Generalvollmacht über den Tod hinaus

  • Ich würde gerne mal eure Meinung zu folgendem Fall:

    Der eingetragene Eigentümer ist vor einiger Zeit verstorben.

    A und B, Bevollmächtigte in der Generalvollmacht des E, wollen nun die Grundstücke auf die Enkel des E übertragen.

    Der Notar sagt, dass hier kein Erbschein erforderlich ist, da A und B aufgrund der Generalvollmacht handeln, die durch den Tod nicht erlöschen soll.

    Ich bin der Meinung, dass zum Zeitpunkt des Todes das Eigentum an die Erben des E übergegangen ist und A und B als Bevollmächtigte somit nicht mehr wirksam handeln können.

    Seht ihr das auch so?

  • Das versteh ich aber so:

    wenn in einem Kaufvertrag eine Vollmacht erteilt wurde, dann erlischt diese nicht mit dem Tod.

    In meinem Fall war ja der Vollmachtgeber schon lange vor der Beurkundung verstorben..

  • aber die Erben haben doch grundsätzlich die Möglichkeit dieser Vollmacht zu widersprechen.. also müsste ich die doch eigentlich vorher anhören?

  • Nein, Du musst nur prüfen, ob die Vollmacht in der richtigen Form vorliegt und der Inhalt passt. Sonst müsstest Du ja immer, wenn eine Vollmacht vorgelegt wird ,zuerst den Vollmachtgeber anhören, ob er noch einverstanden ist.

  • Zum Erfordernis eines Erbscheins in diesen Fällen werde ich in meinem turnusmäßigen Erbrechtsübersichtsaufsatz in Heft 12/2012 des Rpfleger Stellung nehmen, in welchem auch die erbrechtlichen Bezüge zum Grundbuchrecht beleuchtet werden und der insoweit folgende Problemfelder behandelt:

    - Nachweis der Erbfolge mit oder ohne Erbschein;
    - Transmortale und postmortale Vollmachten;
    - Abschichtung von Miterben (muss nur der "Abgeschichtete" bewilligen oder auch die übrigen Miterben - analoges Problem zum Ausscheiden eines GbR-Gesellschafters);
    - Fragen der Nacherbfolge und der Testamentsvollstreckung;
    - Löschung von Rückauflassungsvormerkungen.

    Für den Fall des Fragestellers vertrete ich die Ansicht, dass eine Eintragung ohne Erbschein nicht möglich ist.

  • Guter Gedanke, aber dies ließe sich zur Not noch verschmerzen, weil die betreffende Auflassung dann im Ergebnis unschädlicherweise lediglich ins Leere ginge.

    Im Wesentlichen stütze ich mich auf zwei Argumente, wobei im vorliegenden Fall aber nur eines greift:

    Wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe ist, ist die Vollmacht durch Konfusion erloschen, weil sich niemand selbst vetreten kann. Er handelt demnach in diesem Fall nicht als Bevollmächtiger, sondern ausschließlich und allenfalls -ggf. im Wege der Auslegung- im eigenen Namen in seiner Eigenschaft als Erbe. Dann ist aber erst recht ein Erbschein erforderlich.

    Wenn der Erbe oder ein Miterbe minderjährig oder als geschäftsunfähiger Volljähriger unter Betreuung steht, unterliegt der Bevollmächtigte den gleichen Genehmigungserfordernissen wie der gesetzliche Vertreter (Begründung wie Flume, BGB-AT, II, § 51, 6).

    Die Prüfung im Hinblick auf die Konfusions- und Geschäftsfähigkeitsproblematik setzt die Kenntnis voraus, wer Erbe geworden ist. Für den Nachweis, wer Erbe geworden ist, gilt § 35 GBO. Ist kein notarielles Testament vorhanden, bleibt also nur der Erbschein.

    Einmal editiert, zuletzt von Cromwell (7. November 2012 um 15:33) aus folgendem Grund: Das System produziert eigenartigerweise Schreibfehler, obwohl ich mich definitiv nicht vertippt hatte.

  • Wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe ist, ist die Vollmacht durch Konfusion erloschen, weil sich niemand selbst vetreten kann. Er handelt demnach in diesem Fall nicht als Bevollmächtiger, sondern ausschließlich und allenfalls -ggf. im Wege der Auslegung- im eigenen Namen in seiner Eigenschaft als Erbe. Dann ist aber erst recht ein Erbschein erforderlich.

    :daumenrau kann mich meinem Vorredner nur anschließen - hut ab!

    Eine Frage hätte ich aber noch.. Dadurch, dass ich hier zwei Bevollmächtigte habe - gilt das dann auch? Grundsätzlich könnten die sich ja gegenseitig vertreten.

  • Du hast wahrscheinlich den Fall im Auge, dass beide Bevollmächtigte einzelvertretungsberechtigt sind. Sind sie zugleich die einzigen Miterben, dürfte die Vollmacht jedenfalls für den anderen Miterben fortbestehen. Ein Vollmachthandeln für sich selbst ist aber auch hier ausgeschlossen. Mit anderen Worten: In einem solchen Fall kann der einzelne Vollmachtnehmer nur für den anderen Miterben in Vollmacht handeln. Für sich selbst kann er also nur im eigenen Namen handeln, also als Erbe. Damit sind wir wieder beim Erbschein.

    Für die Geschäftsfähigkeitsfrage weise ich darauf hin, dass sich meine Ansicht nicht im Einklang mit der hM befindet. Streng genommen gibt es hier sogar eine "doppelte" Problematik. Denn es können nicht nur die Erben des Vollmachtgebers nicht geschäftsfähig sein, sondern der Vollmachtgeber kann auch selbst geschäftsunfähig werden, so dass sich die gleiche Frage nach den Genehmigungserfordernissen erhebt, wenn der Bevollmächtigte noch zu Lebzeiten des -nunmehr geschäftsfähigen- Vollmachtgebers für diesen verfügt.

    Die zuletzt genannte Problematik strahlt im Übrigen auch auf die Kontrollbetreuung aus. Denn wenn der Bevollmächtigte den gleichen Genehmigungstatbeständen unterliegt wie ein Betreuer, obwohl formal kein Betreuerhandeln vorliegt, wird man sich leichter tun, auf eine Kontrollbetreuung zu verzichten als wenn man davon ausgeht, dass der Bevollmächtigte schalten und walten kann wie er möchte.

  • Du hast wahrscheinlich den Fall im Auge, dass beide Bevollmächtigte einzelvertretungsberechtigt sind. Sind sie zugleich die einzigen Miterben, dürfte die Vollmacht jedenfalls für den anderen Miterben fortbestehen. [...] In einem solchen Fall kann der einzelne Vollmachtnehmer nur für den anderen Miterben in Vollmacht handeln. Für sich selbst kann er also nur im eigenen Namen handeln, also als Erbe. Damit sind wir wieder beim Erbschein.

    Also würde in meinem Fall doch die Vollmacht alleine genügen(?).

  • ...Im Wesentlichen stütze ich mich auf zwei Argumente, wobei im vorliegenden Fall aber nur eines greift:

    Wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe ist, ist die Vollmacht durch Konfusion erloschen, weil sich niemand selbst vetreten kann. Er handelt demnach in diesem Fall nicht als Bevollmächtiger, sondern ausschließlich und allenfalls -ggf. im Wege der Auslegung- im eigenen Namen in seiner Eigenschaft als Erbe. Dann ist aber erst recht ein Erbschein erforderlich.

    s. in diesem Zusammenhang auch das Gutachten des DNotI, Abruf-Nr.: 112811, letzte Aktualisierung vom 4. August 2011:

    „… Problematisch ist es, wenn der Bevollmächtigte zugleich Alleinerbe bzw. Vorerbe des als Grundstückseigentümer eingetragenen Vollmachtgebers und Erblassers ist. Es wird der Standpunkt vertreten, der Erbe könne als Alleinerbe nach dem Tod des Vollmachtgebers diesen bzw. sich selber nicht mehr wirksam vertreten, weil dies begrifflich unmöglich sei (so OLG Stuttgart NJW 1948, 627). Nach a. A. kann der Bevollmächtigte, auch wenn er Alleinerbe des Vollmachtgebers ist, aufgrund der Vollmacht ohne Nachweis seines Erbenrechts Rechtsgeschäfte über den Nachlass abschließen (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 168 Rn. 4; LG Bremen Rpfleger 1993, 235). Allerdings erfasst diese Diskussion u. E. nur den Fall, dass der Bevollmächtigte Alleinerbe bzw. alleiniger Vorerbe des Bevollmächtigten ist ….“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Den Fall #15 habe ich gerade auf dem Tisch:

    Erben von M sind die Söhne A und B. Erbschein wurde erteilt. A und B sind in Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen.
    M hat A und B, je einzeln, eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt.

    A hat jetzt das Grundstück aufgrund dieser Generalvollmacht an X verkauft. B ist auf einer längeren Auslandsreise und weis Bescheid.

    Im Kaufvertrag hat A namens M aufgrund Generalvollmacht vom....gehandelt.

    Die Auflassungsvormerkung soll jetzt in das Grundbuch eingetragen werden.
    Die Eintragung ist doch möglich ?

    Oder hätte die Formulierung, für wen A aufgrund der Generalvollmacht im Kaufvertrag handelt, anders formuliert werden müssen ? Ggfs. wie ?

    2 Mal editiert, zuletzt von ollik (7. November 2012 um 17:03)

  • zu #6 und #7:

    Das wir niemanden mehr anhören, wenn jemand aufgrund Vollmacht für ihn handelt - ok.

    Das tun wir doch aber nur, weil der Vollmachtgeber ja weiß, dass so eine Vollmacht in der Welt ist und (hoffentlich) durch den Notar, welcher damals die Vollmacht beurkundet hat, auch belehrt wurde hinsichtlich der Wirkungen und wie man die Vollmacht wieder "rückgängig" machen kann.

    Wenn die Vollmacht hier für die Erben gilt, die Erben aber gar nicht wissen, dass es eine solche Vollmacht gibt, können diese ja auch nicht entscheiden, ob diese Vollmacht wirklich bestand haben soll, sondern müssten dann ggf. nach erfolgter Grundbucheintragung den ganzen Spaß rückabwickeln. Oder?

  • Wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe ist, ist die Vollmacht durch Konfusion erloschen, weil sich niemand selbst vetreten kann. Er handelt demnach in diesem Fall nicht als Bevollmächtiger, sondern ausschließlich und allenfalls -ggf. im Wege der Auslegung- im eigenen Namen in seiner Eigenschaft als Erbe. Dann ist aber erst recht ein Erbschein erforderlich.

    Das Verfahrensrecht hat eine dienende Funktion. Der Erbschein ist erforderlich, weil das Grundbuchamt in der Regel nicht weiß, wer Erbe ist. Du argumentierst aber nun damit, dass ein Erbschein nur deshalb erforderlich sein könnte, weil der Bevollmächtigte auch Alleinerbe ist. In diesem Fall wäre die Erbenstellung sicher und ein weiterer Erbnachweis bloße Förmelei. Es ist bei Vorlage der (öffentlich beglaubigten) Vollmacht in jedem Fall sicher, dass der Bevollmächtigte (oder Alleinerbe) verfügen darf. Wozu soll der Erbschein dann gut sein?

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