Bescheinigung P-Konto für Nachzahlungen

  • In letzter Zeit haben wir sehr häufig Probleme mit Nachzahlungen von Sozialleistungen.

    In der Regel werden diese von den Job Centern per Bescheinigung freigegeben. Dies geschieht auf 2 Arten:
    1) Die Nachzahlung wird in der Musterbescheinigung in das Feld für einmalige Sozialleistungen eingetragen (mit dem Hinweis
    Nachzahlung für Monate.....)
    2) Ein Schreiben mit Freitext wird dem Kunden mitgegeben, mit dem Inhalt, dass es sich bei der Zahlung um laufende Leistungen
    mehrerer Monate handelt, welche in einer Summe gezahlt werden und welche pfändungsfrei sind/dem Kunden voll ausgezahlt werden müssen.

    Wir schicken sowohl 1 als auch 2 zum Vollstreckungsgericht, weil wir die Auffassung vertreten, dass Nachzahlungen für laufende Geldleistungen sich nicht per Bescheinigung schützen lassen (zumindest nicht der über dem Freibetrag liegende Teil) , sondern nach
    850 k Abs. 4 ZPO eine Freigabe des Vollstreckungsgericht erforderlich ist. Dieser Beschluss (oder einstweilige Einstellung) muss uns bis zum Ende des Folgemonats vorliegen, ansonsten ist das Geld weg.

    Jetzt haben wir bereits mehrfach erlebt, dass die Kunden vom Gericht abgewiesen werden. Mündlich heisst es dann, das die Bank auszahlen muss, in einem Fall wurde dem Kunden geraten, einen Anwalt einzuschalten.

    Liegen wir so falsch. Unsere Kunden sind stinksauer, weil das JobCenter bescheinigt, dass ausgezahlt werden muss und das Gericht mündlich dasselbe sagt. Mir kommen so langsam Zweifel an unserem Vorgehen.......

  • Gut, zunächst liegt erst einmal eine formell zulässige Bescheinigung im Sinne von § 850 k Abs. 5 ZPO vor.

    Daraufhin kann ja die Bank befreiend an den Schuldner leisten, allerdings nur, wenn ihr die Unrichtigkeit der Bescheinigung nicht bekannt noch in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist. In Bezug auf "grobe Fahrlässigkeit" kann man nun sicherlich verschiedene Meinungen haben. Ich gehe aber nicht davon aus, dass die Bank derartige Bescheinigungen bis ins letzte Detail zu prüfen hat. Wer sagt denn, dass die ausgestellte Bescheinigung nicht richtig ist, d.h., dass dem Schuldner tatsächlich der volle Betrag zusteht. Das ist doch durchaus möglich, oder ? Wenn man Nachzahlungen den einzelnen Monaten zuordnet (so Stöber), ist es ja auch sehr unwahrscheinlich, dass der Schuldner = Sozialleistungsempfänger dann in jedem Monat den pfandfreien Betrag übersteigen würde. Der Sozialbehörde wird ja in der Regel bekannt sein, welche Leistung in den jeweiligen Monaten dem Schuldner zustand, zu der jetzt erst die Nachzahlung erfolgt. Es gibt also keinen Grund sofort anzunehmen, dass die Bescheinigung unrichtig sein könnte. Demzufolge kann auch keine grobe Fahrlässigkeit vorliegen.

    Insoweit denke ich, dass die Auszahlung problemlos möglich sein sollte und das VG hierzu nicht benötigt wird. Wenn der Gläubiger meint, dass die Bescheinigung falsch ist, kann er doch eine Entscheidung des VG auch beantragen.

  • Wenn sich die Nachzahlung klar aus einem SGB II - Bescheid ergibt, kann der Nachweis im Sinne des § 850k V2 ZPO vorliegen, so dass es keiner gerichtlichen Entscheidung bedarf. Ggf. muss je nach Höhe des Freibetrages aber gem. § 850k IV ZPO verfahren werden.

  • Wenn der Sozialempfänger bisher 700 € erhielt und dann irgendwann für die Monate je 300 € nachgezahlt bekommt, fällt das ganze durchaus noch unter den Freibetrag des Abs. 1 bzw. des Abs. 2 unter Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen. Es ist nunmal keine echte Einmalzahlung, sondern eine Nachzahlung, die für laufende Monate gedacht ist und diesen auch zugeordnet werden muss.

  • Wenn der Sozialempfänger bisher 700 € erhielt und dann irgendwann für die Monate je 300 € nachgezahlt bekommt, fällt das ganze durchaus noch unter den Freibetrag des Abs. 1 bzw. des Abs. 2 unter Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen. Es ist nunmal keine echte Einmalzahlung, sondern eine Nachzahlung, die für laufende Monate gedacht ist und diesen auch zugeordnet werden muss.

    Bedauerlicherweise ist auf der Musterbescheinigung hierfür kein Platz, da dort nur Einmalzahlungen nach § 850k Abs. 2 Nr. 2 ZPO behandelt werden.


    Nach ZKA Leitfaden (Fassung 2.6.10)

    Die vorgelegten Bescheinigungen müssen:
    (1) augenscheinlich echt sein (aus der Urkunde erkennbarer Aussteller ist der wahre Aussteller; die Urkunde enthält keine offensichtlichen Hinweise auf eine Fäl-schung),
    (2) inhaltlich ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Pfändungs-freibetrages vorliegen,
    (3) von dem Kreditinstitut nicht auf inhaltliche Richtigkeit geprüft werden. Bestehen jedoch Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit, ist der Nachweis nicht geführt.


    Dieser Zweifel ist angebracht.

    Nachzahlungen von Sozialleistungen sind keine einmaligen Sozialleistungen i. S. des § 850k Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Vgl. Stöber Rdn. 1335). Ansprüche, die zwar in einem Betrag gezahlt werden, nach ihrer Anspruchsgrundlage jedoch als wiederkehrende Leistungen gewährt werden, sind demnach keine Einmalzahlungen i. S. d. § 850k Abs. 2 Nr. 2 ZPO.


    Andererseits: Der Schuldner hat einen Dummen (=geeignete Stelle :D ) gefunden, der ihm einmalige Sozialleistungen bescheinigt, die - möglicherweise - keine sind.

  • Es ist doch auch außer Zweifel, dass es keine "einmaligen Sozialleistungen" sind, es sind laufende Sozialleistungen, die nur über einen Einmalbetrag nachgezahlt werden. Und warum sollte nicht bescheinigt werden, dass diese Leistung pfandfrei ist, wenn dadurch der pfandfreie Betrag für die Monate, für die es gezahlt wird, insgesamt nicht überschritten wird. Und wer sollte das besser wissen als die Sozialbehörde selbst ?

  • Es ist doch auch außer Zweifel, dass es keine "einmaligen Sozialleistungen" sind, es sind laufende Sozialleistungen, die nur über einen Einmalbetrag nachgezahlt werden. Und warum sollte nicht bescheinigt werden, dass diese Leistung pfandfrei ist, wenn dadurch der pfandfreie Betrag für die Monate, für die es gezahlt wird, insgesamt nicht überschritten wird. Und wer sollte das besser wissen als die Sozialbehörde selbst ?

    Nach dieser Logik hätte es einer BGH-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - VII ZB 64/10 -) nicht bedurft, da das Rechtsschutzinteresse fehlt. Das hätte auch der Arbeitgeber bescheinigen können.

    Und wer sollte das besser wissen als die Sozialbehörde selbst ?

    Aus diesem Grund (und aus weiteren kaufmännischen Überlegungen) kann man auch zu einer positiven Erkenntnis gelangen, was Punkt (3) des ZKA-Leitfadens anbelangt - wenn man die Pfändungen, die wegen Leistungsmissbrauchs ausgebracht werden, mal ignoriert, auch da hatte es die Sozialbehörde ja gewusst. ;)

  • Nach dieser Logik hätte es einer BGH-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - VII ZB 64/10 -) nicht bedurft, da das Rechtsschutzinteresse fehlt. Das hätte auch der Arbeitgeber bescheinigen können.


    Sicherlich hätte er das können. Aber es gibt ja nunmal auch genügend Fälle, wo der Arbeitgeber keine Bescheinigung erteilen will. Dann macht die BGH-Entscheidung durchaus Sinn.

  • Es ist doch auch außer Zweifel, dass es keine "einmaligen Sozialleistungen" sind, es sind laufende Sozialleistungen, die nur über einen Einmalbetrag nachgezahlt werden. Und warum sollte nicht bescheinigt werden, dass diese Leistung pfandfrei ist, wenn dadurch der pfandfreie Betrag für die Monate, für die es gezahlt wird, insgesamt nicht überschritten wird. Und wer sollte das besser wissen als die Sozialbehörde selbst ?

    Jetzt bin ich ehrlich gesagt etwas verwirrt, die Bescheinigung nach § 850K Abs 5 dient doch nur dem Nachweis, dass bestimmte Beträge nicht von der Pfändung erfasst sind.

    Aber eine Nachzahlung ist doch grundsätzlich von der Pfändung erfasst, wie kann dann die ARGE bescheinigen dass diese
    "pfändungsfrei sind/dem Kunden voll ausgezahlt werden müssen" ?

  • Wenn jemand jeden Monat 600 € Sozialleistungen hatte und jetzt für diese Monate je 300 € nachgezahlt bekommt, dann ist die Nachzahlung den Monaten zuzurechnen, für die sie bestimmt ist, und nicht dem Monat, in dem sie ausgezahlt wird (so auch Stöber). Man muss das dann so betrachten, als ob während dieser Monate jeweils 900 € gezahlt worden wären, sodass man keinerlei Bedenken haben muss, um zu bescheinigen, dass der jetzt gutgeschriebene Betrag nicht der Pfändung unterliegt.

  • Ich sag ja nicht das die Berechnung an sich falsch ist :)
    Nur ist es meiner Meinung schon nicht möglich zu "Bescheinigen" das laufende Geldzahlungen (z.B. Arbeitseinkommen, HarzIV) nicht der Pfändung unterworfen sind, dann gilt das erst recht für Nachzahlungen.

    Berechnungen, dass bestimmte Beträge zwar pfändbar sind, aber es sich kein pfändbarer Betrag ergibt, sind meiner Meinung nach nicht "bestätigbar". Diese Berechnung ist aufgabe des Drittschuldners.

    Auch wenn das in so einem Fall zweifelslos der Vereinfachung des Verfahrens dienen würde :)

  • Wie so etwas einfach zu lösen ist, möchte ich auch mal wissen.

    Die Nachzahlung lfd. Renten oder Arbeitslohn ist auf die Monate zu verteilen, für die die Nachzahlung (anteilig) erfolgt - wenn an der Quelle gepfändet wird.

    Beim P-Konto (der Regelung in § 850 k ZPO) fehlt doch jede Regelung, mit der der Geldeingang (auch nicht als Nachzahlung) für vier Monate auch auf vier Monate verteilt werden kann. Es fehlt eine Regelung, mit der nicht in Anspruch genommene "pfandfreie Sockelbeträge" der Vormonate durch Nachzahlungen oder auf andere Art und Weise nachträglich aufgefüllt werden können.

    ME ist das Vollstreckungsgericht mit einem Antrag nach Abs 4 zu belästigen - nur so kann das in einem Monat als Nachzahlung eingehende Geld oberhalb des unpfändbaren individuellen Sockelbetrages einmalig an den Schuldner ausgezahlt werden-

    oder was seh ich da noch falsch?

  • Ich schließe mich an, dass eine Nachzahlung nicht bescheinigt werden kann. Es handelt sich gerade nicht um Einmalzahlungen nach § 54 II SGBI. Grundsätzlich waren die Nachazahlungen mal laufende Geldleistungen, die aufgrund einer Neuberechnung auf einmal für einen größeren Zeitraum ausgezahlt werden. § 850k IV ZPO wäre der richtige Weg

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

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