Auskehrung bei Lohnabtretung

  • Hallo zusammen,

    es kommt immer wieder vor, dass ein Arbeitgeber die pfändbaren Beträge an den TH auskehrt, obwohl eine oder mehrere Lohnabtretungen offengelegt wurden.
    Prompt kommt eine Aufforderung des Abtretungsgläubigers an den TH, die zu Unrecht erhaltenen Beträge an ihn auszukehren.
    Ist der TH dann wirklich zur Auskehr verpflichtet, oder kann er Massearmut einwenden (die bei IK-Verfahren ja in der Regel vorliegt)?

  • Zum Einlesen ein mustergültiges Urteil des LG Trier vom 20.08.2010, Az. 2 O 11/10.

    Der Zessionar der Lohnabtretung hat gegen den den Lohn vereinnahmenden Treuhänder einen Anspruch nach § 816 Abs. 2 BGB. Dieser stellt eine Masseverbindlichkeit dar mit den üblichen Haftungsfolgen des Treuhänders, falls er die Abtretung kannte und den Betrag wegen MUZ nicht mehr auskehren kann. Selbst wenn schon zuvor MUZ angezeigt war, kann der Treuhänder nach dem Zahlungseingang keine neue MUZ geltend machen (OLG Rostock, Urteil vom 29.12.2004, Az. 3 U 164/04).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ah noch ein Nachtarbeiter. Im Grunde genommen muss wohl erst einmal geklärt werden, welche Qualität die Forderung hat. Der Meinung, dass hier eine Masseverbindlichkeit vorliegt, kann ich noch nicht folgen. Liegt nicht vielmehr ein Ersatzabsonserungsrecht vor?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ah noch ein Nachtarbeiter.

    Wenn die Kinder (endlich) schlafen, ist es so schön ruhig hier...

    Zur Sache:

    Variante 1: Aufgrund der Lohnabtretung dürfte der Arbeitgeber nicht an den Treuhänder zahlen, so dass auch keine Erfüllung eintritt. Der Zessionar kann die Forderung weiterhin beim Arbeitgeber und der Arbeitgeber könnte seinen Bereicherungsanspruch gegen die Masse geltend machen. Ein Ersatzabsonderungsrecht (§ 48 InsO analog) entsteht nicht, da kein Absonderungsrecht vereitelt wurde.

    Variante 2: Wenn der Zessionar nicht mehr den Arbeitgeber, sondern die Masse in Anspruch nimmt, genehmigt er damit konkludent die Zahlung des Arbeitgebers an den nichtberechtigten Treuhänder. Damit geht das Absonderungsrecht des Zessionars unter; aufgrund der Genehmigung entsteht dennoch kein Ersatzabsonderungsrecht. Die Genehmigung führt jedoch vielmehr dazu, dass die Zahlung des Arbeitgebers an den nichtberechtigten Treuhänder gegenüber dem Zessionar wirksam wird, so dass ein Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 2 BGB gegeben ist. Und dieser Bereicherungsanspruch ist Masseverbindlichkeit.

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  • also, sowohl Trier als auch Rostock sind da völlig auf dem Holzweg.

    Wenn die Beträge noch unterscheidbar in der Masse sind, dann ist abzusondern bzw. ersatzabzusondern, siehe Kranentscheidung des BGH.

    Nur dann, wenn dem nicht mehr so ist, dann ungerechtfertigte Bereicherung, also Masseverbindlichkeit mit der evtl Folge des § 208 InsO.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • @ Silberkotelett:

    Deine Ausführungen gehen von der Tatsache aus, dass die Abtretung gegenüber dem Arbeitgeber offen gelegt ist. Was ist aber, wenn deer Arbeitgeber von dieser keine Kenntnis hat und der Treuhänder/Insolvenzverwalter die Beträge einzieht. Liegt dann ein (Ersatz-)Absonderungsrecht oder eine Masseverbindlichkeit vor :gruebel::gruebel:. Ist das ursprüngliche Absonderungsrecht, so eines vorliegt, beachtlich :gruebel::gruebel:.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Grundsätzlich zahle ich an den Zessionar wenn mir eine wirksame Lohnabtretung vorliegt und ich mich nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen kann, wenn die Abtretung nicht beglaubigt ist (§ 411 BGB).

  • Deine Ausführungen gehen von der Tatsache aus, dass die Abtretung gegenüber dem Arbeitgeber offen gelegt ist.

    So hatte ich nana auch verstanden.

    Was ist aber, wenn deer Arbeitgeber von dieser keine Kenntnis hat und der Treuhänder/Insolvenzverwalter die Beträge einzieht. Liegt dann ein (Ersatz-)Absonderungsrecht oder eine Masseverbindlichkeit vor :gruebel::gruebel:. Ist das ursprüngliche Absonderungsrecht, so eines vorliegt, beachtlich :gruebel::gruebel:.

    In dem Fall hätte der Arbeitgeber schuldbefreiend geleistet (§ 407 I BGB) und das zuvor bestehende Absonderungsrecht des Zessionars wäre durch die (unberechtigte) Einziehung untergegangen. Ich würde daher - mit La Flor de Cano - zu einem Ersatzabsonderungsrecht tendieren, wenn der Betrag noch unterscheidbar in der Masse auffindbar ist. Ansonsten ungerechtfertigte Bereicherung als Masseverbindlichkeit.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ich glaube, jetzt haben wir den "casus cnacus" herausgearbeitet und jetzt bin ich mit Dir auch einverstanden :abklatsch. Wir waren schlicht von verschiedenen Sachverhalten ausgegangen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der Knackpunkt ist doch der: Wann befindet sich Geld noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse?

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Der Knackpunkt ist doch der: Wann befindet sich Geld noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse?

    zum Beispiel, wenn man ein derartiges Dilemma kommen sieht und das Geld gleich auf einem gesonderten Anderkonto einzieht :gruebel:

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Der Knackpunkt ist doch der: Wann befindet sich Geld noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse?

    zum Beispiel, wenn man ein derartiges Dilemma kommen sieht und das Geld gleich auf einem gesonderten Anderkonto einzieht :gruebel:

    Was ja aber nicht der Regelfall ist. Meist wird es ja auf das Ander-/Treuhandkonto überwiesen.

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Meist wird es ja auf das Ander-/Treuhandkonto überwiesen.

    Hier kommt doch dann ein anderer "Knackpunkt" ins Spiel: kannte der Treuhänder die Lohnabtretung?

    Wenn ja, dann muss er den eingezogenen Betrag auch separieren, um ihn später auskehren zu können. Separiert er nicht und wird dadurch - mangels Unterscheidbarkeit bzw. wegen MUZ - das Ersatzabsonderungsrecht des Zessionars vereitelt, kommt entweder eine sog. zweite Ersatzabsonderung in Betracht (strittig!). Oder der Treuhänder haftet bei schuldhafter Verletzung des Ersatzabsonderungsrechtes nach §§ 60, 61 InsO persönlich.

    Wenn nein, hat der Zessionar einfach Pech. Denn wenn die Masse nicht mehr bereichert ist, fällt er mit seinem Ersatzabsonderungsrecht aus. Und mangels Verschuldens keine Haftung des Treuhänders.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Meist wird es ja auf das Ander-/Treuhandkonto überwiesen.

    Hier kommt doch dann ein anderer "Knackpunkt" ins Spiel: kannte der Treuhänder die Lohnabtretung?

    Wenn ja, dann muss er den eingezogenen Betrag auch separieren, um ihn später auskehren zu können. Separiert er nicht und wird dadurch - mangels Unterscheidbarkeit bzw. wegen MUZ - das Ersatzabsonderungsrecht des Zessionars vereitelt, kommt entweder eine sog. zweite Ersatzabsonderung in Betracht (strittig!). Oder der Treuhänder haftet bei schuldhafter Verletzung des Ersatzabsonderungsrechtes nach §§ 60, 61 InsO persönlich.

    Wenn nein, hat der Zessionar einfach Pech. Denn wenn die Masse nicht mehr bereichert ist, fällt er mit seinem Ersatzabsonderungsrecht aus. Und mangels Verschuldens keine Haftung des Treuhänders.

  • Gut, dass es die § 114 für kommende Verfahren nicht mehr gibt :)

    Hab in einem Verfahren bemerkt, dass der AG monatelang Pfändungsbeträge abgeführt hat an die Masse, obwohl er uns schriftlich damals selbst darauf hinwies, dass er vorerst gemäß §114 einen Abtretungsgläubiger befriedigen müsse.

    IK Verfahren....So wie ich die Diskussion verstanden habe hier bedeutet das : Alles an den Abtretungsgläubiger auskehren und nix mit Feststellungskosten etc... (Verfahrenskosten auch nach 100% Auskehr der abgetretenen Pfändungsbeträge gedeckt über andere Einnahmen)

    Ferner darf ich die Einnahmen, die ich nun auskehren muss an den Abtretungsgläubiger, auch nicht vergütungstechnisch mitberücksichtigen. Hmmm,,unbefriedigend...Man stelle sich nur vor: man hätte schlussgerechnet und ausgeschüttet und erst dann wäre der Abtretungsgläubiger um die Ecke gekommen....

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