Wiedereinziehung durch die Landeskasse ohne Kostengrundentscheidung

  • Hallo,

    ich sitze gerade an einer Unterhaltssache.

    Die Antragsgegnerseite hat VKH. Die Antragstellerseite nicht.
    Die Antragstellerseite hat im Verfahrensverlauf den Antrag auf Unterhaltsbestimmung etc. zurückgenommen.

    Jetzt wurde dem Antragsgegnervertreter antragsgemäß seine Vergütung nach § 49 RVG aus der Landeskasse angewiesen.

    Kann ich diese trotz fehlender Kostengrundentscheidung vom gesetzl. Kostenschuldner bei Antragsrücknahme (der Antragstellerseite!) wieder einziehen?

    Bin der Meinung das geht so ohne weiteres nicht. Mir fehlt es am Entscheidungsschuldner und auf die Kostenentscheidung kann ich lang warten ;). Die Parteien sind nämlich Übereingekommen keine gegenseitigen Kostenanträge und also auch keinen Antrag auf Kostengrundentscheidung zu stellen ... Hilfe!

    Geht das Antragsrecht hinsichtlich der Kostengrundentscheidung auf die Landeskasse über?

  • ...

    Kann ich diese trotz fehlender Kostengrundentscheidung vom gesetzl. Kostenschuldner bei Antragsrücknahme (der Antragstellerseite!) wieder einziehen?

    ...

    Geht das Antragsrecht hinsichtlich der Kostengrundentscheidung auf die Landeskasse über?

    2 x NEIN.

    Aber dieses Problem soll ja mit der Neuregelung der PKH beseitigt werden.

  • Das siehst du richtig. Ohne Kostengrundentscheidung kannst du die Kosten nicht von der Gegenseite einziehen.
    Obwohl ich mich ganz düster an eine (LAG?)-Entscheidung zu erinnern glaube, wonach diese Übereinkunft der Parteien zu Lasten der Landeskasse nicht zulässig sein soll.
    Für die "ordentliche" Gerichtsbarkeit ist mir in dieser Richtung aber nichts bekannt.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Das habe ich mir schon fast gedacht ...

    Was mich allerdings doch ins Grübeln bringt, ist folgende Entscheidung des LG Frankenthal vom 10.01.1986, 1 T 381/85:

    "Geltendmachung der auf Beklagtenseite entstandenen PKH-Anwaltskosten durch die Staatskasse gegen den Kläger im Falle der Klagerücknahme ohne Vorliegen eines Kostenbeschlusses nach ZPO § 269 Abs 3 S 2)

    [...]
    1. Im Falle der Klagerücknahme ist die Landeskasse auch ohne Vorliegen eines Kostenbeschlusses berechtigt, die auf sie übergegangenen PKH-Anwaltskosten des Beklagten aufgrund der Bestimmung des ZPO § 269 Abs 3 S 2 gegen den Kläger geltend zu machen."

    Klappt es vielleich doch?!

    Über § 113 Abs. 1 Satz 2 ZPO findet nämlich auch § 269 ZPO seinen Weg ins Familienverfahren. Demnach müsste nach Antragsrücknahme ist in einer Familienstreitsache eine Kostenentscheidung gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 269 Abs. 3 ZPO zu treffen sein ... :gruebel:

  • Demnach müsste nach Antragsrücknahme ist in einer Familienstreitsache eine Kostenentscheidung gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 269 Abs. 3 ZPO zu treffen sein ... :gruebel:

    Aber nur auf Antrag (§ 269 Abs. 4 ZPO).

    Du kannst die Sache aber deinem Familienrichter vorlegen mit der Bitte um Kostenentscheidung, denn

    gemäß § 81 Abs. 1 S. 3 FamFG ist in Familiensachen stets über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (von Amts wegen)!

    § 81 FamFG gilt in Unterhaltssachen nicht (§§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 S. 1 FamFG).

  • Ich habe gestern noch ein wenig in JURIS herumgesucht. Folgende Standpunkte gibt es dazu:

    1) Es besteht eine Wiedereinziehungsmöglichkeit auch ohne Kostengrundentscheidung (LG Frankenthal, 1 T 381/85, Beschluss vom 10.01.1986 u.a.).

    2) Die Staatskasse hat ein Antragsrecht hinsichtlich des Erlasses einer Kostengrundentscheidung (u.a. LG Aschaffenburg, T 25/89, Beschluss vom 28.07.1989 u.a.)

    und 3) Die Staatskass hat kein eigenes Antragsrecht auf Erlass einer Kostengrundentscheidung (OLG Nürnberg, 11 WF 2456/88, 07.11.1988 u.a.).

    Zwar sind die Entscheidungen alle schon etwas älter, aber gem. § 112 FamFG ist das Unterhaltsverfahren eine streitige Familiensache (§§ 81, 83 FamFG finden keine Anwendung) und § 113 FamFG bringt mich zum § 269 ZPO, der in besagten Entscheidungen thematisiert wird.

    Da es diverse Möglichkeiten gibt, habe ich jetzt beschlossen, dass ich meine Landeskasse (Bezi´s) anhöre.;)

  • Hallo, ich schließe mich mal mit meinem Fall hier an:

    Nach Bewilligung ratenfreier PKH für den Kläger erklären die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt mit der Maßgabe, dass keine wechselseitigen Kostenanträge gestellt werden.

    Der Klägervertreter hat seine PKH-Vergütung aus der Staatskasse erhalten. Für eine etwaige Prüfung des Übergangs nach § 59 RVG fehlt es an einer Kostengrundentscheidung, die aber nach §§ 91a, 308 Abs. 2 ZPO ausnahmsweise nicht von Amts wegen ergeht, da die Parteien auf Kostenentscheidung verzichtet haben (s.o.).

    Die Regelungslücke bei Klagerücknahme wurde zwar durch § 269 Abs. 4 Satz 2 ZPO geschlossen, für diesen Fall aber wohl nicht. Die Kommentierung gibt nichts her, eine analoge Anwendung scheidet wohl aus.

    Weglegen oder Vorlage an Revisor? (Vom Richter habe ich die Akte schon zurück)

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