Privatisierung Bewährungshilfe/Gerichtshilfe

  • Bewährungs- und Gerichtshilfe auf freien Träger übergegangen
    Generalvertrag mit Neustart gGmbH unterzeichnet

    Goll: "Zentrales Ziel ist die nachhaltige Sicherung der Qualität"
    07.12.2006 Die bundesweit erste Übertragung der Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe auf einen freien Träger ist perfekt. Baden-Württembergs Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) und der Geschäftsführer der Neustart gGmbH, Magister (FH) Wolfgang Hermann, unterzeichneten heute im Justizministerium in Stuttgart den Generalvertrag. Damit ist Neustart zum 1. Januar 2007 flächendeckend in ganz Baden-Württemberg für die Erfüllung der Aufgaben der Bewährung und Gerichthilfe verantwortlich. Die Aufsicht verbleibt beim Justizministerium.

    „Wir haben uns aus zwei Gründen entschieden, die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe einem freien Träger anzuvertrauen: Erstens wollen wir durch eine verbesserte Effizienz die Qualität der Bewährungs- und Gerichtshilfe nachhaltig sichern. Das ist unser zentrales Anliegen. Zweitens suchen wir mittelfristig auch nach einer wirtschaftlichen Lösung für den Landeshaushalt“, erklärte der Justizminister. Der Generalvertrag und das Grundlagenkonzept seien eine ausgezeichnete Basis, mit der beide Ziele in absehbarer Zeit verwirklicht würden, so Goll weiter. Zufrieden zeigte sich der Minister auch über den erfolgreichen Verlauf des vorangegangenen zweijährigen Pilotprojekts in den Gerichtsbezirken Stuttgart und Tübingen. Schneller als in allen anderen Bundesländern sei es gelungen, die erforderlichen inhaltlichen Reformschritte umzusetzen. „Das fängt bei der Etablierung einheitlicher Qualitätsstandards an und setzt sich bei der Gewinnung, Ausbildung und dem Einsatz ehrenamtlicher Bewährungshelfer fort“, sagte Goll. Bei derzeit 100 Probanden und mehr je Sozialarbeiter sei es für die Bewährungshelfer häufig nicht möglich, alle Probanden angemessen und qualifiziert zu betreuen, erläuterte der Minister. Er rechne durch den Einsatz von Ehrenamtlichen mit einer spürbaren Entlastung der hauptberuflichen Bewährungshelfer. Die Probanden könnten von den besonderen Kompetenzen und Qualitäten der ehrenamtlichen Bewährungshelfer profitieren. Das wiederum komme der Allgemeinheit zu Gute, für die letztlich entscheidend sei, dass ein Straftäter seine Chance, sich zu bewähren, nutzt und möglichst nicht mehr straffällig wird.

    Der Minister lobte bei der Vertragsunterzeichnung die Führungskräfte von Neustart Stuttgart, den Geschäftsführer Wolfgang Hermann und den Projektleiter Georg Zwinger: „Sie haben in der praktischen Arbeit vor Ort ebenso wie in der konzeptionellen Ausarbeitung mit uns bis ins Detail um die besten Lösungen gerungen. Ihr uneingeschränktes Verantwortungsbewusstsein und Ihre Professionalität haben mich persönlich und meine Mitarbeiter im Justizministerium sehr beeindruckt.“ Als vordringlichste Aufgaben, die nun auf Neustart zukämen, nannte der Minister die Umsetzung des neuen Standortkonzeptes, die Einrichtung der EDV, die Auswahl und Schulung zukünftiger Führungskräfte und die Etablierung der inhaltlichen Qualitätsstandards. Auch die Bewährungshelferinnen und –helfer lobte Goll für ihre gute Arbeit: „Sie sichern die Qualität der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Baden-Württemberg. Für Ihre gute Zusammenarbeit im Pilotprojekt danke ich Ihnen. Spätestens wenn die jetzt noch große Zahl der Fälle, die Sie täglich betreuen müssen, gesunken sein wird, dürfte sich auch für Sie die Neuorganisation spürbar vorteilhaft auswirken“, zeigte sich der Minister zuversichtlich.

    In Baden-Württemberg sind bislang rund 265 Stellen für Bewährungshelfer sowie rund 30 Stellen für Gerichtshelfer vorhanden. Sie betreuen derzeit rund 22.000 Probanden. Außerdem werden von ihnen jährlich mehrere tausend Menschen in gemeinnützige Arbeit zur Abwendung einer Haftstrafe vermittelt und über 1.400 Vermittlungsgespräche zwischen Tätern und Opfern (Täter-Opfer-Ausgleich) geführt (Jahresstatistik 2005).
    Quelle: Justizministerium

  • eine begrüßenswerte maßnahme, die m. E. längst überfällig war. die anderen bundesländer sollten und werden wohl auch schnell folgen.

    denn die gerichts- und bewährungshilfe nimmt keine hoheitlichen aufgaben war. dass die leute im geh. dienst verbeamtet werden erschien mir schon immer unnötig, zumal die bezahlung -in gleicher höhe wie rechtspfleger- mir für diese art sozialpädagogischer arbeit (vermerke wie "der betroffene lebt jetzt in stabilen wohnverhältnissen, die wohnung macht einen aufgeräumten eindruck" etc. kennt man ja aus den akten) ehrlich gesagt überhöht erscheint, insbesondere, wenn man mit dem freien arbeitsmarkt der soz.-päd. branche vergleicht, der hier deutlich abweicht.

    zudem erhält der freie arbeitsmarkt durch die privatisierung in diesem sozialpädagogischen bereich, wo stellen bekantlich knapp und meist nur teilzeit oder befristet sind, neue, frei besetzbare arbeitsplätze.

  • Der Rechnungshof Baden-Württemberg ist der Ansicht, dass die Privatisierung mit Mehrkosten verbunden ist. Er fordert in seinem Beitrag Nr. 10 in der Denkschrift 2010 (PDF)

    • den Vertrag zu kündigen, um zumindest das vereinbarte Entgelt im Verhandlungswege
    zu reduzieren und
    • die Einsparungen für entfallene Querschnittsaufgaben im Justizhaushalt


    umzusetzen.

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