Ausschlagung nicht überschuldeter Nachlass

  • Davon, dass es eine Tochter des Erblassers gibt, die den Pflichtteil verlangt, war bislang noch keine Rede. Unklar ist dagegen, ob der Vater des Enkels (und Sohn des Erblassers) ebenfalls den Pflichtteil verlangt.

    Was die Pflichtteilslast angeht, erlaube ich mir einen Hinweis auf § 2318 Abs.1 BGB (aber auch § 2324 BGB).

    Man kann es aber drehen und wenden wie man will. Der Nachlass ist nach den bisherigen Angaben nicht nur nicht überschuldet, sondern "unter dem Strich" nicht unerheblich werthaltig.

    Ich würde die Genehmigung aus den im verlinkten Thread bereits dargelegten grundsätzlichen Erwägungen verweigern. Sodann steht es den gesetzlichen Vertretern und dem Kind frei, dagegen Beschwerde einzulegen.

  • Mit anderen Worten:

    Die Beteiligung eines 14-17-jährigen steht nur so auf dem Papier, hat aber kaum Auswirkungen:

    a) steht fest, dass werthaltiger Nachlass vorhanden ist, wird man immer eine Genehmigung verweigern - egal was der 16, 17-jährige auch sagt;

    b) steht fest, dass der Nachlass überschuldet ist, wird man immer die Genehmigung erteilen, selbst wenn der 16,17-jährige annehmen will.

    Die Äußerungen des noch nicht Volljährigen können also allenfalls dahingehend von Bedeutung sein, dass er etwas vorträgt, wonach zur Unsicherheit, ob der Nachlass nun werthaltig oder überschuldet ist, neue Erkenntnisse gewonnen werden.

    Im Ergebnis wird man das als Rechtspfleger (wohl auch aus Haftungsgründen) so machen müssen, beide Fallvarianten lassen sich ja durch Beschwerden zum OLG treiben, sodass die dortigen Richter doch eine abschließende Entscheidung treffen mögen.
    Das ist natürlich unbefriedigend, weil man sich hinterher fragt, warum man den Betroffenen überhaupt angehört hat, wenn die Entscheidung ohnehin schon feststand.

  • Sehe ich ähnlich.

    Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass werthaltige Nachlässe durch Mdj. nicht ausgeschlagen werden können, hätte er dies ja gleich verbieten können, womit das Genehmigungsverfahren dann hinfällig wäre.

    "Wohl des Kindes" umfasst m.E. mehr als eine rein materielle Position.

    Es ist zwar richtig, dass im Regelfall die Ausschlagung eines werthaltigen Nachlasses nicht dem Kindeswohl entspricht aber ich denke, dass es zu diesem Grundsatz auch denkbare Ausnahmen gibt.

    Ob im vorliegenden Fall eine solche Ausnahme besteht, wird allerdings jeder für sich selbst entscheiden müssen. Ich tendiere (ohne die Beteiligten persönlich gehört zu haben) zu einem äußerst knappen "ja".

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich schließe mich hier mal an:

    Verstorben ist der Uropa des betroffenen mdj. Kindes.
    Die Kindesmutter ( = Enkelin des Erbl.) ist als Ersatzerbin erbvertraglich berufen, nachdem einer der Erben ( Opa des Kindes ) vorverstorben ist.
    Die Kindesmutter ( alleiniges Sorgerecht ! ) schlägt nunmehr für sich und ( anschl. ) für ihr Kind die Erbschaft aus.
    Kein Genehmigungsfall des § 1643 II BGB , weil das Kind erst nach dem Wegfall nach der Kindesmutter als Erbe berufen ist.
    Jedoch ist nach Aktenlage werthaltiger Nachlass vorhanden ( Hausgrundstück mit unbekanntem Wert , Bankguthaben ca. 90.000,00 EUR ).
    Die weiteren Erben/Ersatzerben haben die Erbschaft angenommen ! ( Erbschein ist beantragt , aber noch nicht erteilt ).

    Als Begründung für die Erbausschlagung gibt die Kindesmutter ( bisher nur gegenüber dem beglaubigenden Notar ) an, dass sie mit unangenehmen Pflichtteilsauseinandersetzungen mit einem weiteren - enterbten - Kind des Erblassers rechnet bzw. rechnen müsste.
    Sehen die anderen Verwandten offenbar anders....

    Und nun ?
    Genehmigungsverfahren ist nicht .
    Nachlassverzeichnisverfahren nach § 1640 BGB ist nicht.

    Maßnahmen nach § 1666 wegen Vermögensgefährdung ?

  • Kurze Antwort: Insgesamt nichts veranlassen. Das Kind steht ja nicht schlechter da gegenüber dem Fall, dass die Kindesmutter selbst angenommen hätte. "In der Gesamtschau" hat die Kindesmutter das Kind nicht geschädigt.

  • Das sehe ich anders.

    Für sich kann die Mutter tun und lassen, was sie möchte. Aufgrund ihrer Erbausschlagung fällt die Erbschaft aber dem Kind an und für dieses schlägt sie eine werthaltige Erbschaft aus, nachdem sie selbst schon aus dem Spiel ist.

    Wie sinnfrei manche Eltern vorgehen, ist schier unbegreiflich.

  • Das sehe ich anders.

    Für sich kann die Mutter tun und lassen, was sie möchte. Aufgrund ihrer Erbausschlagung fällt die Erbschaft aber dem Kind an und für dieses schlägt sie eine werthaltige Erbschaft aus, nachdem sie selbst schon aus dem Spiel ist.

    Wie sinnfrei manche Eltern vorgehen, ist schier unbegreiflich.

    Du würdest also über Maßnahmen des Entzugs der elterlichen Sorge nachdenken ? (denn etwas anderes kommt ja wohl nicht in Frage)

    Bloß gut, dass die Bewertung vieler Einzelfälle in die sachliche Unabhängigkeit des Rechtspflegers fällt. Ich würde hier beispielsweise die Ausschlagung für das Kind eben gerade nicht nur isoliert sehen, sondern den Gesamtzusammenhang nicht außer Acht lassen. Wenn die Mutter sich in irgendeiner Weise gehindert gesehen hätte für das Kind auszuschlagen (und sei es nur durch nachträgliche Sanktionen), hätte sie nämlich garantiert für gar nicht erst für sich selber die Erbschaft ausgeschlagen, dann würde die Frage des Vermögensanfalls an das Kind gar nicht erst diskutiert.

    Die gesetzliche Formulierung "Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen" unterstützt ja gerade meine Auffassung (und nicht umgekehrt, wie hier versucht wurde darzustellen).
    Und der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 1643 BGB ja gerade zum Ausdruck gebracht, dass man die Ausschlagung für das Kind nicht unabhängig von der eigenen Ausschlagung betrachten soll, die Werthaltigkeit des Nachlasses ist dabei gar kein Kriterium.

  • Das wär mir neu !
    Ich kenne ( neuerdings ) nur die Entscheidung , dass die o.g. Vorschrift nicht gilt, wenn die Eltern nur für einen Teil der Kinder die Erbschaft ausschlagen und nicht für alle.
    Halte ich auch nicht für möglich , die Anwendung eines Gesetzes von dem betroffenen Nachlassbestand abhängig zu machen.
    Schließlich gilt der Grundsatz, dass Genehmigungsrecht einer Auslegung nicht zugänglich ist.

    Ich halte nach wie vor die vorgetragenen - allerdings gegenteiligen Argumente - von Andy.K. und Cromwell für schlüssig.
    Bin -zugegeben - noch nicht zu einer Entscheidung gelangt, was angesichts meiner eigentlichen Entscheidungsfreude befremdet.

  • Letzter Sachstand , um die Sache abzurunden:

    Habe mich damals entschieden , dass die Kindesmutter ( wenigstens ) schriftlich zur Ausschlagung des nicht überschuldeten Nachlasses Stellung nimmt.

    In einem ( immerhin 6-seitigen ) Brief schildert sie die halbe Familiengeschichte und warum sie nicht in der Lage ist oder war, die bereits gestellten Forderungen ihres pflichtteilsberechtigten Onkels ( im Innenverhältnis anteilig ) zu erfüllen.
    Den Miterben habe sie das Erbe durch Ausschlagung für sich und anschl. für ihr Kind überlassen , weil sie wollte , dass der Grundbesitz in der Familie bleibt und ihr versichert wurde dass das Haus nicht verkauft werde.

    Nun habe sie aber erfahren müssen, dass der Grundbesitz jetzt doch verkauft wird .
    Sie bereue daher ihren Entschluss zutiefst und es tue ihr unendlich leid für ihre Tochter .


    Soweit, so schlecht.......

  • Das


    Wie sinnfrei manche Eltern vorgehen, ist schier unbegreiflich.

    passt dann ja gut zu dem


    Den Miterben habe sie das Erbe durch Ausschlagung für sich und anschl. für ihr Kind überlassen , weil sie wollte , dass der Grundbesitz in der Familie bleibt und ihr versichert wurde dass das Haus nicht verkauft werde.

    Nun habe sie aber erfahren müssen, dass der Grundbesitz jetzt doch verkauft wird .
    Sie bereue daher ihren Entschluss zutiefst und es tue ihr unendlich leid für ihre Tochter .

    Soweit, so schlecht.......

    Auch das ursprünglich als Motivation für die Ausschlagung angegeben wurde, nichts mit unangenehmen Auseinandersetzungen zu tun haben zu wollen, ist ja wohl dumm dreist. Manche Eltern scheinen überhaupt nicht (mehr) in der Lage zu sein, Sachverhalte objektiv, bzw. aus der Sicht des Kindes betrachten zu können.

    Und dennoch würde ich trotz meiner vorstehenden Ausführungen derzeit dazu tendieren, nichts zu veranlassen (s. Andy K.).

    M. E. ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass wenn der Anfall an das Kind nur durch die vorherige Ausschlagung eines Elternteils erfolgt, der Elternteil dafür (gute?) Gründe gehabt haben muss, die Erbschaft für sich selbst auszuschlagen. Dass diese Gründe nicht immer so gut sind, wie der Gesetzgeber sich das vielleicht gedacht hat, liegt auf der Hand, ist m. E. aber hinzunehmen und nicht über § 1666 BGB zu korrigieren. Kein Kind hat Anspruch auf "perfekte" Eltern oder auf eine optimale Vertretung durch diese.

    Ferner ist die im Namen des Kindes ausgeschlagene Erbschaft ja wirksam (weil § 1643 Abs. 2 BGB aus den Motiven des Gesetzgeber ja gerade keine Anwendung findet). Was sollte also dann noch gem. § 1666 BGB zu erreichen sein? Prüfung und ggf. Durchsetzung von Schadenssansprüchen des Kindes gegen die Mutter? Halte ich für relativ wacklig und schlecht umsetzbar. Wie soll die Feststellung eines solches Anspruchs durch einen Pfleger faktisch aussehen?

    Auch wird man der Kindesmutter wohl nicht unterstellen können, ständig bzw. künftig gegen das Vermögensinteresse zu handeln, so dass ein dauerhafter Entzug der Sorge m. E. nicht haltbar wäre.

    Daher mein Resümee: Hat die Mutter sich unclever verhalten? Ja! (sieht sie ja mittlerweile wohl selbst ein). Kann aufgrund der "Dummheit" der Kindesmutter jetzt noch was Effektives für das Kind getan werden? Nein.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (23. November 2012 um 13:33)

  • Danke Ernst P. für Dein Resümee.:daumenrau

    Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, bin ich zum selben Ergebnis gekommen und habe den Registeraustrag bzw. Aktenabschluss verfügt.

  • Ich habe jetzt erstmals einen Fall mit nicht überschuldetem Nachlass, in dem die Genehmigung - auch übereinstimmend mit dem Willen des fast Volljährigen - versagt werden soll.

    Mein Problem besteht eigentlich nur in der Festsetzung des Geschäftswertes nach § 36 FamGKG.

    Zunächst hatte ich daran gedacht, diesen auf die Differenz von Aktivnachlass abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten festzulegen. Nach einem Blick ins Gesetz muss ich jedoch feststellen, dass § 36 I 2 FamGKG auf den § 38 GNotKG verweist. Nach diesem sind Verbindlichkeiten nicht abzuziehen.

    Also muss ich tatsächlich den Verfahrenswert auf z. B. 200.000,- € festsetzen, auch wenn Nachlassvebindlichkeiten von z. B. 180.000,- € bestehen? :gruebel: (Obwohl der Minderjährige ja eigentlich nur von der Differenz von 20.000,- € im Ergebnis etwas hat.)

  • Die Wertvorschriften sind da relativ eindeutig. Ich denke man müsste den Wert auf 200.000 € festsetzen.
    Fraglich ist m. E. jedoch, ob dem Kind die Kosten auferlegt werden können. Nach FamGKG Vorbemerkung 1.3.1 Abs.2: "Von dem Minderjährigen werden Gebühren nach diesem Abschnitt nur erhoben, wenn seinVermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25 000 Euro beträgt; der in§ 90 Abs. 2 Nr. 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannte Vermögenswert wird nicht mitgerechnet." wäre das nicht möglich, wenn die Erbschaft das einzige Vermögen des Kindes ist. ;)

  • Die Wertvorschriften sind da relativ eindeutig. Ich denke man müsste den Wert auf 200.000 € festsetzen.
    Fraglich ist m. E. jedoch, ob dem Kind die Kosten auferlegt werden können. Nach FamGKG Vorbemerkung 1.3.1 Abs.2: "Von dem Minderjährigen werden Gebühren nach diesem Abschnitt nur erhoben, wenn seinVermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25 000 Euro beträgt; der in§ 90 Abs. 2 Nr. 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannte Vermögenswert wird nicht mitgerechnet." wäre das nicht möglich, wenn die Erbschaft das einzige Vermögen des Kindes ist. ;)


    Danke für deinen Beitrag.

    Zugegebenermaßen hatte ich jetzt nicht so auf dem Schirm, dass bei der Festsetzung des Verfahrenswertes kein Abzug der Verbindlichkeiten erfolgt, jedoch bei der Ermittlung des Vermögens des Minderjährigen.

    Kommt eben doch selten vor, dass beides voneinander abweicht.

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