Erhöhung Schonvermögen in Härtefällen?

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgendes Problem: Im Rahmen der PKH-Überprüfung ergab sich folgende
    Einkommens- und Vermögenssituation der 85-jährigen Partei:

    Einkommen: 1200 EUR Rente und 1050 EUR Heimkosten, zur Verfügung monatlich also nur 150 EUR

    Vermögen: Sparbuch mit einem Gutahben in Höhe von 6000 EUR

    Habe nun die Partei angeschrieben und mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Nachzahlung anzuordnen (zurückzuzahlende Kosten ca. 2500 EUR), soweit das vorhandene Sparguthaben das Schonvermögen von 2600 EUR übersteigt.

    Nun schreibt der Sohn der Partei einen Brief, dass seine Mutter mit den 150 EUR, die von ihrer Rente bleiben nicht auskomme, da laufend Zuzahlungen zu Medikamenten anfallen, für Taxifahrten zum Arzt und demnächst für eine neue Brille infolge einer Augen-OP (die Kranken- bzw. Pflegeversicherung übernimmt wohl etliche Sachen nicht). Dafür sei das Sparguthaben gedacht. Er bittet das Gericht nun um wohlwollende Prüfung, der Schonbetrag von 2600 EUR sei doch sehr gering und relativ schnell verbraucht und sich seine Mutter mache sicht jetzt auch schon große Sorgen um ihre küftige finanzielle Situation.

    Meine Frage daher: Gibt es so etwas wie ein erhöhtes Schonvermögen bei Härtefällen bzw. ein Ermessen des Gerichts in derartigen Fällen?
    Ich dachte bislang, dass sämtliches Vermögen, das das Schonvermögen übersteigt, zur Rückzahlung der Prozesskosten einzusetzen ist. :gruebel:

  • Klar hat das Gericht Spielraum.

    Die 2.600,- Euro Schonvermöen richtens sich nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII.
    Danach ist das Vermögen nur einzusetzen, wenn dessen Verbrauch für die Partei und die unterhaltsberechtigten Angehörigen keine unzumutbare Härte bedeutet.
    Im Zöller, § 115 RdNr. 58 f ist was zu Pfegekosten usw. ausgeführt. Viuelelicht passt das ja.

    Allerdings wundert mich, dass bei ner 85-jährigen noch ne Überprüfung stattfindet (ich hätte nen Vermerk gemacht und weggelegt).

  • Mal ganz ehrlich: als meine Oma ins Heim musste und die Rente gerade so für die Heimkosten gereicht hat, haben ihre Kinder den Rest (Kultur, Medikamente usw) bezahlt. Warum muss das hier jetzt der Steuerzahler tun?

    Ich würde es einsetzen.

  • Ich lasse dieses Thema mal wieder aufleben, da meine Frage am besten hier her passt und ich nichts anderes im Forum gefunden habe:

    Die VKH-Partei hat eine Rentennachzahlung von knapp 10.000 € bekommen und diese Vermögensverbesserung auch pflichtschuldigst mitgeteilt. Die Nachzahlung ist für einen Zeitraum von 9 Monaten.
    Sie hat in der Zeit brav ihre Rate weiter gezahlt, obwohl eigentlich kein Einkommen vorhanden war.

    Würdet ihr nun strikt sagen, dass das erworbene Vermögen einzusetzen ist, weil über dem Freibetrag oder würdet ihr nach der o. g. Meinung davon ausgehen, dass der Einsatz der Rentennachzahlung unbillig ist?

    Vielen Dank :)

  • Ich lasse dieses Thema mal wieder aufleben, da meine Frage am besten hier her passt und ich nichts anderes im Forum gefunden habe:

    Die VKH-Partei hat eine Rentennachzahlung von knapp 10.000 € bekommen und diese Vermögensverbesserung auch pflichtschuldigst mitgeteilt. Die Nachzahlung ist für einen Zeitraum von 9 Monaten.
    Sie hat in der Zeit brav ihre Rate weiter gezahlt, obwohl eigentlich kein Einkommen vorhanden war.

    Würdet ihr nun strikt sagen, dass das erworbene Vermögen einzusetzen ist, weil über dem Freibetrag oder würdet ihr nach der o. g. Meinung davon ausgehen, dass der Einsatz der Rentennachzahlung unbillig ist?

    Vielen Dank :)

    Ich würde prüfen, ob der Einsatz dieses Vermögens überhaupt zumutbar ist. So, wie ich dich verstehe, ist die VKH-Partei inzwischen in Rente. Ich unterstelle mal, dass Altersrente gemeint ist, aber auch bei anderen Renten sollte sich der Fall ähnlich lösen lassen.

    Die Rentennachzahlung wird ja offenbar für die Altersversorgung der Partei genutzt. Da sie schon in Rente ist, wird sie auch nicht durch Erwerbstätigkeit einen höheren Vermögensstock aufbauen, den sie dann wieder verbrauchen kann. Insofern ist die Idee, dass ein Härtefall vorliegt und man vom Zugriff auf die Nachzahlung absehen kann, nicht abwegig. Kommt aber auch immer ein bisschen drauf an, u.a., wie hoch die gestundeten Prozesskosten denn sind. Bei einer relativ niedrigen (in deinem Fall angesichts der laufenden Ratenzahlung Rest-)Stundung gibt es Entscheidungen, die besagen, dass man auch nach Zahlung der Prozesskosten noch genug für die Alterssicherung übrig hat.

    Werden die Prozesskosten denn durch die laufenden Raten voraussichtlich getilgt?

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Danke für die schnelle Antwort!

    Die Partei bekommt aufgrund voller Erwerbsminderung Rente, befristet bis zum Eintritt des Regelrentenalters.

    Ja, die Verfahrenskosten werden durch die Raten gedeckt. Sogar die weitere Vergütung wurde bereits berücksichtigt. Der Restbetrag beläuft sich auf ca. 1.200 €.

    Eine Kollegin hat erwähnt, dass unser Bezirksrevisor die Auffassung vertritt, dass wir als Sachbearbeiter beim Einsatz von Vermögen keinen Spielraum haben, dass man aber die Einmalzahlung anordnen und in gleichem Beschluss eine Zahlungserleichterung in Form der bisherigen Ratenzahlung einräumen kann. Diese Lösung finde ich nicht befriedigend.

  • Eine Kollegin hat erwähnt, dass unser Bezirksrevisor die Auffassung vertritt, dass wir als Sachbearbeiter beim Einsatz von Vermögen keinen Spielraum haben, dass man aber die Einmalzahlung anordnen und in gleichem Beschluss eine Zahlungserleichterung in Form der bisherigen Ratenzahlung einräumen kann. Diese Lösung finde ich nicht befriedigend.

    Das ist schön, dass euer Bezirksrevisor das glaubt. Die vorgeschlagene Beschlussform lasse ich an dieser Stelle mal unkommentiert. Und wieviel Spielraum ein Rechtspfleger bei seinen Entscheidungen in sachlicher Hinsicht hat oder nicht, entscheidet er immer noch alleine, gell? ;)

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Das ist schön, dass euer Bezirksrevisor das glaubt. Die vorgeschlagene Beschlussform lasse ich an dieser Stelle mal unkommentiert. Und wieviel Spielraum ein Rechtspfleger bei seinen Entscheidungen in sachlicher Hinsicht hat oder nicht, entscheidet er immer noch alleine, gell? ;)

    :D Ja, ich wollte es nur der Vollständigkeit halber erwähnen ;)

    Du hast mir sehr geholfen, vielen Dank! Manchmal braucht man einfach einen weiteren Gedanken.

  • Zitat
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    Eine Kollegin hat erwähnt, dass unser Bezirksrevisor die Auffassung vertritt, dass wir als Sachbearbeiter beim Einsatz von Vermögen keinen Spielraum haben, dass man aber die Einmalzahlung anordnen und in gleichem Beschluss eine Zahlungserleichterung in Form der bisherigen Ratenzahlung einräumen kann.

    Die Rechtsansicht des Bezirksrevisors halte ich nicht zuletzt wegen des Verweises auf § 90 Abs. 3 SGB XII, welcher eine allgemeine Billigkeitsvorschrift darstellt, für unvertretbar.

    Wegen der Nachzahlung allgemein: Ich würde das gar nicht als Vermögen berücksichtigen, sondern den Zeiträumen, für die die Nachzahlung erfolgte, als Einkommen berücksichtigen.

    Dann stellt sich das Problem gar nicht.


    Ähnliche Sachverhalte wurden bereits in diese Richtung entschieden: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.1.2014, 2 WF 271/13,

    OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Dezember 2001 – 16 WF 137/01

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