Eintragungen trotz Flurbereinigungsverfahren

  • Hallo,
    ich bin erst seit Januar 12 im Grundbuchamt und hoffe, mir kann jemand bei folgendem Problem helfen:
    Im September 2011 wurde dem GBA mitgeteilt, dass infolge der Ausführungsanordnung im Flurbereinigungsverfahren am 10.10.2011 der neue Rechtszustand eintritt. Im Januar 2012 hat die Flurbereinigungsbehörde die Berichtigung des Grundbuchs beantragt.
    Im Zuge der Berichtigung der Grundbuchblätter musste ich feststellen, dass in 4 Blättern trotz der Ausführungsanordnung noch folgende Eintragungen erfolgt sind (Beurkundungen jeweils bzgl. der untergegangenen Einlageflurstücke):

    1. Beurkundung AV + Grundschuld am 15.12.2011
    Eingang Antrag beim GBA am 20.12.2011
    Eintragung AV + GS im GB am 20.12.2011

    2. Löschungsantrag bzgl. GS vom 24.10.2011
    Eingang Antrag beim GBA am 07.11.2011
    Eintragung Löschung GS am 10.11.2011

    3. Beurkundung Auflassung (bisher herrenloses Grundstück) + Löschungsbewilligung GS am 05.07.2011
    Eingang Antrag beim GBA am 08.11.2011
    Eintragung Auflassung + Löschung GS am 04.01.2012

    4. Beurkundung Auflassung + Löschung AV am 09.11.2011
    Eingang Antrag beim GBA am 20.10.2011
    Eintragung Auflassung + Löschung AV am 17.11.2011.

    M.E. hätten die Eintragungen 1.,3. und 4. nicht vorgenommen werden dürfen und können, da a) ab Eintritt des neuen Rechtszustandes eine tatsächliche Eintragungssperre besteht und b) eine Verfügung über die Einlagegrundstücke gar nicht mehr möglich war.
    Die Eintragung zu 2. dürfte unschädlich sein, stimmt allerdings nicht mit den Unterlagen der Flurbereinigungsbehörde überein.
    Wie komme ich hier raus? Amtswiderspruch nach § 53 GBO? Löschung nach § 84 GBO geht m.E. nicht (gilt wohl nur für gegenstandslose Eintragungen in Abt. II und III).
    Vielen Dank schon mal.

  • Entscheidend dürfte wohl sein, ob jeweils ein Surrogatsgrundstück vorhanden ist.

    Die Löschung der GS ist tatsächlich unproblematisch, denke ich.

    Hast du Schöner/Stöber, RN 4033 (v.a. am Ende) und RN 4044 (14. Aufl.) mit Fußnoten gelesen?

    Folgende Rechtssprechung passt vielleicht dazu:

    -> OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2001, 20 W 458/00 (siehe Rpfleger 2002,73)

    1. Trägt das Grundbuchamt an einem Einlagegrundstück eines Flurbereinigungsverfahrens einen Nießbrauch ein, nachdem die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans wirksam angeordnet war und ist für das belastete Einlagegrundstück im Flurbereinigungsplan kein Ersatzgrundstück ausgewiesen, so hat das Grundbuchamt auf Anregung der Flurbereinigungsbehörde ein Löschungsverfahren nach §§ 84 ff. GBO wegen rechtlicher Gegenstandslosigkeit des Nießbrauchs einzuleiten.
    2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Flurbereinigungsbehörde ausdrücklich nicht um die Löschung des Nießbrauchs im Rahmen von § 79 FlurbG ersucht. Im Wege der Zwischenverfügung kann der Flurbereinigungsbehörde weder die Ergänzung ihres Berichtigungsersuchens nach § 79 FlurbG, noch die Abänderung des bestandskräftigen Flurbereinigungsplans aufgegeben werden.


    -> LG Bad Kreuznach, Beschluß vom 16.2.1995, 2 T 142/94 (Rpfleger 1995, 407)

    Wird ein Grundstück aufgelassen, an dessen Stelle im Flurbereinigungsverfahren ein Ersatzgrundstück getreten ist, so kommt eine Auslegung der Auflassung dahin, daß sie sich auf das Ersatzgrundstück bezieht, dann nicht in Betracht, wenn den Erwerbern das Flurbereinigungsverfahren nicht bekannt war.

    … wenn die Bet. im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung wußten, daß das Grundstück von einem Flurbereinigungsverfahren betroffen war, regelmäßig die Auflassungserklärung dahin ausgelegt werden kann, daß statt des nicht mehr existenten Grundstücks das an seine Stelle getretene Ersatzgrundstück aufgelassen sein soll (so zum Parallelfall des Umlegungsverfahrens BayObLG Rpfleger 1980,293,294; LG Darmstadt Rpfleger 1976,61).

    Greif niemals in ein Wespennest - doch wenn du greifst, so greife fest. (W. Busch)

  • Hast du Schöner/Stöber, RN 4033 (v.a. am Ende) und RN 4044 (14. Aufl.) mit Fußnoten gelesen?

    Danke für Deine Antwort.
    Stöber, Bauer, Meikel u. vieles andere (vielleicht zuviel???) hatte ich gelesen.

    Ersatzgrundstücke sind in allen Fällen vorhanden.

    Ich denke, dass ich bzgl. Fall 3. und 4. die Auslegungsmöglichkeit anwenden kann und davon absehe, dass das Grundbuch mit den Eintragungen am 04.01.12 bzw. 17.11.12 zunächst unrichtig gemacht wurde. Mit der jetzt von mir durchgeführten GB-Berichtigung nach § 79 FlurbG wird die Richtigkeit ja wieder hergestellt.

    Bzgl. Fall 1 habe ich beim Notar nachgefragt, ob die Beteiligten wussten, dass das betr. Flurstück in der Flurbereinigung war (Antwort steht noch aus). Falls ja, würde ich wie mit 3. und 4. verfahren. Falls nicht, werde ich eine Nachtragsurkunde anfordern, wodurch das GB dann wieder richtig wird (Meikel 10. Aufl. S. 1143, RNr. 66).

    Könntest Du da mitgehen?

  • Bezüglich Fall 1 hätte ich mich wohl auf Schöner/Stöber (14. Aufl.) , RN 4033 (am Ende) gestützt und daher keine Anfrage an den Notar gemacht. Dort steht nämlich, dass wenn nach Wirksamwerden der AO noch über Einlagegrundstücke (durch Belastung mit Grundpfandrechten) verfügt wird, infolge Surrogation unmittelbar und ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Erwerbers das Ersatzgrdst. betroffen ist, und zwar ohne dass dieses nach § 28 GBO bezeichnet sein müsste.
    Das soll auch für die Auflassung gelten.

    Zu deinem Fall 4 passt ganz gut die RN 73 zu § 28 GBO im Meikel (10.Aufl.).

    Wichtig ist m.E., dass wirklich ein konkretes Ersatzgrundstück da ist, aber das kannst du nur aus dem Plan entnehmen oder wie Meikel vorschlägt, dir von der BOV-Behörde bescheinigen lassen.


    Damit wärst du in allen 4 Fällen "aus dem Schneider". :)

    Greif niemals in ein Wespennest - doch wenn du greifst, so greife fest. (W. Busch)

    Einmal editiert, zuletzt von muellersQ (19. April 2012 um 21:23) aus folgendem Grund: ein Wort war zuviel

  • Bezüglich Fall 1 hätte ich mich wohl auf Schöner/Stöber (14. Aufl.) , RN 4033 (am Ende) gestützt

    Genauso mach ich das, wobei hier auch eindeutig ein Ersatzgrundstück vorhanden ist.
    Nochmals THX für Deine Hilfe ;)

  • Hallo!

    Ich hänge mich hier mal mit einem "geerbten" Fall dran:

    Eingang GS beim GBA: 16.10.2015
    Belastungsgegenstand: Grdst'e Flst.Nr. 1 - 10 (von der Flurbereinigung betroffen: Grdst'e Flst.Nr. 5-10)

    Eintragung GS: 27.10.2015

    PROBLEM: Eintritt neuer Rechtszustand: 07.04.2014

    Nun hat mir der Mitarbeiter der Flurbereinigungsbehörde folgendes mitgeteilt:

    Alter Bestand ON 1: 22,75 WE (= Werteinheiten; 1 WE = 500 €) bzw. mit Flächenabzug 22,28 WE
    Neuer Bestand ON 1: 32,11 WE bzw. 28,38 WE*
    *Anmerkung: der Eigentümer hat im Flurbereinigungsverfahren Landansprüche von 9,83 WE nach § 52 FlurbG erworben und deshalb eine Minderzuweisung von 3,73 WE erhalten

    Nunmehr soll ich prüfen, ob die Grundschuld überhaupt eingetragen hätte werden können. Grundsätzlich ist es ja so, dass ich im Wege der Auslegung die GS-Urkunde theoretisch so lesen kann, dass Belastungsgegenstand von Anfang an die neu entstandenen Abfindungsgrundstücke sein sollen, auch wenn in der Urkunde noch die Einlagegrundstücke genannt sind (Kommentar zum FlurbG, § 68 FlurbG). Die Auslegung ist aber nur für den Fall möglich, dass die gesamte Einlage belastet wird. In ON 1 sind nur die Grdst'e Flst.Nr. 5-10 enthalten, also ist dies bei mir ja gegeben.

    Verwirrend finde ich nur die Ausführungen zu den Werteinheiten. Lastet die GS automatisch an den Ersatzgrundstücken nur anteilig mit dem Wert der Einlagegrundstücke, d.h. zu 22,75/100 (oder 22,38 WE? [ich bin verwirrt...])? Laut Kommentar (FlurbG, Agricola-Verlag, 9. Auflage, § 68, Rn 9-10, 23-24) ist die Belastung von Grundstücksteilen entgegen § 7 Abs.1 GBO im Rahmen der Landabfindung grundsätzlich mit den meisten Rechten zulässig. Der Flurb.-Plan legt dann fest, welches Grundstück mit welchem Bruchteil belastet ist. Da die GS aber nach Eintritt des neuen Rechtszustandes eingetragen wurde, taucht die GS natürlich nicht im Flurb.-Plan auf.

    Hat jemand eine Idee, ob bzw wie ich die GS retten kann? Ansonsten bleibt wohl nur die Amtslöschung übrig...

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig:

    - Eintritt des neuen Rechtszustandes war am 07.04.2014
    - Das Grundbuch ist noch nicht auf den neuen Rechtszustand berichtigt
    - Die Grundschuld wurde am 27.10.2015 eingetragen

    Wenn die zeitliche Abfolge so ist, hätte die Eintragung gar nicht erfolgen dürfen. Nach § 61 S. 2 FlurbG tritt der neue Rechtszustand mit dem in der Ausführungsanordnung genannten Zeitpunkt an die Stelle des bisherigen Rechtszustandes. Das heißt, die Einlagegrundstücke sind untergegangen. Das bedeutet eine faktische Grundbuchsperre, Eintragungen sind erst nach Berichtigung des Grundbuchs auf den neuen Rechtszustand wieder möglich. Die Frage der Auslegung bezieht sich daher auch darauf, dass die Bewilligung, die den alten Rechtszustand aufführt bei einer Eintragung nach Berichtigung des Grundbuchs unter Umständen ausgelegt werden kann. Das ist Ausfluss des Surrogationsprinzips des § 68 FlurbG. Das hätte beim GBA wegen der Mitteilung dieses Zeitpunktes nach § 12 Abs. 2 FlurbG eigentlich bekannt sein müssen.

    Automatisch haftet die Grundschuld nicht für Bruchteile, da die Flurbereinigungsbehörde das ja ausdrücklich festlegen muss (§ 68 Abs. 2 FlurbG). Einen Plannachtrag nebst Ersuchen wirst du nicht verlangen können. Meiner Meinung nach bleibt da nur die Amtslöschung. und zwar nach § 84 GBO, da keine inhaltliche Unzulässigkeit vorliegt. Die Grundschuld selbst hat ja keinen unzulässigen Inhalt, sie wurde lediglich an etwas, das nicht existiert eingetragen.

  • Hallo Hector,

    das Grundbuch wurde in der Tat noch nicht auf den neuen Rechtszustand berichtigt. Berichtigungsantrag soll gestellt werden, sobald das Schicksal der eingetragenen GS geklärt ist.

    Ich habe schon befürchtet, dass ich um die Teil-Löschung der GS nicht umhin kommen werde (es handelt sich -wie schon geschrieben- um eine Gesamt-GS, die auch auf nicht von der Flurbereinigung betroffenen Grundstücken eingetragen wurde...hieran kann die GS ja weiter bestehen). NACH Teil-Löschung und Berichtigung auf den neuen Rechtszustand müsste ich dann erneut über den nur teilweise erledigten Antrag auf Eintragung der Gesamt-GS entscheiden. Da alle Einlage-Grundstücke belastet sein sollten, kann ich die Bewilligung dahingehend auslegen, dass die Eintragung auf den Ersatz-Grundstücken gewollt war/ist... Die "Neu"-Eintragung würde ich dann im Rahmen einer Mithafterstreckung im Grundbuch vermerken, vorzugsweiße am gleichen Tag wie BV-Berichtigung und Teil-Löschung. Zuerst wäre ja aber noch rechtliches Gehör zu gewähren.

    Ob meine Kollegin zum Zeitpunkt der Eintragung vom Eintritt des neuen Rechtszustandes gewusst hat, kann ich nicht sagen.

  • Hallo Hector,

    das Grundbuch wurde in der Tat noch nicht auf den neuen Rechtszustand berichtigt. Berichtigungsantrag soll gestellt werden, sobald das Schicksal der eingetragenen GS geklärt ist.

    Ich habe schon befürchtet, dass ich um die Teil-Löschung der GS nicht umhin kommen werde (es handelt sich -wie schon geschrieben- um eine Gesamt-GS, die auch auf nicht von der Flurbereinigung betroffenen Grundstücken eingetragen wurde...hieran kann die GS ja weiter bestehen). NACH Teil-Löschung und Berichtigung auf den neuen Rechtszustand müsste ich dann erneut über den nur teilweise erledigten Antrag auf Eintragung der Gesamt-GS entscheiden. Da alle Einlage-Grundstücke belastet sein sollten, kann ich die Bewilligung dahingehend auslegen, dass die Eintragung auf den Ersatz-Grundstücken gewollt war/ist... Die "Neu"-Eintragung würde ich dann im Rahmen einer Mithafterstreckung im Grundbuch vermerken, vorzugsweiße am gleichen Tag wie BV-Berichtigung und Teil-Löschung. Zuerst wäre ja aber noch rechtliches Gehör zu gewähren.

    Ob meine Kollegin zum Zeitpunkt der Eintragung vom Eintritt des neuen Rechtszustandes gewusst hat, kann ich nicht sagen.

    So würde ich das auch lösen. Ohne Kosten (§ 21 GNotKG). Die Mitteilung nach § 12 Abs. 2 FlurbG geht nach meiner Erfahrung beim GBA gerne mal unter bzw. wird ohne weitere Bekanntgabe abgelegt, da die Wirkung des § 61 S. 2 FlurbG bzw. die Konsequenz daraus oft nicht bekannt ist.

  • Jetzt habe ich doch noch eine Frage:

    Lebt der ursprüngliche Antrag auf Eintragung der Grundschuld nach Löschung von Amts wegen nach § 84 GBO wieder auf, so dass ich diesen für meine "Neu"-Eintragung verwenden kann? Oder brauche ich einen neuen Antrag? :confused:

    Ich war eigentlich der Ansicht, dass ich sowohl Antrag als auch Bewilligung "nochmal" verwenden kann... allerdings kann ich in keinem Kommentar bei den Vorschriften des §§ 84 ff. GBO dazu eine Aussage finden. Bei der Amtslöschung nach § 53 GBO weiß ich nämlich sicher, dass der (nur scheinbar erledigte) Antrag wieder auflebt und darüber erneut zu entscheiden ist...

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