Externer Beihilfe-Service

  • Hallo zusammen,

    eine recht vermögende Betroffene (ehem. Lehrerin, Pension A14) ist mittlerweile schwerst pflegebedürftig u. für die Berufsbetreuerin fällt immenser Arbeitsaufwand hinsichtl. Beihilfe/priv. Krankenversicherung an. Es wurde ein Angebot eines Beihilfeberaters eingeholt, die Betreuerin würde die Beihilfe- und Krankenversicherungsangelegenheiten gerne an diesen externen Service abgeben, kostet im Rundum-Sorglos-Paket ca. 2.900€ im Jahr.

    Habt ihr davon schon mal gehört und/oder ggf. Erfahrungen? Betreuerin stützt sich, wie vom Anbieter angepriesen, auf BGH, III ZR 19/10.

    Vielen Dank und schöne Feiertage!

  • Mit anderen Worten aus der Sicht des Betreuers:
    Ein Betreuer muss nur erkennen, wo Handlungsbedarf ist, und beauftragt dann einen externen Fachmann mit der Abarbeitung des Problems.
    Bestes Beispiel: Betreute benötigt Geld, Betreuer erkennt das Problem, erarbeitet geedanklich die Lösung: jemanden entgeltlich beauftragen, vom Girokonto der Betreuten Bargeld abzuheben! :eek:

    Dieser Betreuer gehört schnellstens abgelöst.
    Für einen popeligen Beihilfeantrag und einen genau so einfachen Antrag an die Krankenversicherung, bei denen man nur vorgegebene Formulare ausfüllen muss, einen Profi bemühen zu wollen, lässt ihn als ungeeignet erscheinen.
    Die BGH-Entscheidung, wonach der Betreuer nicht zu faktischen Leistungen verpflichtet ist, passt nicht.
    Mit der Stellung des Beihilfeantrages wird über eine Forderung im Sinne des § 1812 BGB verfügt, also rechtlich, nicht tatsächlich gehandelt. Dass man im Rahmen dieses rechtlichen Handels auch mal einen Füller oder eine Tastatur benutzen muss, liegt in der Natur der Sache.

  • Ich persönlich werde immer hellhörig, wenn in Angeboten steht:

    "Kennen alle Rechtspfleger die Beihilfeberatung? --> Leider noch nicht, obwohl wir als einziges Unternehmen seit mehr als 30 Jahren auf diesem Gebiet erfolgreich tätig sind. [...] Im Falle einer Ablehnung durch den Rechtspfleger unbedingt den Beihilfeberater verständigen, um über das weitere Vorgehen zu beraten."

    Habe gehofft, dass bei einem seit mehr als 30 Jahren auf diesem Gebiet tätigem Unternehmen irgendwo Erfahrungswerte existieren :ironie:

    Ich werde den Antrag zurückweisen:

    [...] Eine Bevollmächtigung Dritter zur Wahrnehmung von Betreuungsaufgaben darf sich nur auf einzelne Tätigkeiten beziehen, durch die sich der Betreuer nicht der ihm übertragenen Entscheidungskompetenz und Verantwortung für den Betreuten entzieht. Andere Personen darf der Betreuer somit nur als (untergeordnete) Hilfskraft, etwa zur Erledigung überschaubarer einzelner Verwaltungsaufgaben oder untergeordneter vermögensrechtlicher Angelegenheiten bevollmächtigen (vgl. Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., §1899 BGB, Rn. 27; Bienwald, a.a.O.; Jürgens, a.a.O.; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1899 Rn. 27; BayObLG BtPrax 2000, 214/215; LG Stuttgart BtPrax 1999,200; LG Frankfurt/ Oder FamRZ 1999,1221). [...]

  • ich würde schon mal damit rechnen, dass der Betreuer eine Vergütung von mindestens 2900 Euronen erwarten wird... :eek:

  • Moment: zurückweisen? Durch Beschluss (§ 38 FamFG)? Da besteht weder eine Veranlassung zu noch eine Rechtsgrundlage.

    Die Entscheidung, sich fremder Hilfe zu bedienen, ist eine Entscheidung des Betreuers, nicht des Gerichts. Das Gericht kann ihm hilfreich seine Meinung mitteilen, entscheiden muss der Betreuer.

    Die Frage ist, auf welcher Grundlage ein Berufsbetreuer die Kosten des externen Dienstes abrechnet.
    Beauftragt er in eigenem Namen, ist die Vergütung des externen Dienstes durch die Pauschalvergütung abgedeckt (§ 4 Abs. 2 VBVG). Da soll sich der externe Dienst an den Berufsbetreuer halten und der soll schauen, wie er mit seinen maximal 44,00 € * Stundenansatz hinkommt.

    Dass ein externer Dienst für einzelne Tätigkeiten eingespannt werden kann, erscheint mir zulässig, so z. B. OLG Köln
    Beschluss vom 17.03.2009 – 16 Wx 169/08 -: "Beauftragt ein Betreuer einen Rechtsanwalt, so sind dessen Honorarforderungen keine Aufwendungen des Betreuers, die dieser bei einem vemögenslosen Betreuten von der Staatskasse ersetzt verlangen kann. Schuldner des Anwaltshonorars ist der Betreute selbst. ....."

    Dass diese Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit der Beauftragung Externer auch auf vermögende Betreuer Anwendung finden kann, dürfte wohl unbestritten sein.

    Falls der Betreuer einen Externen beauftragt, ist es Sache der Betreuten - ggfs. vertreten durch den (zu bestellenden) Verhinderungsbetreuer - dies als unnötig zu bemängeln und die ihr angelasteten Honorare vom Betreuer zurückzufordern.

  • nö, keine zurückweisug, habe lediglich ein hinweisschreiben verfasst...;) hab' mich falsch ausgedrückt...

    einzelne dienstleistungen etc. sind schon ok, klassischer fall auch steuerberater, aber beihilfebrater dann doch eher nicht...

    Trotzdem danke!

  • nö, keine zurückweisug, habe lediglich ein hinweisschreiben verfasst...;) hab' mich falsch ausgedrückt...

    einzelne dienstleistungen etc. sind schon ok, klassischer fall auch steuerberater, aber beihilfebrater dann doch eher nicht...

    Trotzdem danke!

    Ich verbrate die Beihilfe auch immer, aber bin ich dafür ein beihilfebrater???:D

  • Guten Tag,

    dank eines Hinweises durch einen Rechtspfleger bin ich auf diesen Beitrag aufmerksam geworden und möchte mich kurz aus Sicht des genannten Beihilfeberaters äußern.

    Wenn Sie davon ausgehen, dass es hier um eine Arbeitserleichterung in Form eines "Ausfüll-Services" für den Betreuer geht, gebe ich Ihnen Recht, daß das kritische Hinterfragen einer solchen Leistung angemessen erscheint.

    Gestatten Sie mir aber bitte, zwei von vielen Beispielen aus unserem Alltag zu nennen, die wir so oder ähnlich immer wieder erleben:

    1)
    Betreute M. ist gesetzlich versichert, ihr Mann (Beamter) schon vor vielen Jahren verstorben. Aufgrund der gesetzlichen Krankenversicherung bestand bisher kein Beihilfeanspruch (es wurden auch keine beihilfefähigen Leistungen in Anspruch genommen).
    Frau M. wird jetzt pflegebedürftig.
    Der Betreuer reicht regelmäßig die Pflege-Rechnungen (mehrere tausend Euro) bei der gesetzlichen Krankenkasse ein. Diese erstattet einen Teil, mehr könne nicht geleistet werden. Die Differenz begleicht der Betreuer aus dem Privatvermögen der Betreuten.
    Einige Jahre vergehen so. Schließlich stirbt die Betreute und die Erben wundern sich, wo Omas Erspartes geblieben ist.
    Im Gerichtsverfahren wird festgestellt, dass ab dem Zeitpunkt zu dem sie pflegebedürftig wurde, ein Anspruch auf Beihilfe für die gesetzlich versicherte Betreute bestand. Dieser ist jedoch nur für ein Jahr rückwirkend noch auszahlungsfähig. Der Betreuten ist zu Lebzeiten ein Vermögensschaden von mehreren zehntausend Euro entstanden.

    2)
    Betreuerin K. in Bayern wird mit der Betreuung von vier beihilfeberechtigten Patienten eines Pflegeheimes beauftragt. Alle Patienten nutzen dieselben Leistungen desselben Pflegeheimes.
    Frau K. reicht die identischen Beihilfeeinträge ein - und erhält vier Bescheide mit komplett unterschiedlichen Beträgen zurück.
    Warum? Frau K.s Pech: Alle vier Betreute hatten ihren Beihilfeanspruch in verschiedenen Bundesländern (und keiner davon in Bayern!).
    Frau K. müsste sich also in allen Beihilferechten auskennen, um sicherzustellen, dass ihren Betreuten kein Schaden entsteht.

    Diese Beispiele beleuchten, wie Sie sicher bemerkt haben, nur das Umfeld unserer betreuten Mandanten.
    Der weitaus größere Teil unserer Mandanten steht nicht unter Betreuung.

    Was vielen nicht bewusst ist: Beihilferecht ist Ländersache, und somit existieren hier bereits 17 verschiedene Rechtsgrundlagen (für jedes Bundesland eine + eine für den Bund). Zudem müssen, je nach Sachlage, auch das SGB, Pflegerecht, diverse Gebührenordnungen und Verzeichnisse, Versicherungstarife und vieles mehr berücksichtigt werden, um eine korrekte Abrechnung nachvollziehen zu können. Diese Vorschriften ändern sich auch noch laufend, sodass man sein Wissen ständig aktuell halten muss.

    Mit diesen Anforderungen sind viele Beihilfeberechtigte gerade dann schwer belastet, wenn sie ihre Ansprüche aufgrund von akuten Krankheiten wahrnehmen müssen.
    Und hier rede ich jetzt nicht von Husten, Schnupfen und Heiserkeit.

    Viele dieser Personen erteilen uns ihr Mandat.
    Die meisten unserer Mandanten möchten nicht erst in eine solche Situation geraten und erteilen uns ihr Mandat schon früher.
    Damit bewahren sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Angehörigen vor unnötigen Problemen im Ernstfall.

    Vielleicht helfen Ihnen diese zusätzlichen Informationen bei Ihrer weiteren Entscheidungsfindung.
    Wenn Sie noch Fragen haben, stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.

    Viele Grüße aus dem (heute) sonnigen Berlin
    Peter Reich

    Werbelinks entfernt
    Mel (Mod.)

  • Na, ja, die geschilderten Extremfälle sind nicht die Regel und können niemanden verleiten, prophylaktisch Rechtsrat einzuholen. Sollte dies Schule machen, nehme ich demnächst meinen Anwalt zum Aldi mit.:eek::teufel:

    Wen hat denn der Teufel geritten und dem Rechtsbeistand eine Reklameplattform geliefert?

  • Gänseblümchen ich finde auch, dass es allemal besser ist, über jemanden zu reden, als Mut jemanden *Ironie aus*

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Kommt davon, wenn man unterwegs schnell etwas schreibt. Sollte "mit" heißen, konnte ich aber nicht mehr ändern. Sollte heißen, dass jemand, über den hier geschrieben wird, auch das Recht haben sollte, seine Sicht darzustellen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Jein, wenn es nur insgesamt 1 Unternehmen gibt, dass diesen Service anbietet, steht ohnehin fest wer es ist.

    Zum Anderen, ich finde auch jemand muss seine Ansicht äußern dürfen, wenn er schon angegriffen wird.

    Und mal ganz ehrlich, je nach Erkrankung ist da schon was dran. Ich habe schon bei mir selbst manchmal absolut "keinen Bock" mich wegen irgendwelcher sachen mit der Beihilfe rum zu streiten. Wenn dann noch eine sehr aufwands- und kostenintensive Krankheit dazu kommt, bei der vielleicht noch ein Teil der Leistungsübernahme streitig ist, könnte der Service hilfreich sein.

    Man darf nicht vergessen, wir sind Rechtspfleger und kennen uns daher mit Widersprüchen, Recherchen, etc. von Hause aus besser aus. Es gibt aber auch in anderen Bereichen Beamte, die eben nicht so viel mit zu tun haben.

    Sicher kann die Beauftragung nicht vorbeugend erfolgen, aber wenn der Betreuer ein vernünftiges Kosten-Nutzen Verhältnis vortragen kann, was auch (z. B. anhand der letzten Vergütungsabrechnungen) nachvollziehbar ist, dann warum nicht?

    LG Nicky

  • In welchem Verhältnis stehen denn die Kosten für den Berater zu den beihilfefähigen Aufwendungen? Geht es um Aufwendungen von 3.000 oder 4.000 € jährlich oder um solche im 5stelligen Bereich (und höher)?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Jein, wenn es nur insgesamt 1 Unternehmen gibt, dass diesen Service anbietet, steht ohnehin fest wer es ist.

    Zum Anderen, ich finde auch jemand muss seine Ansicht äußern dürfen, wenn er schon angegriffen wird.


    LG Nicky


    1. Ich habe keine Ahnung, ob ein oder mehrere Spezialisten für Beihilferecht auf dem Markt sind.
    2. Ich habe diesen Rechtbeistand zeitlich vor seinem Beitrag nicht angegriffen. Das ist ein Falschverstehen meiner Beiträge. Ich habe nur meine Meinung geäußert, dass die Beauftragung eines speziellen Dienstleisters in aller Regel in Fällen der Beihilfe nicht notwendig ist. Weiter habe ich zum Ausdruck gebracht, dass das aber eine Entscheidung des Betreuers ist und habe die Frage, wer die Kosten trägt, angesprochen.

    Sicher darf jeder, auch dieser Spezialist, seine Meinung äußern, aber die Form, in der dies geschieht, missbillige ich. Ich betrachte sie weniger als Aufklärung, sondern mehr als sich Anpreisen.

  • Ich habe jetzt in einem Betreuungsverfahren auch den Fall, dass der Betreuer einen externen Beihilfe- und Krankenkassenabrechnungsservice beantragt hat.

    Allerdings tendiere ich in diesem Fall dazu, dies nicht zu beanstanden. Der Betreute hat im Monat durchschnittlich Arztkosten von mehreren hundert bis tausend Euro.

    Der von der Betreuerin beauftragte Service kostet 80,50 € im Monat.

    Würdet ihr das auch akzeptieren?

    Vielen Dank euch :)!

  • Man kann sicher nicht auf die Höhe der monatlichen Arztkosten abstellen, sondern wie viele Rechnungen es ca im Monat sind, dann nur kann man den Aufwand einschätzen.
    Ich finde den Betrag hoch.

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