Ergänzungspfleger verlangt Begründung für Verkauf einer Eigentumswohnung

  • Mir liegt ein Vertrag vom Notar vor, wonach eine Eigentumswohnung, die allein im Eigentum einer 6-jährigen Kindes steht, verkauft werden soll.
    Nach Aufforderung wurde mir ein ordnungsgemäßes ausführliches Gutachten vorgelegt, wonach man zu dem Schluss kommt, der Verkehrswert betrage 35.000,00 €.
    Im Kaufvertrag wurden sogar 38.000,00 € vereinbart.

    Das Kind wohnt mit seinen Eltern nicht dort (ca. 30 km entfernt).

    Ich habe für das Genehmigungsverfahren einen E-Pfleger (RA) bestellt und die Kindesmutter nochmal zusätzlich aufgefordert, mir den Grund für den Verkauf zu nennen. Sie hat darauf nicht reagiert. Der bestellte E-Pfleger moniert nun, der Wert für das Kind könne viel höher sein, wenn man die Wohnung schon 12 Jahre lang bis zur Volljährigkeit vermieten würde (man könnte dann bei ununterbrochener Vermietung sicherlich 55.000 € Miete einnehmen, hätte in 12 Jahren aber ganz sicher die eine oder andere Ausgabe). Was nütze schon das Geld in der heute unsicheren Zeit, in der angeblich immer mehr Leute nach Wohneigentum streben. Dies sei schließlich wohl die bessere Anlage.

    Ich muss dazu aber mal sagen: In unserer Gegend ist Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. Es werden diverse Häuser abgerissen, um dem immer größer werdenden Wohnungsleerstand zu begegnen. Steigende Mieten sind demzufolge hier auch nicht so der Fall, mal abgesehen von den doch weit entfernt liegenden Großstädten. Es gibt viele Vermieter, die zu kämpfen haben mit zahlungssäumigen Mietern, Mietnomaden etc. und am Ende viel draufzahlen. In unserer Straße nimmt aus den genannten Gründen auch kaum ein Eigentümer noch Mieter auf, es sei denn, das Jobcenter überweist gleich die Miete. Mit dem, was der RA sagt, kann ich mich also nicht zu sehr anfreunden.

    Aber mal ungeachtet dessen: Wie weit sollte eigentlich der Entscheidungsrahmen des Familiengerichts bei so etwas gehen? Man kann doch nicht grundsätzlich den Eltern vorschreiben, wie sie das Vermögen ihres Kindes anzulegen haben. Sie haben doch insoweit eine gewisse Entscheidungsfreiheit, jedenfalls soweit, wie sie es vernünftig in eigenen Angelegenheiten auch tun würden oder könnten. Entscheidend ist doch in erster Linie, dass Grundeigentum nicht unter Wert verkauft wird, wobei man als Wert doch den gegenwärtig zuverlässig festgestellten Verkehrswert heranziehen sollte. Welchen anderen Wert sollte man denn sonst heranziehen? Alles andere (erzielbare Mieteinnahmen in den nächsten 12 Jahren, ggf. notwendige Instandsetzungskosten etc.) ist doch alles ziemlich vage.

    Wenn ein 17-jähriges Kind jetzt sagen würde, es wolle nächstes Jahr die Wohnung selbst beziehen, könnte oder sollte man das ja berücksichtigen. Aber weder ein 8-jähriges Kind noch ein bestellter Ergänzungspfleger kann so etwas wohl heute behaupten.

    Ich habe jetzt die Mutter nochmals zur Begründung aufgefordert.

    Wenn sie erneut nicht reagiert: Wie würdet Ihr entscheiden, der Sicht des E-Pflegers folgen oder das vorliegende Gutachten im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag als ausreichend betrachten?

  • Ich mach ja auch F-Sachen und meine folgendes:

    Grds. halte ich die Argumentation des E-Pflegers für richtig; in der heutigen unsicheren Zeit ist Grundeigentum viel wertvoller als Bargeld. Nicht so aber, wenn es sich um Grundeigentum handelt, das unterhalten werden muß, wo eine Eigentumergemeinschaft als Anhängsel dranhängt und wo man sich ggf. mit unseriösen Mietern rumschlagen muß.

    Wenn der Kaufpreis angemessen ist, würde ich genehmigen. Der E-Pfleger soll dann Beschwerde einlegen und dann mag das OLG entscheiden. Das ist ja grade Sinn des E-Pflegers, daß er ggf. Beschwerde einlegt, wenn er meint, daß das dem Kindesinteresse eher dient.

    Bei Bauland, Wald, verpachteter Landwirtschaftsfläche, wo für den Eigentümer kaum Pflichten dranhängen, würde ich es wie gesagt anders sehen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Grundsätzlich ist es erst einmal zu begrüßen, dass sich da mal ein Pfleger Gedanken zu der Sache macht und sich einmischt, anstatt immer alles still hin zu nehmen. :daumenrau

    In der Sache wird das FamG m.E. nach dem Wohl des Kindes entscheiden müssen. Dabei ist auf den heutigen Stand der Dinge abzustellen, weil schließlich ja niemand hellsehen kann.
    Dabei ist aber aus meiner Sicht auch relevant, warum die Wohnung jetzt verkauft werden soll? Wird das Geld akut benötigt? Soll es angelegt werden? Wenn ja, wie? Ist die Wohnung derzeit vermietet oder steht sie leer? Werden Mieten ggf. pünktlich gezahlt oder gibt es Rückstände? Stehen Renovierungen an bzw. in welchem Zustand ist das Objekt insgesamt?

    Letztlich wird man die Argumente des Pflegers gegen die der Eltern abwiegen müssen und sich dann entscheiden müssen. Genehmigungen sind ja stets Ermessensentscheidungen.

    Danach haben dann entweder Pfleger oder Eltern die Möglichkeit, in die Beschwerde zu gehen.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • :daumenrau
    Ulf hat es bereits angesprochen.
    Bei der Genehmigungsfähigkeit ist regelmäßig auch die Notwendigkeit eines Rechtsgeschäfts mit Bestandteil der Prüfung.

    Sollte sich die Mutter erneut schriftlich verweigern, würde es bei mir aber sowas von einem Anhörungstermin geben,das glaubst du gar nicht.:eek::D

  • Ja, den Anhörungstermin wird es wohl dann auch bei mir geben. Und erscheint sie da auch nicht, wird es wohl insgesamt eine Zurückweisung, da unterstellt werden muss, dass das Rechtsgeschäft dem Grunde nach mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den Kindesinteressen dient. Vielleicht wird sie ja dann aktiv und legt Beschwerde ein. Dieser kann ich dann natürlich nicht abhelfen, sodass das OLG eben entscheiden muss.

  • Ich persönlich bin aber der Meinung, dass die grundsätzliche Entscheidung bei den Kindeseltern liegt, und diese bei den bekannten Rechtsgeschäften zur Wirksamkeit der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Daraus schließe ich, dass ich die familiengerichtliche Genehmigung nur verweigern kann, wenn das Rechtsgeschäft meiner Abwägung nach nicht im Interesse des Kindes ist. Bei diesen (neutralen - pro und kontra halten sich die Waage) Rechtsgeschäften müsste man dann genehmigen. Die "Beweislast", dass das Rechtsgeschäft nicht im Interesse des Kindes ist, liegt beim Familiengericht. Die Situation kommt bei mir des Öfteren bei Erbauschlagungen vor, bei denen der Nachlasswert nach Abzug der Beerdigungskosten ziemlich genau null Euro beträgt. Was soll man denn in so einem Fall machen? Die eigentliche Entscheidung zur Ausschlagung hat der Elternteil getroffen und ich habe einfach keine Argumente zur Hand, die dagegegen sprechen. Im Zweifel ist - meiner Meinung nach - zu genehmigen, weil ansonsten unbegründet in das Elternrecht eingegriffen wird.

    Aber so weit kommt es bei dir ja gar nicht, wenn der Ergänzungspfleger überhaupt nicht zum Notar geht! Denn dann ist das Verfahren ja schon im Keim erstickt und es braucht auch nicht mehr zur Genehmigungsfähigkeit angehört werden.

  • Du hast da was falsch verstanden: Der E-Pfleger wurde nicht zur Durchführung des Rechtsgeschäfts bestellt und muss demzufolge auch nicht zum Notar gehen, er wurde für das Kind zur Vertretung des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts bestellt.
    Die Mutter ist für das Rechtsgeschäft selber nicht von der Vertretung ausgeschlossen.

  • Die "Beweislast", dass das Rechtsgeschäft nicht im Interesse des Kindes ist, liegt beim Familiengericht.

    Sorry , aber wo hast Du das her ?:eek:

    Es gilt im Genehmigungsrecht der mehr oder weniger ungeschriebene Grundsatz , dass "im Zweifel" die Genehmigung zu versagen ist.
    Mit einer anderen Meinung sollte man sich nicht zum Erfüllungsgehilfen von Elternwünschen machen.

  • M.E. handelt es sich bei der Frage, wie die Vermögensverwaltung erfolgt, um eine Zweckmäßigkeitsfrage des gesetzlichen Vertreters.

    Der gesetzliche Vertreter handelt insoweit nicht pflichtwidrig, wenn er in Zweckmäßigkeitsfragen aus sachlichen Gründen anderer Ansicht ist als das zuständige Gericht. Ferner darf in Zweckmäßigkeitsfragen das Gericht nicht an Stelle des gesetzlichen Vertreters tätig werden, insbesondere keine bindende Anordnungen treffen (Damrau/Zimmermann 4. Aufl. § 1837 BGB RdNr. 10).

    Vorstehendes gilt auch für Rechtsgeschäfte des gesetzlichen Vertreters, die der gerichtlichen Genehmigung bedürfen. M.E. ist daher die Versagung der gerichtlichen Genehmigung zum Verkauf eines Grundstücks mit der Begründung, es kommt eine andere Form der Benutzung (hier: Vermietung) in Betracht, nicht möglich.

  • Im vorliegenden Fall sind die Eltern nicht anderer Ansicht als Gericht oder Ergänzungspfleger sondern haben die Gründe für den Verkauf bisher noch nicht mitgeteilt.

    Ohne die Gründe zu kennen ,würde ich die Genehmigung auch nicht erteilen.

  • Vorstehendes gilt auch für Rechtsgeschäfte des gesetzlichen Vertreters, die der gerichtlichen Genehmigung bedürfen. M.E. ist daher die Versagung der gerichtlichen Genehmigung zum Verkauf eines Grundstücks mit der Begründung, es kommt eine andere Form der Benutzung (hier: Vermietung) in Betracht, nicht möglich.

    Dann warten wir hier mal eine Begründung ab.
    Ohne ( nachträgliche ) Begründung = keine Notwendigkeit für den Verkauf = Versagung der Genehmigung.

    Mehr sage ich zu dem Thema nicht mehr.

    Einmal editiert, zuletzt von Steinkauz (30. November 2012 um 13:40) aus folgendem Grund: Korrektur

  • Upps, ich hatte gerade meinen eigenen Sachverhalt im Kopf, in dem die Wohnung an einen Elternteil übertragen werden sollte! :oops:

    Aber trotzdem, die Systematik ist doch:

    Handeln der Eltern --> Amtsermittlung --> Keine Gründe gegen das Handeln der Eltern ersichtlich = Genehmigung!!!

  • Wenn Du vor dem "Handeln der Eltern" noch das Wort "Zweckmäßiges" setzt, bin ich wieder bei Dir.
    Und hierfür bedarf es eben einer Begründung, die notfalls auf dem Anhörungswege nachgeliefert werden muss.

    Wie willst Du sonst das Kindeswohl nach § 1697 a BGB prüfen ?

  • Habe nochmals bei § 1828 BGB nachgelesen.

    Aus einer Entscheidung des OLG Zweibrücken FamRZ 2001,1236f. geht folgendes hervor:
    Die Genehmigung darf daher nur versagt werden, wenn das in Aussicht genommene Geschäft nach den im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilenden Gesamtumständen, das sind alle möglichen Vor- und Nachteile, nicht dem Interesse des Kindes entspricht. Vorteile, Risiken, Erträge und Aufwendungen sind abzuwägen. Den Eltern verbleibt dabei eine Dispositionsbefugnis, die nur beschränkt zur Überprüfung des Familiengerichts steht. Sie entscheiden, ob und welche Maßnahme für das Kind getroffen werden soll.

    Das OLG Zweibrücken bezieht sich insoweit auf eine Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 24,119). Dieses hat die Entscheidung unter Anwendung von Art. 6 II 1 und Art. 6 II 2 GG getroffen.

    Andererseits führt das OLG Hamm FamRZ 2001,53f. zur Genehmigungsfähigkeit aus, dass das Gericht Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit des Rechtsgeschäfts anzustellen hat. Wenn ich dies genau nehme, müsste dann das Gericht auch befugt sein, im Rahmen der Genehmigungsentscheidung die Genehmigung zu verweigern, weil es die Zweckmäßigkeit des Rechtsgeschäfts anders als der gesetzliche Vertreter beurteilt (mithin das Rechtsgeschäft anstelle des gesetzlichen Vertreters nicht abgeschlossen hätte). Ähnlich auch BayObLG FPR 2002,160 (vgl. Palandt 68. Auflage § 1828 BGB RdNr. 10): Der Veräußerung eines Grundstücks kann trotz höherer Rendite einer anderen Anlegung die Wertbeständigkeit der jetzigen Anlage entgegenstehen (Entscheidung liegt mir nicht vor).

  • Danke für Deinen Beitrag.
    Fundstellen werden hier immer gern gesehen.
    OLG Saarbrücken ist natürlich völlig daneben .;)

    Dass die Entscheidung in das Ermessen des Rechtspflegers gestellt ist bzw. ein entsprechender Emessensspielraum besteht, ergibt sich z.B. für das Betreuungsrecht aus BGH FamRZ 1986,970 u. BayOBLG Rpfl. 2003,361 .
    Maßgeblich ist auf das Wohl des Betreuten - und in Kindschaftssachen eben auf das Kindeswohl - abzustellen.
    Da kann ich im Bereich der Genehmigungsfähigkeit , in dem wir uns gerade bewegen, keine unterschiedlichen Maßstäbe zwischen Kindern u. Betreuten anwenden.

  • Schön, dass ich damit einen Thread mit so grundsätzlichen Fragen (wie weit darf in den Ermessensspielraum der Eltern eingegriffen werden, wenn es um die Art der Anlage von Vermögen geht) aufgeworfen habe.
    Ich werde jetzt natürlich erst mal abwarten, was die Mutter schreibt. Reagiert sie erneut nicht, muss ich wohl unterstellen, dass das Rechtsgeschäft nicht im Interesse des Kindes ist. Sie kann dann ja Beschwerde einlegen, dass die Entscheidung das OLG treffen muss.
    Grundsätzlich vertrete ich aber die Auffassung, dass man zu weit nicht in den Ermessenspielraum der Eltern eingreifen darf, zumal man ja im Übrigen auch durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann, ob vermieteter Grundbesitz nun unbedingt die optimale Vermögensanlage ist. Das hängt sicher von der Art des Grundbesitzes ab, aber auch von den allgemeinen Bedingungen in der jeweiligen Region.
    Genauso, wie es keine gesetzliche Vorschrift gibt, wonach ich den Eltern vorschreiben könnte, größere Geldbeträge für das Kind in Grundbesitz anzulegen, kann ich wohl nicht verbieten, umgekehrt Grundbesitz wieder zu Geld zu machen. Schließlich hat man aus vermietetem Grundbesitz nicht nur Rechte, sondern durchaus auch erhebliche Verpflichtungen. Wie ich weiter oben schon mal sagte, möchte ich auf Grund meiner hier festgestellten Erfahrungen gar nicht unbedingt Mieter in meinem Hause haben. Ich muss wohl hauptsächlich nur darauf achten, dass das Kind hierfür einen adäquaten Gegenwert erhält. Die Entscheidung des OLG Zweibrücken überzeugt mich am meisten.

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