Freigabe möglich?

  • Hallo,

    einer meiner Lieblingsschuldner hat mir folgenden SV geschildert:

    Das Konto des Sch. ist gepfändet worden mit Beschluss vom 08.06.2010. Der Sch. hat ein P-Konto. Ganz sicher weiß er das aber nicht :eek: Nun gut. Er hat von einer Versicherung einen Betrag in Höhe von 950,00 € erhalten. Ihm hat wohl jemand den Zaun an einer Stelle seines Anwesens kaputt gefahren. Die Versicherung des Unfallverursachers hat dann antragsgemäß den geforderten Betrag zur Schadenswiedergutmachung auf das Konto des Sch. überwiesen. Die Bank behält das Geld ein, weil es natürlich als Einkommen gewertet wird.
    Er meint, ich soll mal an die Bank schreiben (bin ja seine Tipse:mad:). Unabhängig davon: Gibt es überhaupt eine Möglichkeit an das Geld zu kommen oder hat der Schuldner Pech gehabt?

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Es ist egal, was auf dem Konto eingeht. Bis zur Freigrenze kann der Sch über das Geld verfügen. Die Zahlung einer Versicherung würde mich nicht dazu bringen, den Freibetrag anzuheben.

  • Wenn nachgewiesen ist, dass die Versicherung einen Schadensfall des Schuldners reguliert, kommt für mich ein Antrag nach §§ 850k IV i.V.m. 850f I b) in Betracht.

    Solange der Gl. keine überwiegenden Belange geltend macht, tendiere ich zur Freigabe (Festsetzung des Freibetrages).

  • Einen Gartenzaun zu den "besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen Gründen" zu zählen halte ich persönlich zumindest für fraglich. Ich würde eher dazu tendieren zu sagen, es spricht nichts gegen die Pfändung des Anspruchs selber, somit auch keine Erhöhung Freibetrag.
    Allerdings sollte schon vorher feststehen ob der Schuldner nun ein P-Konto hat oder nicht...

  • Es handelt sich um den Ersatz für einen Sachschaden. Ich würde den Betrag daher freigeben. Ob dann auch tatsächlich der Zaun repariert wird ...

  • Aufgrund welcher Rechtsgrundlage wollt ihr den Betrag denn freigeben.
    Kontoschutz gibt es nur noch bei P-Konten und dann bis zum Sockelbetrag. Eine Möglichkeit zur Erhöhung über § 850 k Abs. 4 sehe ich eigentlich nicht. Ein Gartenzaun gehört für mich nicht zu den besonderen Bedürfnissen aus persönlichen Gründen.

    Und wo soll denn über § 765 a ZPO eine sittenwidrige Härte sein.

  • @ Recarinim :teufel: Großartig. Vielleicht sollte ich da nochmal nachfragen, ob da nicht der Bankenvertreter durchs Dorf gebügelt ist, zwecks Besichtigung des Objektes. Wäre ja möglich.

    Ansonsten erstmal vielen Dank für die vielen Denkanstöße. Vielleicht sollte ich den Antrag aufnehmen und zurückweisen, mal sehen, was das LG sagt. Ich hätte nämlich bei einer Freigabe auch kein gutes Gefühl, weil mir die Grundlage fehlt.

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Meine Rechtsgrundlage bleibt §§ 850k IV i.V.m. 850f I b) ZPO (auch über den Sockelbetrag hinaus - sonst machts ja keinen Sinn)

    Dahinter stehen folgende Überlegungen:

    1. Die Berücksichtigung erfolgt nur, soweit keine überwiegenden Belange des Gl. entgegenstehen - er ist also geschützt.
    2. Wenn ich einen Schaden erleide, habe ich (persönlich) immer ein Bedürfnis, dass der auch behoben wird. Dann gestehe ich das auch dem Schuldner zu. Über sie Subsumtion unter "besonders" kann man streiten
    3. Der Schuldner ist dadurch nicht bereichert - es wird ihm ein entstandener Schaden ersetzt.
    4. Für mich stellt sich die Kontrollfrage: Welche Schäden sollte ein Schuldner hinnehmen müssen? Und wie grenze ich ab?
    Wenn der Schu zB sein Auto beruflich benötigt und einen Unfallschaden hat, den er ersetzt bekommt. Steht die Schadensregulierung für Dellen dem Gl. zu?
    5. *ironiean* Wenn der vergoldete Zaun dann wieder steht, soll der Gl. den doch pfänden lassen *ironieaus* (ich möchte hier nicht über Zubehöreigenschaften etc. streiten :D)

  • Ist hier unter Berücksichtigung des Gläubigerinteresses nicht auch ein beschädigter Zaun zumutbar? Oder ist der Schuldner wirklich dringend auf die Instandsetzung angewiesen? Damit meine ich nicht bloße störende optische Eindrücke, sondern dass ev. kleine Kinder aufgrund des beschädigten Zauns auf die Straße rennen können etc. Wenn das nicht der Fall ist, würde ich persönlich keine Freigabe machen.

  • Eine Gefahr für Kinder besteht nicht. Das Objekt befindet sich in der Versteigerung, morgen wird der Strom abgeklemmt (Schreiben vom GV lag vor). Der Schuldner hat eine Wohnung angemietet, in die er jetzt ziehen will, weil Haus ohne Strom nicht so toll ist. Die Miete für die Wohnung zahlt er schon 6 Monate. Wenn er sowieso wegzieht, kann ihm der Zaun egal sein und wer 6 Monate lang noch zusaätzlich Miete für eine Zweitwohnung zahlt, naja... Ich sollte mal über die Herabsetzung des Freibetrags nachdenken.:teufel:

    ""Beim Duschen ausrutschen und sich am Wasserstrahl festhalten wollen. Soll ich Ihnen noch mehr über mich erzählen?  :eek:

  • Grundsätzlich für jede Leistung einer Sachversicherung für die Wiederherstellung eines Gegenstand, egal nun ob PKW oder Zaun:

    Wäre der Gegenstand selbst unpfändbar (z.B. Kühlschrank), dann ist die Leistung der Versicherung unpfändbar, mithin auch Freigabe auf dem Konto.
    Ist der Gegenstand aber pfändbar (PKW, der nicht für Dienstzwecke benötigt wird oder aber auch ein Grundstück, das man ja zwangsversteigern lassen kann), ist auch die Leistung der Versicherung pfändbar und damit eine Anhebung der Pfändungsfreigrenze nicht möglich --> letzteres ist wohl hier der Fall, über mehr muss man eigentlich gar nicht nachdenken, siehe § 17 VVG oder aber Stöber Rn 310 ff.

  • Früher bekam man die Pfändung beim Eingang unpfändbarer Leistungen auf dem Konto auch über Erinnerung gemäß § 766 ZPO weg (z.B. wenn Kindesmutter treuhänderisch Geld für das Kind auf ihrem Konto verwaltete, auch in Fällen des § 55 IV SGB nach Ablauf der 2-Wochenfrist).

    765a würde zwar natürlich möglich sein, ist aber zu stark an die Abwägung der Interessen beider Parteien gekoppelt. In solchen Fällen der zweckgebundenen Zahlung für die Wiederherstellung/-beschaffung einer beschädigten/untergegangenen Sache dürfte aber die Frage nicht im Raum stehen, wenn das Gesetz schon anordnet, dass dann die Leistung unpfändbar sein soll. Da dürfte es nämlich gar keine Frage geben, ob dies dem Schuldner zusteht.

  • Wieso sollte der "ganz normale" Schadenersatz nicht pfändbar sein? Und wieso ist der zweckgebunden? § 17 VVG gilt hier für den Schadensverursacher, nicht den Geschädigten, d.h. niemand außer dem Schuldner hier, hätte bei der Versich. den Zahlungsanpruch pfänden können. Der Schuldner aber kann doch mit seinem Schadenersatz tun und lassen, was er will, insb. abtreten, also kann der auch gepfändet werden.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Nun, es gibt halt auch Fälle, bei denen es nur den Versicherungsnehmer gibt, der zugleich auch Geschädigter ist (Beispiel: Ein Blitz schlägt ein, dein Fernseher gerät in Brand, dann hat dafür deine Hausratversicherung Ersatz zu leisten), dies dürfte dann wohl ein unmittelbarer Fall des § 17 VVG sein.
    Und es gibt Fälle, bei denen Versicherungsnehmer der Schädiger ist und es eine andere Person, den Geschädigten, gibt. Sinn der Haftpflichtversicherung ist dann, dass sich der Geschädigte dann auch unmittelbar an die Haftpflichtversicherung des Schädigers wenden kann. Diesen Fall erleben wir in vielen Klagen vor dem Zivilgericht, wenn etwa Halter, Führer und Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen werden. Ich habe keinen Zweifel, dann auch § 17 VVG sinngemäß anzuwenden, auch wenn es dem Wortlaut nach nicht 100% passt. Das Ergebnis aber ist dasselbe: Mir wurde ein Gegenstand zerstört, der nicht pfändbar gewesen wäre (z.B. einfacher Fernseher). Dann darf es für das Geld, was auf meinem Konto eingeht und zum Ersatz der Sache dient, keinen Unterschied machen, ob ich den Ersatz von meiner eigenen Hausratversicherung erhalte oder etwa von einer Haftpflichtversicherung desjenigen, der mit den Fernseher zerstört hat. Das Geld wäre wohl in beiden Fällen freizugeben. Allerdings gibt es da wie immer Ausnahmefälle: Stöber nennt zum Beispiel den Fall, dass jemand den zerstörten Gegenstand bereits aus eigenen Mitteln wiederbeschafft hat, bevor die Versicherung geleistet hat. Insoweit kann es doch schon vorkommen, dass die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nicht so ganz trivial ist.

  • Abweichend von deinen Ausführungen haben wir hier einen Geschädigten, der nicht Versicherungsnehmer ist. Der Erstattungsbetrag fließt von der Versicherung des Schädigers.

    § 17 VVG dürfte daher nicht anwendbar sein. Zudem ist ein Gartenzaun kein unpfändbarer Gegenstand.

  • a) Abweichend von deinen Ausführungen haben wir hier einen Geschädigten, der nicht Versicherungsnehmer ist. Der Erstattungsbetrag fließt von der Versicherung des Schädigers.

    § 17 VVG dürfte daher nicht anwendbar sein. b) Zudem ist ein Gartenzaun kein unpfändbarer Gegenstand.

    a) --> Ich bin auch auf diesen Fall eingegangen !
    b) --> Das habe ich nie anders behauptet !

    #16 :daumenrau genauso sehe ich das auch. Der Sch kann mit dem Geld machen was er will.



    Dass der Schuldner mit dem Geld machen kann was er will, wird in den meisten Fällen so sein. Darauf kommt es im Falle des § 17 VVG aber gar nicht an ! Steht dem Schuldner eine Zahlung für eine unpfändbare Sache zu, und der Schuldner lässt beispielsweise dann seinen unpfändbaren Fernseher doch nicht reparieren und gönnt sich dafür einen schönen Ausflug, so wird allein deswegen die Forderung gegen die Versicherung nicht pfändbar. Es kommt nur auf die Pfändbarkeit der Sache an, für die Ersatz geleistet wird, und nicht darauf, was der Schuldner dann tatsächlich mit dem Geld macht oder machen kann.
    Es ist doch mit den Grundfreibeträgen des § 850 c ZPO nicht anders. Diese hat der Gesetzgeber auch danach bemessen, was ein normaler Mensch für Aufwendungen für Lebensmittel, Kleidung, Wohnung etc. hat. Und dennoch kann es der Schuldner alternativ auch alles "versaufen".

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