Anfechtung Ordnungsgeld wg. fehlender Offenlegung nach § 325 HGB

  • Moin,

    hat sich schon mal jemand mit vor IE verhängten Ordnungsgeldern wegen fehlender Offenlegung von Jahrensabschlüssen im Insolvenzverfahren beschäftigt?

    In meinem Verfahren hat sich die schuldnerische Gesellschaft Ordnungsgelder in sechsstelliger Höhe eingefangen, die dann in das Betriebsgrundstück per ZwaSi vollstreckt worden sind. Geschäftsbetrieb gab es nicht mehr, der Geschäftsführer stand unter Betreuung (da bin ich mir jetzt aber nicht hundertprozentig sicher, die Anordnung der Betreuung könnte auch erst nach Verhängung/Vollstreckung des Ordnungsgeldes erfolgt sein). Die Beschaffung von Unterlagen der Schuldnerin ist wegen des Zustands des GF, der auch Alleingesellschafter ist, ziemlich aussichtslos. Es ist aber wohl unstreitig, dass Jahresabschlüsse nicht erstellt und nicht veröffentlicht worden sind. Die Immobilie wäre ansonsten fast komplett Insolvenzmasse, wenn die Hypotheken nicht wären. Von daher hätte ich ein gesteigertes Interesse, das Grundstück lastenfrei zu bekommen... ;)

    Mir fällt im Prinzip erstmal nur ein, nach § 133 anzufechten. Die Ordnungsgeld-Verhängerei muß ja über einen längeren Zeitraum gelaufen sein, ich unterstelle mal mehrere ZV-Maßnahmen. Da wird wohl irgendwann mal klar gewesen sein, dass die Gesellschaft zahlungsunfähig war... Eine Rechtshandlung des Schuldners wird aber wohl kaum festzustellen sein, solange es beim Vollstrecken geblieben ist. Evtl. das Nichteinlegen von Einsprüchen gegen die Festsetzungsbescheide?

    Hat jemand eine Idee?

  • Waren die Ordnungsgelder denn überhaupt auf eine mögliche Handlung gerichtet; daher bestand die Möglichkeit, die Jahresabschlüsse zu erstellen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Na ja, Bilanzen erstellen muß ja rechtlich mehr oder weniger jeder Hinz und Kunz selber können. Wenn er körperlich dazu in der Lage war, hätte er die Bilanzen schon erstellen und offenlegen können.

  • Zwangsvollstreckung nach 133 angreifen?? Kannst Du denn nicht etwas erstellen, was zum Wegfall führt? Wäre ja echt blöde, gesicherte 39 Ansprüche zu haben

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Wäre ja echt blöde, gesicherte 39 Ansprüche zu haben

    Eben... Ich hatte erst in Richtung Wegfall der Ermöglichung der Erzwingung der geschuldeten Handlung wg. Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit Wegfall des Ordnungsgeldes gedacht. Allerdings hat das Ordnungsgeld nach §§ 325, 335 HGB (soweit bin ich wenigstens gekommen) auch Strafcharakter und soll nicht nur der Erzwingung dienen.

    Es hulpt nix, das Ergebnis scheint mir seltsam, aber ich finde keinen Hebel.

  • Auf Anhieb finde ich auch keinen griffigen Hebel:

    Eine Rechtshandlung des Schuldners (i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO) zu konstruieren ("Nichteinlegen von Einsprüchen gegen die Festsetzungsbescheide") ist zwar nicht ausgeschlossen, aber schwierig, da auch hier der zumindest bedingte Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erforderlich ist. Und wenn die Ordnungsgelder zu Recht erhoben wurden...

    Bei den verhängten Ordnungsgeldern handelt es sich wohl auch nicht um unentgeltliche Leistungen i.S.d. § 134 InsO (so für Geldauflagen der StA: BGH, Urteil vom 05.06.2008 - IX ZR 17/07). Allenfalls der dortigen Argumentation des BGH (in Rn. 13) folgend könnte man versuchen, das Fehlen einer Gegenleistung für das Ordnungsgeld und damit Unentgeltlichkeit anzunehmen (a.A.: Ahrens, Insolvenzanfechtung einer erfüllten Bewährungsauflage, NZI 2001, 456, 459; andererseits: Brömmekamp, ZIP 2001, 951).

    § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (Ordnungsgelder als nachrangige Insolvenzforderungen) führt wohl auch nicht weiter, da sich der Nachrang nicht auf das Absonderungsrecht erstreckt (vgl. KG, Beschluss vom 11.07.2008 - 3 Ws 137/08).

    Dass die geschuldete Leistung nicht mehr erzwungen werden kann, stellt wohl angesichts des zumindest teilweisen Strafcharakters des § 335 HGB (h.M.: strafähnlich, etwa LG Hagen, Beschl. v. 11.05.2007 - 24 T 2/07; dagegen: MünchKomm-HGB/Quedenfeld, § 335 Rn. 16) keinen Hinderungsgrund gegen eine Durchsetzbarkeit dar.

    Im Ergebnis: schwierig, schwierig, schwierig...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Geschäftsbetrieb gab es nicht mehr, der Geschäftsführer stand unter Betreuung (da bin ich mir jetzt aber nicht hundertprozentig sicher, die Anordnung der Betreuung könnte auch erst nach Verhängung/Vollstreckung des Ordnungsgeldes erfolgt sein). Die Beschaffung von Unterlagen der Schuldnerin ist wegen des Zustands des GF, der auch Alleingesellschafter ist, ziemlich aussichtslos.

    wenn der GF gaga ist, ist dann die Schuldnerin überhaupt noch ordnungsgemäß vertreten, konnten Bescheide pp wirksam zugestellt werden?

    Ich weiß, ist nur ein Strohhalm...

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  • Wenn beim GF die Steuerungsfähigkeit zugunsten einer Abhängigkeit von Flüssignahrung abgetreten ist, müßte ich notfalls im Prozeß beweisen, wann er nicht mehr geschäftsfähig war. Das bekomme ich für die Vergangenheit mangels Informationen nicht hin. O.k., dann gibt's eine Abweisung mangels Masse. Wenn das nur ein Nebenschauplatz wäre, könnte man ja mal sportlich eröffnen, aber so komme ich nicht in die Kostendeckung. All: Danke fürs Mitdenken.

  • ...Wenn das nur ein Nebenschauplatz wäre, könnte man ja mal sportlich eröffnen, aber so komme ich nicht in die Kostendeckung. All: Danke fürs Mitdenken.

    wir sind ja nicht auf englischen Rasenplätzen, aber wie sieht es denn mit der Realisierung von Haftungsansprüchen aus?
    Oder hat Dein GF bereits all sein Vermögen in flüssiges Gold getauscht?

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