VBVG Vergütungsanspruch vermögend/mittellos

  • Guten Morgen liebe Kollegen,

    ich habe ja nun schon einiges hinsichtlich VBVG aus dem Forum gelernt. Meine Kollegin und ich, stehen aber grad hinsichtlich folgender Überlegungen etwas auf der Leitung.

    Fall1:
    Meine Betreute ist Heimbewohnerin und hat ein Girokonto mit 2300 €. Sie ist Eigentümerin von landwirtschaftlichen Grundstücken, Wert ca. 20.000 €.
    Nach welchem Status kann die Betreuerin abrechnen?

    Fall2:
    Meine Betreute ist Heimbewohnerin und hat ein Girokonto mit 50 €. Sie ist Eigentümerin von landwirtschaftlichen Grundstücken, Wert ca. 20.000 €.
    Nach welchem Status kann die Betreuerin abrechnen?

    Fall3:
    Meine Betreute ist Heimbewohnerin und hat ein Girokonto mit 2000 €. Sie bekommt ergänzende Sozialhilfe zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten. Sie ist Eigentümerin von landwirtschaftlichen Grundstücken, Wert ca. 20.000 €. Das Sozialamt gewährt die Beihilfen darlehnsweise und will an den Grundstücken der Betreuten eine Sicherungshypothek bestellen. Notarvertrag liegt zur Genehmigung vor.
    Nach welchem Status kann die Betreuerin abrechnen?

    Da die Grundstücke als Vermögen zu sehen sind könnte doch zumindestens im Fall 1 und 2 die Betreuerin nach "Vermögen" abrechnen. Problematisch wird es im Fall 2 wegen der Zahlung der Vergütung an die Betreuerin vom Girokontobestand. Das sie ihr Geld nach Abrechnung "Vermögen" nicht aus der Staatskasse bekommt hatten wir bereits ausdiskutiert. Aber ist es der Betreuerin zuzumuten, den Verkauf der Grundstücke zwecks Befriedigung ihres Vergütungsanspruches zu forcieren? Wäre es der Betreuerin überhaupt möglich, als "mittellos" abzurechnen und die Auszahlung aus der Staatskasse zu verlangen?

    Ohje ich merke gerade, während ich diesen Beitrag schreibe, entstehen schon wieder Fragen über Fragen. :confused:

    Freue mich auf Antworten!

    lg Anja

  • Die Fälle 1 und 2 sind problemlos. Die Betreute gilt als vermögend, die Grundstücke sind zu verkaufen. Etwas anders gilt nur dann, wenn der Betreuer nachweist, dass die Grundstücke zurzeit nicht verwertbar sind. Wer würde zum Beispiel 15000,- qm Unland kaufen. Ich hatte auch schon den Fall, dass das Grünland als Naturschutzgebiet ausgewiesen war und nicht betreten werden durfte.

    Im dritten Fall kommt es darauf an, wie hoch die aktuelle Forderung des Sozialamtes ist, und wann mit einem Verkauf des Grundstücks zu rechnen ist. Das wird eine Ermessenentscheidung werden.

  • Ich stimme Manfred in allen Punkten zu. Fall 1 und 2 sind als "vermögend" zu behandeln, bei Fall 3 kommt es auf die Höhe der Forderung des Sozialamtes an.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

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    Spendenaufruf

  • das sehe ich etwas anders:

    Fall 1:
    Wenn die beantragte Vergütung aus dem Barvermögen gezahlt werden kann (also Eigenanteil an den Heimkosten beglichen, kein aktueller weiterer Bedarf): vermögend.

    Fall 2:

    § 1836d BGB. Meines Erachtens mittellos.

    Auf welcher Grundlage gebe ich dem Betreuer auf, den Grundbesitz zu verwerten? Das geht nach meiner Meinung nur im Rückforderungsverfahren nach § 1836e BGB. Also: erst Landeskasse, dann Rückforderungsverfahren und wenn dann noch Vermögen über dem Schonvermögen vorhanden ist, weitere Vergütungsansprüche aus dem Vermögen.

    Fall 3: siehe Fall 1. oder ggf. Fall 2.

  • Nachtrag:

    Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten der Verwertung, wie zum Beispiel die Vermietung / Verpachtung. Dem Ausgangsfall nach zu urteilen, kommt das hier aber eher nicht in Frage.

  • @ Manfred

    § 1836c BGB sagt ja erstmal nur, welches Vermögen einzusetzen ist. Das Sozialamt zahlt bei faktischer Mittellosigkeit darlehensweise und verlangt gleichzeitig die Verwertung.

    Die Betreute ist fiktiv mittellos. Sie kann die Vergütung aus ihrem Vermögen nicht bzw. nur teilweise bestreiten.

    Das Problem sind letztlich die unterschiedlichen Vergütungssätze bei vermögenden und mittellosen Betreuten. Maßgebend für die Entscheidung ob mittellos oder nicht, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Vergütungsantrag. Das VBVG enthält leider keine Regelung wie bei der Prozesskostenhilfe, das heißt, dass der beigeordnete Rechtsanwalt unter bestimmten Umständen die weitere Vergütung beanspruchen kann. Das bedeutet, der Betreuer kann nicht rückwirkend die höhere Vergütung geltend machen, wenn die Betreute zu Vermögen kommt. Wenn man in Fall 2 die Betreute als vermögend ansieht, bedeutet das, der Betreuer hat einen Titel aber kein Geld. Aus dem Titel kann der Betreuer vollstrecken....

    Also ich bleibe dabei, die Landeskasse zahlt. Dann wird das Rückforderungsverfahren eingeleitet, es wird der Einsatz des Grundvermögens und die Rückzahlung der aus der Landeskasse gezahlten Beträge verlangt. Wenn der Rückforderungsbeschluss rechtskräftig ist, kann ich dem Betreuer aufgeben, den Grundbesitz zu verwerten, da sonst die Landeskasse vollstrecken kann.

  • Nachtrag zu 7:

    Der Verkauf von Grundbesitz ist nicht in ein paar Tagen zu realisieren. Wir verlangen ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen, der Grundbesitz muss am Markt angeboten werden, wenn ein Käufer gefunden ist kommt das Genehmigungsverfahren. Wenn sich die Betreute gegen den Verkauf wehrt, kann das Verfahren dauern.

    (Ich hatte den Text schon einmal vollständig geschrieben, ist aber leider im Nirwana verschwunden und beim zweiten Mal habe ich diesen Teil vergessen. Sorry)

  • Nachtrag zu 7:

    Der Verkauf von Grundbesitz ist nicht in ein paar Tagen zu realisieren. Wir verlangen ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen, der Grundbesitz muss am Markt angeboten werden, wenn ein Käufer gefunden ist kommt das Genehmigungsverfahren. Wenn sich die Betreute gegen den Verkauf wehrt, kann das Verfahren dauern.

    (Ich hatte den Text schon einmal vollständig geschrieben, ist aber leider im Nirwana verschwunden und beim zweiten Mal habe ich diesen Teil vergessen. Sorry)


    Ist mir schon klar. Das LG Koblenz mutet dem Betreuer z.B. eine Wartezeit von einem Jahr zu. Erst wenn es absehbar ist, dass das Grundstück innerhalb dieser Zeit nicht verwertet werden kann, ist es faktisch wertlos, und der Betreute gilt als mittellos.

  • #7 geht von falschen Voraussetzungen aus. Die Betreute ist nicht mittellos, sondern nur illiquide. Deshalb springt das Sozialamt mit einem Darlehen ein. Wäre sie mittellos würde das Sozialamt einen "verlorenen Zuschuss" gewähren.

  • Vermögen ist nicht mit Liquidität zu verwechseln.
    Auch für mich sind die Fälle 1 und 2 unproblematisch als vermögend zu betrachten.
    Betreuer haben als Freiberufler einen Anspruch gegen den Betreuten, der subsidär von der Landeskasse aufgefangen wird. Steht Vermögen zur Verfügung, so gibt es keine Vorwegleistung durch den Staat.
    Kann das Grundstück in "absehbarer Zeit" ( bis zu einem Jahr ) veräussert werden, so liegt keine Mittellosigkeit vor.
    Bei Fall 3 hängt die Entscheidung von der Höhe der Darlehensschuld ab.

  • Kann das Grundstück in "absehbarer Zeit" ( bis zu einem Jahr ) veräussert werden, so liegt keine Mittellosigkeit vor.



    Dann müsste aber auch konsequenter Weise der Beschluss von vermögend in mittellos geändert werden, oder nicht?


  • Dann müsste aber auch konsequenter Weise der Beschluss von vermögend in mittellos geändert werden, oder nicht?



    Eine Änderung gibt es bei mir nicht, da ich vom Vermögenswert zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Vergütungsantrag ausgehe.
    Betrachte ich den Betreuten als mittellos ( Stundenansätze nach Landeskasse ) und das Grundstück wird irgendwann einmal veräussert, so mache ich dann den Regress geltend.

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