Unterschrift von Chefin kopieren?

  • Ich habe mal eine seltsame Frage. Meine Chefin sagt mir ständig, dass ich-wenn sie nicht da ist- ihre Unterschrift unter ihre Korrespondenz schreiben soll. Kollegin soll das auch. Wir sollen nicht i.A. oder i.V. dazuschreiben, sondern den Namen der Chefin und selber unterschreiben (mit dem Namen der Chefin). Fühle mich nicht gut dabei. Ist sowas überhaupt zulässig?

  • Also ich hab von ReNo-Zeugs keine blasse Ahnung, aber Unterschriften mit fremdem Namen, das halte ich für Urkundenfälschung.
    (Ich habe zu Schulzeiten aus Zweckmäßigkeitsgründen mehrfach mit dem Nachnamen meiner Mutter unterschrieben, der auch meiner ist - das wurde stets bemängelt.)

    Sollt ihr die Unterschrift der werten Chefin auch imitieren/nachahmen/FÄLSCHEN oder reicht es, wenn der Name "stimmt"?

    Ich nehme an, die Dame verfährt nach dem Motto: Interessiert doch ohnehin keinen und merken tut es schon gar niemand. Das stimmt vermutlich sogar, denn wer vergleicht schon Unterschriften von RAs u/o Notaren?

    Allerdings erschließt sich mir der Sinn der angeordneten Aktion nicht, womit wir wieder bei S.1, 1. HS meiner Antwort wären.

  • Wenn Deine Chefin damit einverstanden ist, ist es zulässig. Ist keine Urkundenfälschung. Aber erstens nicht an die große Glocke hängen, Prozesshandlungen könnten unzulässig sein. Und ein Haftungsproblem dürfte es auch geben.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wenn Deine Chefin damit einverstanden ist, ist es zulässig. Ist keine Urkundenfälschung. Aber erstens nicht an die große Glocke hängen, Prozesshandlungen könnten unzulässig sein. Und ein Haftungsproblem dürfte es auch geben.

    Jetzt bin ich neugierig: Es soll nicht an die große Glocke, Prozesshandlungen können unzulässig sein, Haftungsprobleme könnte es geben, zulässig ist es und Urkundenfälschung ist es auch nicht. Wo steht solches?

  • Das mit der Urkundenfälschung steht im Strafgesetzbuch und begleitend in einem Lehrbuch für Jurastudenten (Strafrecht, Besonderer Teil). Wenn man Erklärungen im Namen eines anderen abgibt und dieser damit einverstanden ist, liegt keine Urkundenfälschung vor. Haftungsprobleme gibt es vielleicht dann, wenn Azubine etwas unterschreibt, dass inhaltlich gar nicht so gemeint war. Am Besten prüft man als Anwalt alles doppelt und dreifach. Der Rest ist mehr so mal gelesen. Mit der Unterschrift bestätigt man, dass man sich den Schriftsatz zu eigen macht und die Verantwortung übernimmt. Wenn aber der Azubi unterschreibt :gruebel:.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • @Alte Schwedin:

    Auch wenn es strange klingt, der wirksam Bevollmächtigte darf auch mit dem Namen des Vollmachtgebers unterschreiben. Wo das steht, kann ich auf die Schnelle nicht sagen, vermutlich Rechtsprechung, ist mir aber auch so bekannt.

    Anders sieht es halt aus, wenn zwingend eine Anwaltsunterschrift erforderlich ist, da insoweit keine wirksame Bevollmächtigung einer nichtanwaltlichen Mitarbeiterin erfolgen kann.

    Edit: Gegs hat es schöner erklärt. ;)

  • Ich danke euch beiden für die Aufklärung. Hätte ich echt nicht gedacht, dass das so einfach funktioniert. Wie gesagt: Danke!

  • @ Gegs, BREamter und Ich bin blond: Ganz großes VETO!

    Die obigen Aussagen können aus meiner Sicht nicht so ohne weiteres stehengelassen werden! Auch wenn ich (zum Glück) kein Strafrechtler bin, teile ich die Bedenken von 'Alte Schwedin': Wer die Unterschrift eines Dritten nachmacht, kann auch dann eine Urkundenfälschung begehen, wenn der Dritte damit einverstanden ist. Natürlich lasse ich mich auch gern eines Besseren belehren, nur zu!

    Zunächst einmal: Die von 'Ich bin blond' zitierten Entscheidungen greifen nicht. Darin ist lediglich ausgeführt, dass ein mündlich Bevollmächtigter eine Vollmacht für sich selbst ausstellen kann, wenn er vom Vollmachtgeber dazu ermächtigt wurde. Aber: Der Bevollmächtigte darf nicht etwa mit dem Namen des Vollmachtgebers unterzeichnen, sondern muss dies mit seinem eigenen Namen tun.

    "Der Verteidiger kann eine schriftliche Vollmacht im Einvernehmen mit dem Angeklagten auch mit seinem Namen unterzeichnen."
    (BayObLG, Beschl. v. 07.11.2001 - 5 St RR 285/01)


    "Das Gericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die wirksame Vertretung grds. eine schriftliche Vollmacht voraussetzt. Dass die dem Gericht vorgelegte Vollmacht aufgrund mündlich erteilten Auftrags des Angekl. vom Verteidiger für diesen mit seinem eigenen Namen unterzeichnet war, steht dem aber nicht entgegen."
    (OLG Dresden, Urt. v. 21.08.2012 - 3 SS 336/12)


    Demgegenüber etwa:


    "Durch Unterzeichnen eines Schecks unter Imitierung der Unterschrift des Kontoinhabers kann auch dann eine unechte Urkunde hergestellt werden, wenn dieser mit der Tat einverstanden ist."
    (BayObLG, Beschl. v. 30.09.1987 - RReg. 2 St 110/87, NJW 1988, 1401)


    Aus strafrechtlicher Sicht müssen zumindest drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, damit ein nicht offengelegtes Handeln unter fremdem Namen keine Urkundenfälschung darstellt: "Derjenige, unter dessen Namen die Urkunde hergestellt wird, muss den Willen haben, sich vertreten zu lassen, der unmittelbar Handelnde muss ihn vertreten wollen, und die Vertretung muss rechtlich zulässig sein." (MünchKomm-StGB/Erb, § 267 Rn. 137ff. m.w.N.). Die Rechtsprechung geht zum Teil geht noch einen Schritt weiter und verlangt, dass der Dritte auch ein eigenes Interesse daran hat, dass der andere unter seinem Namen tätig wird (BGH, Beschl. v. 21.03.1985 - 1 StR 520/84; BayObLG, Beschl. v. 20.02.1989 - RReg. 5 St 165/88). Denn das Problem an der Sache ist die Missbrauchsgefahr: Der Dritte könnte sich je nach Bedarf mit Erfolg darauf berufen, die Unterschrift sei gefälscht oder eben nicht.

    Schließlich sollten auch andere strafrechtliche Aspekte (etwa Betrug) nicht völlig aus dem Blick verloren werden. Denn die Empfänger des unterschriebenen Schreibens werden getäuscht.

    Im Ergebnis: @ Nettilie: Ich habe große Bedenken gegen das Vorgehen Deiner Chefin. Richtigerweise (und von uns ausnahmslos so praktiziert) unterschreiben Beauftragte bzw. Bevollmächtigte mit i.A. bzw. i.V. und mit eigenem Namen. Und haben ein gutes Gefühl dabei;).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Stopp, ob jeman Untervollmacht erteilen darf, ist meines Erachtens eine andere Sache. Wenn ich die von Dir genannten Vorausetzungen lese, dann sind die Voraussetzungen dafür, dass die Handlung nicht strafbar ist, erfüllt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Stopp, ob jeman Untervollmacht erteilen darf, ist meines Erachtens eine andere Sache. Wenn ich die von Dir genannten Vorausetzungen lese, dann sind die Voraussetzungen dafür, dass die Handlung nicht strafbar ist, erfüllt.

    Das mag im Einzelfall so sein. Und versteh' mich bitte nicht miss, ich wollte Euch nicht kritisieren. Aber nenn' es anwaltliche Vorsicht, nenn' es Paranoia: ich würde mich in so einem Fall hüten, eine allgemeinverbindliche Aussage zu treffen. Das Risiko wäre mir zu groß. Ich stehe zu meinen Bedenken. Wie Du weißt: ich bin der Bedenkenträger:cool:.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Es sollten hier Vollmacht und Prozesshandlung nicht vermischt werden. Die Vollmacht berechtigt zur Vertretung. Eine Folge der Vollmacht ist unter anderem das Einreichen von Schriftsätzen. In Zivilsachen gilt § 130 Abs. 6 ZPO. Danach muss ein Anwalt unterschreiben und i. V. geht gar nicht und i. A. (jeweils Rechtsanwaltsunterschrift) nur in Ausnahmefällen (s. Zöller, s. Zimmermann, dort am deutlichsten, Rn. 3).

  • Danke für eure Antworten. Bisher sollte ich nur einfache Korrespondenz mit Mandanten "unterschreiben", wenn die Chefin nicht im Haus ist. Kostennoten habe ich auch schon selber mit ihrem Namen unterschrieben. Hmmmmm, ihr habt mich nachdenklich gemacht, aber das war ich vorher sowieso schon.

  • (Auch ich lasse mich gern verbessern. StrafR ist laange her.)

    Das Prob. ist weniger die Frage, mit welchem Namen man unterschreibt, dies kann auch der Name des Ausstellers (A. ist der geistige Verfasser, nicht der Ausführende) sein, ohne dass eine Urkf. vorliegt, vgl. RG 09.12.1940, 2 D 355/40, so auch BayObLG a.a.O. Dies gilt nicht, wenn dem Ausführenden die Vertretungsbefugnis und der Vertretungswille seitens des Ausstellers fehlt. Daran ! hat es, auch beim BayObLG gemangelt.

    In #1 macht sich der RA der Urkf schuldig, die Angestellte ist Werkzeug, weil eine Schreibhilfe mangels Übertragbarkeit der Anwaltsbefugnisse ausgeschlossen ist, vgl. Schönke/Schröder, 28.A., § 267 Rdn. 57; RG, 04.10.1910, V 950/09.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich habe es für mich ganz simple geregelt: Ich unterschreibe nicht in anderem Namen. Basta. Ob es rechtlich relevant oder gültig ist, strafbar oder nicht, ist mir egal. Ich unterschreibe nicht im Namen meines RAs. Ich kriege schon eins zuviel, wenn er Schriftsätze oder anwaltliche Erklärungen, die ich formuliert habe, nicht richtig liest, oder KfAs nicht gründlich genug anschaut, bevor er unterschreibt. Vertrauen und Zutrauen ist ja schön und gut, aber mir geht es da um mich... und für manches übernehme ich definitiv nicht die Verantwortung, nicht einmal wenn es nur eine fiktive Verantwortung ist, weil keine Konsequenzen daraus abzuleiten sind.

    I.A. wiederum kein Problem.

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