Kontopfändung bei Selbständigem - Erhöhung Freibetrag § 850kIV, 850i

  • Heut ist nicht mein Tag...
    Schuldner ist selbständig, das Konto wurde gepfändet.
    Dieses wird privat und geschäftlich genutzt. Jetzt hat er wohl wie ich ihn verstanden habe, so ein "Im- und Export" Geschäft mit online Shop... d.h., er bekommt z.B. einen Auftrag von einem Kunden, bekommt dafür 10.000 EUR, kauft davon aber erst z.B. für 8000 EUR Waren im Ausland (die hat er nicht auf Lager, sondern bestellt die erst nach Auftrag als Zwischenhändler).
    In einem Monat gehen vielleicht 10.000 EUR ein, im nächsten dafür nur 200 EUR.

    Jetzt will er natürlich den Freibetrag derart erhöht haben, das er sein Geschäft irgendwie weiter betreiben kann...
    Nur will soll das berechnet werden? Im vorraus ist das ja praktisch unmöglich.

    Wie macht ihr das?
    Er hat ja einen Grundfreibetrag. Ich hätte nun gedacht diesen jeweils am Ende des Monats um die nachgewiesenen Geschäftsausgaben nachträglich zu Erhöhen. Aber wirklich ideal ist das auch nicht gerade :(

  • Ein P-Konto ist nicht dafür gedacht, dass man es als Geschäftskonto betreibt, Waren von erheblichem Wert darüber einkauft, etc.

    Für so einen Fall gab es (wenn ich mal von mir spreche) noch nie eine Möglichkeit, und sie gibt es auch jetzt nicht.
    Sowas hatte ich auch schon mal in der Vergangenheit mit einer Zahnarztpraxis. Auf dieses Konto gingen die Leistungen der GKV ein, die Zahlungen der privat Versicherten, es wurde eingekauftes Material davon bezahlt, die Gehälter der Angestellten, die Steuern und und und.
    Und das jeden Monat mit anderen Beträgen.

    Da geht halt nix, selbst wenn man Gutachten von Sachverständigen erstellen ließe.

    Der gesamte Kontopfändungsschutz ist nicht für gewerbliche Unternehmen gedacht. Wenn diese nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu begleichen und keine Einigung mit den Gläubigern erzielen können, müssen sie eben Insolvenz anmelden.

  • Die nachträgliche monatliche Erhöhung wäre m.E. hier der einzig gangbare Weg für den Schuldner - eine pauschale Erhöhung scheidet aus - da hier dann zu stark in die Rechte des Gläubigers eingegriffen würde und faktisch die Pfändung auch recht leicht unterlaufen werden könnte.

  • Zitat

    Jetzt hat er wohl wie ich ihn verstanden habe, so ein "Im- und Export" Geschäft mit online Shop... d.h., er bekommt z.B. einen Auftrag von einem Kunden, bekommt dafür 10.000 EUR, kauft davon aber erst z.B. für 8000 EUR Waren im Ausland (die hat er nicht auf Lager, sondern bestellt die erst nach Auftrag als Zwischenhändler).
    In einem Monat gehen vielleicht 10.000 EUR ein, im nächsten dafür nur 200 EUR.


    Schöne Schuldner-Geschichten sollten belohnt werden!:teufel:

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Geht ja wohl auch nicht an, dass der Schuldner durch die Zwangsvollstreckung in der Ausübung seines Gewerbes gestört wird. Zur Not geht da ja wohl was über § 765a ZPO. :cool:

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das P-Konto ist nicht dafür da, dass der Schuldner seinen Insolventenbetrieb auf Kosten der Gläubiger weiterführen kann.
    War früher schon so und ist es heute auch noch. Hat der S Pech gehabt

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Sehe ich genauso.

    Wenn der selbständige Schuldner seine Gläubiger nicht mehr bedienen kann, hat er Pech. Dafür gibts das Insolvenzverfahren.

    Ich "rette" auch keine siechen Einzelklitschen ein paar Monate weiter, bis sie dann doch aufgeben. Weder im Rahmen eines § 850 i ZPO noch § 765 a ZPO noch im Rahmen von § 850 i ZPO i.V.m. § 765 a ZPO.


    Execs Beitrag fasse ich als ironisch auf.

  • Hab mich überzeugen lassen, letztlich keine Lösung über das P-Konto...
    Nicht gänzlich zufriedenstellend, aber gut, bleibt dann nur gegebenenfalls die Insolvenz

  • Nicht gänzlich zufriedenstellend,

    Für den Gläubiger schon.

    Wenigstens können Selbständige in Zeiten den P-Kontos überhaupt Kontenschutz erlangen. Vor dem P-Konto ging nicht mal das. Von daher kann der Schuldner sich nicht beschweren.

    Der Kontopfändungsschutz war schon immer nur zur Sicherung des Existenzminimums, aber nicht zur Abwicklung eines Geschäftsbetriebs gedacht.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Zitat

    Nicht gänzlich zufriedenstellend, aber gut, bleibt dann nur gegebenenfalls die Insolvenz

    Bei dem geschilderten "Geschäftsmodell" braucht der Schuldner wohl eher eine "Gefängnis frei-karte" als ein P-Konto...


    nachträglicher Gedanke
    liegt hier nicht ein Fall von 263 StGB vor - und muß da nicht von Amts wegen Anzeige erstattet werden?:gruebel:

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

    2 Mal editiert, zuletzt von lupo (18. Mai 2012 um 10:15)

  • Gegenüber dem Beitrag #5 ist wohl eindeutig die Antwort #6 zu favorisieren.

    Selbst wenn man für den Schuldner etwas tun wöllte, wüsste ich nicht im Entferntesten, wie (765a in den Raum werfen, gut, das kann man ja mal: Aber wie soll die Entscheidung aussehen, was soll man dem Schuldner zu Fortführung des Betriebes freigeben ....... --> das lässt sich doch alles vom Vollstreckungsgericht nicht klären, da würde man schon Sachverständigengutachten brauchen .... --> das alles ist eine Sache des Insolvenzgerichts bzw. Insolvenzverwalters, nicht aber des Rechtspflegers des Vollstreckungsgerichts.)

    Nächstens kommt noch der Geschäftsführer einer großen GmbH und will über 765a die Freigabe des gepfändeten Geschäftskontos erreichen ......
    Das geht alles nicht, dafür sind die Pfändungsschutzvorschriften für Konten auch nicht gedacht !

  • Ein P-Konto ist nicht dafür gedacht, dass man es als Geschäftskonto betreibt,

    Ich greife diesen Satz mal auf.
    Ein Schuldner von uns ist ebenfalls selbstständig mit einem kleinen Laden und hat sowohl Privat- als auch Geschäftsgiro bei derselben Bank. Die Bank teilte nach Pfändung mit, dass das Geschäftsgiro ein P-Konto sei.
    Auch wenn die Kontoinhaberin eine natürliche Person nach § 850k VI ist, kann es doch nicht sein, dass ein Geschäftskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird, oder?

  • Ein P-Konto ist nicht dafür gedacht, dass man es als Geschäftskonto betreibt,

    Ich greife diesen Satz mal auf.
    Ein Schuldner von uns ist ebenfalls selbstständig mit einem kleinen Laden und hat sowohl Privat- als auch Geschäftsgiro bei derselben Bank. Die Bank teilte nach Pfändung mit, dass das Geschäftsgiro ein P-Konto sei.
    Auch wenn die Kontoinhaberin eine natürliche Person nach § 850k VI ist, kann es doch nicht sein, dass ein Geschäftskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird, oder?

    Doch, klar geht das. Das Gesetz sagt lediglich, dass der Kontoinhaber eine natürliche Person sein muss. Wenn der Kunde selbständig ist, wandeln wir auf seinen Wunsch hin das Geschäftskonto um.

    Aber : Sein privates Konto ist dann natürlich kein P-Konto, also ungeschützt. Und wir tolerieren nicht, dass private und geschäftliche Umsätze über ein Konto laufen. Da muss sich der Kunde halt entscheiden.

    Was wir in der Praxis leider schon öfters hatten ist, das dann von dem ungeschützten Konto des Kunden durch das Gericht nach 765 a Beträge freigegeben werden, obwohl er auch noch ein P-Konto hat.

  • @ noch ein Drittschuldner: Also ich habe hier schon einen Fall gehabt (mein einziger mit einem Selbstständigen), da hatte der gute Mann nur ein Konto für Privat und Geschäft und dieses war ein P-Konto und dort musste der Freibetrag erhöht werden. Scheinen also nicht alle Banken so zu handhaben wie ihr...Schade eigntl...

  • Das P-Konto ist nicht dafür da, dass der Schuldner seinen Insolventenbetrieb auf Kosten der Gläubiger weiterführen kann.
    War früher schon so und ist es heute auch noch. Hat der S Pech gehabt

    Habe hier genau diesen Fall, dass ein Schuldner diverse Geldbeträge von seinem P-Konto freigegeben haben möchte, da es sich um Auftrags-Vorausszahlungen irgendwelcher Kunden handelt. Gepfändet wird wegen Unterhaltsforderungen seiner Kinder.

    Ich bin auch der Meinung, dass hier eine Lösung über das P-Konto nicht möglich ist. Aber gibt es hierzu auch schon irgendwelche schlauen Entscheidungen, die man zitieren könnte?! Habe dazu nichts gefunden.

  • man sollte dabei nicht aus dem Auge verlieren, dass, wenn man dem Sch Geld für Rechnungen frei gibt, er es einerseits auch für Chips und Bier verbrauchen kann und andererseits man so einen Gläubiger bevorzugt, der nicht einmal einen Schuldtitel hat.

  • Sicherlich; allerdings müssen ja immer vom "vernünftigen", "redlichen" Schuldner ausgegangen werden...

    Zur Sache: Könnte man sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass es sich bei den Auftragsvorauszahlungen (ich gehe davon aus, dass das Geld zur Beschaffung von Material etc. benötigt wird) insofern um (teilweise) zweckgebundene Gelder handelt, die daher der Pfändung durch Dritte nicht unterworfen sind.

    Wenn man davon ausginge stellt sich natürlich noch die Frage, wie man das Problem auflöst; §850 k hilft da (glaube ich) nicht weiter, da keine dafür passende Verweisung vorhanden ist (oder?)

    §850 l hilft auch nur bedingt, da ja nicht gesagt ist, dass nicht andere, pfändbare, Eingänge vorhanden sind-> grade bei Kindesunterhaltspfändung... btw. stellt §850 l eigentlich nur auf die "standardmäßig" pfändbaren Beträge ab?

    Bliebe 765a, aber das ist ja nie wirklich befriedigend!

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Habe hier genau diesen Fall, dass ein Schuldner diverse Geldbeträge von seinem P-Konto freigegeben haben möchte, da es sich um Auftrags-Vorausszahlungen irgendwelcher Kunden handelt. Gepfändet wird wegen Unterhaltsforderungen seiner Kinder.

    Ich bin auch der Meinung, dass hier eine Lösung über das P-Konto nicht möglich ist. Aber gibt es hierzu auch schon irgendwelche schlauen Entscheidungen, die man zitieren könnte?! Habe dazu nichts gefunden.

    Es kommt wohl auf die näheren Umstände an.
    Wenn ein Architekt für den Auftrag, einen neuen Berliner Flughafen zu entwerfen, einen Vorschuss vom 20.000,- EUR erhält ließe sich da schon was machen (§ 850k IV ZPO verweist ja auf § 850i ZPO), da er wohl von diesem Vorschuss die nächsten Monate leben müsste... (nur so als Beispiel).
    Also so rein pauschal würde ich da keine Aussage treffen.

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