Generalvollmacht über den Tod hinaus

  • Möchte mich hier mal dranhängen.


    Es geht mir um die Frage, ob ich generell einen grundbuchtauglichen Erbnachweis benötige, um das Vorhandensein von minderjährigen Erben (und damit ein gerichtliches Genehmigungserfordernis) ausschließen zu können ?


    Der Erblasser hat lediglich ein (notariell beurkundetes) Vermächtnis hinterlassen und in selber Urkunde gleichzeitig die Vermächtnisnehmer bevollmächtigt, das Grundstück auf sich aufzulassen.

    Die Nachlassakte habe ich noch nicht beigezogen; ich vermute, dass der Erblasser kinderlos geblieben ist und irgendwelche (entfernten) Verwandten die gesetzlichen Erben sind.


    Im Vermächtniserfüllungs- Vertrag steht nur, dass die Vermächtnisnehmer "für die Erben" handelten (natürlich ohne namentliche Benennung eben jener).....


    Monieren muss ich sowieso, weil die Vollmacht (die ja in der letztwilligen Verfügung enthalten ist) nicht in einer Ausfertigung, welche ausdrücklich den Bevollmächtigten erteilt wurde, vorliegt.


    Jetzt stellt sich aber wie gesagt die Frage, ob den Vermächtnisnehmern hier tatsächlich die Vorlage eines (wohl noch zu erteilenden) Erbscheins abverlangt werden muss !?

    Gibt es hierzu schon oberlandesgerichtliche Rechtsprechung oder nur die weiter vorne im Thread erwähnten Aufsätze von Notaren zu diesem Thema ?

    Wäre für Anregungen dankbar.

  • Ich würde erst einmal abwarten, was die Nachlassakten ergeben.

    Im Übrigen stellt sich die vorliegende Problematik nur, wenn man davon ausgeht, dass bei vorhandenen minderjährigen Erben eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, auch wenn nicht der gesetzliche Vertreter, sondern der Bevollmächtigte handelt (was ich für zutreffend halte, was im Forum bereits ausführlich diskutiert wurde und was daher nur als vorsorglicher Hinweis zu verstehen ist).

    Eine weitere - bislang nicht angesprochene - Problematik ergibt sich allerdings, wenn der Vermächtnisnehmer auch als (Mit-)Erbe berufen ist (Konfusion). Aber auch insoweit muss man abwarten, was sich aus den Nachlassakten ergibt.

  • Danke für die Antwort, Cromwell !

    Die Akte werde ich bald einsehen.

    Momentan frage ich mich aber noch, ob der Notar, der das Vermächtnis mit der Vollmacht beurkundet hat, überhaupt (noch) eine Ausfertigung zu Händen der Vollmachtnehmer erteilen kann bzw. darf ?

    Die Original- Urkunde hat er ja beim Nachlassgericht in die besondere amtliche Verwahrung gegeben und selber nur eine beglaubigte Abschrift in seiner Urkunden- Sammlung behalten.

    Und in der Urkunde selbst ist überhaupt keine Regelung zur Erteilung von Ausfertigungen enthalten.

    Nach dem Wortlaut von § 51 BeurkG haben die Bevollmächtigten ja kein eigenes Recht auf Erteilung....

    Klassischer Fall von Eigentor ??

    Ich bin mal gespannt, wie der Notar damit umgehen wird !

    Ohne entsprechende Ausfertigung wüsste ich nicht, wo ich den Rechtsschein für den Fortbestand der Vollmacht hernehmen soll.....:gruebel:

  • Ich wollt mal eure Meinung zu folgendem Fall hören:

    Es geht um die Löschung einer Rückauflassungsvormerkung. Die Berechtigte ist verstorben. Unrichtigkeitsnachweis mit Sterbeurkunde ist nicht möglich.

    Die Eigentümer (in Gütergemeinschaft verheiratet) bewilligen und beantragen im Rahmen eines Kaufvertrags die Löschung, der Ehemann auch als Alleinerbe der Berechtigten. Aus der beigezogenen Nachlassakte ergibt sich, dass ein eigenhändiges Testament vorliegt, das die behauptete Erbfolge ausweist. Ein Erbschein liegt nicht vor.
    Ich hab mit Zwischenverfügung die Vorlage eines Erbscheins gefordert.

    Ehemann bewilligt nun nochmals aufgrund einer transmortalen Vollmacht die Löschung. Da dieser zunächst selbst vorgetragen hat, Alleinerbe zu sein, hat die Vollmacht m.E. die Legitimationswirkung verloren (OLG Hamm, 10.01.2013, 15 W 79/12; OLG München, 31.08.2016, 34 Wx 273/16).

    Aber m.E. könnte die Ehefrau die Löschung bewilligen. Dieser wurde ebenfalls Vollmacht erteilt. Auch wenn ihr der Anspruch im Falle der behaupteten Alleinerbenstellung gemeinsam mit dem Ehemann zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft zustehen würde.

    ???

    Vielen Dank für eure Rückmeldungen!

  • Also wenn sich die Frau ausschließlich und beharrlich auf die Vollmacht beruft ;)
    Meinetwegen könnte der Bevollmächtigte auch seine "Erbenbehauptung" zurücknehmen und energisch nur noch die Vollmacht behaupten :D
    Ggf. ergibt sich auch aus der Rück-AV-Bewilligung, dass eine Löschungsmöglichkeit ohne Erbenmitwirkung gewollt war.

  • Also wenn sich die Frau ausschließlich und beharrlich auf die Vollmacht beruft ;)
    Meinetwegen könnte der Bevollmächtigte auch seine "Erbenbehauptung" zurücknehmen und energisch nur noch die Vollmacht behaupten :D
    Ggf. ergibt sich auch aus der Rück-AV-Bewilligung, dass eine Löschungsmöglichkeit ohne Erbenmitwirkung gewollt war.


    :zustimm: Im vorliegenden Fall führt alles zum gleichen Ergebnis, nämlich der Löschung der RückAV. Das ist mE immer im Sinne der Übergeber.
    Wie schwierig das sein kann, hängt hauptsächlich von der Formulierungskunst des beurkundenden Notars ab.
    Meine Strategie: So lange die Erbfolge nicht gemäß 35 GBO nachgewiesen ist, akzeptiere ich bei Löschung einer RückAV die transmortale Vollmacht.

  • Guten Morgen :)

    Ich hänge mich mit meinem Fall hier mal ran.

    A ist verstorben und hat ein privatschriftliches Testament hinterlassen wonach B Erbe ist.
    A hat zu Lebzeiten eine Generalvollmacht erteilt. Vollmachtnehmer ist B und als Ersatzbevollmächtigter C.
    In der Vollmacht ist kein Eintrittsfall der Ersatzvollmacht enthalten.
    In der Erbmasse ist ein Haus, was langsam verfällt und nun wäre ein Käufer da. Erbschein würde sehr lange dauern, da ein Neffe angehört werden muss, der in den USA lebt.

    Nun kommt die Vollmacht, die über den Tod hinaus wirksam ist.
    Kann C den Kaufvertrag mit dem Käufer schließen?
    B dürfte wegen der Konfusion leider nicht handeln dürfen.

  • Vielleicht hilft Dir die Entscheidung des OLG München vom 04.08.2016 - FamRZ 2017, S. 328.
    Danach ist die Vfg. des Alleinerben mit transmortaler Vollmacht (zumindest dann) zulässig, wenn Grundlage für die Erbfolge "nur" ein eigenhändiges Testament ist.
    Am besten lesen und danach entscheiden...

  • Die Entscheidung, die Du ansprichst, ist wohl die in FGPrax 2016, 205 (m. Anm. Bestelmeyer) veröffentlichte. Inzwischen gibt es aber weitere Entscheidungen des OLG München, in welchen im Verhältnis zur ersten Entscheidung zunehmend eine strengere Linie gefahren wird. Zuletzt OLG München FGPrax 2017, 65 m. Anm. Bestelmeyer). Die Unterscheidung zwischen notariellem und privatschriftlichem Testament überzeugt ohnehin nicht, zumindest dann nicht, wenn das privatschriftliche Testament im Hinblick auf die Erbeinsetzung klar und eindeutig ist. Denn eintragungshindernde Umstände bedurften noch nie der Form des § 29 GBO (und damit auch nicht jener des § 35 GBO in Form eines notariellen Testaments).

  • Ich möchte das Thema gerne nochmal aufgreifen.
    Mit liegt folgender Sachverhalt vor:
    Die Alleinerbin (Grundbuchberichtigung zwischenzeitlich erfolgt) verkauft nach Tod der Vollmachtgeberin Grundstücke aufgrund einer transmortalen Vollmacht. In der Urkunde tritt die Alleinerbin nur als Bevollmächtigte der Erblasserin (nicht der Erben) auf. Der Tod der Vollmachtgeberin und die Alleinerbenstellung der Bevollmächtigten wird nicht erwähnt. Ich vertrete (wie Cromwell, OLG Hamm und OLG München, s.o.) die Auffassung, dass die Vollmacht mit dem Tod der Vollmachtgeberin erloschen ist.
    Aber was ist jetzt die Konsequenz?
    Benötige ich eine neue Auflassung oder kann die bevollmächtigte Alleinerbin als Alleinerbin im eigenen Namen nachgenehmigen oder kann ich ihre Erklärungen in der vorliegenden Urkunde als auch im eigenen Namen abgegeben (so Meikel Einl. E Rn 80) auslegen? Letzteres finde ich etwas gewagt? Ich tendiere zu einer neuen Auflassung. § 177 BGB oder § 185 BGB sind nicht einschlägig, oder sehe ich das falsch?

    Für Meinungen wäre ich dankbar.

  • In materiellrechtlicher Hinsicht wird vertreten, dass das nicht mehr mögliche Vollmachthandeln als Eigenhandeln des Alleinerben ausgelegt werden kann (da das Grundbuch mittlerweile berichtigt ist, muss ein Erbnachweis nach Maßgabe des § 35 GBO vorliegen, so dass sich jedenfalls dieses Nachweisproblem nicht ergibt). Eine solche Auslegung erscheint in verfahrensrechtlicher Hinsicht allerdings problematisch, weil jemand, der ausdrücklich erklärt, für einen anderen - hier sogar für einen Toten! - zu Handeln, eben nicht im eigenen Namen handelt (vgl. Bestelmeyer notar 2013, 147, 160 Fn. 38 und 161 Fn. 139).

    Die Alleinerbin ist hier wohl der von Notarseite verschiedentlich in den Raum gestellten Empfehlung gefolgt, den Erbfall möglichst zu verschweigen, um beim Grundbuchamt keine schlafenden Hunde zu wecken. Ich habe das schon immer für eine zweifelhafte Verfahrensweise gehalten, weil man sehenden Auges etwas beurkundet, von dem man weiß, dass es eigentlich rechtlich unmöglich ist.

    Für eine Auslegung im Sinne des Handelns im eigenen Namen könnte allerdings sprechen, dass die Alleinerbin erklärtermaßen den Erblasser vertreten hat. Da man einen Toten nicht vertreten kann, kann sie also nur dessen Erben vertreten haben und das ist sie selbst.

  • Da hier Personen-Identität zwischen der Erbin und der Bevollmächtigten bestanden hat,
    plädiere ich für eine Wirksamkeit der Erklärung.
    Ansonsten käme man zu dem schizophrenen Ergebnis,
    dass sie das, was sie als Bevollmächtigte der Erbin (= sie selbst) gewollt hat,
    als Erbin nicht gewollt hat!

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Ansonsten käme man zu dem schizophrenen Ergebnis, dass sie das, was sie als Bevollmächtigte der Erbin (= sie selbst) gewollt hat, als Erbin nicht gewollt hat!

    Grundsätzlich kann die Interessenlage verschieden sein. Die Vertretene mußte die Heimkosten zahlen, die Erbengemeinschaft muß sich irgendwie auseinandersetzen und als Alleinerbe möchte der Vertreter das Haus gerne behalten. Vertreter- und Eigengeschäft lassen sich durchaus trennen.

  • Joachim und Lange kommen in ihrer Abhandlung „Trans- und postmortale Vollmachten als Mittel der Nachlassabwicklung“ in der ZEV 2019, 62/65 mE zu einer sachgerechten Lösung.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Joachim und Lange kommen in ihrer Abhandlung „Trans- und postmortale Vollmachten als Mittel der Nachlassabwicklung“ in der ZEV 2019, 62/65 mE zu einer sachgerechten Lösung.

    Mit Hinweis in Fußnote 34 auf Herrler DNotZ 2017, 508, 525 -> Unterscheidung zwischen Vertreter- und Eigengeschäft setzt nicht zwingend pathologischen Befund voraus

  • Ich möchte die Ausführungen von Joachim/Lange nicht zu harsch kritisieren. Aber wenn man die Ansicht vertritt, dass die dem Alleinerben erteilte Erblasservollmacht mit dem Erbfall erlischt und das vorgenommene Rechtsgeschäft nur über ein Eigengeschäft des Alleinerben gerettet werden kann, dann sollte man auch erkennen, dass dann natürlich auch ein Erbnachweis nach Maßgabe des § 35 GBO erforderlich ist (Handeln als Erbe!).

    Über die Miterbenstellung des transmortal Bevollmächtigen kein Wort!

    Und bei vom transmortal Bevollmächtigten bestellten Finanzierungsgrundschulden ist die Voreintragung der Erben (und damit ein Erbnachweis) "natürlich" entbehrlich.

    Sachgerechte Lösungen? Ich nenne das vom gewünschten Ergebnis her argumentiert.

  • Ich habe hier tatsächlich keinen Fall mit evt. Konfusionswirkungen (Bevollmächtigter ist nicht Erbe), aber trotzdem eine Frage zu diesem Thema:

    Auf Grund einer transmortalen Vollmacht will der Bevollmächtigte Grundbesitz des Erblassers veräußern.
    Leider enthält der Kaufvertrag, dass der Bevollmächtigte als Vertreter des Erblassers (also nicht der Erben) auftritt.

    Was hat das jetzt für Folgen? Eine Auslegung über den Wortlaus hinaus, dass tatsächlich die Erben vertreten wird, scheidet aus.
    Ist damit die ganze Urkunde hinfällig, da es hinsichtlich der Auflassung an der gleichzeitigen Anwesenheit beider Parten (hier also der richtigen Vertretenen) fehlt? Oder kommt noch irgendeine Korrektur/ Klarstellung in Betracht? Was meint ihr?

  • Ich habe hier tatsächlich keinen Fall mit evt. Konfusionswirkungen ...

    Bei der durch Konfusion erloschenen Vollmacht stellt sich die Frage, ob der Erbe auch für sich im eigenen Namen handeln will. Also gerade nicht als Stellvertreter. Ein Handeln noch für den Erblasser ist dagegen unbeachtlich. Der Bevollmächtigte muß nicht namentlich die Erben angeben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.06.2011, 20 W 168/11 m.w.N.).

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