Nicht bestandskräftige Steuerbescheide und (drohende) Zahlungsunfähigkeit

  • Ich habe hier ein Gutachten, in dem ich Anfechtungsansprüche gem. § 133 InsO prüfe. Folgende Konstellation:

    Eigenantrag einer GmbH. Im April 2012 ergehen Steuerbescheide bzgl. Umsatz- Körperschafts- und Gewerbesteuer für die Jahre 2007 bis 2009. Hieraus ergeben sich Nachforderungen des FA und der Stadt in Höhe von ca. 120.000,00 €. Nach Erlass, aber vor Bestandskraft der Bescheide leistet die Schuldnerin noch diverse Zahlungen. Zum einen Miete für die Gewerberäume von 2.500,00 € und Vergütung für durchgeführte Arbeiten von ca.9.000,00 €. Die Besonderheit ist hier, dass Vermieter der Schuldner zugleich der GF und Gesellschafter der Schuldnerin ist. Auch die vergüteten externen Arbeiten wurden von diesem durchgeführt. Sämtliche Zahlungen sind also letztlich an den Gesellschafter der Schuldnerin geflossen. Meine Überlegung: Zum Zeitpunkt der Zahlungen waren die Steuerbescheide schon in der Welt. Da Leistungsempfänger zugleich GF der Schuldnerin ist, liegt auch Kenntnis der Bescheide vor.

    Aber was ich derzeit noch nicht richtig überblicke: Sind trotz noch nicht eingetretener Bestandskraft der Bescheide die Steuerrückstände voll zu berücksichtigen, so dass ich von Zahlungsunfähigkeit bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf § 133 InsO ausgehen kann? Nach Angaben des GF habe man gegen die Bescheide Einspruch eingelegt gehabt, über den zum Zeitpunkt der Zahlungen noch nicht entschieden gewesen sei. Ziel sei es letztlich aber gewesen, eine Möglichkeit der Ratenzahlung zu bekommen.

  • Sind trotz noch nicht eingetretener Bestandskraft der Bescheide die Steuerrückstände voll zu berücksichtigen, so dass ich von Zahlungsunfähigkeit bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf § 133 InsO ausgehen kann? Nach Angaben des GF habe man gegen die Bescheide Einspruch eingelegt gehabt, über den zum Zeitpunkt der Zahlungen noch nicht entschieden gewesen sei. Ziel sei es letztlich aber gewesen, eine Möglichkeit der Ratenzahlung zu bekommen.


    Rekapituliere: die Beträge waren zum Zeitpunkt x fällig/eingefordert; der Rechtsbehelf diente nur der Verzögerung/Erreichung einer Ratenstundung; erfolgsversprechende Einwendungen in der Sache bestanden nicht -> ZU (+).

  • Selbst wenn die Steuerforderungen noch nicht fällig gewesen sein sollten: Es stand ja wohl fest, dass die Schuldnerin diese bei Eintritt der Fälligkeit nicht würde bedienen können. Das reicht nach § 18 Abs. 2 InsO für die drohende Zahlungsunfähigkeit, und die Kenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen indiziert nach BGH-Rechtsprechung den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz für § 133 Abs. 1 InsO.

    Eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung gibt's leider nicht mehr in dem Umfang von vor dem MoMiG...

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Fragt sich aber, wie lange die Forderungen schon fällig waren und als Darlehen umqualifiziert werden können? auf den EKE kommt es ja nicht mehr an. Und wenn da schon was in der Welt ist, wenn auch noch nicht bestandskräftig, wird man ja wohl mal von einer drohenden ZU ausgehen können. wie sieht es den mit 30, 31 GmbHG aus?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

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