Falscher Aktenlauf nach Beschwerde Zurückweisung des Widerspruchs gegen Abgabe d. eV

  • Der Sachverhalt liegt wie folgt (Realität, kein Klausurfall!):

    Der Widerspruch eines Schuldners gegen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wird zurückgewiesen.

    Der Schulder legt sofortige Beschwerde gegen den rechtspflegerischen Beschluss ein.

    Ab jetzt läuft alles falsch:

    Die Akte wird dem Vollstreckungsrichter am Amtsgericht vorgelegt (warum auch immer).

    (Nach 5 Monaten Bedenkzeit, hüstel hüstel) gibt der Amtsrichter (!) der Beschwerde statt und legt die Kosten des Verfahrens der Landeskasse auf (!!).

    Der RA des Schuldners beantragt die Festsetzung der Kosten gegen die Landeskasse.

    Mit dem Kostenfestsetzungsantrag des Schuldnervertreters wird die Akte dem Rechtspfleger (seit Zurückweisung des Widerspruchs erstmals wieder) zur Bearbeitung vorgelegt.

    Frage: Was ist zu tun?

    Ich habe (nach Rücksprache mit der Bezirksrevisorin) die Akte dem Bezi vorgelegt, da durch die Kostenentscheidung des Richters und des Kostenantrags die Landeskasse jetzt (unfreiwillig) mit im Boot ist. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Bezirksrevisorin für Anregungen aus dem Forum dankbar wäre.

    Meine Überlegungen:

    Richtiger Aktenverlauf wäre gewesen:
    Entweder hätte
    a) der Rechtspfleger der Beschwerde gegen seinen Beschluss abgeholfen und die Kosten dem Gläubiger oder Schuldner auferlegt,
    oder
    b) er hätte nicht abgeholfen und nach Erlass und Bekanntgabe des Nichtabhilfebeschluss die Akte dem Beschwerdegericht (= LG) zur Entscheidung über die Beschwerde und die Kosten (mögliche Kostenschuldner s. o.) vorgelegt.

    Ich habe (kurz) überlegt, ob die amtsrichterlich Entscheidung gem. § 8 Abs. 1 RPflG die (Nicht-)Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers wirksam ersetzen kann, aber die Idee wieder verworfen, da m. E. das (gleiche) Organ über die (Nicht-)Abhilfe zu entscheiden hat, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat.

    Ungeachtet der Frage, ob die Beschwerde tatsächlich begründet war, so dürfte (zumindest) die Kostenentscheidung des Amtsrichters wohl keinen Bestand haben, da es m. E. keine gesetztliche Grundlage gibt, der Landeskasse die Kosten des Schuldners aufzuerlegen (so auch Zöller, der z. B. sagt, dass die Kosten einer Erinnerung nach § 766 ZPO nicht der Landeskasse auferlegt werden können. Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens kann m. E. nichts anderes gelten).

    Die einfache Nachholung der bislang ausgebliebenen Entscheidung des Rechtspflegers über die (Nicht-)Abhilfe dürfte nicht möglich sein, da es einem Rechtspfleger verfahrenstechnisch nicht möglich ist, eine richterliche Entscheidung einfach aufzuheben, mag diese auch noch so falsch sein.

    Bliebe demnach nur die Vorlage an das Landgericht damit das die Sache wieder gerade biegt, oder?

    Wie sähe das "Geradebiegen" dann aus? Aufhebung des amtsrichterlichen Beschlusses und "Zurückverweisung" an den Rechtspfleger am Amtsgericht damit der noch über die (Nicht-)Abhilfe der Beschwerde entscheidet? Oder kann / muss das Landgericht selbst in der Sache entscheiden?

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."


  • Ich habe (kurz) überlegt, ob die amtsrichterlich Entscheidung gem. § 8 Abs. 1 RPflG die (Nicht-)Abhilfeentscheidung des Rechtspflegers wirksam ersetzen kann, aber die Idee wieder verworfen, da m. E. das (gleiche) Organ über die (Nicht-)Abhilfe zu entscheiden hat, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat.


    Das ist meiner Ansicht nach der richtige Ansatz. Geht man den im Zöller, 28. Auflage, unter Rn. 9a zu § 572 genannten Rechtsprechungsverweisen nach, so ergibt sich daraus auch nicht, daß die Abhilfe zwingend durch die gleiche Person zu erfolgen hat. Die genannten Stellen betreffen die Frage, ob bei Kammerbeschlüssen der Vorsitzende eine Nichtabhilfeentscheidung treffen kann oder nicht bzw. umgekehrt.

    Daß auch ein anderer Rechtspfleger über Abhilfe/Nichtabhilfe entscheiden können muß, ergibt sich schlicht schon aus dem Umstand, daß der Ursprungsentscheider zwischen Entscheidung und Beschwerde zB verstorben sein könnte. Folgt man dann der Auffassung, daß nur dieser eine Abhilfemögilchkeit offensteht, würde man dem Beschwerdeführer faktisch den Rechtsweg verkürzen. Das kann so nicht gewollt sein.

    Die Abhilfemöglichkeit heißt zwar Selbstkontrolle; dies aber mE bezogen auf die jeweilige Instanz und nicht auf den Entscheider in persona.

    Die Abhilfeentscheidung ist ja wiederum Vollstreckungsentscheidung iSd § 793, d. h. sofortige Beschwerde ist möglich. Ist schon RK eingetreten? Ggf. könne der Revisor ja noch Beschwerde wegen der Kosten erheben.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Ja, gleiches Organ heisst gleiche Ebene. Es kann auch der Vertreter über die (Nicht-)Abhilfe entscheiden.

    Eine andere Idee als dass der Bezi Beschwerde einlegen könnte wegen der KE habe ich aber auch nicht. Dumm gelaufen, aber vllt. sollte man hier der Sache mal einfach seinen Lauf lassen....

  • sehe das genauso...so falsch die Entscheidung sein mag, wenn sie rechtskräftig ist, ist nichts dran zu rütteln. Einzig die Kosten würden mir dann noch Sorgen bereiten, aber da vermutlich nie eine Zustellung an die Landeskasse erfolgt ist, werden diese (vertr.d.d Bezi) wohl noch ein Rechtsmittel haben und das gilt es zu nutzen.

  • Aufgrund welcher Vorschrift sollte denn hier eine Festsetzung der Vergütung gegen die Landeskasse erfolgen?



    §§ 103ff., gibt ja eine KGE gegen die Staatskasse. Das dürfte mE nur über eine normale Kostenfestsetzung gehen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • @ Pfänder: Für die Landeskasse ist die Beschwerdefrist noch nicht an- bzw. abgelaufen, da der Richter seinen Beschluss der Landeskasse gar nicht übersandt und somit auch nicht zugestellt hat.

    Zur Ehrenrettung des Richters: Er bearbeitet sonst Strafsachen. Dies könnte erklären, wie er auf die Idee kam der Landeskasse die Kosten aufzuerlegen...

    Ich werde berichten wie es weiter- bzw. ausgeht...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (12. Oktober 2012 um 18:59)

  • § 103 ? Titel ? gegen die Landeskasse ? wo ?

    Ich würde den Antrag zurückweisen mangels Festsetzungsgrundlage, fertig. Den Bez.rev. hätte ich nicht beteiligt.

    Ggf. berichtigt der Richter auf einen folgenden Antrag des Sch.-Vertreters seine Entscheidung hinsichtlich der Kostentragungslast
    in den unterliegenden Gläubiger, § 319 ZPO.

    (Originäre Strafsachenzust. des Richters konnte man nach # 1 vermuten, lustig.)

  • Ohne Ernst P. zu nahe treten zu wollen (was er, denke ich, weiß ;)), bin ich der Meinung, dass es nicht Sinn und Zweck des Kostenfestsetzungsverfahrens sein kann, eine - wenn auch offenkundig falsche - Entscheidung wieder gerade zu biegen.

    Wir machen letztlich Massenabfertigung, und da passiert halt manchmal "shit happens". Hier geht es vermutlich um die Vergütung nach einem Wert von max. € 1.500,00 (§ 19 Abs. 1 Nr. 4 RVG). Aus der Inso-Perspektive sehe ich das sehr entspannt, wenn es hier streitig wird, wird mit anderen Hausnummern hantiert. :D

    Was ich aber eigentlich sagen will: es ist auch Resultat der sachlichen Unabhängigkeit, dass man sich mal verhaut. Das ist dann halt so. Da muss man dann auch nicht die Karte "Rechtspfleger sind die besseren Juristen" ziehen. Mich verwundert bei Lektüre des Forums ohnehin sehr stark, dass immer gerne die sachliche Unabhängigkeit bemüht wird, aber sobald es ums Geld geht, ist nur noch das Interesse der Staatskasse im Blick. Das ist natürlich irgendwie nicht verkehrt und auch durchaus löblich. Auf der anderen Seite sollten wir aber auch nicht vergessen, dass es für die Wahrung der Interessen der Staatskasse Bezirksrevisoren gibt und dies keine Rechtspflegeraufgabe ist.

  • Weiß ich, klar.

    Grundsätzlich geben ich dir bzgl. gewisser bedenklicher Tendenzen im Forum ebenfalls recht.

    Was man mir bzgl. des Falls jetzt glauben mag oder nicht: Mir geht es NICHT darum, dass die Landeskasse die Kosten trägt, sondern einfach darum, das jemanden die Kosten auferlegt wurden, dem sie nach dem Gesetz nicht auferlegt werden konnten.

    Hätte ich mir die gleichen Gedanken gemacht, wenn nicht die Landekasse, sondern z. B. einem anderen Dritten, dem die Kosten nach dem Gesetz nicht auferlegt werden können auferlegt worden wären? Ganz klar: Ja.

    Unkommentiert und ohne Gedanken wäre ich die Kostenfestsetzung nur angegangen, wenn die Kosten jemanden auferlegt wurden, der nach dem Gesetz auch ein möglich Kostenschuldner ist (hier sind dies eben nur der Schuldner oder der Gläubiger). Ob dann diese formelle Kostenentscheidung nach meiner Ansicht auch inhaltlich richtig gewesen wäre, hätte ich dann natürlich nicht mehr geprüft.

    Nochmal: Wir geht es hier auch um keine an den Pranger Stellung des Richters bzgl. der "falschen" Kostenentscheidung. Auch ich mache Fehler. Geschenkt, brauchen wir nicht drüber reden.

    Ich denke jedoch, dass man nur mit den Fehlern leben muss, die man nicht korrigieren kann. Ob hier eine Korrektur möglich ist, war Anlass des Threads.

    Mir geht es auch nicht darum die Landeskasse vor Kosten zu bewahren.

    Mir ging es in erster Linie um die Frage, ob man diese "formelle falsche" Kostenentscheidung noch irgendwie korrigieren kann und wenn ja, wie.

    Ferner darum, ob eine Kostenfestsetzung überhaupt möglich ist.

    Warum z. B. § 103 ZPO? Warum sollte letztlich der Steuerzahler für Anwaltskosten (des Schuldners) aufgrund einer grds. "nicht möglichen" Kostenentscheidung aufkommen? (Und ja: Ich habe Steuerzahler geschrieben. Hier könnte aber bei anderer Kostenentscheidung genaus der Satz stehen "Warum soll letztlich der Drittschuldner für Anwaltskosten aufgrund einer grd. "nicht möglichen" Kostenentscheidung aufkommen?).

    Wie lauetet die gesetzliche Grundlage für die Kostenenstcheidung? Das man keine hat und auch eigentlich keine braucht, kann m. E. ja nicht das Ergebnis sein. Wenn doch, könnte ich ja demnächst in all meinen Sachen irgendwem die Kosten auferlegen und sagen "Grundlage? Brauche ich nicht".D

    a würde jeder zu recht sagen: Na, aber wenn der Rechtspfleger in seiner Kostenentscheidung Klein Erna als Unbeteligter die Kosten auferlegt, das muss man ja wohl korrigieren können. Aus der gleichen Überlegung habe ich mir Gedanken gemacht, nur das Klein Erna hier halt die Landekasse ist. Mir wurde halt eben beigebracht, dass ich für meine Entscheidungungen eine gesetzliche Grundlage brauche. Über diese Hürde hilft hilft auch keine gesetzliche Unabhängigkeit hinweg. Die hilft nur bei der Frage, ob die formell mögliche Entscheidung auch inhaltlich richtig ist und Bestand haben kann.

    Und (am Rande) ging es mir auch um die Frage der Anwendung des § 8 Abs. 1 RPflG.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (15. Oktober 2012 um 07:49)

  • @Ernst P.: Danke für Dein Statement, ich hatte inhaltlich eigentlich auch nichts anderes erwartet. :daumenrau

    Zur Frage von Entscheidungen ohne funktionelle Zuständigkeit fand ich in den Untiefen des Forums diesen Thread. Scheinbar sind dort aber keine Folgefragen (KFA etc.) aufgetreten, da nachfolgend nichts mehr gepostet wurde.

    Ich hatte irgendwann letztes Jahr auch mal ein KFA-Problem bei verhunzter KGE auf dem Tisch. Leider kann ich mich da nicht mehr an alle Details erinnern, da ich mich seit gut einem Jahr exklusiv der InsO hingebe. Hinzu kommt, dass es nur eine Vertretungsakte war. Nach meiner rudimentären Erinnerung war das Ding so beschaffen, dass in einem PKH-Beschwerdeverfahren dem PKH-Antragsteller die Kosten auferlegt worden waren. Gegen den darauf (nicht von mir) erlassenen KFB war dann wiederum Rechtsmittel eingelegt worden. Ich habe die Sache dann gestoppt, soweit ich mich erinnere, mit der Begründung, dass diese KGE nur erstattungsfähige Kosten erfassen kann, es solche wegen § 127 Abs. 4 ZPO aber nicht gibt.

    Am Rande: Bevor jetzt der Einwand erfolgt, dass es nicht die feine englische Art ist, in der Vertretung von jemand anders getroffene Entscheidungen grundlegend abzuändern, kann ich sagen, dass ich das mit der Kollegin nach ihrer Urlaubsrückkehr besprochen habe und sie meiner Ansicht dann auch zugestimmt hat.

    Jetzt muss noch an der Transferleistung auf den vorliegenden Sachverhalt gearbeitet werden. Das ist hier natürlich etwas schwerer, weil § 127 Abs. 4 ZPO oder eine vergleichbare Regelung nicht einschlägig ist. Man kommt m.E. auch nicht mit der Begründung, dass es keine KGE gibt, aus der Nummer heraus, da eine solche nun einmal existiert. Mir fehlt gerade die Phantasie, um das exakter zu formulieren, aber ich würde dann nach einer Argumentation suchen, nach der es trotz der KGE keine im Verhältnis zur Landeskasse erstattungsfähigen Kosten gibt.

    Ich hoffe, dies halbwegs verständlich und nachvollziehbar ausgedrückt zu haben. Vielleicht fällt mir oder jemand anders morgen noch etwas Schlaues dazu ein, wenn wir wieder alle hinterm Aktenberg sitzen.

  • ... da es m. E. keine gesetztliche Grundlage gibt, der Landeskasse die Kosten des Schuldners aufzuerlegen (so auch Zöller, der z. B. sagt, dass die Kosten einer Erinnerung nach § 766 ZPO nicht der Landeskasse auferlegt werden können. Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens kann m. E. nichts anderes gelten).

    Hier die dazu passende Fundstelle:

    Zöller/Stöber, ZPO, 29. A., § 793, Rn. 4, 5, § 766, Rn. 34 a. E.;O
    LG Hamm, Beschl. 03.08.1993, 14 W 114/93, DGVZ 1994, 27 f,. auch in Juris

    Aktueller Sachstand: Die Bezirksrevisorin hat, unter Hinweis auf die obigen Fundstellen, Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt. Die Akte liegt jetzt wieder beim Richter. Habe verfügt, dass mir danach die Akte wieder vorgelegt wird. Ich muss (bei ggf. geänderter Kostenentscheidung) mich ja noch zum (dann zu ändernden / zurückzuweisenden) Kostenfestsetzungsantrag äußern.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Oh, die Erinnerung von 2013 sind mir glatt durchgegangen. :( Ich bitte dies zu entschuldigen.

    Wenn ich mich noch richtig erinnere, hat der Richter dem Rechtsmittel der Bezirksrevisorin abgeholfen. Wie die Entscheidung genau aussah kann ich nach 6 Jahren nicht mehr sagen, aber ich meine mich zu erinnern, dass es nach der Abhilfe keinen Anspruch mehr ggü. der Landeskasse gab und der Anwalt seinen Antrag zurückgenommen hat ohne wiederum selbst Rechtsmittel einzulegen.

    Wenn mich meine Erinnerungen weiter nicht trügen, kam von ihm so eine Aussage wie "Ich hatte mich über die Richterentscheidung gewundert, aber ich dachte, ich probiere mal, ob ich tatsächlich Geld bekomme."

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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