" Verbindlichkeiten, auf die aus dem Vermögen seines Schuldners gezahlt wurde.
    Qualifiziert das die erfüllten Verbindlichkeiten auch für Zwecke der Anfechtung rückwirkend in fremde um?

    Hm hm hm.

    Einerseits sind die Folgen von Zahlungen aus Eigenmitteln auf Nachlaßverbindlichkeiten ja im Gesetz durchaus speziell geregelt. Der Erbe (sein IV) hat gegen den Nachlaß ggf. einen Erstattungsanspruch, der im Nachlaßinsolvenzverfahren Masseverbindlichkeit ist, bzw. tritt an die Stelle des von ihm befriedigten Nachlaßgläubigers. (Je nachdem ob § 1979 BGB +/-)
    Andererseits sollte das die Anfechtung gegenüber dem befriedigten Gläubiger nach den allgemeinen Regeln eigentlich nicht ausschließen.

  • Und um es noch ein bißchen komplizierter zu machen, soll trotz Erfüllung mit Eigenmitteln des Erben dennoch der Nachlaßinsolvenzverwalter nach § 322 InsO gegenüber dem Gläubiger anfechten können, wenn der Erbe den Erstattungsanspruch als Masseverbindlichkeit hat! (so offenbar allgM: HeiKo 6. Aufl. § 322 Rn 3; Uhlenbruck 13. Aufl. § 322 Rn 3; HamKo 3. Aufl. § 322 Rn 2; MüKo 2. Aufl. § 322 Rn 3; N/R § 322 Rn 4; K/P/B § 322 Rn 4)

    Dürfte hier aber nicht der Fall sein, wenn der Nachlaß von vorneherein unzulänglich war, also § 1979 (-).

    Einmal editiert, zuletzt von zonk (6. Februar 2012 um 18:28)

  • hilft die heute veröffentlichte Entscheidung des BGH weiter ?

    .....

    Kommt der Zahlung des Schuldners an einen Insolvenzgläubiger eine Doppelwirkung zu, weil dadurch neben der Forderung des Empfängers zugleich der gegen den Schuldner gerichtete Anspruch eines mithaftenden Dritten auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit erfüllt wird, kann die Leistung nach Wahl des Insolvenzverwalters sowohl gegenüber dem Leistungsempfänger als auch gegenüber dem Dritten als Gesamtschuldner angefochten werden (Bestätigung von BGH WM 2008, 363).

    BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 -

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Entscheidung sollte mich weiter bringen, da wir hier zumindest einen vergleichbaren Fall haben.

    (note to Gegs: wieder besser auf neue BGH-Entscheidungen schauen :lupe:)

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  • Ich halte einen Anspruch aus § 134 InsO in der Konstellation für gegeben. Man kann etwa wie folgt argumentieren: Der Erbe hätte angesichts der Überschuldung des Nachlasses unter normalen Umständen nichts zahlen brauchen. Er hätte stattdessen UNVERZÜGLICH Nachlassinsolvenzantrag stellen MÜSSEN, vgl. § 1980 Abs. 1 BGB. Hätte er dies getan und in der Folge trotzdem gezahlt, wäre das definitiv eine objektiv unentgeltliche, weil nicht mehr von ihm (als Träger seines Eigenvermögens) geschuldete Leistung. Der Erbe schuldet den Nachlassgläubigern nach Insolvenzeröffnung lediglich noch formal (§ 1967 BGB) "als solcher", d.h. als Rechtsträger des insolventen Nachlasses, beschränkt auf die Insolvenzmasse. Im Übrigen, d.h. in seiner Eigenschaft als Träger seines Eigenvermögens, ist er aufgrund der fingierten Separation der Vermögensmassen fortan nicht mehr Schuldner. Ergo läge eine Leistung auf eine Nichtschuld vor, sodass man sogar an § 812 BGB als konkurrierende Anspruchsgrundlage denken könnte.
    Aber zurück zum Fall:
    Da der Erbe vorliegend keinen Insolvenzantrag gestellt hat, zahlte er in dem Moment formal-juristisch natürlich schon auf eigene Schuld. Das kann man m.E. aber durch einen Trick umgehen. Man kann das Unterlassen der Insolvenzantragstellung und die damit verbundene Aufrechterhaltung einer an sich leicht zu beseitigenden Schuld, selbständig gem. § 129 Abs. 2, 134 anfechten, ähnlich wie man das Unterlassen beispielsweise der Erhebung einer an sich gebotenen Verjährungseinrede nach § 129 Abs. 2 anfechten kann. Gewinnen werden Sie einen solchen Rechtsstreit aber womöglich erst vor dem BGH, von daher würde ich einen solchen Fall nur anhängig machen, wenn der Streitwert entsprechend ist. Viel Erfolg!

  • Herzlich willkommen Herr Kollege. Sie dürfen ruhig du zu uns sagen. Machen wir hier alle so. Wäre schön, öfter von Ihnen/Dir zu lesen.

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  • Ich habe zu einem ähnlichen Komplex gerade wieder mal einen Gedankenstau und hoffe auf Hilfe.

    Der Erblasser lebte in einer Lebenspartnerschaft nach dem LPArtG und betrieb mit seinem Partner einen kleinen Lebensmittelladen in Form einer GbR. Erblasser verstarb im Dezember 2010. Nach dem Tod des Erblassers schlug der Lebenspartner am 26.1.11 das Erbe aus. Im Juli 2011 übergab der Lebenspartner das Geschäft an einen Nachfolger und erhielt eine Auslöse von 25.000,00 €. Das Geld steht für einen Auseinandersetzungsanspruch der GbR nicht mehr zur Verfügung. Der Lebenspartner tilgte mit dem Erlös zum einen Verbindlichkeiten der GbR gegenüber Lieferanten, zum anderen Verbindlichkeiten des Erblassers in Form von Arzt- und Krankenhausrechnungen. Sonstiges Nachlassvermögen ist nicht vorhanden.

    Für mich stellt sich die Frage der Anfechtbarkeit dieser Zahlungen durch den Lebenspartner nach § 134. Die Zahlungen betreffend die Verbindlichkeiten der GbR sind ja wohl nicht nach § 134 anfechtbar. Nachdem die Zahlung des Lebenspartners hinsichtlich der Arztrechnung jedoch nach Ausschlagung des Erbes erfolgten liegen hier doch die Voraussetzungen des § 134 InsO vor, oder?

  • schlug ... das Erbe aus.


    Das sollte hier in der Tat den wesentlichen Unterschied machen.
    Nach § 1953 BGB ist er nie Erbe gewesen.
    Also, eigene Verbindlichkeit, nein, GbR-Verbindlichkeit, nein, fremde Verbindlichkeit, check.
    § 134 sollte greifen.


    PS.
    ... sofern man nicht die bezahlten Rechnungen im Einzelfall über §§ 8 Abs. 2 LPG, 1357 BGB doch als eigene Verbindlichkeiten des Überlebenden ansehen muß.

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