§ 727 ZPO / Inhaberwechsel / INSO- Eröffnung

  • Hallo,

    ich habe hier folgenden Fall: Ein Titel wurde gegen ein Gewerbebetrieb erwirkt (kein e.K.). Nunmehr beantragt der Kläger die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel, da sich der Inhaber des Gewerbebetriebs geändert hat. Als Nachweis wird eine Gewerbeauskunft vorgelegt.

    Ist das ein Fall von § 727 ZPO i.V.m. § 325 ZPO? Wenn ja: kann ich aufgrund einer Gewerbeanfrage umschreiben?

    Weiterhin ist der neue Inhaber im Verbraucherinsolvenzverfahren. Allerdings hat der Insolvenzverwalter angezeigt, dass das Vermögen aus selbstständiger Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehört.

    Ändert das etwas an der Sachlage? Kann ich dann die Klausel nur insoweit erteilen, als sich die Vollstreckung gegen das Vermögen aus selbstständiger Tätigkeit richtet? :confused:

    Ich bitte um Hilfe!

    Gruß
    rezk

  • Meines Erachtens: Zwei mal "ja". Also: Es liegt Rechtsnachfolge vor. Und die Klausel würde ich auf den Bereich "Selbständigkeit ..." beschränken. Die Gewerberegisterauskunft dürfte als öffentliche Urkunde anzusehen sein.GrußOttawa

  • Ein Titel wurde gegen ein Gewerbebetrieb erwirkt (kein e.K.). Nunmehr beantragt der Kläger die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel, da sich der Inhaber des Gewerbebetriebs geändert hat. Als Nachweis wird eine Gewerbeauskunft vorgelegt.

    Hm. Für § 729 Abs. 2 ZPO muß der Erwerb des Handelsgeschäfts und die Fortführung der bisherigen Firma, beides nach Rechtskraft des Titels, sowie die Eigenschaft der Forderung als Geschäftsverbindlichkeit nachgewiesen oder offenkundig sein. Beim eK hilft das HR. Aber ohne HR, durch schlichte Gewerbeauskunft? Ist das wirklich hinsichtlich der genannten Voraussetzungen eine öffentliche Urkunde iSd § 731 ZPO?

  • im KFB steht im Rubrum Firmenname, vertreten durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter X und Y

    Jetzt kommt ein Antrag, dass der Vollstreckungsgl. gem. 729, 727 ZPO gegen X, Inhaber der Firma (wie KFB) als Übernehmer der Firma der im Urteil genannten Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung vom KFB und vom Urteil erteilt haben möchte.

    Als Nachweis für die Firmenübernahme liegt nur ein Impressum der Firmenhomepage bei.
    Argumentiert wird mit §§ 736 Abs. 2 BGB und 25 HGB.

    Fragen:
    1) Liegt hier überhaupt eine Rechtsnachfolge vor?
    2) Wie läuft das vollstreckungsrechtlich?
    3) Durch was für öffentliche Urkunden kann die RNF hier nachgewiesen werden, sollte eine vorliegen?

  • Fragen:
    1) Liegt hier überhaupt eine Rechtsnachfolge vor?
    2) Wie läuft das vollstreckungsrechtlich?
    3) Durch was für öffentliche Urkunden kann die RNF hier nachgewiesen werden, sollte eine vorliegen?

    Hatte ich noch nicht....
    Grundsätzlich würde ich sagen:

    Ja, es liegt eine Gesamtrechtsnachfolge vor.

    Durch was für öffentliche Urkunden kann die RNF hier nachgewiesen werden?
    -> Tja, da fällt mir spontan auch keine ein. Ein Ausdruck der Firmenhomepage ist natürlich denkbar ungeeignet.

    Es ist aber auch kein Problem wenn es eine solche Urkunde schlicht nicht gibt.
    Dann bleibt ja einerseits die Möglichkeit der ausdrücklichen Einverständniserklärung des neuen Schuldners, oder eine Klage des Gläubigers nach § 731 ZPO.

    Was der Antragsteller hier macht ist sein Problem, nicht das des Gerichts.

    Zum Verfahren: wenn der Schuldner im Rahmen der Anhörung nach § 730 ZPO seine ausdrückliche Zustimmung zur Erteilung der RNF-Klausel erteilt, könnte diese wohl erteilt werden. Falls nicht, müsste der Antrag zurückgewiesen werden (es sei denn natürlich der Gläubiger hat doch noch einen geeigneten Nachweis, was ich mit bei dieser Fallkonstellation aber eigentlich nicht vorstellen kann).

  • Ich würde tippen, die Firma im Rubrum ist keine Firma im Sinne des HGB ?

    Und der Ausdruck der Homepage ist kein Nachweis im Sinne des § 727 ZPO.

  • Wie sieht es denn mit einem Handelsregisterauszug aus? Hatte die ursprüngliche Firma einen Registereintrag? Anhand diesem kann man nämlich sehr schön sehen, ob es sich tatsächlich um eine Rechtsnachfolge handelt, die der Rechtspfleger macht oder ob es nur ein Umfirmierung ist, die die Geschäftsstelle macht. Die Angaben, die du jetzt hast, würden mir nicht reichen.

  • genau, die Firma war nicht im Handelsregister eingetragen...
    daher gehe ich mal davon aus, dass es eine gbr war...

    von daher ist auch kein handelsregisterauszug möglich...

    also gibt's wohl auch keine Urkunden ?!

    habe dann aber auch Probleme damit, die rechtsnachfolge einzutragen ohne jeglichen nachweis (mal abgsehen von der HP)

  • Wenn ich die nachgereichte Sachverhaltsschilderung in Nr. 4 richtig verstehe, dann handelte es sich ursprünglich um eine GbR oder eine OHG (je nach Größe des Geschäfts), bei der dann ein Gesellschafter ausgeschieden ist, der andere den Geschäftsbetrieb fortgeführt hat. Das wäre seit Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit m.E. ein Fall der Rechtsnachfolge - bei der der Übergang aber kaum durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden kann. Es sei denn, der jetzige Allein-Inhaber gibt noch eine entsprechende Erklärung ab.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • also sollte ich den Schuldner erstmal anhören, falls er sich einverstanden erklärt eine RNF-Klausel erteilen, falls nicht zurückweisen?

  • also sollte ich den Schuldner erstmal anhören, falls er sich einverstanden erklärt eine RNF-Klausel erteilen, falls nicht zurückweisen?

    Hab nochmal nachgelesen, es kommt drauf an:
    a) entweder (nach Hinweis) zurückweisen, oder
    b) den Schuldner im Rahmen des § 730 ZPO nach seiner Zustimmung fragen.

    Bei der Frage ob a) oder b) kommt es drauf an "wie der Antragsteller substantiiert darlegt, daß und aus welchen nachvollziehbaren Gründen zu erwarten ist, daß der Schuldner die Rechtsnachfolge zugestehen und der bisherige Gläubiger der Klauselerteilung zustimmen werde" (BGH, VII ZB 23/05).

    Also in jedem Fall erstmal den Antragsteller anschreiben mit Hinweis entweder einen geeigneten Nachweis vorzulegen, oder eine "substantiierte Darlegung" wie oben vorzutragen.
    Dann entweder a) oder b).

  • Naja, wenn da wer verklagt wird, der gar nicht partei- oder prozessfähig ist, also so eine Fantasiebezeichnung, würde ich mal über einen unwirksamen Titel nachdenken.

    Die können nicht den Murks, den die beim Klagerubrum gemacht haben, über § 727 ZPO berichtigen.

  • habe mir die Entscheidung angeschaut, aber in dem falle geht es um die rechtsnachfolge auf gläubigerseite... in meinem fall geht es um die rechtsnachfolge auf schuldnerseite...

  • Zitat

    habe mir die Entscheidung angeschaut, aber in dem falle geht es um die rechtsnachfolge auf gläubigerseite... in meinem fall geht es um die rechtsnachfolge auf schuldnerseite...

    Das hat aber meiner Meinung nach mit der grundsätzlichen Ermessensfrage (Anhörung+Anfrage nach Zustimmung ja oder nein) nicht viel zu tun.
    Wenn du im Rahmen des Ermessens gleich zu dem Ergebnis kommst das du eine Anhörung/Anfrage bei dem Schuldner machen willst, kannst du das natürlich tun.

  • Okay :)

    ich habe jetzt beide angeschrieben, sowohl gläubiger als auch Schuldner, falls der Schuldner sein Einverständnis erklärt, würde ich die Klausel erteilen, anderenfalls muss ich mir nach Rückkunft beider Antworten weitere Gedanken machen :)

    Danke für die Hilfe!

  • Das Gewerberegister ist kein öffentliches Register und genießt als solches keinen öffentlichen Glauben wie zum Beispiel das Handelsregister.

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt in seiner Rechtsprechung für die Geschäftsübernahme (Geschäftsnachfolge) entscheidend darauf ab, ob eine wirtschaftliche Einheit vorhanden ist, die trotz des Inhaberwechsels ihre Identität bewahrt hat. Für die Prüfung dieses Merkmals wurden vom Europäischen Gerichtshof sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung berücksichtigt. Er stellt nun im Rahmen des sog. Sieben-Punkte-Test im Wege einer Gesamtbetrachtung auf
    • die Art des betreffenden Unternehmens oder des Betriebs,
    • den Übergang oder Nichtübergang der materiellen Vermögenswerte (Gebäude, bewegliche Güter),
    • den Wert der immateriellen Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Übergangs,
    • die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft,
    • den Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft, sowie auf
    • den Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und
    • die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit ab.

    Gegenständlicher Fall ist meiner Meinung nach ein Fall für eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO, weil der nach dem § 726 Abs. 1 und den §§ 727 bis 729 ZPO erforderliche Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden kann.

  • Durch was für öffentliche Urkunden kann die RNF hier nachgewiesen werden

    Theoretisch müßte auch ein wenigstens notariell beglaubigter Gesellschaftsvertrag mit Fortsetzungklausel samt Insolvenzeröffnungsbeschluss oder Sterbeurkunde reichen (vgl. BGH NJW 2008, 2992; zum Ausscheiden durch Insolvenzeröffnung). Oder, wenn die Gesellschaft Grundbesitz hatte, ein Grundbuchauszug, der die Nachfolge ausweist.

    12 Mal editiert, zuletzt von 45 (29. August 2014 um 16:41)

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