Kostenfestsetzung nach § 106 ZPO und gleichzeitig PKH-Abrechnung

  • Ich gehe mal davon aus, dass kein Anwaltszwang besteht. Grundsätzlich wirkt PKH ab Antragstellung. Gem. § 121 Abs. 2 ZPO erfolgt die Beiordnung auf Antrag. Ich würde also davon ausgehen, dass eine nachträgliche Beiordnung nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des Beiordnungsantrags zurück wirken kann. Nach der Sachverhaltsschilderung ist während des Verfahrens kein Beiordnungsantrag gestellt worden. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mich darüber wundere, dass es zu einer nachträglichen Beiordnung kommen soll (Rechtsschutzinteresse ?), welche Gebühren sollen denn ab dem Beiordnungsantrag noch entstanden sein ? Für die während des Verfahrens entstandenen besteht doch gar kein Anspruch nach § 45 RVG.

  • Das ist richtig, es kommt halt drauf an, was im PKH-Beschluss drin steht.
    Die BGH-Entscheidung ist aber nicht unumstritten und ich persönlich halte von ihr nichts. Was machst du z.B. mit der PKH-Vergütung? Anspruch darauf hat jedes Mitglied der Sozietät. Was ist, wenn du mehrere Anträge bekommst? ;)
    Es gibt diese neuere Entscheidung: Sächsisches Landessozialgericht - 24.04.2012 - Az: L 3 AS 569/10 B
    Sie setzt sich auch mit der BGH-Entscheidung auseinander.

  • Interessante Entscheidung, danke.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Was machst du z.B. mit der PKH-Vergütung? Anspruch darauf hat jedes Mitglied der Sozietät. Was ist, wenn du mehrere Anträge bekommst? ;)

    Wie ist das gemeint? Eine Sozietät = GbR/(Anwalts-)GmbH/Partnerschaftsgesellschaft kann nur einen Vergütungsantrag stellen, da dann nicht Rechtsanwalt A, B oder C beauftragt ist, sondern die GbR/(Anwalts-)GmbH/Partnerschaftsgesellschaft.

    Die genannte Entscheidung des LSG erscheint mir ergebnisorientiert mit der Zielsetzung einer Zurückweisung geschrieben worden zu sein. Was es mit (unbestritten) verfassungsrechtlich nicht gebotener Gleichstellung zwischen finanziell bemittelten und finanziell nicht bemittelten Mandanten zu tun haben soll, dass die Beauftragung einer Sozietät nicht möglich sein soll, ist für mich nicht nachvollziehbar. Auch auf der Ausgabenseite macht die Beauftragung eines bestimmten Rechtsanwalts oder einer Sozietät keinen Unterschied.

  • Die Beantragung nach § 126 ZPO ist bei uns die große Ausnahme.

    Jetzt habe ich einen Fall, wo vom Streitwert her weitere Vergütung anfällt.

    Der beigeordnete RA hat die PKH-Vergütung aus der Staatskasse beantragt und die Festsetzung der weiteren Vergütung nach § 126 ZPO. Außerdem ist im Antrag auf PKH-Vergütung jedoch ebenfalls die weitere Vergütung geltend gemacht worden.

    Wie verfahrt ihr in diesen Fällen weiter? PKH-Überprüfungen durchführen, weil die weitere Vergütung auch aus der Staatskasse beantragt wurde und der Gegner den nach § 126 ZPO festgesetzten Betrag ggf. nicht zahlt? :gruebel:

    Bei Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse die für die weitere Vergütung nötigen Zahlungen von der PKH-Partei einziehen? Und dann vor Festsetzung der weiteren Vergütung beim RA noch einmal anfragen, ob der Antrag wegen Zahlung durch die Gegenseite ggf. hinfällig ist? :gruebel:

  • Gehe ich recht in der Annahme, dass die Gegenseite die Kosten zu 100% trägt?

    Wenn ja würde ich die Sache weglegen. Eine Überprüfung führe ich dann nur durch wenn mir bekannt wird (durch Zweitschuldneranfrage der Justizkasse), dass die Gegenseite nicht leistungsfähig ist.
    Vorliegend würde ich es nicht anders machen.
    Die weitere Vergütung wird von der Staatskasse erst eingezogen wenn die sonstigen Kosten eingezogen wurden. Und da der Übergang nicht zum Nachteil des RA geltend gemacht werden kann dürfte es eigentlich ausgeschlossen sein, dass unsere Kosten gedeckt und der Rechtsanwalt seine weitere Vergütung noch nicht hat.

  • Gehe ich recht in der Annahme, dass die Gegenseite die Kosten zu 100% trägt?

    Ja.

    Wenn ja würde ich die Sache weglegen. Eine Überprüfung führe ich dann nur durch wenn mir bekannt wird (durch Zweitschuldneranfrage der Justizkasse), dass die Gegenseite nicht leistungsfähig ist.

    Auch wenn die Festsetzung der weiteren Vergütung aus der Staatskasse beantragt wurde? :gruebel:

    Vorliegend würde ich es nicht anders machen.
    Die weitere Vergütung wird von der Staatskasse erst eingezogen wenn die sonstigen Kosten eingezogen wurden. Und da der Übergang nicht zum Nachteil des RA geltend gemacht werden kann dürfte es eigentlich ausgeschlossen sein, dass unsere Kosten gedeckt und der Rechtsanwalt seine weitere Vergütung noch nicht hat.


    Ausgeschlossen ist das nach meiner Ansicht nicht.

    Beispiel:

    Festsetzung PKH-Vergütung, Gegenseite trägt 100 % der Kosten, also Sollstellung; Zahlung durch Gegenseite erfolgt

    (später oder auch zeitgleich) Antrag auf Festsetzung der weiteren Vergütung nach § 126 ZPO; Gegner mag oder kann nun nicht (noch) mehr zahlen; RA versucht zwar die Zwangsvollstreckung, geht aber leer aus (oder er verzichtet auf Zwangsvollstreckungsversuche)

    Und nun doch Überprüfung der PKH-Partei? Blöd wäre es natürlich für den RA, wenn inzwischen die Überprüfungsfrist abgelaufen ist...

  • Ich brauche mal Hilfe bei folgender Konstellation:

    Urteil enthält Kostenquotelung: Kläger 86 %, Beklagter 14 %.
    Die Klagepartei hat PKH ohne Raten bewilligt erhalten und auch schon Vergütung gezahlt bekommen.
    Jetzt kommt der KFA § 106 ZPO seitens der Beklagtenpartei. Die Klagepartei hat auch nach Aufforderung § 106 ZPO keine Kosten zur Ausgleichung angemeldet- also gehe ich rechnerisch dann von 0,00 € aus.
    Was muss ich jetzt bzgl. der PKH-Vergütung beachten? Irgendwie bin ich mir da immer unsicher wie das zu handhaben ist :gruebel:

  • Ich brauche mal Hilfe bei folgender Konstellation:

    Urteil enthält Kostenquotelung: Kläger 86 %, Beklagter 14 %.
    Die Klagepartei hat PKH ohne Raten bewilligt erhalten und auch schon Vergütung gezahlt bekommen.
    Jetzt kommt der KFA § 106 ZPO seitens der Beklagtenpartei. Die Klagepartei hat auch nach Aufforderung § 106 ZPO keine Kosten zur Ausgleichung angemeldet- also gehe ich rechnerisch dann von 0,00 € aus.
    ....


    Ich würde auf Seite der Klagepartei die PKH-Vergütung berücksichtigen und eben nicht von 0,00 € ausgehen.

  • Wird die Kostenausgleichung von den Parteien nicht beantragt und bleibt auch eine Anregung des Urkundsbeamten erfolglos, so hat der Urkundsbeamte von sich aus den Saldo zu ermitteln (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 59 Rn. 32).

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
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  • Wird die Kostenausgleichung von den Parteien nicht beantragt und bleibt auch eine Anregung des Urkundsbeamten erfolglos, so hat der Urkundsbeamte von sich aus den Saldo zu ermitteln (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 59 Rn. 32).

    Richtig. Im vorliegenden Fall liegt allerdings ein KfA der Beklagten vor.

  • Wird die Kostenausgleichung von den Parteien nicht beantragt und bleibt auch eine Anregung des Urkundsbeamten erfolglos, so hat der Urkundsbeamte von sich aus den Saldo zu ermitteln (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 59 Rn. 32).

    Richtig. Im vorliegenden Fall liegt allerdings ein KfA der Beklagten vor.


    Änder sich dadurch denn etwas, wenn bereits bei Vorliegen keines Antrages der Urkundsbeamte nach Meinung von Müller-Rabe so vorgehen soll?

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  • Wird die Kostenausgleichung von den Parteien nicht beantragt und bleibt auch eine Anregung des Urkundsbeamten erfolglos, so hat der Urkundsbeamte von sich aus den Saldo zu ermitteln (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., § 59 Rn. 32).

    Richtig. Im vorliegenden Fall liegt allerdings ein KfA der Beklagten vor.


    Änder sich dadurch denn etwas, wenn bereits bei Vorliegen keines Antrages der Urkundsbeamte nach Meinung von Müller-Rabe so vorgehen soll?

    "von sich aus den Saldo zu ermitteln" sagt ja nicht zwingend aus, dass man nicht angemeldete Kosten einer Partei trotzdem berücksichtigen muss.

    Unabhängig davon ist im Zitat vom Urkundsbeamten die Rede. Den Beschluss nach § 106 ZPO erlässt jedoch der Rechtspfleger, der sich selbstständig überlegen muss, ob und in welcher Höhe er nicht angemeldete Kosten dennoch in die Berechnung einbezieht (z. B. wenn die weitere Vergütung nicht angemeldet wurde).

  • Den Beschluss nach § 106 ZPO erlässt jedoch der Rechtspfleger, der sich selbstständig überlegen muss, ob und in welcher Höhe er nicht angemeldete Kosten dennoch in die Berechnung einbezieht (z. B. wenn die weitere Vergütung nicht angemeldet wurde).


    :gruebel: Also sind wir doch derselben Meinung, daß er nicht angemeldete RA-Kosten der PKH-Partei in den Ausgleichungsantrag von sich aus mit einbeziehen muß. Oder wie kommt die Staatskasse bei § 106 ZPO und einem Übergang (im vorliegenden Fall wohl nicht) sonst zu ihrer Erstattung?

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  • "von sich aus den Saldo zu ermitteln" sagt ja nicht zwingend aus, dass man nicht angemeldete Kosten einer Partei trotzdem berücksichtigen muss.

    Unabhängig davon ist im Zitat vom Urkundsbeamten die Rede. Den Beschluss nach § 106 ZPO erlässt jedoch der Rechtspfleger, der sich selbstständig überlegen muss, ob und in welcher Höhe er nicht angemeldete Kosten dennoch in die Berechnung einbezieht (z. B. wenn die weitere Vergütung nicht angemeldet wurde).


    In der Rn. 31 zuvor im Gerold/Schmidt wird die vorzunehmende Kostenausgleichung bei PKH der Partei anhand eines Berechnungsbeispiels ausgeführt, wonach von dem sich zugunsten der PKH-Partei ergebenden Saldo die PKH-Vergütung nur dann abzuziehen ist, wenn dieser Saldo den Unterschied zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der aus der Staatskasse gezahlten Vergütung des RA übersteigt.

    Daher bezieht sich der von mir zitierte, selbst zu ermittelnde Saldo bei Rn. 32 auf diese Kostenausgleichung.

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  • Danke für eure Antworten.
    Ich habe jetzt die PKH-Vergütung in die Ausgleichung miteinbezogen und den Erstattungsanspruch der Beklagtenpartei errechnet. Die PKH-Partei hat daher noch einen ordentlichen Schwung zu begleichen..

  • Hallo,
    bei mir liegt ebenfalls Quotelung mit bereits ausgezahlterPKH-Vergütung vor.

    Der Kläger hat vor Bewilligung der PKH 200 € an seinen RAgezahlt. Diese berücksichtige ich aber nicht bei der Berechnung der Differenz,oder?

    Das heißt, ich berechne die Differenz zwischen PKH- undWahlanwaltsvergütung und nicht die Differenz zwischen ausgezahlter PKH-und der Wahlanwaltsvergütung?!

  • Hallo,
    bei mir liegt ebenfalls Quotelung mit bereits ausgezahlterPKH-Vergütung vor.

    Der Kläger hat vor Bewilligung der PKH 200 € an seinen RAgezahlt. Diese berücksichtige ich aber nicht bei der Berechnung der Differenz,oder?

    Das heißt, ich berechne die Differenz zwischen PKH- undWahlanwaltsvergütung und nicht die Differenz zwischen ausgezahlter PKH-und der Wahlanwaltsvergütung?!


    Die 200 € werden zuerst auf die Differenzvergütung (das ist also diejenige zwischen der nach § 49 RVG und der nach § 13 RVG) verrechnet. Soweit die 200 € diese Differenzvergütung übersteigt, wird der übersteigende Betrag auf die aus der Staatskasse zu zahlenden PKH-Vergütung angerechnet (§ 58 Abs. 2 RVG) - sonst nicht.

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