Kontopfändung bei Selbständigem - Erhöhung Freibetrag § 850kIV, 850i

  • Ein P-Konto ist nicht dafür gedacht, dass man es als Geschäftskonto betreibt, Waren von erheblichem Wert darüber einkauft, etc.

    Für so einen Fall gab es (wenn ich mal von mir spreche) noch nie eine Möglichkeit, und sie gibt es auch jetzt nicht.
    Sowas hatte ich auch schon mal in der Vergangenheit mit einer Zahnarztpraxis. Auf dieses Konto gingen die Leistungen der GKV ein, die Zahlungen der privat Versicherten, es wurde eingekauftes Material davon bezahlt, die Gehälter der Angestellten, die Steuern und und und.
    Und das jeden Monat mit anderen Beträgen.

    Da geht halt nix, selbst wenn man Gutachten von Sachverständigen erstellen ließe.

    Der gesamte Kontopfändungsschutz ist nicht für gewerbliche Unternehmen gedacht. Wenn diese nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu begleichen und keine Einigung mit den Gläubigern erzielen können, müssen sie eben Insolvenz anmelden.

    Ich würde das mal mit Normen versuchen zu verdeutlichen... :gruebel: Ich hoffe ich verstehe den Sachverhalt richtig: Selbstständiger mit regelmäßigen Eingängen auf dem Geschäftskonto, welches gleichzeitig ein P-Konto ist. In meinem Fall möchte der Selbstständige noch den Lohn für die Mitarbeiter freigegeben haben wollen. Deshalb gehe ich da noch mit drauf ein.

    §§ 850k Abs. 4 i.V.m. 850f Abs. 1 Nr. 2 ZPO, hier kann nur von dem Betrag nach § 850i ZPO (siehe § 850f Abs. 1 ZPO) ein weiterer Betrag bei einem selbstständigen freigegeben werden. Der § 850i ZPO findet auf alle Selbstständigen auch Anwendung (Drucksache 16/7615, Seite 11, 18). Nach § 850i ZPO kann dem Schuldner nur soviel freigegeben werden, wie er zur Bestreitung seines Unterhalts und zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten benötigt. Und zwar solange, bis weiteres Einkommen (Guthaben) zu erwarten ist. Damit ist der § 850 I ZPO eine Sondernorm und greift nur wenn nicht schon der Schuldner im Allgemeinen über die Norm des § 850k ZPO geschützt ist. Die Beträge zu seinem Unterhalt und zur Erfüllung des seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten schützt der § 850k Abs. 1 und 2 ZPO dann, wenn regelmäßig Einnahmen mit dem Erwerbsgeschäft erfolgen. Damit entfällt bereits das Rechtschutzbedürfnis für den § 850i ZPO.
    Gibt es keine Einnahmen nach § 850i ZPO, kann auch keine zusätzliche Freigabe der Beträge nach §§ 850k Abs. 4 i.V.m. 850f Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfolgen.
    Dem steht die Entscheidung vom 05.12.1985 (BGH, Urteil vom 05.12.1985 - IX ZR 9/85 (Frankfurt)) des BGH nicht entgegen. Die Rechtsprechung hierzu dürfte aufgrund der Änderungen der ZPO überholt sein, der BGH erläuterte auch nicht weiter die Anwendbarkeit des § 850f ZPO in dortigem Fall.

    Da in meinem Fall der Schuldner noch die Freigabe von Löhnen und sonstigen zur Weiterführung des Geschäfts notwendigen finanziellen Mittel beantragt hat, war hier noch zu prüfen ob diese nach § 850f Abs. 1 Nr. 2 ZPO ggf. freizugeben wären.
    Dies kann verneint werden, da sämtliche Normen lediglich sicherstellen sollen, dass dem Schuldner mindestens das Existenzminimum gesichert bleibt. Nicht aber der Fortbestand des Geschäfts. Löhne, Kredite und sonstiges zur Aufrechterhaltung des Betriebes sind eben nicht unter die Beträge des § 850i ZPO zu subsummieren. Es handelt sich dabei um Kosten und nicht um sonstige Einkünfte. Dass der Schuldner im Zweifel genötigt wird Sozialhilfe zu beantragen, begründet sittenwidrige Härte nicht (BGH, B. v. 21.12.2004,IXa ZB 228/03). Damit scheidet wohl auch die Erfolgsaussicht auf eine postive Entscheidung nach § 765a ZPO aus (LG Bonn Beschl. v. 15.7.2007 – 4 T 291/08, BeckRS 2009, 3209, beck-online).

    Mich würde die Meinung der Foristen dazu interessieren.

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