Lohnpfändungen in der Insolvenz - Arbeitgeber pleite, Lohnpfändungen von vor Eröffung

  • Hallo zusammen,ein ZV-Gläubiger hat am 1.10.2011 eine Gehaltspfändung gegen einen ZV-Schuldner ausgebracht, welche der Arbeitgeber des ZV-Schuldners bis zur Firmeninsolvenz bedient! Der Betrieb wird fortgeführt und der ZV Schuldner behält seinen Job. Muss der IV den vorinsolvenzlichen Pfänd.beschl. beachten?Was wenn der IV den Betrieb schliesst und die Arbeitnehmer gehen müssen, aber der ZV Schuldner 1 Tag vor Insolvenzeröffnung erkrankt und dann 3 Wochen arb.unfä. ist. In der Folge werden noch Übergangsgelder gez. u. Kosten für Reha, weil der Arbeitgeber in Insolvenz ist, welche die Krankenkasse und Rententräger beim Verwalter auch anmelden?Wie steht nun die Pfändung des Arbeitsentgelts vom Rang her den Sozialleistungen ggü.?Ich steh auf dem Schlauch!

    2 Mal editiert, zuletzt von Anton79 (26. Oktober 2012 um 13:14) aus folgendem Grund: Berichtigt

  • Gefunden Hessisches Landesarbeitsgericht 2. Kammer 22.07.1999 2 Sa 14/99 mit dem Tenor: Nach einem Betriebsübergang bleiben die Pfandverstrickung und die Rangfolge von Lohnpfändungen erhalten.

    3 Mal editiert, zuletzt von Anton79 (28. Oktober 2012 um 04:49)

  • Das Urteil des Hessischen LAG ist doch schon ein sehr großer Schritt in die richtige Richtung! Einen wirklichen Grund, warum das nicht auch für den "Übergang des Betriebes" i.S.d. Verfügungsgewalt auf den Insolvenzverwalter gelten sollte, sehe ich im Moment nicht. Zumal die Insolvenzmasse durch die Pfändung nicht belastet wird (es ist ja der Lohn des AN) und auch nicht einzusehen ist, dass der AN allein durch die Insolvenz gegenüber seinem Gläubiger bessergestellt werden sollte.

    Hinsichtlich des Insolvenzgeldes lohnt ein Blick auf § 170 Abs. 2 SGB III ("Von einer vor dem Antrag auf Insolvenzgeld vorgenommenen Pfändung oder Verpfändung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt wird auch der Anspruch auf Insolvenzgeld erfaßt.")

    Für die Abwandlung mit dem Krankengeld & Reha-Maßnahme ist es etwas zu spät, um das noch mit klarem Kopf lösen zu können :gaehn > :sleep: !

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Danke Silberkotelett!Ich würde aufgrund der oben genannten Entscheidung auch nach wie vor davon ausgehen, dass dies auch so dann auf den Insolvenzverwalter des Arbeitgebers des ZV-Schuldners übertragbar ist und der IV dann den alten PÜ zu beachten hat!Mit der Abwandlung komm ich grad garnicht klar! Hadt du noch ne klare Idee?Gruss

  • Interessant wäre gerade da folgendes:Muss der Insolvenzverwalter die Pfändung berücksichtigen, wenn der Betrieb geschloßen wurde?

    Einmal editiert, zuletzt von Anton79 (28. Oktober 2012 um 04:52)

  • Interessant wäre gerade da folgendes:Muss der Insolvenzverwalter bei Ausschüttung im Insolvenzverfahren die Lohnpfändung berücksichtigen, wenn der Betrieb längst geschlossen wurde und der Pfändungsbeschluss nie aufgehoben wurde und auch der Pfändungsgläubiger nie die Erledigung der Pfändungsangelegenheit (aufgrund anderweitiger Zahlung) mitgeteilt hat?In welchem Rang würde die Pfändung stehen? Wegen Prioritätsprinzip vor den 55er I 2 er Forderungen der Renten- u. Sozialvers. Träger? Oder eher nachrangig?

    Mit klarerem Kopf glaube ich jetzt, den Knoten in Deinem Schlauch (auf dem Du stehst) entdeckt zu haben:

    Die Pfändung des Gläubigers des Arbeitnehmers gegen dessen Arbeitgeber und damit auch den Verwalter greift nur so lange, wie (a) der Arbeitnehmer noch "in Lohn & Brot steht" und (b) gegen die Masse Anspruch auf Lohnzahlung hat. Das Insolvenzgeld ist nach § 170 Abs. 2 SGB III ausnahmsweise auch von der Pfändung erfasst. Das gilt aber nicht für das Krankengeld oder die Reha-Unterstützung. Hier besteht kein (pfändbarer) Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Verwalter mehr. Statt dessen könnte bzw. müsste der Gläubiger die Ansprüche des Arbeitnehmers gegen die Krankenkasse & den SV-Träger pfänden. Nur dann kann der Gläubiger darauf zugreifen.

    Diese Frage, was der Gläubiger gepfändet hat oder noch pfänden kann, spielt hingegen für das Insolvenzverfahren und die dort geltend gemachten Masseverbindlichkeiten bzw. Insolvenzforderungen von Krankenkasse, SV-Träger und Arbeitsagentur keine Rolle. Der Gläubiger nimmt mit seinem Anspruch gegen den Arbeitnehmer nicht am Insolvenzverfahren des Arbeitgebers teil, sondern nur an den (gepfändeten) Ansprüchen des Arbeitnehmers. Einen "Rang" hat der Gläubiger & seine Pfändung überhaupt nicht. Und der Verwalter muss bei einer Ausschüttung an die Gläubiger auch nicht die Pfändung beachten, solange nicht auch auf Ansprüche des Arbeitnehmers eine Ausschüttung erfolgen sollte.

    Bei nochmaligem Lesen muss ich sagen, dass das auch noch nicht so richtig klar formuliert ist und vor allem viel zu lang. Aber, um ein Zitat zu bemühen: "Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit." (Goethe, Pascal, Marx oder ein anderer Denker) Vielleicht kann es ein anderer prägnanter ausdrücken?

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • In § 170 Abs. 3 SGB III steht, dass die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen sind und diese Insolvenzgeld an die berechtigte Person erbracht hat.

    Hier ging es nicht um Insolvenzgeld, sondern um die Frage, ob der Verwalter die Lohnpfändung beachten muss, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wurde + der Betrieb schon dicht gemacht wird.

    Versteh ich es richtig, dass ein freigestellter Mitarbeiter, der noch 5 Monate Kündigsfrist hat, aber wo der Betrieb schon nach 3 Monaten dicht gemacht wurde, noch Lohnansprüche gegen den insolventen Arbeitgeber hat bzw. Insolvenzverwalter über die 3 Monate hinweg?
    Dann müßte doch aber der Arbeitnehmer noch eine Forderung gegen den IV zur Tabelle anmelden?
    Gibt es eine analoge Regelung wie § 170 Abs. 3 SGB III wo steht, dass die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche gem. § 115 I SBG X auf die Leistungsträger übergegangen sind?

    Ist es denn nicht so, wenn der Arbeitnehmer die Monate 4 und 5 zur Tabelle anmeldet beim Verwalter, diese dann als Quote an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden müßten, wobei bei der Berechnung dann die Lohnpfändung wieder zu berücksichtigen wäre?

    Einmal editiert, zuletzt von Anton79 (28. Oktober 2012 um 04:55) aus folgendem Grund: korrigiert

  • Das sind aber gleich viele Fragen auf einmal. Das geht nun wirklich nicht. Oder doch?! Ich versuch's mal:

    Versteh ich es richtig, dass ein freigestellter Mitarbeiter, der noch z.B. 5 Monate Kündigsfrist hat, aber wo der Betrieb schon nach 3 Monaten dicht gemacht wurde, noch Lohnansprüche gegen den insolventen Arbeitgeber hat bzw. Insolvenzverwalter über die 3 Monate hinweg, also auch für die Monate 4 und 5?


    Im Grunde: Ja, aber: die Kündigungsfrist für den Verwalter nach § 113 S. 2 InsO beträgt maximal 3 Monate.

    Dann müßte doch aber der Arbeitnehmer noch eine Forderung gegen den IV zur Tabelle anmelden für die Monate 4 und 5 oder?


    Nein. Die laufenden Lohnansprüche stellen in der Insolvenz des Arbeitgebers gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO Masseforderungen, keine bloßen Insolvenzforderungen dar. Der AN erhält also nicht nur eine Quote, sondern, wenn die Masse das hergibt, seinen gesamten Lohn.

    Ist es denn nicht so, wenn der Arbeitnehmer die Monate 4 und 5 zur Tabelle anmeldet beim Verwalter, diese dann als Quote an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden müßten, wobei bei der Berechnung dann die Lohnpfändung wieder zu berücksichtigen wäre?


    Die Lohnpfändung erstreckt sich auf die vorgenannten Masseansprüche des AN wegen der laufenden Lohnforderungen bis zur Kündigung.

    In § 170 Abs. 3 SGB III steht, dass die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen sind und diese Insolvenzgeld an die berechtigte Person erbracht hat.


    Das besagt doch nur, dass an dem Entgeltanspruch, der nach der Insolvenzgeldzahlung gemäß § 169 SGB III auf die Arbeitsagentur übergegangen ist, kein Pfandrecht mehr besteht. Das wäre ja auch unsinnig. Das Pfandrecht des Gläubigers hat sich ja schon am Insolvenzgeld selbst fortgesetzt und musste bei dessen Auszahlung berücksichtigt werden.

    Gibt es eine analoge Regelung wie § 170 Abs. 3 SGB III wo steht, dass die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche gem. § 115 I SBG X auf die Leistungsträger übergegangen sind?


    Ich meine nein. Denn die Spezialregelung des § 170 Abs. 3 SGB III ist nur notwendig, weil sich laut § 170 Abs. 1 SGB III die Pfändung auch auf das Insolvenzgeld erstreckt. Das ist aber bei den Sozialleistungen nicht der Fall. Die Pfändung des Arbeitsentgeltes setzt sich nicht am Krankengeld fort, sondern sie bleibt bestehen. Das führt dazu, dass der auf den Leistungsträger übergegangene Entgeltanspruch mit der vorherigen Pfändung belastet ist (Kasseler Kommentar, § 115 SGB X Rn. 32). Macht der Leistungsträger dann den übergegangenen Entgeltanspruch gegen die Masse geltend, müsste also auch die Pfändung wieder Berücksichtigung finden.


    Uff. Ob das alles so zutreffend ist, kann ich aber nicht verbürgen. Denn da ich in dieser Materie nicht so heimisch bin, hab' ich mir den Großteil hergeleitet. Vielleicht kann das ja der eine oder andere mal auf Schlüssigkeit gegenprüfen?

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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