Sicherungshypothek an herrenlosem Grundstück

  • Leider hat mir die Suche nicht richtig weitergeholfen, deshalb mal meine Bitte um gedankliche Hilfe:

    Die Gemeinde beantragt unter Bescheinigung der Vollstreckbarkeit die Eintragung einer Sicherungshypothek nach der Grundsteuer B (Gebühren Wasser- und Bodenverband) für den Zeitraum 01.01.11 bis 31.01.11. Der ehemals eingetragene Eigentümer hat wirksam auf sein Eigentum verzichtet, der Verzicht ist am 31.08.2010 eingetragen worden. Der Fiskus hat von seinem Aneignungsrecht keinen Gebrauch gemacht (bisher).

    Ich frage mich jetzt, ob die Vollstreckbarkeitsbescheinigung ausreichend ist, um die Sicherungshypothek am Grundstück einzutragen, da es sich ja offentsichtlich um öffentliche Lasten handelt.

  • Also ich würde keine Eintragung vornehmen, schon wegen § 39 GBO (Ausnahmen gibt es für mich hier keine). Das Ersuchen auf Eintragung der Zwasi ersetzt diese nicht. Und da hier schon 2010 verzichtet worden ist, habe ich arge Zweifel daran, dass der zugrundeliegende Bescheid für Steuern aus 2011 überhaupt wirksam zugestellt worden ist. Das liegt zwar im Verantwortungsbereich der Behörde, aber den würde ich mir hier vorlegen lassen (bei berechtigten Zweifel müssen diese vom Antragsteller m.M. nach ausgeräumt werden). Oder sie teilen mir mit, dass für den Grundbesitz ein gesetzlicher Vertreter bestellt worden ist und legen Nachweis vor in der Form des § 29 GBO, dann würde ich mich auch an § 39 GBO nicht stören. Ich würde hier hartnäckig bleiben bzw. bin es immer geblieben.

  • Danke für die Antworten und den Link, aber ich stehe ja jetzt vor dem gleichen Problem: ist § 787 ZPO in diesem Fall anwendbar oder kann ich wirklich nicht eintragen? Mir spukt irgendwie im Hinterkopf mal eine Kommentierung gelesen zu haben, das eine Sicherungshypothek wegen öffentlich rechtlicher Forderungen auch bei einem herrenlosen Grundstück eingetragen werden kann...

  • Ich schieb es einfach nochmal hoch, vielleicht gibt es ja noch ein paar Meinungen, die mir bei der Entscheidungsfindung helfen können.

  • wenn es es nur um laufende öffentliche Lasten geht, macht eine aufschiebend bedingte Sicherungshypothek m.E. sowieso keinen Sinn.
    Die Gemeinde müßte doch so schnell wie möglich verwerten, bevor der Vorrang wegfällt...:gruebel:

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Zumindest im Versteigerungsverfahren gilt: Auch Rangklasse 3-Forderungen sind dingliche Ansprüche, eine Vollstreckung wegen auf dem Grundstück liegenden öffentlichen Lasten ist bei einem herrenlosen Grundstück möglich.
    Stöber, ZVG, Rdnr. 22.6 zu § 15

  • Nach Staudinger, BGB 11. Aufl., R.-Nr. 35 zu § 928 BGB ist auch im Verwaltungszwangsverfahren die Bestellung eines Vertreters notwendig.


    Danke für den Link, bestätigt meine bisherige Rechtsauffassung. Allerdings habe ich jetzt noch drei Entscheidungsfelder


    1. Wenn der entsprechende Antrag des antragstellenden Amtes kommt, bin ich dann in meiner Doppelfunktion als Vollstreckungsgericht zuständig den Vertreter zu bestellen?

    2. Da mir das Amt die formwirksam die Vollstreckbarkeit bescheinigt hat, darf ich da eigentlich Zweifel haben, das die Vollstreckungsvoraussetzungen eventuell nicht korrekt sind?

    3. Eventueller Zurückweisungsgrund vollstreckungsrechtliches Hinderniss oder grundbuchverfahrensrechtlicher Mangel?

    Einmal editiert, zuletzt von nemo (5. April 2012 um 10:12)

  • Noch gefunden (Oberfinanzdirektion Chemnitz; zur Grundsteuer). Wenn ich das alles richtig verstanden habe, kann es ohne gegenwärtigen Eigentümer auch keinen konkreten (Vollstreckungs-)Schuldner geben, weshalb also für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ein gesetztlicher Vertreter zu bestellen ist. Und das Ersuchen dürfte grds. vom Grundbuchamt zwar nicht geprüft werden, aber hier weiß man doch, daß der Titel nicht richtig sein kann?


  • Danke für den Link, bestätigt meine bisherige Rechtsauffassung. Allerdings habe ich jetzt noch drei Entscheidungsfelder


    1. Wenn der entsprechende Antrag des antragstellenden Amtes kommt, bin ich dann in meiner Doppelfunktion als Vollstreckungsgericht zuständig den Vertreter zu bestellen? Nach meiner Meinung ja. Wer sollte sonst zuständig sein ?

    2. Da mir das Amt die formwirksam die Vollstreckbarkeit bescheinigt hat, darf ich da eigentlich Zweifel haben, das die Vollstreckungsvoraussetzungen eventuell nicht korrekt sind? Ja. Du bist an das Ersuchen gebunden.

    3. Eventueller Zurückweisungsgrund vollstreckungsrechtliches Hinderniss oder grundbuchverfahrensrechtlicher Mangel? Kommt darauf an, was Du beanstandest;).


    .................

    Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.

  • Das Ersuchen ersetzt nicht alle zum GB-Vollzug erforderlichen Unterlagen. So ist z. B. bei Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen der in § 792 ZPO vorgesehene Erbnachweis zu erbringen (OLG Zweibrücken vom 15.05.2006, 3 W 69/06 = Rpfeger 2006, 606/607: ..“Etwas anderes gilt allerdings bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Geldleistungsschuldners, weil insoweit auf die für die gerichtliche Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften verwiesen und der Vollstreckungsbehörde nur die Stellung des Zwangsvollstreckungsgläubigers eingeräumt wird (vgl. § 59 LVwVG Rheinland-Pfalz bzw. § 322 AO) …“

    Das Gleiche muss dann auch für das Erfordernis der die Bestellung des besonderen Vertreters nach § 787 ZPO gelten, denn auch auf diese für die gerichtliche Zwangsvollstreckung geltende Vorschrift ist in § 322 AO verwiesen, auch wenn nach dem dortigen Verweis lediglich „namentlich die §§ 864 bis 871“ anzuwenden sind.

    Da es vorliegend um ein Vollstreckungsverfahren geht, ist mithin nach § 787 ZPO ein besonderer Vertreter zu bestellen. Das sieht im Übrigen auch § 81 AO so vor.

    Zu § 81 AO führt Wünsch in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, in RN 14 aus:

    ..“VI. Herrenlose Sache (Abs. 1 Nr. 5)
    Die Bestellung eines Vertreters kommt in den Fällen der Sachhaftung nach § 76 oder bei dinglicher Haftung nach § 12 GrStG in Betracht. Eine Sache ist herrenlos, wenn die Voraussetzungen der §§ 959, 928 BGB vorliegen, also an der Sache nie ein Eigentum begründet oder dieses aufgegeben wurde oder es sonst erloschen ist. Bei ungeklärter Eigentumslage kann die FB nur nach Nr. 1 vorgehen. Die Vertretung bezieht sich nur auf die hinsichtlich der Sache wahrzunehmenden Rechte und zu erfüllenden Pflichten.“

    Die Bestellung nach § 81 AO erfolgt auf Ersuchen durch das zuständige Gericht (Wünsch in Pahlke/Koenig, a.a.O. RN 16). Zuständiges Gericht ist im Vollstreckungsverfahren der Rechtspfleger des Vollstreckungsgericht, der die Entscheidung nach § 787 ZPO zu treffen hat (§ 20 Nr. 17 RPflG v s. Zöller/Stöber, ZPO, 29. Auflage 2012, § 787 RN 1).

    Würden die Ansprüche nicht im Vollstreckungsverfahren, sondern im Erkenntnisverfahren geltend gemacht, wäre wohl nach § 58 ZPO bzw. 9 Absatz 5 FamFG ein besonderer Vertreter zu bestellen (s. zur Löschungszustimmung den Beschluss des OLG Ffm vom 5.1.2012, 20 W 162/11 http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal…tent&case=print

    Ohne entsprechendes Ersuchen der Gemeinde würde ich als Rechtspfleger des Vollstrecjkungsgerichts (vermutlich, ich hatte den Fall noch nicht:)) keinen Vertreter nach § 787 ZPO bestellen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Wie immer große Klasse. Aber muß denn nicht für das gesamte Verwaltungsvollstreckungverfahren, angefangen beim Titel, ein gesetzlicher Vertreter für den nicht vorhandenen Schuldner bestellt werden. Es geht im Augenblick doch auch noch gar nicht um die Geltendmachung eines dinglichen Rechts, sondern bestenfalls um die Entgegennahme der Eintragungsmitteilung, weshalb § 787 ZPO gar nicht einschlägig sein dürfte. Nicht doch eher das jeweilige Landesvollstreckungsgesetz in Verbindung mit § 58 ZPO?

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (5. April 2012 um 13:42)

  • Ich meine, dass das Zustandekommen des Titels selbst vom GBA nicht zu prüfen ist. Allerdings müssen im Vollstreckungsverfahren die Rechte des (künftigen) Eigentümers gewahrt sein. Würde im Verfahren nach der ZPO vollstreckt, müsste die Klausel auf den bestellten Vertreter umgeschrieben werden. Lackmann führt dazu in Musielak, ZPO, 9. Auflage 2012; 787 RN 3 aus:

    ..“Der Vertreter handelt im eigenen Namen. zur Fussnote 2 Der Titel ist entsprechend § 727 gegen ihn umzuschreiben und ihm zuzustellen, § 750 Abs. 2. zur Fussnote 3 Er kann innerhalb des Vollstreckungsverfahrens alle sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte geltend machen…“

    Bei der Verwaltungsvollstreckung dürfte es ähnlich ablaufen, ohne dass vermutlich eine auf den Vertreter lautende Klausel erforderlich ist.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • wieder einmal habe ich das Problem nicht verstanden.... (wenn ich als Grundbuch-Laie meinen Senf überhaupt dazugeben darf)

    1. Im Ausgangsfall geht es um öffentliche Lasten. diese sind nicht eintragbar (54 GBO)

    2. wenn es keine öL wären, geht es also um die dingliche Sicherung persönlicher Forderungen gegen Schuldner X.
    Da Schuldner X aber nicht Eigentümer ist, kann es nach meinem Verständnis auch keine neue Sicherungshypothek geben.

    Ich sehe aus gemeindlicher Sicht nur den Weg der Zwangsversteigerung, mit vom Gericht bestelltem Vertreter nach 787 ZPO, weil die Durchführung der ZV kein Verwaltungszwangsverfahren ist und die erwähnten AO-Vorschriften deshalb nicht greifen.

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Jeder, der was zu sagen hat, soll das tun.:cool: Allerdings sollen hier nicht die öffentlichen Lasten "als solche" eingetragen werden. Eine Zwangshypothek zur Sicherung von öffentlichen Lasten kann gemäß dem Umkehrschluß aus § 54 GBO daher eingetragen werden. Zumindest abhängig von der Rangklasse nach § 10 ZVG.

  • Na, ob das für den Unwissenden verständlich ist? Ich drücke es mal so aus: Nach und wegen § 54 GBO können die öffentlichen Lasten nicht eingetragen werden, weil sie bereits in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG gesichert sind. Insoweit besteht also kein Bedürfnis nach einer zusätzlichen Sicherung, daher § 54 GBO. Entfällt aber das Vorrecht der Rangklasse 3, so finden sich die öffentlichen Lasten in der Rangklasse 7 wieder. Deswegen wird es als möglich angesehen, die öffentlichen Lasten in der Rangklasse 4 einzutragen, soweit sie das Vorrecht der Rangklasse 3 nicht mehr haben. Deshalb eine Zwangssicherungshypothek, die unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass das Vorrecht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG entfällt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • ... (s. zur Löschungszustimmung den Beschluss des OLG Ffm vom 5.1.2012, 20 W 162/11 http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal…tent&case=print ...

    Der Vollständigkeit halber:

    Den Beschluss des OLG Ffm vom 5.1.2012, 20 W 162/11, zur Löschungszustimmung hat der BGH mit Beschluss vom 10. Mai 2012, V ZB 36/12,
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…741&pos=0&anz=1
    aufgehoben. Der Leitsatz des BGH-Beschlusses lautet:

    „Zu der Löschung einer Grundschuld an einem herrenlosen Grundstück bedarf es weder der Zustimmung eines für den Eigentümer handelnden Pflegers noch der des früheren Eigentümers“.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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