Für Kündigung Pachtvertrag Genehmigung erforderlich ?

  • Hallo !

    Mir liegt ein Antrag eines Betreuers auf Erteilung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Kündigung eines Pachtvertrages vor.

    In dem Vertrag ist geregelt,dass das Pachtverhältnis am 01.08.2006 beginnt und am 31.12.2006 endet.Es verlängert sich danach um jeweils ein Jahr,wenn es nicht sechs Monate vor Ablauf der Laufzeit des Vertrages gekündigt wird.

    Der Betreute hat sein Einverständnis zur Kündigung erklärt.

    Brauche ich hierfür eine Genehmigung ?

  • Genehmigungstatbestand?
    - § 1907 Abs. 1 BGB? -> Nein, dort geht es um Mietverträge über Wohnraum
    - §§ 1908i, 1812 BGB? -> Nein, dort geht es nicht um schuldrechtliche Verträge und deren Kündigung
    - §§ 1908i, 1821 BGB? ->Nein, passt nichts. Besonders nicht § 1821 Nr. 1: Die Pacht ist kein Recht am Grundstück.
    - §§ 1908i, 1822 BGB? -> Nein, passt nichts. Auf Nr. 5 wird im § 1908i nicht verwiesen.

    Also ich erkenne kein Genehmigungsbedürfnis.

  • Hallo :)!

    In dem hier vorliegenden Fall soll ein Pachtvertrag gekündigt werden. Es handelt sich hier um eine Haus, das auf einer Kleingartenparzelle steht und in dem der Betroffene dauerhaft gewohnt hat. De facto gibt er sein Hauptwohnsitz auf, wenn der Pachtvertrag gekündigt wird.

    Die Kommentierung zu § 1907 Abs. 1 BGB sagt im Wesentlichen, dass Pachtverträge anders als Miet- oder Leihverträge von der Genehmigungspflicht des § 1907 Abs. 1 S. 1 BGB ausgenommen, weil bei der Pacht die gewerbliche oder sonst eine dem Erwerb dienende Nutzung im Vordergrund steht und eine Genehmigungspflicht darauf hinausliefe, die erwerbswirtschaftliche Betätigung der betroffenen Person zu überwachen; das soll auch gelten, wenn die betroffene Person als Pächter das Pachtobjekt dazu benutzt, dort (auch) zu wohnen. (BeckOGK/Schmidt-Recla, 1.7.2020, BGB § 1907 Rn. 13).

    Schließe ich daraus, dass ich wiederum bei der Genehmigungspflicht bin, wenn der Betroffene dort ausschließlich wohnt? Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift würde ich die Genehmigungspflicht durchaus bejahen.

    Danke für Eure Anregungen kurz vor dem Wochenende!!!

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Der Gesetzgeber hat sich explizit dagegen entschieden, die Regelung auch auf Pachtverträge zu erstrecken. In den Gesetzesgründen heißt es:

    Bei den Vorarbeiten zum Entwurf wurde erörtert, ob
    in die in § 1907 E enthaltene Regelung auch die Pacht
    einbezogen werden soll. Wenngleich die Pacht nicht
    auf den bloßen Gebrauch von Wohnraum gerichtet ist,
    so wird das Pachtobjekt dennoch mitunter Räume umfassen,
    die zum Wohnen bestimmt sind oder zumindest
    hierfür benutzt werden. Zu denken ist etwa an
    kleinere Ladengeschäfte, an die sich Wohnräume für
    den Inhaber anschließen, oder an eine Landpacht, die
    nicht bloße Zupacht ist, sondern Pacht eines gesamten
    bäuerlichen Anwesens einschließlich des die Wohnräume
    enthaltenden Bauernhauses.
    Bei den Erörterungen hat sich gezeigt, daß überwiegende
    Gründe dagegen sprechen, die Pacht in die
    Regelung einzubeziehen. Auch dann, wenn das
    Pachtobjekt ausnahmsweise Wohnraum enthält, wird
    in aller Regel eine gewerbliche oder sonst dem Erwerb
    dienende Nutzung nicht nur rechtlich, sondern auch
    tatsächlich im Vordergrund stehen. Diese Nutzung
    wird auch die Höhe des Pachtzinses entscheidend bestimmen.
    Eine Anwendung der in § 1907 E enthaltenen
    Regelung würde deshalb in erster Linie auf eine
    Überwachung der erwerbswirtschaftlichen Betätigung
    des Betreuten hinauslaufen und damit den Regelungsrahmen
    der Vorschrift überschreiten.

    Quelle: Bt-Drs 11/4528, Seite 151, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/11/045/1104528.pdf

  • Ein großes, wenn auch verspätetes, Danke für die Gesetzesbegründung, 15. Meridian:)

    Leider ist der Fall hier so, dass ein Erwerbsgeschäft in keiner Weise eine Rolle spielt. Der Betroffene hat eine Kleingartenparzelle gepachtet, auf dem er ausschließlich gewohnt hat. Ich finde daher, dass die Begründung an meinem Fall vorbei geht und ich nach dem Sinn und Zweck der Norm (§1907 BGB) eine analoge Anwendung in Betracht ziehen würde.

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ein großes, wenn auch verspätetes, Danke für die Gesetzesbegründung, 15. Meridian:)

    Leider ist der Fall hier so, dass ein Erwerbsgeschäft in keiner Weise eine Rolle spielt. Der Betroffene hat eine Kleingartenparzelle gepachtet, auf dem er ausschließlich gewohnt hat. Ich finde daher, dass die Begründung an meinem Fall vorbei geht und ich nach dem Sinn und Zweck der Norm (§1907 BGB) eine analoge Anwendung in Betracht ziehen würde.

    Sehe ich grundsätzlich auch so. Eine Frage: Warum soll denn gekündigt werden? Wegen Heimaufenthalt?

  • Ein großes, wenn auch verspätetes, Danke für die Gesetzesbegründung, 15. Meridian:)

    Leider ist der Fall hier so, dass ein Erwerbsgeschäft in keiner Weise eine Rolle spielt. Der Betroffene hat eine Kleingartenparzelle gepachtet, auf dem er ausschließlich gewohnt hat. Ich finde daher, dass die Begründung an meinem Fall vorbei geht und ich nach dem Sinn und Zweck der Norm (§1907 BGB) eine analoge Anwendung in Betracht ziehen würde.

    Sehe ich grundsätzlich auch so. Eine Frage: Warum soll denn gekündigt werden? Wegen Heimaufenthalt?


    JA, richtig. Der Betroffene wohnt nun dauerhaft im Heim (geschlossen untergebracht zunächst bis 04/2021) und der Kleingartenverein duldet zudem nunmehr keine Dauerwohnungen mehr auf den Parzellen und will das Haus abreißen.

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ein großes, wenn auch verspätetes, Danke für die Gesetzesbegründung, 15. Meridian:)

    Leider ist der Fall hier so, dass ein Erwerbsgeschäft in keiner Weise eine Rolle spielt. Der Betroffene hat eine Kleingartenparzelle gepachtet, auf dem er ausschließlich gewohnt hat. Ich finde daher, dass die Begründung an meinem Fall vorbei geht und ich nach dem Sinn und Zweck der Norm (§1907 BGB) eine analoge Anwendung in Betracht ziehen würde.

    Sehe ich grundsätzlich auch so. Eine Frage: Warum soll denn gekündigt werden? Wegen Heimaufenthalt?


    JA, richtig. Der Betroffene wohnt nun dauerhaft im Heim (geschlossen untergebracht zunächst bis 04/2021) und der Kleingartenverein duldet zudem nunmehr keine Dauerwohnungen mehr auf den Parzellen und will das Haus abreißen.

    Ja, dann stimme ich dir voll zu. Ich würde ein Genehmigungsbedürfnis nach Sinn und Zweck des § 1907 BGB sehen. Für den Betreuten war es ja Wohnraum, der aufgegeben wird.

    Einmal editiert, zuletzt von DippelRipfl (30. Juli 2020 um 11:28) aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler ;)

  • Ich habe hier einen ähnlichen Fall. Allerdings steht auf dem gepachteten Grundstück ein Ferienhaus (kleines Holzhaus), das verkauft werden soll.
    Die Betreute ist dauerhaft im Heim und hatte ihren Wohnsitz im diesem Ferienhaus.
    Auch ich würde in entsprechender Anwendung von § 1907 BGB ein Genehmigungsverfahren für erforderlich halten, da die Betreute ihren Lebensmittelpunkt aufgeben muss. Ist darüber hinaus eine Genehmigung erforderlich? Muss ich mir den Wert des Hauses nachweisen lassen?

  • Ich habe hier einen ähnlichen Fall. Allerdings steht auf dem gepachteten Grundstück ein Ferienhaus (kleines Holzhaus), das verkauft werden soll.
    Die Betreute ist dauerhaft im Heim und hatte ihren Wohnsitz im diesem Ferienhaus.
    Auch ich würde in entsprechender Anwendung von § 1907 BGB ein Genehmigungsverfahren für erforderlich halten, da die Betreute ihren Lebensmittelpunkt aufgeben muss. Ist darüber hinaus eine Genehmigung erforderlich? Muss ich mir den Wert des Hauses nachweisen lassen?

    Was meinst Du damit? Einen weiteren Genehmigungstatbestand?

    Soll das Grundstück verkauft werden? Wenn die Betroffene das Grundstück nur gepachtet hat, hat sie doch mit dem Grundstücksverkauf nichts zu tun :gruebel:

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Ich würde den Thread hier mit einem neuen - wenn auch nicht ganz passenden - Sachverhalt aufleben lassen:

    Und zwar hat die Betroffene per Betreuungsübernahme Pachtzinsen für ein Gartengrundstück zu zahlen. Die Tochter der Betroffenen (nicht involviert in die Betreuung) teilt nun in einem umfangreichen Schriftsatz einige Unstimmigkeiten in der Betreuungsführung mit. Unter anderem eben auch, dass das Gartengrundstück, welches seit mehr als 60 Jahren in der Familie war, durch den Betreuer aufgelöst und geräumt wurde - entgegen dem Willen der Betroffenen. Da ja keine gerichtliche Genehmigung zur Wirksamkeit der Kündigungserklärung erforderlich ist (wenn ich alles richtig verstanden habe), müsste die Kündigung ja wirksam sein.
    Wenn dies nun tatsächlich dem Wunsch der Betroffenen widerspricht (finanziell ist es auch nicht erforderlich gewesen!), was ist die Konsequenz für den Betreuer, der gegen § 1821 BGB gehandelt hat?

    Ich als Betreuungsgericht erfahre von diesem Sachverhalt im Übrigen zum ersten Mal durch den Schriftsatz der Tochter.

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