Nachträgliche Beratungshilfe und § 16 Abs.1 BORA

  • Liebe Forumsmitglieder,
    ich frage mich, wie kann es angehen, dass für die Bewilligung der nachträglichen Beratungshilfe vor Beginn der anwaltlichen Tätigkeit klar sein muss, ob ein Beratungshilfemandat vorliegt oder nicht,
    gleichzeitig aber nach § 16 Abs 1 Bora ein Anwalt verpflichtet ist, auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinzuweisen, wenn im Laufe der Beratung klar wird, dass hier Beratungshilfe möglich wäre (gewesen wäre?).

    Hierzu zitiere ich: OLG Celle 3. Zivilsenat, Beschluss vom 17.07.2009, 3 U 139/09
    " Hat die Klägerin dagegen, - was wahrscheinlich ist - ihren späteren Prozessbevollmächtigten um Rat oder Vertretung ohne Vorlage eines Berechtigungsscheins und ohne Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe beauftragt, hätte dieser im Laufe der Beratung ohne weiteres erkennen können, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen der Beratungshilfe gegeben sind. Er war dann verpflichtet, sie auf die Möglichkeit der Beratungshilfe aufmerksam zu machen (vgl. Madert, a. a. O., Rn. 4). Hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin diese Aufklärung unterlassen, ist darin eine Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu sehen, aus der der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in einer seinem Gebührenanspruch entsprechenden Höhe erwachsen ist, den sie dem Gebührenanspruch ihres Prozessbevollmächtigten entgegenhalten kann. Die Verpflichtung, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeit von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen, ergibt sich aus § 16 Abs. 1 BORA. Infolge eines Verstoßes des Rechtsanwalts gegen diese Pflicht, steht dem Mandanten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu, mit dem er gegen den Gebührenanspruch seines Rechtsanwalts aufrechnen kann (vgl. Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., 2006, Rn. 651, 653)."

    Faktisch heißt das ja, dass ich keine Gebühren für meine Beratung bekommen kann, wenn ich einmal erst im Laufe der Beratung merke, dass mein Mandant oder meine Mandantin arm ist. Nicht von der Staatskasse, weil ja weder der Mandant/die Mandantin noch ich selbst zu Beginn der Beratung wußte, dass Beratungshilfe in Betracht kommen könnte und folglich kein Beratungshilfemandat vereinbart wurde, aber auch nicht vom Mandant/ der Mandantin, weil ich ja darauf hinweisen muss, dass Beratungshilfe in Betracht kommt, wenn ich im Laufe der Beratung das bemerke....

    Was sollte dieser Hinweis noch bringen, wenn doch dann eine Bewilligung der Beratungshilfe nicht mehr in Betracht kommt, weil ja eine Gebühr vereinbart wurde, in unkenntnis der Möglichkeit der Beratungshilfe?!? Im Prinzip müsste ich da ja dann sagen: Ich muss Sie darauf hinweisen, dass hier Beratungshilfe möglich gewesen wäre, wenn Sie mir das gleich gesagt hätten. (Ist natürlich völliger Quatsch).

    In der Praxis löse ich derzeit das Problem zur Zeit, indem das allererste was ich den Leuten sage immer ist, dass möglicherweise Beratungshilfe in Betracht kommt. Gleich auf den Mandantenfragebogen steht das drauf und die Leute unterzeichnen mir das dann. Doch in der Bora steht ja, nur bei begründetem Anlass muss aufgeklärt werden über die Möglichkeit der Beratungshilfe. Dafür muss ich doch aber im normalfall erstmal beraten, also um bis zu dem begründeten Anlass zu kommen...

    Wie soll es denn eigentlich sein? Hab ich einen Knick in der Logik oder liegt hier wirklich ein echter Widerspruch vor, dem ich nur entgehen kann, indem ich pauschal IMMER sofort aufkläre?

    Viele Grüße,

    Rechtsanwältin

    Einmal editiert, zuletzt von Rechtsanwältin (9. Mai 2012 um 14:32) aus folgendem Grund: Absätze vergrößert zur besseren Lesbarkeit

  • Ich glaube, dass kein vernünftiges Gericht einen nachträglichen Antrag zuwückweisen würde, wenn der Sachverhalt auch entsprechend so dargestellt würde.

  • Ganz ehrlich, ich hab mir den Beitrag nicht komplett durchgelesen, ohne Absatz ist mir zuviel. Hier im Forum gibt es sooo viele Beiträge, für welche Angelegenheit BerH bewilligt wird; die entsprechenden Einkommensgrenzen sind klar. ICH verstehe z.B. nicht, warum die RAe die Bürger zum Gericht schicken, wenn die schon mit dem Hartz IV - Bescheid wedeln. Aber das ist eine andere Baustelle.

  • Ich sehe deshalb keinen Widerspruch, weil die eigentliche Beratung zur Sache nichts mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Mandanten zu tun hat, deshalb kann es nicht passieren, daß das im Laufe der Beratung rauskommt...

    Ein RA ist ein Dienstleister. Und ein solcher fragt meistens am Anfang: Wie/von wem werde ich bezahlt? Entweder der Kunde hat Geld und zahlt selbst oder eben nicht und dann weist du auf die Möglichkeit der BerH hin. Da muß ich in die eigentliche Sache, um die es geht, noch gar nicht eingestiegen sein.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Das kann ich Dir erklären:
    Wenn die nachträglichen Anträge auf Beratungshilfe nicht durchgehen, und man sich dann darum streiten muss, die Vergütung zu bekommen schickt man die Leute lieber doch vorab zum Gericht...

    Wie soll ich es machen? Ich prüfe, sehe, dass die finanziellen Voraussetzungen vorliegen. Aber: Ich sehe auch, dass entgegen meiner eigenen Rechtsmeinung, der Rechtspfleger vermutlich davon ausgehen würde, dass andere Hilfe möglich wäre oder die Sach mutwillig sei oder so...
    Soll ich nun kostenlos tätig werden? Oder soll ich nicht tätig werden, obwohl ich der Ansicht bin, dass hier Beratungshilfe in Betracht käme?

  • Da hab ich eine ganz klare Meinung dazu, die Leute vorher zum Gericht schicken. So soll es nach dem Gesetzentwurf wohl auch zur Regel werden.

    Das ist für alle einfacher. Der RA hat Rechtssicherheit und es gibt hinterher keine Streitereien...

    Die ARGE zahlt auch keine Leistungen aus und prüft hinterher, ob die Vssen vorgelegen haben.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Ich glaube, dass kein vernünftiges Gericht einen nachträglichen Antrag zuwückweisen würde, wenn der Sachverhalt auch entsprechend so dargestellt würde.

    Das schon, nur was nützt das, wenn die TE in die Zuständigkeit der anderen 95% Rpfl. fällt :teufel:.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Zur ersten Frage im Thread kann ich nur ebenfalls empfehlen, so früh wie irgend möglich über die Bezahlung zu sprechen. Im besten Fall ist das schon beim ersten Anruf abgeklärt, dann kann entweder ein Termin vereinbart werden, oder der Mandant wird zunächst zum Gericht geschickt und soll sich nach Erhalt des BerH-Scheins (oder halt Ablehnung) wieder melden.

    @Miss Elli: Entschuldige, wenn ich da mal kurz :wechlach:. Wenn es so einfach wäre, dann bräuchte man auch keinen RPfl, der über die Gewährung von BerH entscheidet. Du hast schon davon gehört, daß ggf. BerH nur für die Beratung, aber nicht die Vertretung gezahlt wird? Und von den tausend anderen Fallstricken, denen der BerH-Antragsteller begegnen kann?

  • In Eilfällen ist das natürlich ein echtes Problem, die Leute immer erst zum Gericht zu schicken. Insbesondere in ländlichen Regionen, wo die Rechtsantragsstellen nich soo großzüge Öffnungszeiten haben. Da kann dadurch schon mal eine Frist versemmelt werden. Die nächträgliche Beratungshilfe ist daher eigentlich schon eine sinnvolle und wichtige Idee im Sinne von Gleiches Recht für alle. Denn nur so haben auch arme Leute das Recht auf rechtzeitige anwaltliche Hilfe.

    Von sich aus sagen übrigens die Mandanten eigentlich nur sehr selten, dass sie zu wenig Geld haben, um mich selbst zu bezahlen. Eher bringen diese Leute gleich Geld mit, das sie sich irgendwo geliehen haben. Auf die Beratungshilfe muss ich die Leute schon erst stoßen.
    Würde ich das nicht immer erst tun, würde ich in 80% meiner Mandate dann später herausfinden, dass hier eigenltich Fälle für die Beratungshilfe vorliegen. Die dürfte ich dann aber nach der Meinung, dass das vorab geklärt werden muss dann nicht mehr beantragen...
    Es ist daher aus meiner Sicht nicht sinnvoll, nur in bei begründetem Anlass auf die Beratungshilfe hinzuweisen, wie es in der BORA steht.
    Die Regelung der BORA sagt aber deutlich, dass Beratungshilfe wirklich auch nachträglich vereinbart werden kann und MUSS, nämlich immer dann, wenn erst nachträglich klar wird, dass deren Voraussetzungen vorliegen. Ohne eine regelmäßige Aufklärung vorab wäre das sehr sehr oft der Fall.

    Übrigens fällt es sehr vielen Menschen sehr schwer, Einkommensnachweise zu sammeln und irgendwohin mitzubringen bzw. ein Formular auszufüllen. Rechtzeitige anwaltliche Hilfe für alle gibt es nicht, wenn das davon abhängig ist, dass man schnell diese Sachen zusammen finden kann. Viele brauchen dazu sehr lange, Hilfe von einem Sozialarbeiter usw. Jedenfalls habe ich oft mit solchen Menschen zu tun.

    Viele Grüße,
    Laura

  • Spätestens, wenn ab 1.7.13 das BerHG geändert wird (ich hoffe die verschieben das nicht schon wieder!) dann muss sich der Gesetzgeber Gedanken machen, ob die fragliche Vorschrift in der BORA nicht zu ändern ist. Denn nachträglich ist dann definitiv gesetzlich nicht mehr möglich.

    Bis dahin musst du wohl leider mit dem Widerspruch: Beratungshilfepraxis vs. BORA leben...

  • Okay, dann scheint Deine Mandantenstruktur doch sehr von dem abzuweichen, was ich hier kenne.

    @Quest:

    Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Bundesrepublik Deutschland sowie
    die weiteren Mitglieder der Rechtsanwaltskammern geben sich durch die Versammlung
    ihrer frei gewählten Vertreterinnen und Vertreter folgende Berufsordnung
    ...

    Damit hat der Gesetzgeber eher nix zu tun.

  • Liebe Forumsmitglieder,
    ich frage mich, wie kann es angehen, dass für die Bewilligung der nachträglichen Beratungshilfe vor Beginn der anwaltlichen Tätigkeit klar sein muss, ob ein Beratungshilfemandat vorliegt oder nicht,

    Wo steht denn das? Im Beratungshilfegesetz jedenfalls nicht.

    Dies ist ein Gedankengang den ich (mache seit Jahren BerH) nicht nachvollziehen kann. Vielleicht so ne Entscheidung vom AG Konstanz?:teufel:

  • @ Rechtsanwältin

    Ich hoffe das klingt jetzt nicht überheblich, aber auch aus Sicht eines Anwalts ist das mit Frage der Abrechnung eines Mandats ganz einfach:

    1. Alternative:

    Der Mandant kommt zu dir und SAGT zu Beginn (!) des Mandats NICHTS zu seinen persönlichen/finanziellen Verhältnissen. Wenn du auch im Übrigen KEINE ANHALTSPUNKTE dafür hast, dass es sich um einen mittellosen Mandanten handelt, musst du ihn auf die Möglichkeiten der BerH nicht hinweisen und kommt ein "normales" Mandant zustande. Jedem Mandant muss klar sein, dass ein Anwalt Geld kostet. Daher sollte sich jeder Mandant bei Beginn (!) des Mandats Gedanken dazu machen, wie der den Anwalt zu bezahlen gedenkt. Tut er dies nicht, ist dies nicht das Problem der Landeskasse oder des Anwalts. Ohne entsprechende Anzeichen ist der Anwalt nicht verpflichtet auf die Beratungshilfemöglichkeit hinzuweisen. Dass es jedoch im eigenen Interesse eines jeden Anwalts sein sollte, bereits zu Beginn des Mandats zu klären, wie das Mandat später abgerechnet werden soll, liegt auf der Hand. Das Gesetz und auch das Gericht können DEN ANWALT jedoch nicht zwingen, sich Gedanken dazu machen.

    Hast du demnach kein Beratungshilfe vorliegen, kannst du einen Vorschuss verlangen und / oder dem Mandanten nach Abschluss des Mandats die "normale" Rechnung schicken. Spätestens wenn du beim ersten Termin einen Vorschuss verlangst und der Mandant diese nicht bezahlen kann, sollte es beim Mandanten klingeln. Wenn nicht, kann dem Mandanten nicht mehr geholfen werden.

    Da es nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung und Kommentierung immer allein auf die Verhältnisse zu Beginn des Mandats ankommt, ist es auch völlig UNINTERESSANT, ob sich die VERHÄLTNISSE im Laufe des Mandats VERSCHLECHTERN, ODER der MANDANT ERST IM LAUFE ODER AM ENDE DES MANDATS (z. B. bei Erhalt der Rechnung) MIT DER INFO RÜBER KOMMT, MITTELLOS ZU SEIN. Letztgenanntes Säumnis des Mandanten geht nicht zu Lasten der Landeskasse und auch nicht zu Lasten des Anwalts (wenn man mal davon absieht, dass der Anwalt wahrscheinlich seine "normale" Vergütung nicht kommen wird, aber, hätte der Mandant sich rechtzeiitg geäußert der Anwalt seine sichere, wenn auch ggf. geringere, Beratungshilfevergütung aus der Landekasse bekommen hätte. Da aus einem "normalen" wegen Nichtbeitreibbarkeit der "normalen" Vergütung nachträglich kein BerH-Mandat werden kann (s. o.) ist der Anwalt im Zweifeilsfall der Genkniffe: Aus der Landekasse erhäkt er nix. Gegen den Mandanten hat er zwar einen Anspruch auf die "normale" Vergütung, kann diese aber ggf. nicht erfolgreich realisieren. Dies ist der Preis dafür, wenn man als Anwalt zu Beginn nicht in jedem Fall mit dem Mandanten klärt, wie der spätere die Anwaltsrechnung zu zahlen gedenkt).

    Kann der Mandat die normale Rechnung nicht bezahlen, ändert dies an der Art des Mandats ("normales Mandat") nichts. Aus einem "normalen" Mandat kann nachträglich kein Beratungshilfemandat werden. Mag in der BORA stehen was will (und ich bezweifle ehrlich aus den genannten Gründen, dass in der BORA wörtlich oder sinngemäß steht, dass ein Anwalt verpflichtet ist, ein "normales" Mandat nachträglich in ein Beratungshilfemandat umzumünzen). Für den Anwalt ergibt sich das ganz normale Kostenrisiko und die Möglichkeit der Titulierung mit ggf. anschließender Vollstreckung der Vergütung wie bei jedem anderen Mandat auch. Warum sollte da auch anders sein? Ein Versäumnis des Anwalts liegt ja gerade nicht vor.

    2. Alternative:

    Der Mandant macht zu Beginn des Mandats klar, dass das Mandat im Rahmen der Beratungshilfe laufen soll oder du hast Anzeichen, dass es ein Beratungshilfe sein könnte. Im letzten Fall, musst du ihn zu Beginn des Mandats auf die Beratungshilfe hinweisen.

    Alternativen:
    a) Ihr schließt zu Beginn des Mandats ein Beratungshilfemandat. Gut und schön.
    Bewilligt das Gericht nach Abschluss der Angelegenheit Beratungshilfe, gibt es die Vergütung aus der Landekasse.
    Wenn nicht, ist streitig, ob du dann dem Mandanten die normale Vergütung in Rechnung stellen darfst oder nicht, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen das möglich ist.

    b) Ihr beschließt kein Beratungshilfemandat. Denn selbst wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe vorliegen, kann der Mandat sich dennoch dafür entscheiden, ein "normales" Mandat in Auftrag zu geben. Dafür kann er gute Gründe haben. Wirtschaftliche Folgen: s. o. zu 1.


    Unterfälle:

    Der Mandant geht davon aus, dass er die Voraussetzungen für Beratungshilfe erfüllt und du TEILST DIESE MEINUNG > Alles gut (s. o.). Den Mandanten dann an das Gericht zur Beibringung eines Scheins zu verweisen ist dann allerdings NICHT erlaubt. Du wirst tätig und reichst den nachträglichen Antrag des Mandanten zusammen mit deinem Vergütungsantrag bei Gericht ein. Mögliche Ergebniss wie oben unter 2.a)

    Der Mandant geht davon aus, dass er die Voraussetzungen für Beratungshilfe erfüllt und du teilst diese Meinung NICHT > Der Mandant kann dich nicht zwingen im Rahmen der Beratungshilfe tätig zu werden. Eine VERWEISUNG an das Gericht ist (nur) dann ERLAUBT.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (16. Mai 2012 um 21:20)

  • Der Mandant geht davon aus, dass er die Voraussetzungen für Beratungshilfe erfüllt und du TEILST DIESE MEINUNG > Alles gut (s. o.). Den Mandanten dann an das Gericht zur Beibringung eines Scheins zu verweisen ist dann allerdings NICHT erlaubt.

    Diesen Schritt gehe ich nicht mit. Meine Meinung gut und schön, aber ob Beratungshilfe tatsächlich gewährt wird, kann ich doch immer wieder nur raten. Es muß deshalb möglich sein, den potentiellen Mandanten bei Anbahnung des Mandats auf die vorherige Einholung des Scheins zu verweisen. Und wieso sollte das auch nicht erlaubt sein? Das klingt ja geradeso, als wäre ich dazu verpflichtet, ein mir angetragenes Beratungshilfemandat unter allen Umständen anzunehmen.

  • @Adora Belle:

    Das liegt daran, das von Vertretern der Hardlinerfraktion insoweit die Auffassung vertreten wird, dass es beim Abschluss eines BerH-Mandates keine Phase der Mandatsanbahnung gibt, sondern sofort ein Anwaltsvertrag zu BerH-Konditionen geschlossen wird (und zwar im Hinblick auf § 16 BORA). Wurde hier alles irgendwann schon durchgekaut.

  • [ Diesen Schritt gehe ich nicht mit. Meine Meinung gut und schön, aber ob Beratungshilfe tatsächlich gewährt wird, kann ich doch immer wieder nur raten. Es muß deshalb möglich sein, den potentiellen Mandanten bei Anbahnung des Mandats auf die vorherige Einholung des Scheins zu verweisen. Und wieso sollte das auch nicht erlaubt sein? Das klingt ja geradeso, als wäre ich dazu verpflichtet, ein mir angetragenes Beratungshilfemandat unter allen Umständen anzunehmen.

    Ich kann es grundsätzlich verstehen, dass heute (aus vielen Gründen) kein Anwalt mehr bereit ist das Kostenrisiko eines nachträglichen Antrags §§ 4 ,7 BerHG einzugehen, und den Mandanten lieber an das Gericht verweist, damit dieser dort einen Antrag nach § 6 BerHG stellt.

    Genau das ist aber nicht möglich. Die Verpflichtung ein Beratungshilfemandat zu übernehmen ist nicht nur gegeben, wenn der Mandant mit dem Schein vorm Anwalt steht, sondern auch, wenn der Antragsteller sich direkt an den Anwalt gewandt hat, damit der Anwalt über seine Kanzlei im Namen des Mandanten einen Antrag nach §§ 4, 7 BerHG einreicht (vgl. auch Feurich/Braun, BRAO, 4. Aufl. § 49a, Rn. 6 (m. w. N.)). Antragsteller im Bewilligungsverfahren ist der Rechtsuchende, nie der Anwalt oder das Gericht.

    Hat der Rechtsuchende sich für die Antragstellung beim Gericht entschieden (§ 6 BerHG), kann das Gericht den Antragsteller nicht an den Anwalt verweisen.

    Hat der Rechtsuchende sich für die nachträgliche Antragstellung (§§ 4, 7 BerHG) entschieden, kann aber der Anwalt den Mandanten auch nicht an das Gericht verweisen.

    Die Möglichkeit der Antragstellung nach §§ 4, 7 BerHG steht nur im Gesetz, weil die Anwaltschaft die 1982 reinhaben wollte. Der Gesetzgeber ist auf die Forderung nur unter der Voraussetzung eingegangen, dass die Anwaltschaft dann auch das Kostenrisiko nach §§ 4, 7 BerHG übernimmt.

    Den Anwalt trifft die gleiche Prüfungspflicht wie das Gericht. Deine Bedenken ("Woher soll ich denn wissen, ob der Rechtspfleger beim Gericht meine anwaltliche Sicht teilt, dass die BerH-Voraussetzungen erfüllt sind?") in Ehren, aber diese Bedenken, machen eine Verweisung gerade nicht zulässig.

    Da es jedoch aber absurd wäre, wenn du vom Mandanten gezwungen werden könntest ein Mandat auch dann im Rahmen der BerH zu führen, wenn du die Voraussetzungen für NICHT gegeben hälst (z. B. weil du aus schmerzlicher Erfahrung weißt, dass "dein" AG beim außergerichtlichen Einigungsversuch gem. § 305 InsO stets an die Schuldnerberatungsstellen verweist), kannst du ihn (nur) in diesen Fällen selbstverständlich an das Gericht verweisen. Kommt der Mandat dann mit einem Schein zu dir zurück, gut. Wenn nicht, wahrscheinlich auch gut. :D

    Gerade weil kein Anwalt mehr da Kostenrisiko tragen will, wäre das vernünftigste diese Möglichkeit der Antragstellung komplett und ohne Ausnahme abzuschaffen. Wer hat sich bislang dagegen gewehrt? Nur die Anwaltschaft. Ich versteh`s nicht.

    Wenn jetzt in der neuen Gesetzesinitiative (siehe anderer Thread) die Möglichkeit der nachträglichen Antragstellung nur eingeschränkt werden soll, geht mir das persönlich noch nicht weit genug. Die Möglichkeit der nachträglichen Antragstellung muss ersatzlos und ohne Ausnahme gestrichen werden.

    Zeige mir auch nur eine Konstellation, in der eine außergerichtliche (!) Tätigkeit dringend ist, und die Dringlichkeit sich nicht daraus ergibt, dass der Antragsteller sich nicht rechtzeitig gekümmert hat. Sollte dies passieren, will ich meinen Standpunkt, was die komplette Abschaffung der nachträglichen Antragstellung angeht, gern noch mal überdenken.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    2 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (16. Mai 2012 um 21:24)

  • ErnstP ich denke, Du gehst von einer falschen Prämisse aus. Wenn ich der Meinung bin, dass die Voraussetzungen der Beratungshilfe nicht vorliegen, kann ich nicht auf meine Pflicht, beratungshilfemandate anzunehmen, verwiesen werden. Im Übrigen halte ich so, dass ich auf eine Vergütung schon mal verzichte, wenn ich einen nachträglichen Antrag stellen müsste.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich stelle ebenfalls keine nachträglichen Anträge.

    Und ich bleibe dabei, ich entscheide immer noch selbst, ob ich einen Auftrag annehme oder nicht. Es geht doch auch nicht nur um das Kostenrisiko (wobei das Risiko, 30 bzw. 70 EUR zu bekommen oder eben nicht zu bekommen, ja doch noch gerade so zu wuppen ist). Es geht um das Mandat, das ich eben im Einzelfall auch ablehnen kann.

  • Da hab ich eine ganz klare Meinung dazu, die Leute vorher zum Gericht schicken.


    die dann in der Kanzlei mit einem leeren Antrag auf nachträgliche BerH erscheinen. Gerade heute wieder.
    Statt den Antrag selbst zu bearbeiten, reicht man dem Ast den Antrag mit den Worten "Das macht Ihr Anwalt" und fertig. Beim Vergütungsnatrag gibt´s dann hoffentlich auch Generve; anwaltliche Vertertung war nicht erforderlich oder so.
    Handlungsbedarf bei BerH? Auslagern zum Sozialamt? Is doch gar nicht notwendig; is ja beerits ausgelagert:mad:

  •  Gerade weil kein Anwalt mehr da Kostenrisiko tragen will, wäre das vernünftigste diese Möglichkeit der Antragstellung komplett und ohne Ausnahme abzuschaffen. Wer hat sich bislang dagegen gewehrt? Nur die Anwaltschaft. Ich versteh`s nicht.

    ??? M. E. hat sich das BMJ dagegen gestemmt. Die nachträgliche Antragsstellung sollte auf Vorschlag der Kammern abgeschafft werden.

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