US-adminstrator, bewegl. Nachlass in Deutschland

  • Hallo an alle,
    habe vor einiger Zeit einen "ganz normalen" Erbschein erteilt, in dem als Miterbin eine nachverstorbene Nichte, US-Bürgerin, aufgeführt ist. Für die US-Nichte wurde in den USA (Domizil Florida) ein administrator bestellt, den ich über die in Deutschland bevollmächtigten RAe am Verfahren beteiligt hatte.
    Problem jetzt: Die Erbengemeinschaft kann sich nicht auseinandersetzen, da die Bank vor der Auszahlung eine Bestätigung/Bescheinigung verlangt, dass der für die US-Nichte bestellte administrator in Deutschland handlungsbefugt ist.

    Soweit klar: Nichte war US-Staatsangehörige, Domizil in Florida/USA, somit US-Erbrecht für bewegliches Vermögen (hier: Anteil an hiesiger Erbengemeinschaft). Ein Administrator muss also auch den beweglichen NL in Deutschland abwickeln.

    Nach dem, was ich gelesen habe, ist die Handlungsbefugnis des US-Administrators aber streitig bzw unsicher.

    Fazit: Es muss etwas geschehen, damit die Bank auszahlt und ich bin zuständig nach § 343 III FamFG. Bin mir aber nicht sicher, was genau ich tun sollte.
    Bei Süß/Haas zu England (ist ja ähnliche Rechtslage) findet sich der Vorschlag für ein "Erbschaftsverwalterzeugnis" in Anlehnung an ein TV-Zeugnis. Oder gibt es eine einfachere Variante, quasi nur eine Bestätigung der in den USA vorgenommenen administator-Ernennung?

    Erben: Die US-Nichte hatte kein Testament, war geschieden, kinderlos, Eltern vorverstorben. Die Erben mütterlichseits sind bekannt, da identisch mit den übrigen Erben im Erbschein, die Erben väterlicherseits wohl noch nicht bekannt/ermittelt.

    Müsste ich dann evtl. - vor welcher Tat auch immer -auch noch einen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben bestellen (die bekannten würde ich anhören) ? Oder höre ich für die unbekannten Erben den administrator an, da der ja auch die Erben ermitteln muss???

    In der mir zur Verfügung stehenden Literatur werden zwar die Probleme gut geschildert, aber leider keine praktischen Lösungen angeboten...:(
    Vielleicht hatte ja schon mal jemand so einen Fall? Das Problem kommt doch sicher öfter vor? Danke jetzt schon mal für alle Hilfe.

  • Wird die Handlungsbefugnis des für die nachverstorbene Erbin in den USA ernannten Administrators nicht anerkannt, stellt sich für die Erbengemeinschaft des ersten Erbfalls die Frage, wie der Nachlass auseinandergesetzt werden kann.

    Sind die Erben der nachverstorbenen Erbin bekannt, muss eben z.B. ein gegenständlich beschränkter Erbschein beantragt werden. Sind die Erben der nachverstorbenen Miterbin unbekannt, könnten die restlichen Erben des 1. Erbfalls ggf. eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB beantragen. Das wäre auch mein Lösungsansatz, weil ja in den USA ein Admin nur dann bestellt wird, wenn keine letztwillige Verfügung vorliegt und die Erben solange nicht feststehen, bis das Gericht das Erbrecht festgestellt hat. Es gibt also dort keine Universalzukzession wie bei uns. Das bedeutet, dass damit eigentlich die Erben nicht feststehen und somit unbekannt sind.

    Ob du als Nachlassgericht jetzt wirklich zuständig bist, kann ich ohne weitere Details nicht sagen. Entscheidend ist jedoch, dass du nicht von Amts wegen tätig werden musst. Also Antrag abwarten...

    Die Erben des ersten Erbfalls (zusammen mit dem Admin) können aber auch unter Hinweis auf die IPR-Rechtslage die Bank auf Auszahlung verklagen. Das wird sich die Bank dann schon überlegen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Danke für Deine Antwort. Ein Antrag ist telefonisch angekündigt und wird voraussichtlich den Inhalt haben, den ich vorschlage...
    Die mit der Abwicklung in Deutschland beauftragte Kanzlei rief an und erklärte, dass sie eine Bescheinigung benötige, dass der US-admin hier handlungsbefugt ist. Meine spontanen Gedanken waren zum einen eine Art TV-Zeugnis, zum anderen eine NL-Pflegschaft (da die Erben zumindest zum Teil noch nicht bekannt sind). Die Kanzlei hätte auch einen Haupt- und Hilfsantrag gestellt, aber ich hatte gesagt, dass ich erstmal in meinen schlauen Büchern nach der richtigen Lösung suchen will - die muss ich für die Entscheidung ja sowieso kennen. Nur waren mir meine schlauen Bücher nicht in dem Umfang eine Hilfe, wie ich gehofft hatte...
    Die Lösung mit der NL-Pflegschaft erschien mir dann zweifelhaft, da ich ja materiell-rechtlich das US-Recht anzuwenden habe und dort - wie ich das lese - kein Raum für eine NL-Pflegschaft ist, da der admin ja alles regelt.
    Hatte gehofft, dass es vielleicht eine schlichte Möglichkeit gibt, dass bestätigt wird, dass der US-admin nach US-Erbrecht und deutschem IPR auch für den beweglichen NL in Deutschland handlungsbefugt ist? Oder muss man wirklich raten, es auf eine Klage ankommen zu lassen?
    Hatte denn tatsächlich noch niemand so einen Fall?

  • Ein TV-Zeugnis könnte man höchstens für einen Executor erstellen, aber dazu müsste dir dann auch das Testament vorliegen und eröffnet werden. In dem Fall hier (Admin) geht das also keinesfalls.

    Eine Bescheinigung, dass der Admin hier handeln kann, würde ich ebensowenig ausstellen. Man kann als NLG nur etwas bestätigen oder ein Zeugnis dafür ausstellen, wenn es eine materiellrechtliche Grundlage gibt. Die Vertretungsmacht des Admin hier in Deutschland festzustellen bzw. zu bestätigen ist wenn, dann die Sache des Prozessgerichts.

    Wie gesagt: Entweder die Erben der nachverstorbenen Erbin verklagen die Bank, oder stellen einen Erbscheinsantrag oder beantragen eine Nachlasspflegschaft.

    Ich tendiere hier zur Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB weil ungewiss ist, wer denn die Erben sind und die übrigen Erben des "ersten Erbfalls" ein Rechtschutzbedürfnis haben (= Auseinandersetzungsanspruch). Der Nachlasspfleger kann dann den Nachlass mit den anderen Erben des ersten Erbfalls auseinandersetzen und im Anschluss daran den verbeibenden Nachlass für die nachverstorbene Erbin an den Admin in den USA auszahlen. Dann kann die NLP aufgehoben werden und alle sind glücklich.

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  • Das ist nicht die entscheidende Frage, denn zumindest hätten nämlich alle übrigen Erben, die durch Erbschein festgestellt sind, zunächst einmal "ihren Nachlassanteil".

    Ob dann der NLP tatsächlich an den Admin auszahlt, oder solange verwaltet, bis die "USA-Erben" ermittelt sind und einen gegenständlich beschränkten Erbschein in Deutschland erwirken oder der NLP das Geld hinterlegt, liegt dann in der Entscheidungsgewalt des NLP (und des NLG das die Zahlung genehmigen muss).

    Wäre ich der NLP, würde ich wohl den SV nochmals prüfen aber sehr wahrscheinlich an den Admin auszahlen...so wie ich das auch will, wenn ich NLP eines deutschen Erblassers bin und dessen Vermögen aus dem Ausland beiziehen möchte. IPR ist IPR und auch von einem NLP zu beachten...anderenfalls werde ich als NLP vielleicht auf Zahlung verklagt und hätte dann ggf. die Prozesskosten zu verantworten. Sicher kommt es auch auf die Höhe des Nachlasses an. By the way: Was entfällt denn auf die nachverstorbene Erbin in den USA ca.?

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  • Die Akte des 1. Erbfalls liegt mir zz. nicht vor, meine aber, dass der Anteil der US-Nichte sich um ca. 40.000,-/50.000,- € bewegen dürfte.

    Mein Problem ist, dass US-Erbrecht anzuwenden ist. Nach allem, was ich bisher gelesen habe, ist die Rechtslage sehr streitig, es werden die sog. Anerkennungstheorie und dem gegenüber die sog. Spaltungstheorie vertreten. Ich würde mich nach dem bisher gelesenen der Anerkennungstheorie anschließen wollen (wird u.a. von Süß/Haas, Erbrecht in Europa vertreten - ich weiß, dass USA nicht Eurpoa ist, aber die Aussagen zum englischen Erbrecht dürften vergleichbar sein), alle Antworten/Kommentare sind aber auf der Grundlage der Spaltungstheorie (wird u.a vom Müko vertreten) erfolgt.

    Nach der Anerkennungstheorie ist der in den USA bestellte administrator auch außerhalb der USA handlungsbefugt, das Problem ist dann nur die Frage des Nachweises. Und das ist eben mein Problem...
    Einen Nachlasspfleger müsste ja nur bestellen, wenn ich mich der Spaltungstheorie anschließe - was ich eigentlich nicht wollte...

  • Wie gesagt: Entweder die Erben der nachverstorbenen Erbin verklagen die Bank, oder stellen einen Erbscheinsantrag oder beantragen eine Nachlasspflegschaft.
    Ich tendiere hier zur Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB weil ...


    Aber nach dem geschilderten Sachverhalt sind die Erben doch bekannt, sodass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer NL-Pflegschaft weder nach § 1960 BGB noch nach § 1961 BGB vorliegen dürften. Für welche unbekannten Erben nach welchen Erblasser sollte denn ein Nachlasspfleger bestellt werden? Hier dürfte es doch ausschließlich um Auseinandersetzungs- und Auszahlungsansprüche gehen, für die jedenfalls nicht das Nachlasssgericht zuständig sein dürfte. Auf die Einleitung eines Zivilverfahrens wurde hier ja schon hingewiesen.

  • Es geht um die Frage, wer die nachverstorbene US-Nichte hier in Deutschland vertritt. Deren Erben sind nur z.T. bekannt und allein handlungsbefugt nach US-Erbrecht ist nur der dort zur NL-Abwicklung bestellte adminstrator.
    Also anders dargestellt: Erblasserin mit Staatsangehörigkeit +domicile USA, bewegl. Nachlass in Deutschland, adminstrator in USA bestellt, Erben z.T. unbekannt.

  • Mata:

    Und jetzt? Wie hast du dich entschieden?

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  • Bleibe bei der Anerkennungstheorie. Werde aus der "Erst-Erblasser"-NL-Akte ein Schreiben an die bevollmächtigten RAe senden, dass der US-admin nach Auffassung des Gerichts auch hinsichtlich des in Deutschland belegenen beweglichen Nachlasses der nachverstorbenen Miterbin handlungsbefugt/verfügungsberechtigt ist. Werde das Schreiben mit Literatur/Kommentierung ausschmücken (deshalb werde ich das heute nicht mehr schaffen, sondern erst nach dem Wochenende) und siegeln und darauf hinweisen, dass die Bescheinigungen des admin hier - versehen mit einer Apostille des Bundesstaates Florida - im Original vorgelegen hatten. Hoffe, dass das reicht...

  • Interessant. Ich dachte immer, dass die Anerkennungstheorie nur von Professoren vertreten wird. Die deutschen Auslandsvertretungen würden es wohl ablehnen, den Antrag eines Administrator zu beurkunden.

    Hat schon mal jemand einem Administrator ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt? Wie wurde es bezeichnet? Wurden die Befugnisse nach "US-Recht" ausgewiesen oder nur auf "nach dem Recht von ...." Bezug genommen?

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