788 ZPO Treu & Glauben Überhöhte Gebührnschöpfung wg System Mahnverfahren begünstigt

  • (1) Folgender Sachverhalt:


    Der Weinhändler PP (bekannt, auf nahezu jeder Messe vertreten, Hohes Kundenpotential durch potentiell amtsbekannte Schuldner“) verkauft Wein in Flaschen an seine Kunden (künftige Schuldner). Nach Bestellung (so die Einlassung des Gl.-Anwalts) wird angeblich 50 % der Forderung an einen Dritten (weitere GMBH, gleicher Sitz) abgetreten und wie zu erwarten, vom Käufer (=Schuldner) nicht bezahlt. Folge: Mahnverfahren – aber –mE bedenklich fehlerhaft wie folgt:


    Gl. 1 – Weinlieferant

    Gl. 2 – der oben genannte Dritte, der zugleich aber auch als GF der Gl. 1 (& Co KG) fungiert

    O h n e dass sich aus dem Titel ergibt,

    ob es sich hier um Gesamtgläubiger handelt

    dass Teile des Kaufpreises abgetreten sind (Bezeichnung: nur Warenlieferung)

    Tituliert werden natürlich

    Für „mehrere“ Gläubiger die erhöhten Anwaltskosten im Mahn- und Vollstreckungsbescheidsverfahren.

    Von der steuerrechtlichen Seite wollen wir das Problem noch gar nicht beleuchten.


    (2) Folgende allgemeine Frage zu den Verfahrenskosten:

    Es ist klar, dass in der Vollstreckung der GV diese Kosten (eigentlich) nicht (mehr) zu prüfen hat.

    Dennoch „Treu & Glauben“ als Ausnahme könnte hier relevant sein, ebenso

    aus dem Newsletter Zwangsvollstreckung Nr 36
    http://5376.rapidforum.com/topic=100683167514l

    Durchbrechung der Rechtskraft eines VollstreckungstitelsTreu und Glauben
    BGH: Durchbrechung der Rechtskraft eines Vollstreckungstitels als Folge eines Anspruches aus § 826 BGB nur in Ausnahmefällen
    Der BGH entschied, dass nur in besonders schwerwiegenden und eng begrenzten Ausnahmefällen eine Durchbrechung der Rechtskraft eines (unrichtigen) Vollstreckungstitels auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB gewährt werden darf. Nur wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung wahrnimmt, komme eine Durchbrechung in Betracht. (BGH , 29-06-2005, VIII ZR 299/04)
    Mehr dazu im Netz unter
    http://5376.rapidforum.com/topic=100683167514

    Dennoch wird man idR beim örtlichen Vollstreckungsgericht damit sehr schwer durchdringen.

    Aber ich meine, dass hier unter „Mitwirkung“ des Systems des automatisierten Mahnverfahrens in „großem Stil“ Anwaltsgebühren „geschöpft“ werden, die so nicht entstehen können.

    Denn: mangels Gesamtgläubigerbezeichnung entstehen die Gebühren allenfalls 2 x aus dem ½ Forderungswert (2 Anteilsgläubiger). Ist dem nicht so und sind die Gläubiger Gesamtgläubiger, dann können sie nach allgem Rechtsverständnis eine Flasche Wein nur als GbR verkaufen oder die Verkaufserlöse als Gesamtgläubiger und damit als GbR halten. Dann aber gibt es bei der GbR erst recht keine Erhöhungsgebühren.


    Dazu wäre Eure Meinung interessant.



    (3) Wichtiger ist allerdings die vollstreckungsrechtliche Kostenseite 788 ZPO,

    nämlich die geltend gemachte Erhöhungsgebühr f.d. ZWV-Antrag.

    Diese Erhöhungsgebühren wurden bisher –ohne dass 766 ZPO kam- gestrichen und nicht beachtet.


    Web-Links:

    GVBUERO:

    http://14775.rapidforum.com/topic=100380572399



    ZWV Forum

    http://5376.rapidforum.com/topic=100582885758


    Wie sollte man hier vorgehen, um dieser Unsitte Einhalt gebieten zu können.

  • Wenn mehrere Gläubiger auf der Aktivseite stehen und kein Gläubigerverhältnis im Titel angegeben ist, als was gelten die Gläubiger dann (kostenrechtlich relevant = s.o.) ? :confused:

    m.a.W.: Muss die Gesamtgläubigerschaft im Vollstreckungstitel ausdrücklich im Tenor ausgesprochen werden oder reicht es, wenn sie sich aus den Gründen oder der Art der dem Titel zugrundeliegenden Forderung ergibt ?

    -> § 420 BGB stellt mangels Angabe "Gesamtgläubiger" oder "Gesamthandsgläubiger" grundsätzlich im Zweifel auf eine Teilgläubigerschaft ab, was mir kostenrechtlich nur insoweit weiterhilft, als dass ich bei Nicht-Gesamtgläubigerschaft und Nicht-Gesamthandsgläubigerschaft eigentlich die Zwvo-Gebühren nach RVG bei 2 Gläubigern ohne Verhältnisangabe nur 2x nach dem hälftigen Streitwert berechnen kann.

    Ich muss zu meiner Schande :oops: gestehen, dass ich das in den o.g. Fällen des bekannten Weinhändlers bisher im Pfüb-Verfahren nicht problematisiert habe und die doppelten Gebühren nach dem vollen Gegenstandswert gewährt habe, da es sich um 2 Titel-Gläubiger handelt und diese Tatsache schließlich tituliert ist (das Vollstreckungsverfahren ist auf den Zugriff und nicht auf die materiellrechtliche Überprüfung des Titels ausgerichtet)...

    Jetzt kommen mir diesbezügliche Zweifel.

    Bitte um weitere klärende Meinungen der Vollstreckungskollegen...

    :bitte:

    Meine Zweifel beschränken sich allerdings auf die Zwvo-Kosten und die Berechnung der RA-Kosten in diesem Zusammenhang.

    Die im Titel festgestellten Partei-Verhältnisse und Beträge mag der Schuldner biteschön selbst im Prozesswege angreifen.

    Ich halte es nicht für die Aufgabe des neutralen und unparteilichen Vollstreckungsorgans, die titulierten Tatsachen und Beträge anzuzweifeln (so sehr es einen auch wurmen mag).

    :dagegen:

    Solange wir in einem Staat leben, in dem es - wenn man ´mal 3 Wochen in den Urlaub fährt, ohne seinen Briefkasten zu leeren - zu einem vollstreckbaren Titel (VB) gegen einen kommen kann... (ok ok, ich weiß auch, dass man dann noch Einspruch einlegen kann, aber trotzdem !)

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

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