Einstellung nach § 212 InsO nach Erteilung der Restschuldbefreiung

  • ich habe folgenden Fall:

    Das Insolvenzverfahren läuft noch, die Laufzeit der Abtretungserklärung ist beendet und ich habe gemäß BGH die RSB erteilt. Soweit ist das ganze ja noch nicht weiter spektakulär. Dummerweise hat mein Schuldner einen Antrag gemäß § 212 InsO auf Einstellung des Verfahrens wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes gestellt, mit der Begründung, dass ja mit der RSB-Erteilung seine ganzen Schulden weggefallen seien. Den Antrag hab ich erstmal zurückgewiesen, weil das dem System der InsO vollkommen widerspricht. Außerdem hatte der Schuldner auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass ihm auch weiterhin die Zahlungsunfähigkeit nicht droht.

    Der Schuldner hat sich dagegen auch nicht beschwert. Aber der Verwalter hat Rechtspflegererinnerung eingelegt :mad:. Ich hab nicht abgeholfen und außerdem das Beschwerderecht des Verwalters in Frage gestellt. So, und als ich dachte, dass sich die Geschichte damit endgültig erledigt hatte geschah folgendes:

    Der Richter hat meine Entscheidung aufgehoben :eek:! Er stellt sich auf den Standpunkt, dass tatsächlich der Eröffnungsgrund mit RSB-Erteilung weggefallen sei :confused:. Ich solle jetzt nochmal entscheiden und prüfen, ob die Zahungsunfähigkeit noch weiterhin droht. Außerdem hat er das Beschwerderecht des Verwalters bejaht.

    Daraufhin hab ich mich mächtig geärgert, aber nützt ja nix, und hab dann nen Gutachter bestellt, der dummerweise jetzt auch noch (nachdem er wirklich genauestens geprüft hat) zu der Erkenntnis gekommen ist, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit nicht droht. Deswegen muss ich mich jetzt tatsächlich mit dem Verfahren nach § 212 InsO auseinandersetzen und hab den Verwalter um Schlussrechnung gebeten.

    Für alle, denen das noch nicht ausreicht: Der Verwalter hat angekündigt, dass wohl derzeit die Masse nicht ausreicht um alle Masseverbindlichkeiten zu decken. Wenn alle Vermögensgegenstände aber noch zur Masse gezogen werden würden (kann sich noch mehrere Jahre hinziehen), würde die Masse ausreichen.

    Mir fällt dazu langsam nichts mehr ein. Ich weiß nicht, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme. Habt ihr Ideen dazu?

    PS: Kleine Anmerkung noch: Die RSB-Erteilung ist bei Einstellung nach § 212 InsO natürlich ausgeschlossen :daumenrau

  • Da ich gestern Star Track gesehen habe, fällt mir hier zu nur ein "faszinierend".

    Mit Erteilung der RSB kann man die Ansprüche der Gläubiger in den Skat drücken, wären also bei der Prognose nicht zu berücksichtigen. Verbleiben lediglich noch die evtl. Ansprüche nach § 302 InsO. Die nach Abs. 1 sind bekannt, ggfls. 0,00 EUR. Bliebe Abs. 2, großes Fragezeichen, aber um die Sache hier mal rund zu machen, werden auf "0" gesetzt.

    Das hat der BGH durch IX ZB 247/08 fabriziert, allerdings sehe ich hier eine Verletzung von § 1 InsO, allein durch Zeitablauf. Den Karren sollte er mal wieder rausziehen.

    Allerdings, die Frage der Verjährung lassen wir mal außen vor, haben wir auch noch die Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO bzw. § 209 II, III InsO. Da die fällig sind, wäre mE die Zahlungsunfähigkeit weiter gegeben.

    1. Bitte neuen Fred aufmachen

    2. bitte, bitte weiter berichten.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • In der folgenden Entscheidung
    BGH: Beschluss vom 15.07.2010 - IX ZB 229/07
    gibt es bei Beck u.a. den folgenden Leitsatz:
    Ist dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt worden, wirkt diese Berufung auf den Einstellungsgrund zugleich als Rücknahme des Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung.

    Könnte man hier nicht auf den Gedanken kommen, dass ein Einstellungsantrag nur zulässig ist, wenn die RSB noch nicht erteilt worden ist?

  • Ich verlinke mal einen Beitrag aus 2008 mit diesem Thema. Die Idee finde ich nach wie vor wiriklich pfiffig. Ganz pragmatisch gesehen: Was auch immer der BGH argumentieren würde, ich bin sicher, dass er eine Argumentation findet, um einen solchen Antrag nicht durchgehen zu lassen.

  • Laut Gutachter sind die Masseverbindlichkeiten nicht vom Schuldner zu verantworten, sondern durch Handlungen des Verwalters begründet. Nach wohl herrschender Meinung haftet der Schuldner hierfür nicht persönlich.

    Der Richter hat die Zulässigkeit eines solchen Antrages bejaht, ich sollte nur nochmal die drohende Zahlungsunfähigkeit prüfen.

  • Es musste ja so kommen, ist ja grundsätzlich auch nicht unpfiffig.

    Dennoch:

    der Schuldner ist dreist,
    der Verwalter wird nicht mehr bestellt,
    der Richter hat zu heiß gefrühstückt.

    Aber was solls: stell halt ein, um das Ding ggf. auf die nächste Ebene zu
    bringen aufgrund etwaiger Beschwerde eines Insolvenzgläubigers gegen die Einstellung.

  • Laut Gutachter sind die Masseverbindlichkeiten nicht vom Schuldner zu verantworten, sondern durch Handlungen des Verwalters begründet. Nach wohl herrschender Meinung haftet der Schuldner hierfür nicht persönlich.

    Auf die Verantwortung kommt es nicht an, sondern auf die Haftung (wie so häufig im Leben).

    Im Rahmen der Nachhaftung nach Beendigung des Insolvenzverfahrens haftet der Schuldner zwar auch für solche Masseverbindlichkeiten, die während des Insolvenzverfahrens vom Verwalter begründet worden sind, allerdings beschränkt auf die Restmasse, die massezugehörig war und ihm nach Verfahrensbeendigung zur freien Verwaltung und Verfügung überlassen worden ist

    MüKo§ 53 Rn 33
    HK§ 53 Rn 11
    Uhlenbruck § 53 Rn 11

    BGH, Urteil vom 25. 11. 1954 - IV ZR 81/54

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  • weitere Gedanken....paradox wäre es aber, wenn nach der Einstellung neue Massegegenstände ermittelt werden und dann die Nachtragsverteilung an die Insolvenzgläubiger angeordnet wird (hier stellt die erteilte RSB ja nach h.M. und BGH kein Hindernis dar); der BGH hat die NTV jedenfalls im Falle einer Einstellung für diesen Fall nicht ausgeschlossen, BGH Beschluss v. 15.07.2010, AZ: IX ZB 229/07.

    Zitat


    Denn in der Regel scheidet bei einem Insolvenzverfahren, welches nach § 212 InsO eingestellt worden ist oder einzustellen gewesen wäre, falls ein entsprechender Antrag rechtzeitig gestellt worden wäre, eine Nachtragsverteilung aus, weil ein Bedürfnis nach insolvenzmäßiger Gläubigerbefriedigung entfallen ist (vgl. MünchKomm-InsO/Hintzen, 2.
    Aufl. § 203 Rn. 29).
    Das ändert sich freilich, wenn dem Schuldner, wie hier, auf seinen Antrag gemäß § 289 Abs.1 InsO die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist. Dann ist den noch nicht vollständig befriedigten Gläubigern der Zugriff auf die weitere Masse im Wege der Einzelzwangsvollstreckung nach § 294 Abs. 1 InsO verwehrt. Sie können Befriedigung aus der weiteren Masse nur durch Nachtragsverteilung erlangen...

    Ich weiß zwar, dass Richter am Amtsgericht Holger Büttner, Leipzig, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 3. 12. 2009 - IX ZB 247/08 in ZInsO 2010, 102 sich auch für § 212 analog nach Eteilung der RSB ausgesprochen hat, aber ich finde es auch fragwürdig (Leipzig/ Sachsen - Zufall?.... )

  • spannendes Thema !
    Der von Rainer eingeworfene Einwand unter Bezugnahme auf BGH: Beschluss vom 15.07.2010 - IX ZB 229/07 ist gut, greift aber m.E. nicht durch, da hier die Rechtskraft der Erteilung ! der RSB entgegenstehen dürfte. Die Ankündigung mag ja rechtskräftig werden, aber der RSB-Antrag selbst unterliegt der freien Rücknahme (hab ich mal irgendwo ausführlich dargestellt, weiß aber nicht mehr wo).
    Büttner in ZInsO 2010, 1025 - 1055 hält den Antrag nach 212 für gangbar, jedoch ohne das Problem zu vertiefen (obwohl schon ein klasse Aufsatz !).
    Was es aber in den Focus zu rücken gilt ist m.E. folgendes: die Erteilung der RSB vor Aufhebung des Verfahrens nimmt den Gläubigern nur das Recht der nachkonkurslichen "freien" Nachforderung, m.a.W., diese wird beschränkt durch die Einredebehaftigkeit der restierenden Forderungen und der nachlaufenden Zinsen und Kosten der Teilnahme am Verfahren (letzteres teilen materiell-rechtlich das Schicksal der Hauptforderung). Es ist aber zu differenzieren zwischen innerverfahrentlichen Rechten und nachverfahrentlichen Rechten. Solange der Schuldner innerverfahrentlich nicht sämtliche Forderungen zu tilgen in der Lage ist, bleibt er zahlungsunfähig. Damit ist der Einstellungsgrund des § 212 nicht gegeben.
    Im Ausgangsfall sind sich wohl der Insolvenzverwalter und der Abteilungsrichter (sorry, aber beide offenbar eher dogmatische Leichtgewichte) wwomöglich auch noch darüber einig, dass auch Masse an die Gläubiger nicht mehr verteilt werden dürfte, da der Verwalter ja nunmehr die Einrede der RSB erheben könnte ? Hallo ! Mit Anmeldung der Forderung wird der Anspruch auf Konkursdividende bereits erworben.

    Eigentlich ein Fall zu abrollen..... aber mal so einfach aufgehoben zu werden... hm, kann ich mal die Begründung bekommen ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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