Ehrenamtlicher Verfahrenspfleger bei Wohnungsverkauf?

  • Der Enkel ist Betreuer und verkauft die Wohnung seiner Oma (Betreute).

    Hätte jemand Bedenken, wenn ich den Vater des Betreuers, also den Sohn der Betreuten zum Verfahrenspfleger im Genehmigungsverfahren bestellen würde?

    Habe bisher in den Akten bei solchen Genehmigungen immer nur Rechtsanwälte als Berufsverfahrenspfleger gesehen.

  • Da melde ich zumindest Bedenken an.
    Es gilt zwar der Grundsatz , dass nach 276 III FamFG der ehrenamtl. VP vorrangig zu bestellen ist; dem können vorliegend aber andere Gründe entgegenstehen :

    a) Ist der Vater des Betreuers unabhängig genug ( vom Betreuer ) , um ausschließlich die Interessen d. Betroffenen zu vertreten ?

    b.) Ist dem Betroffenen damit gedient, wenn ihn ein ( juristischer ) Laie vertreten soll ?
    Zur ( neuen ) Rolle des Verfahrenspflegers vgl. der lesenswerte Beitrag von Bienwald in Rpfl. 2012, S. 309 ff.

    Wenn nur "formal" eine Bestellung erfolgt, dann ist es m.E. ebenso , wie wenn kein VP bestellt worden wäre.
    Daraus folgt auomatisch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

    PS : Ist der Thread nicht im falschen Subforum gelandet ?

  • AUch ich hätte da Bauchschmerzen...

    Ich nehme bei solchen Angelegenheiten eigentlich grundsätzlich einen verständigen Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger. Woher soll der Laie wissen, ob ein Kaufvertrag in Ordnung geht, ob ein Verkauf überhaupt erforderlich ist usw. ... Und wenn es dann noch einer beurteilen soll, der im Familiengefüge drinhängt, also nee, das riecht mir zu sehr nach "Alibi-Verfahrenspfleger", da kann ich die Bestellung auch ganz lassen...

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Nur zur Klarstellung :

    Die ( neue ) Rolle des VP liegt gerade nicht darin , zu schauen , ob der Kaufvertrag "in Ordnung geht".
    Diese beschränkt sich ausschließlich auf die verfahrensmäßigen Rechte des Betreuten BGH FamRZ 2009, 1656.

    Es ist weder die Aufgabe des VP, die Amtsführung des Betreuers zu überwachen, noch dem Gericht Ermittlungsarbeit nach § 26 FamFG abzunehmen.

  • Ich denke, ich hab mich da ein wenig unglücklich ausgedrückt... Aber es ist doch letztendlich so, dass der Verfahrenspfleger entscheiden muss, ob der Kaufvertrag für den von ihm vertretenenen Betroffenen das Beste ist...

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Nur zur Klarstellung : Die ( neue ) Rolle des VP liegt gerade nicht darin , zu schauen , ob der Kaufvertrag "in Ordnung geht". Diese beschränkt sich ausschließlich auf die verfahrensmäßigen Rechte des Betreuten BGH FamRZ 2009, 1656. Es ist weder die Aufgabe des VP, die Amtsführung des Betreuers zu überwachen, noch dem Gericht Ermittlungsarbeit nach § 26 FamFG abzunehmen.

    :daumenrau >>... . Woher soll der Laie wissen, ob ein Kaufvertrag in Ordnung geht, ob ein Verkauf überhaupt erforderlich ist usw. ...<< - muss er nicht prüfen wir bei der Prüfung der Genehmigungfähigkeit! >>Und wenn es dann noch einer beurteilen soll, der im Familiengefüge drinhängt,...<< dann ist der vermutlich genau der richtige um den (natürlichen bzw. mutmaslichen) Betreutenwillen zu ermitteln :cool:

  • Aber es ist doch letztendlich so, dass der Verfahrenspfleger entscheiden muss, ob der Kaufvertrag für den von ihm vertretenenen Betroffenen das Beste ist...

    Das denken leider viele ....( ich ja vor 2009 auch;) ).
    Seit der Klarstellung des BGH zur Rolle des VP "darf" man aber so nicht mehr denken.

  • Na gut... so gesehen müsste ich dann ja tatsächlich meine Meinung völlig über den Haufen werfen... :eek:

    Allerdings hätte ich trotzdem bei einem Familienagehörigen dahingehend Bedenken, ob er nicht auch irgendwelche eigenen Interessen bei der Willenserkundung einfließen lassen würde....

    Wenn kein Wind geht, dann rudere!
    (polnisches Sprichwort)

  • Warum gleich über den Haufen werfen?

    Wenn der Betreute nicht anhörungsfähig ist, im Zweifel wird er sich kaum differenziert und verständlich zur Sache äußern können - warum sonst die Betreuung?

    Ein vernünftiger Nichtbetreuter würde das Geschäft wohl abschließen, wenn es für ihn günstig ist und der Vertrag keine vom Standard abweichenden Klauseln enthält, so gesehn ist eine sachliche und rechtliche Beurteilung durch einen anwaltlichen Verfahrenspfleger zur Ermittlung des Betreutenwillens durchaus angezeigt
    ;)

    Es kommt auf den Einzelfall an.

  • Da der Sohn des Betroffenen mit dem Betreuer (seinem Sohn) in gerader Linie verwandt ist, würde ich diesen nicht als Verfahrenspfleger bestellen.

    Rechtsgeschäfte des Betreuers mit ihm wären ausgeschlossen (§ 1795 BGB), daher hätte ich Bedenken, dass sich der Vater des Betreuers als Verfahrenspfleger objektiv genug entscheidet.

    Prinzipiell können natürlich Ehrenamtler als Verfahrenspfleger bestellt werden.

  • Ich stimme Frog zu. Grundsätzlich habe ich keine Bedenken gegen ehrenamtliche Verfahrenspfleger, die rechtliche Prüfung des Vertrages obliegt mir als Gericht. Da hier der in Frage kommende VP aber mit dem Betreuer in gerader Linie verwandt ist, besteht die Gefahr einer Interessenkollision, ich würde ihn daher hier nicht bestellen.

  • Ich würde den Sohn (des Betreuten und Vater des Betreuers) nicht als Verfahrenspfleger nehmen, sonst ist das Ganze doch eine Farce. Grundsätzlich habe ich aber keine Probleme mit Familienangehörigen als Verfahrenspfleger. Gibt es vielleicht ein weiteres Kind des Betreuten, das geeignet ist?

  • Die Betreute hat nur einen einzigen Sohn. Dieser hat vor kurzem noch in der Wohnung seiner Mutter, die verkauft werden soll, gewohnt. Daher dachte ich mir, er könnte sich ein gutes Bild und wäre geeignet.

  • Wie bereist erwähnt ,kommt es nicht darauf an , dass der VP einen Blick auf die Wohnung wirft bzw. sich hiervon ein "Bild" macht , sondern auf die Wahrnehmung verfahrensrechtlichen Interessen der Betreuten vor dem Betreuungsgericht.

    Ich musste da - seit BGH - auch erst lernen , umzudenken.
    Wenn mir der VP in seiner Stellungnahme "daneben" bescheinigt , dass gegen die Genehmigung ( materiellrechtlich ) nichts einzuwenden sei, nehme ich das gerne zur Kenntnis.
    Aber erwarten oder verlangen darf ich das nicht.

  • @ Steinkauz: Ich stimme Dir ja im Grundsatz zu, aber hier ist doch ein besonderer Fall. Es ist doch nicht auszuschließen, dass der einzige Sohn (und vermutlicher Erbe) samt dem Enkel Eigeninteressen haben und ein Verfahrenspfleger soll ja, wie der BGH meint, "objektiv" den Sachverhalt ermitteln und dem Gericht berichten. Daher kann in diesem Fall der Sohn nicht Verfahrenspfleger werden.

  • Der BGH – in der oben genannten Entscheidung ist auch von der Bestallungsurkunde des Verfahrenspflegers die Rede – ohne Worte.

    „Entsprechendes gilt für eine missverständliche Beschreibung des Wirkungskreises des Verfahrenspflegers in der Bestallungsurkunde (im vorliegenden Fall: "Vertretung des Betreuten bei dem Abschluss der Kaufverträge ...")“
    Wie ein Verfahrenspfleger über das Beschwerderecht nach § 303 III FamFG entscheiden soll ohne auch den (materiellrechtlichen) Inhalt des Rechtsgeschäfts zu prüfen, ist mir schleierhaft. Hört sich ja vielleicht schön an, lässt sich meiner Ansicht nach aber nicht wirklich trennen.
    Bei komplexeren Rechtsgeschäften (insbesondere bei Grundstücksgeschäften) werden bei uns keine Verwandten als Verfahrenspfleger bestellt.

  • @ Steinkauz: Ich stimme Dir ja im Grundsatz zu, aber hier ist doch ein besonderer Fall. Es ist doch nicht auszuschließen, dass der einzige Sohn (und vermutlicher Erbe) samt dem Enkel Eigeninteressen haben und ein Verfahrenspfleger soll ja, wie der BGH meint, "objektiv" den Sachverhalt ermitteln und dem Gericht berichten. Daher kann in diesem Fall der Sohn nicht Verfahrenspfleger werden.

    Wo habe ich was anderes behauptet ?
    Meine Sorgen mit dem Ansinnen der TO habe ich bereits in #2 zum Ausdruck gebracht.

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