Nießbrauch/Reallast für mehrere Berechtigte als Gesamtgläubiger nach § 428 BGB

  • Hallo zusammen,

    ich habe einen Übergabevertrag vor mir liegen.
    A und B sind Eigentümer zu je 1/2.
    Beide übertragen je 1/6 an den Sohn C, sodass A, B und C Eigentümer zu je 1/3 werden.
    Der Anteil von C soll nun mit einer Pflegereallast und einem Nießbrauch zugunsten von A und B als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB belastet werden.

    In der Bewilligung heißt es unter anderem dass die Eintragung für A und B als Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Berechtigten nur an beide gemeinsam geleistet werden kann, bedingt für den Längstlebenden allein, bewilligt wird.
    Das ist meiner Meinung nach mit dem Wesen des § 428 BGB nicht vereinbar. Oder kann 428 in diesem Fall abbdungen werden?
    Ich habe dazu nichts gefunden.
    Vielleicht kann mir einer von euch helfen?

    Vielen Dank im Voraus!

  • § 428 BGB:
    1
    Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. 2Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

    • X = konstiutiv
    • X = disponibel (vgl. Staudinger/Noack § 428 Rn 7, 8)

    Die Vereinbarung sollte daher so möglich sein.

  • Ich hänge mich hier mal dran...
    Ich habe den gleichen Fall, also einen Nießbrauch für Eheleute als Gesamtberechtigte, mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Übergeber nur an beide gemeinsam geleistet werden kann.

    Dass das an sich möglich ist, ist mir mittlerweile klar.
    Aber trägt man das dann ins Grundbuch mit ein oder nur wie üblich als "Gesamtberechtigte nach § 428 BGB"? :gruebel:


  • Ich habe den gleichen Fall, also einen Nießbrauch für Eheleute als Gesamtberechtigte, mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Übergeber nur an beide gemeinsam geleistet werden kann. ...Aber trägt man das dann ins Grundbuch mit ein oder nur wie üblich als "Gesamtberechtigte nach § 428 BGB"? :gruebel:

    Das OLG Frankfurt 20. Zivilsenat führt im Beschluss vom 14.11.2011, 20 W 439/10,
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:4864964
    aus:

    „Konstitutiv für eine Gesamtgläubigerschaft sind lediglich die in § 428 BGB vor der Parenthese "(Gesamtgläubiger)"genannten Begriffselemente, während die ihr Folgenden hinzutreten können, jedoch nicht mehr hinzutreten müssen (Erman-Böttcher: BGB, 13. Aufl., § 428, Rdnr. 1; Gernhuber WM 1997, 645). Die konstitutiven Wesensmerkmale der Gesamtgläubigerschaft, dass jeder Gläubiger zur Forderung der ganzen Leistung vom Schuldner berechtigt ist und der Schuldner nur einmal zur Erbringung der Leistung gegenüber allen Gläubigern verpflichtet ist, sind in § 3 der Urkunde vom ...2010 nicht abbedungen. Die Bestimmung, dass kein Berechtigter allein zu Lasten des anderen über die Rechte verfügen kann, betrifft nicht die Einziehung der Forderung, sondern die Verfügungsberechtigung über das Gesamtrecht…“

    Die Formulierung in § 428 BGB: „so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten“ kommt nach der Parenthese „Gesamtgläubiger", ist mithin abdingbar. Also kann vereinbart werden, „dass zu Lebzeiten beider Übergeber nur an beide gemeinsam geleistet werden kann“. Diese Bestimmung ist von der Bezugnahme nach § 874 BGB erfasst, so dass lediglich „als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB" oder „als Gesamtgläubiger“ einzutragen ist.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ... dann ist das wohl vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung so gewollt.

    Nicht ganz. Was ich im Ausgangsfall prompt übersehen habe. Das OLG Frankfurt hat es versäumt diesen ...

    Zitat

    Wenn die Leistung wie im vorliegenden Fall an einen Berechtigten keine Erfüllungswirkung gegenüber dem anderen Gläubiger haben soll, bedeutet das nichts anderes, als dass der Schuldner wirksam eben nur an beide Gläubiger gemeinsam leisten kann, weil nur die Leistung an beide möglich sein soll. (Frank a.a.O.)

    ... Schluss zu ziehen, um dann zu dem ...

    Zitat

    Die ist aber ein Fall der rechtlichen Unteilbarkeit der Leistung und damit nichts anderes als die Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB. (Frank a.a.O.)

    ... Ergebnis zu kommen. Hier wird man sogar unmittelbar auf das Problem gestoßen, dass man mit der Vereinbarung ...

    Zitat

    ... mit der Maßgabe, dass zu Lebzeiten beider Übergeber nur an beide gemeinsam geleistet werden kann.

    ... beim Wortlaut des § 432 BGB landet. Wenn man Frank und Amann folgt, handelt es sich tatsächlich um eine Mischform der §§ 428, 432 BGB.

  • Amann führt in der hier genannten Abhandlung
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…223#post1092223

    aus: „Die allgemein geübte Praxis, im Grundbuch nur das Grundmodell des Gemeinschaftsverhältnisses anzugeben, dagegen nicht dessen Modifikationen und Beimischungen, genießt zu Recht den Segen des BGH…“

    Und mit der Angabe "als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB“ ist das Grundmodell zutreffend bezeichnet, zumal gegen die Angabe „als Berechtigte nach § 432 BGB" rechtliche Bedenken bestehen. Heinze führt dazu im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1030 RN 39 aus: „Eine Nießbrauchsbestellung zugunsten mehrerer Personen als Berechtigte nach § 432 ist dagegen nicht möglich, weil der Nießbrauch keine unteilbare Leistung darstellt (OLG Hamm Rpfleger 1980, 21, 22; OLG München NJW 2009, 3310, 3311; DNotZ 2010, 120, 122; siehe auch bereits KGJ 49, 191, 194; BayObLGZ 1955, 155, 158; ferner Frank MittBayNot 2012, 387; Palandt/Bassenge75 § 1030 Rn 3; vgl auch BGH NJW 1981, 176 f; aM Amann DNotZ 2008, 324, 338 ff, der hier die Wertung des § 1011 mit einbezieht; ders NotBZ 2009, 441, 445; NK-BGB/Lemke4 § 1030 Rn 59; vgl auch Kesseler DNotZ 2010, 123, der §§ 428, 432 insgesamt für nicht anwendbar hält).“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Amann führt in der hier genannten Abhandlung aus: „Die allgemein geübte Praxis, im Grundbuch nur das Grundmodell des Gemeinschaftsverhältnisses anzugeben, dagegen nicht dessen Modifikationen und Beimischungen, genießt zu Recht den Segen des BGH…“

    Darum geht es doch gerade. Man kann die Gesamtgläubigerschaft in bestimmten Grenzen ändern. Die Grenze ist aber spätestens da erreicht, wo man dem Wortlaut nach bei der Mitberechtigung ist. Dann hat man keine bloße Modifikation mehr, sondern eine Mischform. Ob die Mitberechtigung beim Nießbrauch zulässig ist, ist dann das nächste Problem.

  • Hallo,

    die Veräußerer behalten sich auf Lebensdauer als Gesamtgläubiger den unentgeltlichen Nießbrauch am gesamten Vertragsobjekt vor.


    Wie wird das Berechtigungsverhältnis eingetragen:

    A und B als Gesamtgläubiger

    oder

    A und B als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB.

    Oder ist das "Geschmackssache" und beides geht.

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