Abfindung-§ 850 i ZPO

  • Zuerst ist mal der angemessene Zeitraum wichtig. Dabei dürfte es auf das Alter des Schuldners und seine Aussichten ankommen, wieder Arbeit zu finden.

    Dann kommt es auf die Höhe des ALG an. Liegt das über dem unpfändbaren Betrag oder darunter?

  • Nun wurde ja 850i ZPO dahingehend geändert, dass dem Schuldner soviel verbleiben muss, wie er auch als Nettolohn bekommen hätte.


    Mein Schuldner wird jetzt arbeitslos und erhält ab Juli Arbeitslosengeld I. Er erhält eine Abfindung von ca. 5.700 €. Er stellte Antrag nach § 850i ZPO. Der Gläubiger ist gegen eine Unpfändbarkeit der Abfindung, da der Schuldner ja ALG I erhält und sich außerdem weiterhin um einen neuen Job kümmern kann.


    Muss ich nun eine Differenzberechnung machen. Wie viel ALG I bekommt er, wie lange und den Rest freigeben? Das kann ja auch nicht sein...

  • Hallo,
    der Schuldner ist1959 geboren. Er arbeitet seit 1993 beim "Noch-Arbeitgeber". Sein Nettolohn belief sich auf 2.030 € wurde dann gepfändet auf ca. 1329 €. Normalerweise ist doch ALG I 60 % vom Nettolohn, oder? Das wären 1.200 € ca.

  • Hallo,
    meiner Schuldnerin wurde eine Abfindung (wegen fristloser Kündigung) auf das P-Konto überwiesen. Sie hat gerade einen neuen Job angefangen, aber das neue Einkommen reicht nicht für Unterhalt (ein arbeitsloser Ehemann, 2 Kinder) und Miete. Jetzt kommt der 850i-Antrag. Kann man nach 850i, 850f alles frei geben ( knapp 3000,00 €)? Wohl eher nicht, oder?:gruebel:

  • Hallo,
    meiner Schuldnerin wurde eine Abfindung (wegen fristloser Kündigung) auf das P-Konto überwiesen. Sie hat gerade einen neuen Job angefangen, aber das neue Einkommen reicht nicht für Unterhalt (ein arbeitsloser Ehemann, 2 Kinder) und Miete. Jetzt kommt der 850i-Antrag. Kann man nach 850i, 850f alles frei geben ( knapp 3000,00 €)? Wohl eher nicht, oder?:gruebel:

    Warum nicht, wenn es zum Text und Sinn des § 850i ZPO passt.

  • Ich sehe denn Sinn einer Abfindung nicht darin, für eine Gehaltsaufbesserung zu sorgen. Die ist für die Übergangszeit bis zum neuen Job. Und wenn es ein P-Konto ist kann die Sch mit der Bescheinigung ihren unpfändbaren Betrag anheben. Ich sehe keinen Raum für 850i

  • Ich halte § 850i ZPO für einschlägig.

    Die Abfindung soll m.E. den (teilweisen) Wegfall des bisherigen Lohnes ausgleichen.

    Der Wortlaut des 850i (sonstige Einkünfte, die zu beahndeln sind, als ob das Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde) gibt eine Freigabe m. E. her.

    Für mich stellt sich nur die (ggf. schwierige) Frage auf wieviele Monate ich die Abfindung "aufteilen" würde

  • Ich halte § 850i ZPO für einschlägig.

    Die Abfindung soll m.E. den (teilweisen) Wegfall des bisherigen Lohnes ausgleichen.

    Der Wortlaut des 850i (sonstige Einkünfte, die zu beahndeln sind, als ob das Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde) gibt eine Freigabe m. E. her.

    Für mich stellt sich nur die (ggf. schwierige) Frage auf wieviele Monate ich die Abfindung "aufteilen" würde

    Wollte eigentlich die Abfindung aufteilen auf die Zeit der fristlosen Kündigung bis zum Vergleich. Das Problem ist nur, dass ihr auch nicht gezahlter Lohn für 4 Monate zugesprochen wurde...;)

  • Ich habe auch einen ganz tollen Fall.


    Gläubiger pfändet Arbeitseinkommen.
    Erste Frage hier: Ist mit der Pfändung von Arbeitseinkommen eine Abfindung überhaupt mit gepfändet ?

    Schuldner ist krankgeschrieben. Weitere Dauer unbekannt. Bezieht seit Januar Krankengeld.

    Schuldner und Drittschuldner schließen folgenden Vergleich:
    -Arbeitsverhältnis wird mit Ablauf des 31.08.2019 beendet
    - Schuldner erhält Abfindung in Höhe von 23500 € brutto

    Schuldner stellt Antrag nach § 850 i ZPO und möchte den kompletten Betrag der Abfindung haben.
    Schuldner trägt vor er hat eine Ehefrau die nichts verdient und zwei Kinder (wobei eine Tochter schon 29 Jahre alt ist)
    Beide Kinder wohnen nicht bei ihm; er schuldet beiden aber Unterhalt.

    Für welchen Zeitraum gewährt man denn eine solche Abfindung ?
    Angenommen der Schuldner ist noch 2 Monate krankgeschrieben beginnt eine neue Arbeit und verdient monatlich 3000 netto. Dann fände ich die Stattgabe von § 850i ZPO nicht wirklich gerechtfertigt. ?!

  • du musst vergleichen

    Was hatte er bisher netto? Die Differenz zwischen Krankengeld oder ALG oder neuen Lohn und bisherigen netto kann er bekommen. Wenn ein neuer Lohn höher ist als der alte, nichts. Wie viel er Bedarf hat ist egal.
    Der so ermittelte Wert mal eine geschätzte Anzahl an Monaten wie lange er braucht, eine vergleichbare Arbeit zu finden - abhängig von Branche und Jahreszeit.

  • Aber woher soll ich das denn wissen, ob ein evtl. neuer Lohn höher sein wird.
    Ich weiß nicht einmal ob er überhaupt in seinem Beruf bzw. dieser Branche nochmal arbeiten kann …
    Ich finde das Gesetz lässt uns da irgendwie ziemlich im Stich ..
    Es kann 3 MOnate dauert; es kann aber auch 3 Jahre dauern bis der Schuldner eine neue Arbeitsstelle findet.

    Aktuell bezieht er etwas mehr als 1100 Euro Krankengeld. Also gehe ich von ca 1900 € netto mtl. an Gehalt aus.

  • Hier ein Auszug aus einem Beschluss von mir von diesem Jahr, vielleicht hilft es. Betrifft allerdings eine Unterhaltsforderung, wegen der gepfändet wird:

    Mit Schreiben vom xx, hier eingegangen am xx, beantragte der Schuldner die Freigabe eines Betrages in Höhe von xx EUR gemäß § 850 i ZPO.

    Zur Begründung wird vorgetragen, dass er aufgrund seiner Erkrankung einen Zeitraum von 24 Monaten benötige, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Die Gläubigerin ist dem nicht entgegengetreten.

    Bei der Berechnung des Betrages sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu berücksichtigen, so auch das Einkommen aus Arbeitslosenunterstützung. Laut Bescheid des Jobcenters erhält der Schuldner monatliche Zahlungen von 872 €. Der Zeitraum, für welchen der Schuldner ALG II erhält, wurde zum hiesigen Verfahren nicht mitgeteilt. Im Parallelverfahren IK x/14 liegt jedoch die Information vor, dass von einem Bezug über 24 Monate auszugehen ist; dieser Bezug ist auch hier zugrunde zu legen.

    Der Freibetrag ist analog §§ 850a, c-d ZPO zu bestimmen (BGH FamRZ 08, 2021).

    Vorliegend handelt es sich um eine Pfändung aufgrund von Unterhaltsansprüchen. Bei Unterhaltsschuldnern, die nicht erwerbstätig sind, wird der monatliche pfandfreie Betrag derzeit regelmäßig auf 910 EUR festgesetzt. Umstände, die eine Erhöhung des Bedarfs über 910 € monatlich hinaus erfordern, sind auf Anfrage nicht vorgetragen.

    Bei einem Gesamtbezugszeitraum von 24 Monaten mit ALGII-Bezug ergibt sich folgender pfändungsfreier Betrag: (910€ *24=) 21.840€ abzüglich (24*872=) 20.928€ = 912€., der als pfändungsfreier Betrag zur Sicherung des notwendigen Unterhalts des Schuldners festzusetzend ist.

    Einer darüber hinausgehenden Erhöhung des pfändungsfreien Betrages stehen überwiegende Belange der Gläubigerin entgegen, die derzeit keine laufenden Unterhaltsleistungen von dem Schuldner erhält.

    Einmal editiert, zuletzt von Ti (12. September 2019 um 17:03) aus folgendem Grund: ergänzt

  • Bei der Berechnung kann man sich ganz gut an dieser Entscheidung langhangeln: LG Wuppertal, Beschluss vom 15. Januar 2019 – 16 T 235/17 –, juris.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Ist denn eigentlich bei einer ganz ,,normalen'' Pfändung beim Arbeitgeber auch ein solcher Sozialabfindungsanspruch überhaupt mit gepfändet ? :gruebel:
    Anspruch A auf Seite 4 des Formulars sagt ja eigentlich nur
    - Arbeitseinkommen (einschließlich des Geldwertes von Sachbezügen)
    - Erstattungsanspruch aus dem Lohnsteuer-Jahresausgleich

    Eine ausdrückliche Benennung weiterer Ansprüche, wie z.B ein Abfindungsanspruch bzw. die Zahlung einer Abfindung ist nicht enthalten...

  • Bei der Berechnung kann man sich ganz gut an dieser Entscheidung langhangeln: LG Wuppertal, Beschluss vom 15. Januar 2019 – 16 T 235/17 –, juris.

    Ich möchte dieses Thema nochmals aufgreifen.

    850i-Antrag des Schuldners wegen Freigabe von Abfindung in Höhe von 4.200,00 EUR (brutto).

    Bei der Berechnung des pfandfrei zu belassenden Betrages habe ich mich an obiger Entscheidung orientiert. D.h. ich habe - da der Schuldner bereits nach 1 Monat nach Kündigung wieder ausreichendes Einkommen zur Verfügung hatte - die Abfindung in Höhe des Bruttobetrages auf das Einkommen des Schuldners im März (ALG I und KiGe) addiert und ein fiktives Gesamteinkommen gebildet. Aus diesem Einkommen habe ich den pfandfreien Betrages gemäß Tabelle ermittelt und das tatsächliche Einkommen des Schuldners abgezogen. Das Ergebnis war dann der Betrag, der dem Schuldner von der Abfindung verbleiben muss.

    Jetzt legt der Drittschuldner Beschwerde ein mit der Begründung, von der Abfindung müssen noch Steuern und Abgaben abgeführt werden, der berechnete Betrag sei somit falsch.

    Mir ist bewusst, dass die Berechnung durch den Einbezug des Bruttobetrages nicht "ganz sauber" ist. Allerdings kann ich ja nicht wissen, wie hoch die Abgaben tatsächlich sein werden. Auch in der von mir zitierten Entscheidung wurde - nach meiner Lesart - mit dem Bruttobetrag der Abfindung gerechnet.

    Und nun? Wie rechnet ihr in solchen Konstellationen? (ich hatte diese Falllage vorher noch nicht)

    Ist es wirklich Aufgabe des Gerichts, den Nettobetrag zu ermitteln? M.E. nein. Das müssten DriSchu und Schuldner ausklamüsieren. Dass dann tatsächlich evtl. andere Beträge an Schuldner und Gläubiger fließen werden, als ich im Beschluss festgesetzt habe, könnte dann durchaus passieren, liegt aber nicht in der Hand des Gerichts.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Das ist ja das Problem... er ist der Meinung, ich hätte mit dem Nettobetrag rechnen müssen... den kenne ich ja aber nicht. Ich habe ihm ja auch gesagt, er könne doch die SV-Beiträge berechnen und von dem im Beschluss pfandfrei gestellten Betrag in Abzug bringen (da dieser ja aus dem Brutto berechnet wurde) und entsprechend weniger an den Schuldner auskehren...:gruebel:

    EDIT:

    Ich habe Zwischenzeitlich diese Entscheidung (LG Stuttgart, Beschluss vom 25. September 2009 – 10 T 344/09 –, juris) gefunden. Danach ist in der Vollstreckung grundsätzlich der Bruttolohn beizutreiben, der Schuldner für die Abführung der Beiträge verantwortlich.

    Dann ist es meiner Meinung nach nur folgerichtig, wenn auch bei der Berechnung des nach 850i zu belassenden Betrages der Bruttobetrag zugrunde gelegt wird.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

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    Angelus Silesius (1624 - 1677)

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