Verzicht auf Rückforderung erstatteter USt möglich wegen Unverhältnismäßigkeit?

  • Hallo, ich bin neu hier und das ist mein allererstes Thema hier... Ich hoffe, dass ich alles richtig mache. Es geht mir um folgendes Problem:

    Nach dem Urteil des BFH vom 17.02.2009 (XI R 67/06) sind Umsätze aus einer Betreuungstätigkeit eines zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gehörenden und gemeinnützigien Zwecken dienenden Vereins von der Umsatzsteuer befreit. Vormals gezahlte USt konnte durch derartige Vereine tlwse. zurückgefordert werden. LG-Präsident hat jetzt soolche Vereine angeschrieben und angefragt, ob derartige Rückfoderungen vom Fiskus erfolgt sind. Wenn ja, will man nun die durch das Vormundschaftsgericht angewiesenen USt-Beträge erstattet verlangen. Daher sind die Vereine angeschrieben worden und um Auskunft gebeten worden bzgl. Aktenzeichen / Name des Betreuten, laufendes od. beendetes Verfahren, Zeiträume der Erstattung, Quelle der Erstattung. Die Vereine teilen jetzt mit, dass - was wohl zutrifft - aufgrund des Zeitablaufs (es geht um Ansprüche vor 2005) und weiterer Umstände die Ermittlung schlicht nicht zu leisten sei.

    Frage daher: Kann das (Vormundschafts-)Gericht wegen der Unverhältnismäßigkeit auf eine Rückfoderung der USt verzichten?

    Danke im Voraus für Ihre / Eure Hilfe!

    MfG
    Paul

  • Nein, das Vormundschaftsgericht ist nicht die richtige Adresse zur Verfolgung von Rückerstattungsansprüchen wegen gezahlter, aber nicht zu zahlender Umsatzsteuer.
    Da gibt es keine Handhabe.
    § 1836e BGB richtet sich gegen den Mündel/Pflegling/Betreuten.

    Die Rückforderung von zuviel erhaltener MWSt. gründet m. E. auf § 812 BGB. Für Verfolgung von Ansprüchen aus §§ 812 ff BGB ist das Vormundschafts-/Familien-/Betreuungsgericht nicht zuständig. Zuständig ist die aus der Landesvertretungsordnung ersichtliche Stelle, in NRW: siehe http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/pls/jmi/jvv_pr…nd?v_bes_id=318.
    Ist das VG/FG/BG nicht zuständig, kann es nicht auf die Ansprüche verzichten.

    Als Verein würde ich die Einrede der Verjährung in den Raum werfen, eventuell auch noch die Einrede der Entreicherung (§ 818 III BGB) vorschalten.

  • Danke für die Antwort; wer nicht zuständig ist, ist nicht aktiv legitimiert und hat folglich auch nichts, worauf er verzichten kann. Aber unterstellen wir mal, dass dem Gericht der Anspruch zustünde. - Gibt es eine allg. Bestimmung, die bspw., ein Ermessen dahigehend gewährt, auf die Anforderung solcher Positionen / Kosten / Gebühren / Erstattungen usw. zu verzichten, die nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand zu ermitteln wären?

  • Wir sollen doch tatsächlich für die Zeiten vor dem 01.07.2005 den Betreuungsverein auffordern die aufgrund des Urteils zurückerhaltene Umsatzsteuer in jeder einzelnen Betreuungsakte zurückzuzahlen.

    Ich weiß nicht mal wie lange die Finanzämter die Steuer zurückerstattet haben und frage mich, wann ich so eine "Fleißarbeit" machen soll.

    Wurde von anderen Oberlandesgerichten derartiges auch gefordert? Hat jemand nähere Infos?

  • Hier nichts dergleichen bekannt.

    Auf welcher Rechtsgrundlage soll die Rückforderung erfolgen ?
    Ggf. wäre zu prüfen , ob hierfür Rechtspflegerzuständigkeit besteht vgl. auch bereits #2 !

  • [h=4]Das ist das einzige, was im Schreiben von unserem OLG als Grundlage angegeben wurde.

    § 34 LHO (Land Brandenburg)
    Erhebung der Einnahmen, Bewirtschaftung der Ausgaben[/h]

    (1) Einnahmen sind rechtzeitig und vollständig zu erheben.

  • Das sagt immer noch nichts zur Rechtspflegerzuständigkeit aus.
    Auch für den angeführten § der LHO muss eine Zuständigkeit geben.

  • Wenn die Betreuervergütung gem §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 S. 4 FamFG ohne förmliche Festsetzung ausgezahlt worden ist, kann die förmliche Festsetzung gem. § 168 Abs. 1 S. 1 FamFG von Amtswegen oder auch auf Antrag des Vertreters der Staatskasse nachgeholt werden. Der rechtskräftige Festsetzungsbeschluss wäre dann Grundlage, um gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrO den überzahlten Betrag zum Soll zu stellen.

    Verfahrenstechnisch geht es also - meistens- schon.

    Und bei Vormundschaften würde ich das wegen § 3 Abs. 2 VBVG auch so machen.

    Aber bei Betreuungen ? Gem. § 4 gilt die Pauschalvergütung anfallende Umsatzsteuer mit ab. Zumindest lt. OLG München v. 17.05.2006 - 33 Wx 15/06 - FamRZ 2006, 1152-1153; LG Frankenthal v. 02.02.2006 - 1 T 32/06 - FamRZ 2006, 1482-1483 ist die Umsatzsteuer nicht rauszurechnen, wenn der Betreuer keine Umsatzsteuer zahlen muss. Ich halte diese Gesetzesauslegung auch für zutreffend.

  • Also wie gesagt es geht ja nicht um die Pauschalvergütung, sondern um die Vergütung vor dem 01.07.2005. Da wurde bei uns zum Teil im Wege der Anweisung ausgezahlt und z. T. im nach Anhörung Revisor festgesetzt und ausgezahlt. FamFG hatten wir da ja noch nicht.

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