Welche Verfahrensgebühr (4106, 4112) + mit oder ohne Haft-Zuschläge?

  • Hallo zusammen!

    Ich hoffe ihr könnt mir bei folgendem Fall weiterhelfen:

    Anwalt wird während des Ermittlungsverfahrens bevollmächtigt am 05.05.10 und später zum Pflichtverteidiger bestellt.
    -Eingang der Anklage beim AG 24.01.11
    -Angeklagter wandert in Strafhaft in anderer Sache am 13.03.11
    -StA nimmt Anklage zurück am 09.06.11
    -Neue (berichtigte) Anklage (dieselbe Straftat! nix neues) nunmehr beim LG eingegangen am 24.06.11
    -Beschluss des LG über Eröffnung des Hauptverfahrens, allerdings NICHT vor dem LG, sondern vor dem Schöffengericht (AG) --> Akte wird ans AG abgegeben, dort finden die Termine statt und der Angeklagte wird verurteilt.

    Pflichtverteidiger beantragt nunmehr folgendes:
    -4100 mit Zuschlag
    -4104 mit Zuschlag
    -4106 mit Zuschlag
    -4112 mit Zuschlag
    + Terminsgebühren usw.

    Die Fragen, die sich mir stellen, sind: welche Verfahrensgebühr(en) sind entstanden? 4106 und 4112 oder nur eine von beiden und wenn ja welche?
    Wann endete das Ermittlungsverfahren? Mit Eingag der ersten Anklage oder erst mit Eingang der 2.? Wenn das Ermittlungsverfahren mit Eingang der ersten Anklage abgeschlossen wäre, dann gäbe es dafür nämlich keinen Haftzuschlag.

    Aus dem Bauch heraus würde ich folgende Gebühren geben:
    -4100 ohne Zuschlag (weil die Einarbeitung weit vor der Inhaftierung stattfand und der Abgeltungsbereich der Grundgebühr bei Inhaftierung bereits verlassen war)
    -4104 mit/ohne Zuschlag?
    -4112 mit Zuschlag, da berichtigte Anklage beim LG eingereicht, beide Anklagen jedoch eine Angelegenheit sind und für eine Angelegenheit auch nur eine Verfahrensgebühr entsteht.
    + Terminsgebühren usw.

    Habe in der Literatur zu diesem Fall leider nichts gefunden und hoffe auf Hinweise zur Lösung aus Eurem Erfahrungsschatz.
    Danke!

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Also ich würde dem Verteidiger sowohl die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG als auch nach Nr. 4112 VV RVG geben. Die Gebühr nach Nr. 4106, 4107 VV RVG ist für die anwaltliche Tätigkeit nach Eingang der ersten Anklageschrift entstanden. Mit Rücknahme der Anklage befindet man sich wieder im Ermittlungsverfahren. Da sich der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft befand, ist eine Verfahrensgebühr mit Haftzuschlag nach Nr. 4104, 4105 VV RVG entstanden. Mit Neuerhebung der Anklage und Eingang beim Landgericht dürfte die Verfahrensgebühr nach Nr. 4112, 4113 VV RVG entstanden sein, sofern der Verteidiger bis zur Eröffnung und Verweisung an das Schöffengericht tätig geworden ist. Einmal entstandene Gebühren fallen nicht weg. Es kann höchstens eine Anrechnung mehrerer Verfahrensgebühren vorgesehen sein (wie z.B. Anmerkung zu Nr. 3305 VV RVG), was aber in Strafsachen nicht der Fall ist, weshalb ich beide Gebühren (Nr. 4106 + 4112 VV RVG) festsetzen würde. Die anwaltliche Tätigkeit in dem Verfahren vor dem Schöffengericht ist dann wieder mit der bereits entstandenen Verfahrensgebühr nach Nr. 4106, 4107 VV RVG abgegolten, § 15 Abs. 2 RVG.

  • Danke schon mal für die Ausführungen!

    Der Anwalt war in dem Verfahren beim LG auch tätig (erneute Akteneinsicht + Schriftsatz zur Sache)
    Also sollte er wohl die 4112 bekommen.

    Aber kann er die 4106 trotzdem noch bekommen? Das Problem ist für mich, dass es trotz der zwei Anklagen immer noch dieselbe Angelegenheit ist und der Anwalt in der selben Angelegenheit doch nicht 2 Verfahrensgebühren für einen Rechtsszug bekommt? § 15 RVG gilt doch auch im Strafverfahren. Hinzu kommt noch § 20 S. 1 RVG. Demnach dürfte der RA nur eine Verfahrensgebühr bekommen. (Habe ich nun nach Studium des Gerold/Schmidt entnehmen können.

    Nach erneutem umfangreichem Studium der mir zur Verfügung stehenden Literatur gelange ich nun zu folgendem Schluss:
    -4100 ohne Zuschlag
    -4104 mit Zuschlag
    -4112 mit Zuschlag
    -Terminsgebühren mit Zuschlag
    -Auslagen usw.

    (genau so hat es der zweite Anwalt für den Mitangeklagten inzwischen beantragt ;), Muss zwar nicht heißen, dass es richtig ist, aber zumindest stehe ich nicht allein da mit meiner Meinung)

    gibts noch andere Meinungen, die mich von Gegenteil überzeugen könnten?

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Hallo, m.E. (nur) -
    Nr. 4100 VV RVG ohne Zuschlag, da Abgeltungsbereicht der GG zum zeitpunkt der Inhaftierung längst verlassen,
    Nr. 4104 VV RVG mit Zuschlag, dürfte "unstreitig" sein,
    Nr. 4112 VV RVG mit Zuschlag, daneben nicht noch eine Nr. 4106, 4106 VV RVG, es handelt sich um dieselbe Angelegenheit, was allerdings vom LG Duisburg - Beschl. steht auf meiner HP http://www.burhoff.de/insert/?/burhoff/rvginhalte/1020.htm - in einem ähnlichen Fall anders gesehen wird, m.E. aber falsch (LG hat die Problematik m.E. gar nicht erkannt)
    -Terminsgebühren mit Zuschlag

  • Bin mir unschlüssig.

    Bei mir ist die Anklage beim LG eingegangen, dieses hat die Eröffnung vor dem AG beschlossen. Verfahrensgebühr fürs LG oder fürs AG? Wenn auf die anwaltliche Tätigkeit für die Entstehung abgestellt wird, halte ich die Entstehung der LG-Verfahrensgebühr für zweifelhaft...

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