Vereinfachtes Unterhaltsverfahren - öffentliche Zustellung?

  • Sie hat dabei bestimmt noch das Mahnverfahren in Erinnerung, wo entsprechend meiner Erinnerung der Mahnbescheid wohl nicht öffentlich zugestellt werden konnte. Ist aber bestimmt schon 10 Jahre her, als ich damit mal was zu tun hatte. Viele sehen eben bestimmte Ähnlichkeiten zwischen beiden Verfahren (Widerspruch/ Einwendungen --> streitiges Verfahren ...)

  • Vielen Dank für die Antworten. Ich war tatsächlich wegen des Mahnverfahrens etwas verunsichtert. Aber da ergibt es sich ja eindeutig aus dem Gesetz (§ 688 ZPO). Für das Vereinfachte Unterhaltsverfahren habe ich (auch in der Kommentierung) diesbzgl. nichts Gegenteiliges gefunden.

  • Meine Frage passt ganz gut in diesen Thread:

    Antrag auf Festsetzung im vereinfachten Verfahren wegen Unterhaltsvorschuss liegt seit einiger Zeit vor, öffentliche Zustellung wird jetzt durch das Bundesland beantragt.

    Es erfolgte der Nachweis durch eine (aktuelle) EMA-Auskunft, dass der Kindesvater seit mehreren Jahren nach unbekannt abgemeldet ist. Da er jedoch gegenüber der Kindesmutter vor etwa einem halben Jahr die letzte Anschrift noch als aktuell angegeben hat, wurde dort die Zustellung versucht. Diese scheiterte allerdings.
    Weiterhin liegt die Auskunft der Deutschen Rentenversicherung vor, in der ebenfalls die letzte bekannte Anschrift des KV genannt ist. Eine Arbeitgeber ist der DRV nicht bekannt.

    Würde euch das für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung genügen?
    Falls nein, welche Nachweise wären durch den Antragsteller (Bundesland) noch beizubringen?

  • Bevor ein EMA einen gemeldeten Einwohner nach unbekannt abmelden kann, musste es erhebliche Ermittlungen anstellen. Dass die bisherige Anschrift noch in anderen Dateien verwendet wird ist ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, dass der Mensch noch nirgendwo in Schengen einen Wohnsitz begründet hat. Bei GB wusste man es auch vor dem Brexit nicht.

    Ohne Meldeanschrift ist keine postalische Zustellung wirksam. Anders ist es bei der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Der kann überall die Zustellung bewirken, wenn er an der Identität der Person keinen Zweifel hat. Die Zustellung durch den GV beantragen meine Unterhaltskollinnen erst für den Beschluss, nicht schon für den Antrag.

    Bei unseren eigenen Einwohnern haben wir die Vollstrecker der Stadtkasse mit der Ermittlung beauftragt.

  • Was ermitteln denn die Vollstrecker der Stadtkasse in diesen Fällen?

  • Zu Schengen: Seine Angelegenheiten über eine Anschrift im Ausland abwickeln und in D arbeiten und sich aufzuhalten ist nicht nur bei Spitzensportlern und Promis ein beliebter Trick sondern auch bei Schuldnern. Inzwischen gibt es ein Übereinkommen, wonach die Schengen-Staaten sich untereinander verständigen, wenn jemand aus dem Schengenraum zuzieht.
    Vermieter oder Mitbewohner können den Gesuchten nicht beim EMA abmelden. Sie sind zwar meines Wissens meldepflichtig, bewirken jedoch nur die Aktivitäten der Behörden.
    Der Suchvermerk unserer Behörde wird überall sichtbar, insbesondere bei Polizei und Zulassungsstellen wirkt sie.
    Das Ordnungsamt erledigt den Außendienst. Schaut z.B., ob ein auf den Gesuchten zugelassenes KFZ im Wohnumfeld steht.

    Zur ZPO: Wie bewirkt man denn eine Zustellung am Arbeitsplatz. Findet sich das in den Zustellaufträgen?

    Die Zustellung durch Einwurf dürfte für den Antrag auf das vereinfachte Verfahren ausreichen. Da gelingt es keinem Schuldner sich mit dem Argument zu wehren, dass er zwar gemeldet aber nicht wohnhaft sei.

    Den GVZ aktiviert man über die vom Schuldner verwendete Anschrift.

    Die Vollstrecker der Stadtkasse können mit den städtischen Ämtern kooperieren, wenn öffentliche Gelder geschuldet werden. Da sie meistens mit viel Kleinkram befasst sind, kennen sie sich vor Ort sehr gut aus. Manchmal will einer der Justiziare grundsätzlich diskutieren, ob der Anspruch tatsächlich schon übergegangen ist. Da sich niemand an der Diskussion beteiligt, macht man weiter wie bisher.
    Die Berichte unserer Vollstrecker sind sehr umfassen und detailliert. Unsere Datenschützerin protestiert heftig.

  • Es erfolgte der Nachweis durch eine (aktuelle) EMA-Auskunft, dass der Kindesvater seit mehreren Jahren nach unbekannt abgemeldet ist. Da er jedoch gegenüber der Kindesmutter vor etwa einem halben Jahr die letzte Anschrift noch als aktuell angegeben hat, wurde dort die Zustellung versucht. Diese scheiterte allerdings.

    Ich zaudere noch ein wenig, aber bei dem Sachverhalt würde mir wohl eine "normale" EMA-Auskunft nicht ausreichen. M. E. müsste dem Einwohnermeldeamt mitgeteilt werden, dass der Kindesvater noch vor kurzem diese Anschrift angegeben hat, obwohl er seit Jahren von dort unbekannt verzogen ist und es müssten örtliche Ermittlungen angestellt werden.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Würde euch das für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung genügen?

    Ich glaub die bisherigen Antworten gehen ein bisschen an der Frage vorbei. M.E. musst Du Dich halt an der vorhandenen Rechtsprechung zur öffentlichen Zustellung orientieren. Danach reicht es nicht, wenn die Anschrift dem Antragsteller unbekannt ist, sondern sie muss allgemein nicht bekannt sein. Regelmäßig werden Nachfragen bei Verwandten, Nachbarn, Arbeitsstellen (auch ehemaligen) verlangt, bevor die öffentliche Zustellung bewilligt wird. Die Gerichte sind sehr unterschiedlich streng, aber nur die Auskünfte von Meldebehörde und Rentenversicherung dürften nicht ausreichen.

  • Würde euch das für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung genügen?

    Ich glaub die bisherigen Antworten gehen ein bisschen an der Frage vorbei. M.E. musst Du Dich halt an der vorhandenen Rechtsprechung zur öffentlichen Zustellung orientieren. Danach reicht es nicht, wenn die Anschrift dem Antragsteller unbekannt ist, sondern sie muss allgemein nicht bekannt sein. Regelmäßig werden Nachfragen bei Verwandten, Nachbarn, Arbeitsstellen (auch ehemaligen) verlangt, bevor die öffentliche Zustellung bewilligt wird. Die Gerichte sind sehr unterschiedlich streng, aber nur die Auskünfte von Meldebehörde und Rentenversicherung dürften nicht ausreichen.

    Die allgemeine Problematik rund um die öffentlichen Zustellung ist mir klar.

    Ich möchte erfahren, wie streng andere Kolleginnen/Kollegen in dieser Hinsicht sind bzw. welche Nachweise speziell im vereinfachten Verfahren vor Bewilligung der öffentlichen Zustellung verlangt werden.

  • Es erfolgte der Nachweis durch eine (aktuelle) EMA-Auskunft, dass der Kindesvater seit mehreren Jahren nach unbekannt abgemeldet ist. Da er jedoch gegenüber der Kindesmutter vor etwa einem halben Jahr die letzte Anschrift noch als aktuell angegeben hat, wurde dort die Zustellung versucht. Diese scheiterte allerdings.

    Ich zaudere noch ein wenig, aber bei dem Sachverhalt würde mir wohl eine "normale" EMA-Auskunft nicht ausreichen. M. E. müsste dem Einwohnermeldeamt mitgeteilt werden, dass der Kindesvater noch vor kurzem diese Anschrift angegeben hat, obwohl er seit Jahren von dort unbekannt verzogen ist und es müssten örtliche Ermittlungen angestellt werden.

    Der Meinung bin ich grundsätzlich auch. Danke für deinen Beitrag.

  • Regelmäßig werden Nachfragen bei Verwandten, Nachbarn, Arbeitsstellen (auch ehemaligen) verlangt, bevor die öffentliche Zustellung bewilligt wird.

    Die Unterhaltsvorschusskasse kann als öffentlich-rechtlicher Sozialleistungsträger vermutlich weder irgendwelche Verwandten noch Nachbarn oder ehemalige Arbeitgeber nach dem Aufenthalt des Schuldners befragen, ohne dabei ganz massiv gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen aus SGB VIII, SGB X und DSGVO zu verstoßen. Eine solche Abforderung durch das Gericht würde zur Unmöglichkeit führen.

    Die Gerichte sind sehr unterschiedlich streng, aber nur die Auskünfte von Meldebehörde und Rentenversicherung dürften nicht ausreichen.

    Das sehe ich trotzdem genauso. Es ist insgesamt schon ein bisschen dürftig. Auch die UVK kann mehr Ermittlungen betreiben als nur diese beiden, dazu gehören z.B. Auskunft der Krankenkasse, eine inhaltliche Abfrage bei der DRV nach den letzten Versicherungszeiten (nicht nur die automatisierte Kurzabfrage), Auskunft Jobcenter, Auskunft Arbeitsagentur, Auskunft Kraftfahrtbundesamt, Auskunft der örtlichen JVA. In jedem Fall aber die Auskunft des betreuenden Elternteils und ggf. dessen Ermittlungsversuche.

    (Irgendwas bekommt man immer heraus, was einem zum nächsten Ansatzpunkt führt. Und am Ende handelt es sich zumindest in städtischen Gebieten dann doch meist nur um den Teilzeit-JVA-Bewohner mit Betäubungsmittelabusus, bei dem sich die UVK vielleicht auch die Frage stellen sollte, was der ganze Aufwand überhaupt soll. Vereinfachtes Verfahren mit öffentlicher Zustellung. Pfff. Ohne Anhaltspunkte auf tatsächliches Einkommen halte ich das für groben Unfug.)

  • Gut, muss ich mir mal überlegen, ob ich dem Antragsteller auferlege, die betreffende Stadtkasse zu befragen. Es handelt sich in meinem Fall um eine ganz andere Stadt.

  • Regelmäßig werden Nachfragen bei Verwandten, Nachbarn, Arbeitsstellen (auch ehemaligen) verlangt, bevor die öffentliche Zustellung bewilligt wird.

    Die Unterhaltsvorschusskasse kann als öffentlich-rechtlicher Sozialleistungsträger vermutlich weder irgendwelche Verwandten noch Nachbarn oder ehemalige Arbeitgeber nach dem Aufenthalt des Schuldners befragen, ohne dabei ganz massiv gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen aus SGB VIII, SGB X und DSGVO zu verstoßen. Eine solche Abforderung durch das Gericht würde zur Unmöglichkeit führen.

    ...

    Wie Adora Belle schon schrieb, wird laut Rechtsprechung bzw. Kommentierung die Einholung entsprechender Auskünfte von Klägern/Gläubigern usw. verlangt, bevor ggf. öffentliche Zustellung bewilligt wird.

    Weshalb sollte das, was bezüglich privatrechtliche Forderungen an der Tagesordnung ist, für öffentlich-rechtliche Gläubiger unmöglich bzw. unzumutbar sein? :gruebel: An die DSGVO müssen sich schließlich alle Beteiligten halten.

  • Das Zitat Ein Unterlassen der förmlichen Zustellung des Antrags kann einem auch ganz schön böse "um die Ohren fliegen", vgl. BeckOK FamFG/Weber, 38. Ed. 1.4.2021 Rn. 2, FamFG § 251 Rn. 2: Die förmliche Zustellung des Antrags erfolgt gem. § 113 Abs. 1 iVm § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen und richtet sich nach den §§ 166 ff. ZPO. Ohne förmliche Zustellung darf kein Festsetzungsbeschluss erlassen werden (OLG Naumburg OLGR 2001, 327); die fehlende Zustellung des Festsetzungsantrages und der unterlassene Hinweis auf die Monatsfrist zur Erhebung von Einwendungen gem. § 251 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 stellen einen erheblichen Verfahrensfehler dar, der zur Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses führt (OLG Bamberg BeckRS 2016, 111467). aus dem Beck verdeutlicht mir, dass es auf Pragmatismus ankommt.

    Erst wenn ich soweit komme, die beglaubigte Abschrift der Vollstreckbaren zustellen zu lassen, ist der Aufwand gerechtfertigt. "Um die Ohren fliegen " kann mir der Titel nur dann, wenn jemand Rechtsmittel einlegt - und dann habe ich seine Adresse. Dass ein öffentlich zugestellter Titel aus Verfahrensgründen keinen Bestand hat, passiert das echt? Bei uns gehen diese Titel irgendwann den Bach runter, weil irgendwer die Verjährungshemmung verpennt hat. Oder weil es ein Auslandsfall ist. Da zählen richterliche Entscheidungen.

  • ..... Weshalb sollte das, was bezüglich privatrechtliche Forderungen an der Tagesordnung ist, für öffentlich-rechtliche Gläubiger unmöglich bzw. unzumutbar sein? :gruebel: An die DSGVO müssen sich schließlich alle Beteiligten halten.

    Die Datenschutzbestimmungen im SGB VIII und SGB X sind deutlich schärfer als die DSGVO. Als Vormund darf ich z.B. nicht weitergeben, dass xy in die Wohnung der Mutter meines Mündels eingezogen ist, solange dadurch mein Mündel nicht gefährdet ist. Die Bezirkssozialarbeiter dürfen nicht weitergeben, welche Personen sie in einem Haushalt/einem Haus/im Wohnumfeld erkannt und gesehen haben.

    Sie dürfen der Unterhaltsvorschusskasse nicht sagen, welcher Mann sich im Haushalt der nichtehelichen Kindesmutter aufhält und vom Kind Papa genannt wird.

  • Das Zitat Ein Unterlassen der förmlichen Zustellung des Antrags kann einem auch ganz schön böse "um die Ohren fliegen", vgl. BeckOK FamFG/Weber, 38. Ed. 1.4.2021 Rn. 2, FamFG § 251 Rn. 2: Die förmliche Zustellung des Antrags erfolgt gem. § 113 Abs. 1 iVm § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO von Amts wegen und richtet sich nach den §§ 166 ff. ZPO. Ohne förmliche Zustellung darf kein Festsetzungsbeschluss erlassen werden (OLG Naumburg OLGR 2001, 327); die fehlende Zustellung des Festsetzungsantrages und der unterlassene Hinweis auf die Monatsfrist zur Erhebung von Einwendungen gem. § 251 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 stellen einen erheblichen Verfahrensfehler dar, der zur Aufhebung des Festsetzungsbeschlusses führt (OLG Bamberg BeckRS 2016, 111467). aus dem Beck verdeutlicht mir, dass es auf Pragmatismus ankommt.

    Erst wenn ich soweit komme, die beglaubigte Abschrift der Vollstreckbaren zustellen zu lassen, ist der Aufwand gerechtfertigt. ....

    :( Falsch. Lies bitte noch einmal die zitierte Kommentierung!

    Bereits der Antrag auf Festsetzung ist förmlich zuzustellen. Ansonsten darf nach der o. g. Entscheidung des OLG Naumburg überhaupt kein Festsetzungsbeschluss erlassen werden.

    Ich verstehe auch deine Aussage "...ist der Aufwand gerechtfertigt." nicht. Die Zustellung wird schließlich nicht durch die Unterhaltsvorschusskasse, sondern durch das Familiengericht veranlasst.

  • Wie Adora Belle schon schrieb, wird laut Rechtsprechung bzw. Kommentierung die Einholung entsprechender Auskünfte von Klägern/Gläubigern usw. verlangt, bevor ggf. öffentliche Zustellung bewilligt wird.

    Absolut. Deshalb hab ich ja auch einige Beispiele aufgezählt, welche Ermittlungen der Vorschusskasse ich für sinnvoll halte.

  • . ... Dass ein öffentlich zugestellter Titel aus Verfahrensgründen keinen Bestand hat, passiert das echt? ...

    Wenn ich mich recht erinnere, habe ich letztes Jahr zwei Urteile aufgehoben, bei denen zuvor zu schnell die Zustellung der Klageschrift durch öffentliche Zustellung bewilligt worden war. In einem der beiden Fälle war der Anspruch dann mittlerweile auch verjährt, weil die Hemmung durch den Rechtsstreit natürlich auch nicht mehr weit genug gereicht hat.
    Es gibt keinen Grund, bei der Bewilligung der öffentlichen Zustellung unvorsichtig zu sein, das betonen die Obergerichte bis zum BVerfG immer wieder.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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