Pfändung aufgrund Verhaftungsauftrag

  • Heute erreichte mich ein Hilferuf einer Kollegin aus den neuen Bundesländern.
    Es ging wieder um eine Verhaftung. Weil der Schuldner auf Vorladung nicht erschien lies sie an Ort und Stelle die Wohnung des Schuldners
    zwangsweise öffnen weil man deutlich hörte dass in der Wohnung Musik lief.
    Der Schuldner war nicht Zuhause, es wurde jedoch wertvolle Hi-Fi-Geräte
    vorgefunden, gepfändet und verwertet. Der Gläubiger konnte vollständig befriedigt werden.
    Anlässlich einer Geschäftsprüfung beanstandete die Prüfungsbeamtin nun die Verfahrensweise und veranlasste die Rückzahlung der Gebühren für die Pfändung und Verwertung. Zur Begründung wurde ausgeführt
    ein Auftrag zur Pfändung hätte nicht vorgelegen und wäre in einem Verhaftungsauftrag auch nicht konkludent enthalten.

  • Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass der Gläubiger einen bestimmten Auftrag erteilte, aber diese Sicht ist formalistisch und schon weltfremd, zumal ein schriftlicher Antrag nicht unbedingt notwendig ist. Schon nach der GVGA sind beispielsweise auch mündliche Anträge zulässig. Das Gläubigerinteresse liegt zuerst in der Befriedigung der Forderung und nicht in einer Verhaftung oder der eidesstattlichen Versicherung. Das ist nur Mittel zum Zweck. Schon von dieser Betrachtung her ist in solchen Aufträgen daher konkludent ein Pfändungsauftrag enthalten. Außerdem sollen e.V. und Verhaftung nach der ZPO und der GVGA die letzten Schritte sein. Folgt man also der Ansicht der Prüfungsbeamtin, wäre so zu verfahren gewesen: Einstellung der Vollstreckung, weil eine Verhaftung eigentlich nicht nicht mehr zulässig gewesen wäre (setzt ja eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung voraus, die aber durch die tatsächlichen Verhältnisse widerlegt ist) und eine Pfändung nicht hätte erfolgen dürfen/ entsprechende Nachricht an den Gläubiger/Abwarten bis Gläubigerantrag auf Pfändung/evtl. wieder erfolglose Pfändung bei Schuldner, weil die Sachen nicht mehr da gewesen wären/erneuter e.V.-Antrag und so weiter.

  • Ich bleibe dabei, dass sich bei einer solchen Handlungsweise entweder jemand übereifrig erscheint, um Punkte zu sammeln oder schlicht vom praktischen Ablauf keine Ahnung hat. Ich trete der Ansicht von § 21 BGB voll bei. Sollte die dort geschilderte Methode als korrekt angesehen werden, dann "Gute Nacht, Marie". Ich würde daher bis zuletzt mit allen Mitteln gegen einen solchen jenseits jeglicher Praktikabilität liegenden Quatsch gegenan gehen.

  • Vielleicht hilft LG Berlin, DGVZ 1985, 59-60 weiter :

    1. Der dem Gerichtsvollzieher erteilte Verhaftungsauftrag beinhaltet grundsätzlich noch keinen Auftrag zur Mobiliarvollstreckung. :( 2. Für die Mobiliarvollstreckung ist vielmehr ein gesonderter Auftrag erforderlich, der schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Handeln erteilt werden kann. Vermutetes Einverständnis des Gläubigers reicht für die Mobiliarpfändung nicht aus. :mad: 3. Die Aufnahme eines durch schlüssiges Handeln erteilten Pfändungsauftrags ist nur gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Erklärungen von Rechtsanwälten sind wörtlich zu nehmen. :( 4. Ausnahmsweise ist ein Pfändungsauftrag für den Fall anzunehmen, daß ausreichend pfändbare Sachen vorgefunden werden, bei deren Verwertung nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen ist und die einen Erlös erwarten lassen, der zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers ausreicht. :)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • @Dreizehn
    @ 21 BGB
    Vielen Dank für die Stellungnahme.
    Die jetzige Situation ist leider das Ergebnis einer bedauerlichen Fehlentwicklung der letzten Jahre.
    § 11 Abs. 3 GVKostG bestätigt das Recht der Dienstaufsicht - unter Beachtung des Vorrangs einer anderen gerichtlichen Entscheidung -, auch die vollstreckungsrechtliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers zumindest nachträglich zu überprüfen. Holch (nochmals: Vollstreckungsaufsicht und Kostenkontrolle gegenüber Gerichtsvollziehern [DGVZ 1982 S. 6]) weist zutreffend darauf hin, daß der Staat gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB bzw. gemäß § 1 Staatshaftungsgesetz - StHG - vom 26. Juni 1981 (BGBl I S. 553) für Amtspflichtverletzungen des Gerichtsvollziehers haftet und daß es deshalb schwer einzusehen ist, daß die öffentliche Hand insoweit eine Verantwortlichkeit trifft, ohne daß sie zugleich die Befugnis zu konkreter Weisung gegenüber dem seine Amtspflicht verletzenden Beamten besitzen sollte - Diese „Zweigleisigkeit" der Aufsicht ist auch durchaus sinnvoll, weil die Vollstreckungsgerichte nur auf Antrag, nicht aber von Amts wegen tätig werden und deshalb in der Praxis häufig - insbesondere bei geringen Gebühren und Auslagen - nur die Dienstaufsicht zu einer Korrektur fehlerhafter Amtstätigkeit führen kann.... dies ist einschlägig § 7 Nr. 2 GvKostG.
    Dazu kommt noch, dass in den letzten Jahren nach der Kostenverfügung die Befugnisse der Prüfungsbeamten erheblich erweitert wurden.
    In Bayern ist - wahrscheinlich schon in den achtziger Jahren, wenn nicht schon früher- in den Ergänzungsbestimmungen zur GVO geregelt
    worden, dass die Prüfungsbeamten für die Kosten nach dem GvKostG die Prüfungsbeamten "weitere Kostenprüfungsbeamte im Sinne des § 42 der Kostenverfügung" sind. Diese Bestimmung ist inzwischen über die Kostenverfügung in vielen anderen Bundesländern übernommen worden.
    Damit trifft im Ergebnis der Dienstprüfungen nicht mehr der Dienstvorstand sondern der Prüfungsbeamte selbst die erforderlichen Maßnahmen der Dienstaufsicht.
    Der Dienstvorstand wurde in sofern entmachtet, wobei natürlich auch dessen Kontrollfunktion wegfiel. Dies hat dazu geführt, dass bei Kostenfragen zu 90% nicht mehr der Vollstreckungsrichter sondern der Prüfungsbeamte zusammen mit dem Bezirksrevisor entscheidet. Durch die Möglichkeit der Korrektur im Verwaltungswege kommt es überhaupt nicht mehr zu gerichtlichen Entscheidung. Ich vermute, dies war bei der Einführung des aktuelle GvKostG so gewollt.
    Leider führt das aber auch dazu, das über die "Kostenschiene" direkt Einfluss auf die Vollstreckungstätigkeit des Gerichtsvollziehers genommen wird, und der Vollstreckungsrichter weiter entmachtet wird. Ohne die richterliche Kontrolle ist es für die Gerichtsvollzieher somit fast unmöglich geworden, sich gegen unberechtigte Beanstandungen zu wehren. Im Endergebnis bleibt, soweit das Privatvermögen des Gerichtsvollziehers betroffen ist, nur der Gang zum Verwaltungsgericht.

  • Abgehandelt u.a. in

    http://5376.rapidforum.com/topic=100283144791
    ferner PASCHOLD:

    Zur Frage, ob der Gerichtsvollzieher den Verhaftungsauftrag in einen Pfändungsauftrag umdeuten darf, wenn er bei dem Schuldner pfändbare Habe vorfindet,weitere Rechtsprechung.
    I. AG Dorsten, Beschl. v. 2. 4. 1981 -6M756/81
    II. LG Essen, Beschl. v. 15. 5. 1981 -11T217/81
    DGVZ 1981, 187
    Die gem. §793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hatte Erfolg: Im vorliegenden Fall kommt es nicht darauf an, ob der Gerichtsvollzieher allgemein und im besonderen Fall der Gläubigerin auf einen Verhaftungsauftrag
    hin beim Schuldner eine Mobilarvollstreckung durchführen kann.
    Wenn dies als zulässig angesehen wird, dann, weil der Gerichtsvollzieher beim Vorfinden von pfändbarer Habe aus Anlaß einer Verhaftung regelmäßig vom vermuteten Einverständnis des Gläubigers mit der Pfändung
    ausgehen kann (vgl. LG Osnabrück in DGVZ 80, 124)
    Mager in MDR 1959,262 f
    Grund in MDR 1959,817 f

    In der Praxis -XXXXXXXXXXXXXXXXXXgestrichen, obwohl bei dauerhafter Beschäftigung mit diesem Thema hautnah ein anderer Eindruck nicht mehr zu verdängen istXXXXXXXXX- war bisher unbestritten, dass bei Exiostenz bisher -offenbar unbekannt gebliebener- pfändb. Habe sehr Wohl Pfändung ausgebracht werden musste (eine Grundvorauss. 807 ist ja dann -zwar rückwirkend = fruchtlos- entfallen).


    _--Z-XXXXXXXXXXXXXXXXXXgestrichen, obwohl bei dauerhafter Beschäftigung mit diesem Thema hautnah ein anderer Eindruck nicht mehr zu verdängen istXXXXXXXXX-


    Der Weg zur Vollstreckungsvereitelung kraft Amtes ist dann nicht mehr weit.

    im übrigen ist schon die Beanstandung selbst eine Rechtsbeugung, denn hier hat n u r der Gl das Recht der Erinnerung 766 ZPO, und die Dienstaufsicht endet dort, wo ausschließlich die Fachaufsicht des Vollstreckungsgerichts greift.


    DGVZ 1982 Heft 10 S. 155

    Die dem GV eingeräumte Selbständigkeit bedingt, dass er jeweils eigenverantwortlich zu entscheiden hat, welche Massnahme zur Erledigung eines Vollstreckungsantrages geboten ist.

    Durch Dienstaufsichtsmassnahmen im Kostenbereich darf nicht in einer Weise in seine Tätigkeit eingegriffen werden, die mit seiner Eigenverantwortlichkeit und seinem Kostenrisiko zu vereinbaren ist (BVerwG 29.4.82 ) – = immerhin das Bundesverwaltunsgericht!


    PS Anm zu den Streichungen: ich gelobe Besserung, wenngleich täglich erlebte Schikanen bundesweit (hier werden fast 1000 GV betreut) andere Eindrücke nicht hochkommen können.


  • Zitat von JosefStamm


    Zuweilen werden die Damen und HErren Kollegen Prüfungsbeamte aus purem Neid so blind, dass nur noch -nur für dieses "Klientel"- die Feststellung bleibt: Wem Gott ein Amt gegeben, dem raubt er auch den Verstand .

    SORRY J.S.
    Diese Polemik ist (wenn ich auch manchmal mit dem Herzen zustimmen muss) für eine sachliche Auseinandersetzung in diesem Forum nicht förderlich.

    Zitat


    im übrigen ist schon die Beanstandung selbst eine Rechtsbeugung, denn hier hat n u r der Gl das Recht der Erinnerung 766 ZPO, und die Dienstaufsicht endet dort, wo ausschließlich die Fachaufsicht des Vollstreckungsgerichts greift.

    Auch hier kann ich nicht ganz zustimmen.
    § 11 Abs. 3 GVKostG bestätigt das Recht der Dienstaufsicht - unter Beachtung des Vorrangs einer anderen gerichtlichen Entscheidung -, auch die vollstreckungsrechtliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers zumindest nachträglich zu überprüfen. Holch (nochmals: Vollstreckungsaufsicht und Kostenkontrolle gegenüber Gerichtsvollziehern [DGVZ 1982 S. 6] bestätigt
    durch die aktuelle Fassung des § 7 Nr. 2 GvKostG.

  • Zitat von JosefStamm

    Zuweilen werden die Damen und HErren Kollegen Prüfungsbeamte aus purem Neid so blind, dass nur noch -nur für dieses "Klientel"- die Feststellung bleibt:
    Wem Gott ein Amt gegeben, dem raubt er auch den Verstand .



    Dafür auch von mir die Bitte, solche Polemiken zukünftig zu unterlassen.

  • Zitat von JosefStamm

    Auch hier kann ich nicht ganz zustimmen. § 11 Abs. 3 GVKostG bestätigt das Recht der Dienstaufsicht - unter Beachtung des Vorrangs einer anderen gerichtlichen Entscheidung -, auch die vollstreckungsrechtliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers zumindest nachträglich zu überprüfen. Holch (nochmals: Vollstreckungsaufsicht und Kostenkontrolle gegenüber Gerichtsvollziehern [DGVZ 1982 S. 6] bestätigt
    durch die aktuelle Fassung des § 7 Nr. 2 GvKostG.



    Haben wir ein unterschiedliches GvKostG? Ein § 11 Abs. 3 GvKostG existiert nicht.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

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