Hinterlegung von Geld nach der BGH Entscheidung Orange-Book-Standard

  • Liebe Hinterlegungsexperten,

    ich beschäftige mich gerade mit der Verteidigung mit dem sog. kartellrechtlichen Zwanglizenzeinwand im Patentverletzungsstreit. Deren Voraussetzungen wurden in der Entscheidung BGH, Urt. v. 6.5.2009 - KZR 39/06 - Orange-Book-Standard (weitere Fundstellen BGHZ 180, 312 oder GRUR 2009, 694 oder http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…134&pos=2&anz=3).

    Ich hätte dazu einige Fragen zur praktischen Durchführung der "Orange-Book-Lösung" bzw. würde bestimmte Aspekte gerne diskutieren (Hintergrund der auf den ersten Blick z.T. ggf. etwas seltsam anmutenden Fragen unten):

    1. Bedeutet im NRW HintG "einzahlen" sowohl "überweisen" als auch "bar einzahlen"? Wenn ja, woraus ergibt sich das? (Beantwortet, danke an Valerianus)

    2. Inwieweit prüfen die Hinterlegungsstellen, ob wirklich ein Annahmeverzug vorliegt, wenn eine Hinterlegung gem. § 372 BGB erfolgt? (Beantwortet, danke rusu)

    3. Falls eine materielle Prüfung erfolgt: Welche Nachweise fordert die Hinterlegungsstelle im Antrag im Fall einer Hinterlegung gem. § 372? Muss hier ein Nachweis erbracht werden, dass der Gläubiger die Annahme der angebotenen Leistung wirklich verweigert hat bzw. immer noch verweigert? (Beantwortet, danke rusu)

    4. Kann man bei einer Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme im Antragsformular für die Annahmeanordnung auch selbst als potentiellen Berechtigten eintragen (weil man nach Orange-Book-Standard zur Sicherheit zuviel hinterlegt hat, s.u.)?

    5. Könnte man als Zug-um-Zug Leistung auch die "billige Festlegung der angemessenen Lizenz" in das relevante Formular eintragen (mit der Folge, dass eine Auszahlung erst erfolgt, wenn die Billigkeit der Festlegung gerichtlich bestätigt ist)?

    6. Ist § 11 Abs. 2 UrhWG ein eigener Hinterlegungsgrund, der von den Hinterlegungstellen auch als solcher anerkannt wird? Oder prüfen die Hinterlegungsstellen auch in diesem Fall die Voraussetzungen des § 372 BGB?

    7. Ist es auch im Bayerischen Hinterlegungsgesetz die Möglichkeit vorgesehen, einen Betrag einzuzahlen, bevor eine Annahmeanordnung ergangen ist (in NRW und BaWü ist dies ausdrücklich in § 9 HintG geregelt)?

    8. Können auf eine einmal ergangene Annahmeanordnung weitere Zahlungen geleistet werden oder braucht man jeweils einen neuen Annahmeantrag und eine neue Annahmeanordnung?

    Hintergrund:

    allg zu 1-8)

    Alle Fragen beziehen sich insbesondere auf die Situation, in der sich ein Unternehmen befindet, das von einer Patentverwertungsgesellschaft auf Unterlassung aus einem (angeblich) standardessentiellen Recht in Anspruch genommen wird. Ein solches Patent schützt (angeblich) eine technische Lösung, deren Benutzung (angeblich) in einem Industriestandard (z.B. GSM, GPRS, UMTS, LTE, MPEG4, MP3, etc) zwingend vorgeschrieben ist. Gegen eine solche Klage kann sich ein Unternehmen theoretisch mit dem kartellrechtlichen Zwanglizenzeinwand wehren, weil der Inhaber eines standardessentiellen Rechts aus Kartellrecht verpflichtet ist, sein Schutzrecht gegen eine angmessene Lizenz zu lizenzieren.

    Abgesehen, dass solche Patente häufig nicht essentiell sind bzw. zu Unrecht erteilt wurden, ist in diesen Fällen immer streitig, was nun die "angemessene" bzw. kartellrechtlich zulässige Lizenz ist. Zur Lösung dieser Situation hat der BGH in der Orange-Book-Entscheidung unter anderem ein "Hinterlegungsmodell" vorgesehen. Danach muss der Lizenzsucher dem Pateninhaber (also z.B. einer Verwertungsgesellschaft) ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages machen. Zudem muss er den Pflichten nachkommen, die aus dem Lizenzvertrag folgen würden, wenn der Lizenzsucher das Angebot schon angenommen hätte. D.h. dass der Lizenzsucher (also der verklagte Hersteller) regelmäßig Rechnung legen muss und entsprechend dieser Rechnungslegung an den Patentinhaber Lizenzgebühren zahlen muss. Anstatt direkt zu zahlen, soll er die Beträge aber auch hinterlegen können (schon aus Gründen des Insolvenzrisikos sehr wichtig!).

    Der Lizenzsucher soll die Höhe der kartellrechtlich angemessenen Lizenz auch in das billige Ermessen des Patentinhabers stellen können. Auch in diesem Fall soll er die Lizenzgebühren (in regelmäßigen Abständen laufend) hinterlegen müssen und einen in jedem Fall angemessenen Betrag hinterlegen. Hier ist regelmäßig nötig, einen hohen Betrag zu hinterlegen, damit dieser auch in jedem Fall als angemessen angesehen wird. Was die "richtige" Lizenzhöhe ist, soll erst in einem zweiten Verfahren zu klären sein. Erst nach diesem Verfahren steht dann fest, welcher Teil des hinterlegten Betrags nun wirklich geschuldet war und was "zu viel" hinterlegt wurde.

    Was der BGH scheinbar nicht bedacht hat ist die Möglichkeit, dass der Patentinhaber ein Angebot nach § 315 BGB einfach annimmt. Hier stellt sich nun die Frage, ob überhaupt noch hinterlegt werden kann (§ 11 UrhWahrG analog? bzw. auf Grundlage einer schon vorher ergangenen Annahmeanordnung?) Außerdem ist fraglich, wie man die Hinterlegung "richtig" macht und gleichzeitig verhindert, dass die Verwertungsgesellschaft einfach das gesamte Geld abräumt.

    Hintergrund zu 1)

    Es wird z.T. für die inzwischen außer Kraft getretene HintlO behauptet, dass man eine Hinterlegung gem. § 372 BGB immer nur in Bar durchführen könne (vgl. Maume, GRUR Int 2010, 923, 926 und Reimann/Hahn, FS Meibom, S. 385). Ich halte das für falsch, bin mir aber mit den rechtlichen Nachweise für die inzwischen geltenden Hinterlegungsgesetze der Länder nicht sicher.

    Im Hinterlegungsgesetz von Bayern (Bay HintG) scheint eine Überweisung klar geregelt und sogar der gesetzlich gewünschten Regelfall zu sein. Dort heißt es in Art. 12 Bay HintG:


    Die Hinterlegung wird vollzogen 1. bei Geldsummen durch Gutschrift auf einem von der Hinterlegungsstelle bezeichneten Konto oder in Eilfällen durch Bareinzahlung bei der zuständigen Geldannahmestelle,[...].

    In den Hinterlegungsgesetzen von NRW (NRW HintG) und BaWü (NRW HintG) habe ich eine entsprechende Vorschrift nicht gefunden. Dort heißt es in § 10 Abs. 1 S. 1- 2 übereinstimmend:


    Die Hinterlegungsstelle hat den Hinterleger von dem Erlass der Annahmeanordnung zu benachrichtigen, sofern nicht bereits eingezahlt oder eingeliefert ist. Zugleich ist der Hinterleger aufzufordern, die zu hinterlegenden Gegenstände innerhalb einer bestimmten Frist bei der zuständigen Hinterlegungskasse unter Vorlegung der Nachricht entgeltfrei einzuzahlen oder einzuliefern.

    Eine Defnition von "einliefern" und "einzahlen" finde ich nicht.


    Schonmal vielen Dank

    EMax

    10 Mal editiert, zuletzt von EMax (4. Januar 2013 um 20:21)

  • Bedeutet im NRW HintG "einzahlen" sowohl "überweisen" als auch "bar einzahlen"? Wenn ja, woraus ergibt sich das?

    1.) Ja.
    2.) Aus dem Gesetz (§ 10 Abs. 1 S. 5 HinterlG NRW).

  • Ohne die BGH-Entscheidung zu kennen:

    Nach den Erläuterungen in #1 würde ich weniger auf § 372 BGB hinaus wollen. Hier scheint mir mehr die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung aus materiell-rechtlichen Gründen geboten (z.B. Hinterl. zur Sicherung einer noch nicht fälligen Forderung; zur Befreiung von einer noch nicht fälligen Verbindlichkeit; zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts; für drohenden Wegnahme-Schaden).

    Bei dieser Art der Hinterlegung wären sowohl Sicherungsgeber als auch -nehmer als Empfangsberechtigt anzugeben.

    Herausgabe kann dann praktisch nur erfolgen, wenn Freigabeerklärung oder ein sie ersetzendes Urteil vorliegt.

    Btw:
    § 10 UrhWG hat bei dejure.org nur einen Absatz. :gruebel:

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • zu 2: Das Hinterlegungsverfahren kennt kein Beweisverfahren. Es wird nicht der Sachverhalt geprüft, geprüft wird, ob aufgrund der Angaben im Antrag und der beigefügten Unterlagen die Hinterlegung gerechtfertigt ist. Bei Annahmeverzug genügt in der Regel ein Nachweis, dass die Leistung nach Fälligkeit angeboten wurde. Ein Nachweis, dass die Annahme der Leistung verweigert wurde, kann nicht verlangt werden, da in nicht seltenen Fällen auf das Leistungsangebot mit Schweigen reagiert wird (z. B. Hinterlegung von Kleinbeträgen in Insolvenzverfahren. Kein Unternehmen antwortet auf die Frage nach der Bankverbindung, wenn die Antwort ein Vielfaches des hinterlegten Betrages an Kosten verursacht). Die Folge falscher Angaben und das Vortäuschen eines Hinterlegungsgrundes ist, dass die Rechtswirkung nicht eintritt. Darauf wird der Hinterleger auch in aller Regel hingewiesen.


    zu 4. Die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung und die Hinterlegung gem. § 372 ff BGB sind in ihrer Rechtsfolge völlig verschieden und können daher nicht ausgetauscht oder kombiniert werden. Erstere hat eine gesetzliches Pfandrecht des Gesicherten am hinterlegten Betrag, letztere hat eine Erfüllungswirkung zur Folge. Im Fall der Sicherheitsleistung sind naturgemäß Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer als Empfangsberechtigte einzutragen, im Falle der Hinterlegung nach § 372 ff BGB schließt die Rechtsfolge (§ 378 BGB) die Eintragung des Hinterlegers aus, denn der hinterlegte Betrag ist aus seinem Vermögen ausgeschieden. Hat der Hinterleger zu viel einbezahlt, so kann der Empfangsberechtigte den überschießenden Betrag freigaben, so dass der Hinterleger wieder Verfahrensbeteiligter wird. Im Streitfall könnte die Freigabe durch ein Freigabeurteil ersetzt werden.


    zu 5. nein. Grund: Bei der Hinterlegung als Sicherheitsleistung ist zur Herausgabe ein rechtskräftiges Urteil erforderlich. Bei der Hinterlegung wegen Annahmeverzugs ist in der Regel nur ein Herausgabeantrag erforderlich. In konkreten Fall müsste aber die Empfangsberechtigung der Höhe nach beschränkt werden. Da der hinterlegte Betrag auch der Disposition der Beteiligten unterliegt, wäre der Eintrag „gegen Nachweis der Empfangsberechtigung der Höhe nach“ flexibler.


    zu 6. Eine Vorschrift, die eine Auskunftspflicht zum Inhalt hat, kann kein Hinterlegungsgrund sein (Hinterlegungsgrund hier ist die Entscheidung des BGH, mithin kein gesetzlicher, sondern einer aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung).


    zu 7. Einzahlungen können grundsätzlich vor der Stellung eines Hinterlegungsantrages oder Annahmeanordnung getätigt werden. Sie haben für sich genommen keine Rechtswirkung. Die Einzahlung wird als Verwahrgeld gebucht und erst nach Zugang der Annahmeanordnung als Hinterlegung umgebucht.


    zu 8. es können weitere Zahlungen geleistet werden (s § 8 Abs. 6 in den meisten HintG).

    In der Praxis wäre die Stellung eines Hinterlegungsantrages mit der Angabe des Hinterlegungsgrundes des Annahmeverzuges unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH´s und der Nachweis, dass dem Lizenzinhabers der Abschluss eines Lizenzvertrages angeboten wurde, ausreichend, falls eine Reaktion des Lizenzinhabers auf das Angebot vorliegt, auch diese. Es findet eine formale Prüfung statt, keine materielle, d. h. die Vorlage der formellen Nachweise ist ausreichend. Der Eintrag in Ziffer 5 des Antrags s. o..

    Würde der hinterlegte Betrag nachträglich erhöht, würde über diese weitere Zahlung ein weiterer Hinterlegungsschein ausgestellt werden.

  • Die Hinterlegung ist materiellrechtlich ein Erfüllungssurrogat. Ob ihre Voraussetzungen nach materiellem Recht vorliegen und ob die materiell-rechtlichen Wirkungen eintreten, kann und darf nur der Richter im Erkenntnisverfahren prüfen, nicht die Hinterlegungsstelle.

  • Die Hinterlegungsstelle prüft den Hinterlegungsgrund. Ist ein Hinterlegungsgrund gegeben, wird die Annahme angeordnet. Die rechtliche Folge der Annahme und Einlieferung der zu hinterlegenden Sache ist entweder Erfüllung, Erfüllungsersatz, Sicherheitsleistung oder Sicherung der hinterlegten Sache. Es kommt auf den Hinterlegungsgrund an.

    Es gibt ein Rechtsbehelfsverfahren gegen die Anordnung der Annahme. In diesem Verfahren wird geprüft, ob ein Hinterlegungsgrund gegeben ist. Einer Feststellung der der materiell-rechtlichen Folgen bedarf es nicht. Diese ergeben sich aus dem Gesetz.
    Richterliche Festellungen über eine Annahmeanordnung sind eher selten, vielleicht ein Rechtsbehelf pro zwei- oder dreitausend Verfahren (genaueres kann ich nicht angeben, ich hatte das noch nie).

  • Wow, vielen Dank für die Antworten. Hier meine Gedanken dazu.

    Ohne die BGH-Entscheidung zu kennen:

    Nach den Erläuterungen in #1 würde ich weniger auf § 372 BGB hinaus wollen. Hier scheint mir mehr die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung aus materiell-rechtlichen Gründen geboten (z.B. Hinterl. zur Sicherung einer noch nicht fälligen Forderung; zur Befreiung von einer noch nicht fälligen Verbindlichkeit; zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts; für drohenden Wegnahme-Schaden).

    Bei dieser Art der Hinterlegung wären sowohl Sicherungsgeber als auch -nehmer als Empfangsberechtigt anzugeben.

    Herausgabe kann dann praktisch nur erfolgen, wenn Freigabeerklärung oder ein sie ersetzendes Urteil vorliegt.

    Ja, sehe ich auch so und wird in er Literatur auch vorgeschlagen. Der BGH hat in Orange-Book-Standard aber m.E. umissverständlich klar gestellt, dass die Hinterlegung nach § 372 BGB zu erfolgen hat. Hier die aus meiner Sicht relevante Passage in BGH, Urt. v. 6.5.2009 - KZR 39/06 - Orange-Book-Standard, Rz 36:


    Dabei muss der Lizenzsucher allerdings nicht an den Patentinhaber zahlen, sondern kann nach § 372 Satz 1 BGB die Lizenzgebühren unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegen. Denn die Weigerung des Patentinhabers, den Lizenzvertrag abzuschließen, rechtfertigt die entsprechende Heranziehung der Vorschriften über den Gläubigerverzug, sei es, weil der Patentinhaber auch die angebotene Zahlung nicht anzunehmen bereit ist (§ 293 BGB), sei es, weil er zwar die Zahlung anzunehmen willens, jedoch nicht bereit ist, die Gegenleistung in Gestalt der Lizenzgewährung zu erbringen (§ 298 BGB).


    Es wird zum Teil kritisiert, dass dies die Möglichkei außer Acht lässt, dass der Patentinaber das Angebot einfach sofort annimmt. Dann gäbe es zumindest nach den genannten Normen keinen Hinterlegungsgrund mehr. Dann könnte man zwar formell hinterlegen, weil ja scheinbar noch nichteinmal ein schlüssiger Vortrag notwendig ist, so dass man einfach "Annahmeverzug des Gläubigers" ins Formular schreiben könnte.

    Dann könnte der Pateninhaber aber die Annahmeandordnung wegen des Fehlens eines Hitnerlegungsgrundes angreifen, womit die Hinterlegung und damit die Orange-Book-Kriterien wegfallen. Auf die Frage der Verhinderungsmöglichkeit der Herausgabe käme es dann ggf. gar nicht an. Es gäbe einen direkten Zahlunganspruch aus dem Vertrag.

    Wenn ich recht darüber nachdenke, scheint das aber sowieso eine recht wenig praxisrelevante Variante zu sein. Wenn der Vertrag angenommen ist, ist auch die Patentbenutzung rechtmäßig und damit entfällt der eigentlich gefährliche Unterlassungsanspruch. Hmmm...:gruebel:

    Was andere Arten der Sicherung angeht: Die Landgerichte waren da bisher sehr streng und haben z.B. einem engl. Treuhandvertrag (escrow agreement) eine Absage erteilt. Wer danach sichert, wird, wenn der Pateninhaber das Angebot nicht annimmt, zur Unterlassung veurteilt und fliegt damit ggf. vollständig aus dem Markt (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 24.04.2012 - 4b O 274/10 - FRAND-Erklärung oder LG Mannheim, Urt. v. 18.02.2011 - 7 O 100/10 - UMTS-fähiges Mobilitelefon II).

    FRAGE:

    Ginge eine Sicherheitshinterlegung z.B. gem. § 232 Abs. 2 BGB in der genannten Situation?

    Die Norm scheint doch subsidiär zu den anderen Sicherungsmöglichkeiten in § 232 Abs. 1 BGB zu sein. Darüber hinaus setzt sie laut Kommentarliteratur (vgl. Palandt/Heinrichs, 65. Aufl., Vorb. § 232 Rn. 1) eine gesetzliche oder richterliche Pflicht zur Sicherung voraus. Woraus könnte man die ableiten? Ob ein Gericht das angesichts der Rechtsprechung des BGH annehmen würde, ist eine andere Frage.

    Ohne die BGH-Entscheidung zu kennen:
    Btw:
    § 10 UrhWG hat bei dejure.org nur einen Absatz. :gruebel:

    Ja, sorry, hatte die falsche Norm zitiert. Es geht um § 11 Abs. 2 UrhwG. Ich halte die Norm für viel besser passend. Ist zwar auf das Urheberrecht gemünzt, aber ob man nun die Norm oder den § 372 BGB analog anwendet ist wohl egal.

    Problem ist nur, dass ich nicht weiß, ob das ein eigener Hinterlegungsgrund ist, oder ob da auch wieder die Voraussetzungen des § 372 BGB vorliegen müssen. Das lässt sich aus der Kommentarliteratur nicht eindeutig entnehmen und eine entsprechende Entscheidung habe ich (noch) nicht gefunden.

    Der BGH erwähnt diese Norm, allerdings in etwas kryptischer Weise. So heißt es in BGH, Urt. v. 6.5.2009 - KZR 39/06 - Orange-Book-Standard, Rz 40:


    Entsprechend der Regelung in § 11 Abs. 2 UrhWG steht es der Hinterlegung der Lizenzgebühr nicht entgegen, dass die Höhe des geschuldeten Betrages noch nicht feststeht, d.h. in diesem Fall von der Leistungsbestimmung nach § 315 BGB abhängt. Ist ein jedenfalls ausreichender Betrag hinterlegt, kann sich das Verletzungsgericht, wenn auch die übrigen Voraussetzungen des »Zwangslizenzeinwands« vorliegen, mit der Feststellung begnügen, dass der Patentinhaber zur Annahme des Lizenzvertragsangebots und zur Bestimmung der Lizenzgebühr nach billigem Ermessen verpflichtet ist.

    FRAGE:

    Ist das nun ein selbständiger Hinterlegungsgrund oder setzt der das Vorhandensein eines solchen voraus?

  • Ich tue mich gerade etwas schwer mit dem vielen Text und den materiellrechtlichen Ausführungen. Als Rechtspfleger in Hinterlegungssachen ist man wegen der gesetzlichen Regelungen vergleichsweise einfach bzw. formal gestrickt. Wenn der BGH urteilte

    Zitat

    Dabei muss der Lizenzsucher allerdings nicht an den Patentinhaber zahlen, sondern kann nach § 372 Satz 1 BGB die Lizenzgebühren unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegen.

    vermag ich nicht das Problem zu erkennen, einen Hinterlegungsantrag zu stellen und als Begründung vorsorglich eine Kopie der Entscheidung beizufügen. An der auszahlung wäre der Hinterleger nicht beteiligt. Falls ich etwas falsch verstanden habe, wäre ich für einen schlichten Hinweis dankbar. ;) Man lernt doch schließlich auch in der Hinterlegungsstelle dazu.

  • 4. Kann man bei einer Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme im Antragsformular für die Annahmeanordnung auch selbst als potentiellen Berechtigten eintragen (weil man nach Orange-Book-Standard zur Sicherheit zuviel hinterlegt hat, s.u.)?

    5. Könnte man als Zug-um-Zug Leistung auch die "billige Festlegung der angemessenen Lizenz" in das relevante Formular eintragen (mit der Folge, dass eine Auszahlung erst erfolgt, wenn die Billigkeit der Festlegung gerichtlich bestätigt ist)?



    zu 4. Die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung und die Hinterlegung gem. § 372 ff BGB sind in ihrer Rechtsfolge völlig verschieden und können daher nicht ausgetauscht oder kombiniert werden. Erstere hat eine gesetzliches Pfandrecht des Gesicherten am hinterlegten Betrag, letztere hat eine Erfüllungswirkung zur Folge. Im Fall der Sicherheitsleistung sind naturgemäß Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer als Empfangsberechtigte einzutragen, im Falle der Hinterlegung nach § 372 ff BGB schließt die Rechtsfolge (§ 378 BGB) die Eintragung des Hinterlegers aus, denn der hinterlegte Betrag ist aus seinem Vermögen ausgeschieden. Hat der Hinterleger zu viel einbezahlt, so kann der Empfangsberechtigte den überschießenden Betrag freigaben, so dass der Hinterleger wieder Verfahrensbeteiligter wird. Im Streitfall könnte die Freigabe durch ein Freigabeurteil ersetzt werden.

    zu 5. nein. Grund: Bei der Hinterlegung als Sicherheitsleistung ist zur Herausgabe ein rechtskräftiges Urteil erforderlich. Bei der Hinterlegung wegen Annahmeverzugs ist in der Regel nur ein Herausgabeantrag erforderlich. In konkreten Fall müsste aber die Empfangsberechtigung der Höhe nach beschränkt werden. Da der hinterlegte Betrag auch der Disposition der Beteiligten unterliegt, wäre der Eintrag „gegen Nachweis der Empfangsberechtigung der Höhe nach“ flexibler.

    Kann ich alles sehr gut nachvollziehen, wenn es um eine "normale Hinterlegung" wegen Annahmeverzugs geht. Eine solche "normale" Lage liegt nur nicht vor - deshalb will der BGH die Norm auch "entsprechend" anwenden (siehe Zitat oben).

    Das Problem ist, dass der BGH die Hinterlegung nach § 372 BGB verlangt und zwar scheinbar auch, wenn ein Angebot nach § 315 BGB gemacht wird, bei dem der Pateninhaber die Höhe der amgemessenen Lizenzgebühr nach billigem Ermessen festlegt. Gerade für diesen Fall fordert der BGH den Lizenzsucher auf, sicherheitshalber auch zuviel zu hinterlegen, damit man den Verletzungsstreit, in dem es um die Frage des Unterlassens geht, mit dem kurzen Hinweis beenden kann, dass der Pateninahber das Angebot anzunehmen hat. Im Endeffekt wird der Lizenzsucher also erstmal hinterlegen müssen, was der Pateninhaber haben will. Das können auch gerne mal sieben oder achstellige Beträge sein (Nokia hat in einem solchen Verfahren nach Presseberichten 40 Millionen auf einen Escrow Account eingezahlt, Mircrosoft in einem ähnlichen Verfahren in den USA sogar über 200 Millionen an Sicherheit geleistet).

    In Orange Book Rz. 39 heißt es hierzu unter anderem (Hervorhebung hinzugefügt):


    Ein "sicherheitshalber" erhöhtes Angebot würde dem Patentinhaber indessen die Möglichkeit verschaffen, sich durch Annahme dieses Angebots gegebenenfalls auch eine überhöhte Lizenzgebühr zu sichern. Dies wäre nicht nur unbillig, sondern belastete den Patentverletzungsprozess auch in einem vermeidbaren Umfang mit der Aufgabe, die genaue Höhe einer nicht behindernden oder diskriminierenden Lizenzgebühr festzustellen. Denn der Lizenzsucher wird eher bereit sein, eine höhere, über dem aus seiner Sicht kartellrechtlich angemessenen Betrag liegende Summe zu hinterlegen, wenn ihm der – grundsätzlich weiterhin zu seiner Darlegungs- und Beweislast stehende – Einwand nicht abgeschnitten ist, eine Bestimmung der Lizenzge-bühr durch den Patentinhaber in dieser Höhe sei unbillig. Der Patentinhaber bleibt auf der anderen Seite bei der Bestimmung der Lizenzgebühr vollständig frei; seine Bestimmung ist nur dann unbillig, wenn sie sich nicht an die ihm kar-tellrechtlich ohnehin gesetzten Schranken hält und den Lizenznehmer unbillig behindert oder gegenüber anderen Lizenznehmern diskriminiert.


    Die genaue Höhe der Gebühr soll also in einem zweiten Prozess geklärt werden, in dem der Lizenzsucher sich auf § 315 Abs. 3 BGB berufen und anzweifeln wird, dass die vom Pateninhaber verlangten Gebühren "angemessen" sind. Der Lizenzsucher will nun verhindern, dass der Pateninhaber einfach das komplette Geld nimmt und danach pleite geht (gerade Verwerter haben oft keinerlei Vermögen als das Patent selbst und werden von Unternehmen aus dem Ausland gesteuert - das Geld wäre dann wohl für immer verloren). Daher das riesige Interesse, die Herausgabe des gesamten Betrages zu verhindern, bis die "richtige" Höhe vom Gericht geklärt ist.

    Nun gibt es die folgende Möglichkeiten, wie man das ggf. rechtlich in den Griff bekommt - fraglich ist aber jeweils, ob die Hinterlegungstellen das auch mitmachen und wie man das formal (d.h. mit welchen Angaben in welchem Formular) richtig umsetzt.

    Mein Verständnis vom Verfahren (bitte berichtigen, wenn da was nicht stimmt):

    1. Für die Auszahlung eines hinterlegten Betrages braucht es einer Herausgabeanordnung durch die Hinterlegungstelle (vgl. z.B. § 21 HintG NRW und BaWÜ oder Art. 18 Bay HintG).
    2. Die Herausgabeanordnung ergeht, wenn alle Beteiligten des Hinterlegungsverfahrens einwilligen oder wenn die Emfangsberechtigung des Antragsstellers nachgewiesen ist (vgl. insb. § 22 Abs. 3 HintG NRW und BaWÜ und Art. 20 Abs. 1 Ziff 2 u. 3 Bay HintG).


    Problem:

    Bei einer Hinterlegung wegen Gläubigerverzugs und bei Verzicht auf die Rücknahme, scheider der Hinterlegende aus dem Verfahren aus.

    Folge:

    Der Patentinhaber kann sich in den genannten Fällen das Geld einfach holen und müsste formal gesehen noch nicht einmal den Vertrag annehmen. Richtig?

    Abhilfe:

    Es gibt eine alte Reichsgerichtsrechtsprechung, die sich auch noch in den Kommentaren zur Hinterlegungsordnung findet und die man wiederfruchtbar machen könnte (vgl. zum Problemkreis auch RiBGH Grabinski, FS BPatG 2011, 243, 252 für ähnliche Ansätze).

    Nach dieser Rechtprechung bleibt der unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegende Schuldner Beteiligter des Hinterlegungsverfahrens, wenn sich Tatsachen ergeben, die den Bestand der Schuld zweifelhaft werden lassen. So heißt es in RG, Urt. v. 16. Dezeber 1915 - IV 157/15 - Hansabund, RGZ 87 375, 382 (kleine Fehler vorbehalten, bin nicht so gut im Lesen von Fraktur):


    Daß abweichend von der Regel auch Ausnahmen vorkommen können, in denen der Schuldner ungeachtet des Rücknahmeverzichts noch vor dem Ablaufe der in § 382 vorgesehenen Frist als bei der Hinterlegung beteiligt anzusehen ist, läßt sich nicht in Abrede stellen. Denkbar sind solche Fälle insbesondere dann, wenn hinterher das Bestehen der Schuldnerverfplichtung, um deren Erfüllung willen die Hinterlegung stattgefunden hat, zweifelhaft geworden ist oder wenn die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung von dem Gläubiger mit Erfolg bestritten wird. Denn daraus könne nsich mit Bezug auf den Gegenstand der Hinterlegung Ansprüche des Schuldners ergeben, die bei der Entschließung der Hinterlegungstelle über die Herausgabe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, vielmehr einer Berücksichtigung des Hinterlegers als eines Beteiligten notwendig machen.


    Vgl. zum Thema, dass der Hinterleger auch bei Verzicht auf die Rücknahme Beteiligter des Hinterlegungsverfahrens bleiben kann auch Bülow/Schmidt, HintO, 5. Aufl. 2005, § 13 Rn. 8 ff).

    Zugegeben, die Entscheidung bzw. die in der Literatur diskutierten Fälle passen nicht 1:1, weil es immer um nachträglich eintretende Umstände geht. Aus dem Kartellrecht besteht aber (theoretisch) von Anfang an eine Begrenzung der Schuld. Die Höhe der Grenze ist aber zwischen den Parteien streitig. Wenn also zuviel hinterlegt wurde, bestand theoretisch von Anfang an ein Anspruch des hinterelgenden Lizenzsuchers gegen den Patentinhaber auf Freigabe der Sperrposition gem. § 812 BGB, der sich nach Auszahlung in einen Rückzahlungsanspruch mit den oben geschilderten Problemen wandelt.

    Vom Rechtsgedanken passt daher die RG Entscheidung. Der hinterlegende Lizenzsucher bleibt Beteiligter des Hinterlegungsverfahrens, so dass die Hinterlegungstelle nicht einfach auf Antrag des Patentinhabers auszahlen darf, sondern das Urteil abwarten muss, woraus sich ergibt, welcher Tei dem Patentinhaber wirklich zusteht.

    Nur wie macht man das jetzt praktisch? Auf Grund der z.T. auf dem Spiel stehenden Summen sollte man da keinen Fehler machen. Im Formular sehe ich nur zwei Möglichkeiten - entweder ich schreiben einen zweiten Beteiligten rein (nämlich den Lizenzsucher neben dem Patentinahber) oder ich schreiben eine Zug-um-Zug-Verpflichtung rein (nämlich die "billige Festlegung des Satzes in den Grenzen des Kartellrechts"). Ob das aber ausreicht ist m.E. zweifelhaft, weil mit der Festsetzung der Höhe gem. § 315 BGB die "Zug-um-Zug" Leistung ja augenscheinlich erbracht ist. Außerdem ist dann fraglich, ob die Hinterlegungstelle mir auch eine Annahmeanordnung erlässt.

    Irgendwelche Vorschläge? Oder kennt jemand vergleichbare Situationen?

  • Ich tue mich gerade etwas schwer mit dem vielen Text und den materiellrechtlichen Ausführungen. Als Rechtspfleger in Hinterlegungssachen ist man wegen der gesetzlichen Regelungen vergleichsweise einfach bzw. formal gestrickt. Wenn der BGH urteilte

    Zitat

    Dabei muss der Lizenzsucher allerdings nicht an den Patentinhaber zahlen, sondern kann nach § 372 Satz 1 BGB die Lizenzgebühren unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegen.

    vermag ich nicht das Problem zu erkennen, einen Hinterlegungsantrag zu stellen und als Begründung vorsorglich eine Kopie der Entscheidung beizufügen. An der auszahlung wäre der Hinterleger nicht beteiligt. Falls ich etwas falsch verstanden habe, wäre ich für einen schlichten Hinweis dankbar. ;) Man lernt doch schließlich auch in der Hinterlegungsstelle dazu.

    Ja, die fehlende Beteiligung an der Auszahlung ist leider genau das Problem, wenn sich der Patentinhaber dann 40 Millionen holt und auf die Bahamas überweist (s.o.) :mad:

    Leider gibt es keine Kommentare oder Entscheidungen, die Hilfe bieten und ich habe während meines gesamten Studiums und auch während meiner Praxis leider vorher noch nie mit den Details des Hinterlegungsverfahrens zu tun gehabt...

    Vielen Dank dass sich so viele trotz der etwas ungewöhnlichen Fragen damit beschäftigen.

  • Zitat

    entweder ich schreiben einen zweiten Beteiligten rein (nämlich den Lizenzsucher neben dem Patentinahber)

    Das wird die Hinterlegungsstelle bei einem Verzicht auf die Rücknahme vermutlich als Widerspruch beanstanden.

    Zitat

    oder ich schreiben eine Zug-um-Zug-Verpflichtung rein

    Auch das wäre ein Grund für eine Beanstandung, denn die Hinterlegungsstelle hat keine materiellrechtliche Prüfung vorzunehmen.

    Zitat

    Die genaue Höhe der Gebühr soll also in einem zweiten Prozess geklärt werden, in dem der Lizenzsucher sich auf § 315 Abs. 3 BGB berufen und anzweifeln wird, dass die vom Pateninhaber verlangten Gebühren "angemessen" sind.

    Dann wäre eventuell zu klären, ob das Gericht mit einer Eilentscheidung diese Situation

    Zitat

    Daß abweichend von der Regel auch Ausnahmen vorkommen können, in denen der Schuldner ungeachtet des Rücknahmeverzichts noch vor dem Ablaufe der in § 382 vorgesehenen Frist als bei der Hinterlegung beteiligt anzusehen ist, läßt sich nicht in Abrede stellen. Denkbar sind solche Fälle insbesondere dann, wenn hinterher das Bestehen der Schuldnerverfplichtung, um deren Erfüllung willen die Hinterlegung stattgefunden hat, zweifelhaft geworden ist oder wenn die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung von dem Gläubiger mit Erfolg bestritten wird. Denn daraus könne nsich mit Bezug auf den Gegenstand der Hinterlegung Ansprüche des Schuldners ergeben, die bei der Entschließdung er Hinterlegungstelle über die Herausgabe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, vielmehr einer Berücksichtigung des Hinterlegers als eines Beteiligten notwendig machen.

    für einen entsprechenden Teilbetrag herstellen kann.

  • Dann wäre eventuell zu klären, ob das Gericht mit einer Eilentscheidung diese Situation

    Zitat

    Daß abweichend von der Regel auch Ausnahmen vorkommen können, in denen der Schuldner ungeachtet des Rücknahmeverzichts noch vor dem Ablaufe der in § 382 vorgesehenen Frist als bei der Hinterlegung beteiligt anzusehen ist, läßt sich nicht in Abrede stellen. Denkbar sind solche Fälle insbesondere dann, wenn hinterher das Bestehen der Schuldnerverfplichtung, um deren Erfüllung willen die Hinterlegung stattgefunden hat, zweifelhaft geworden ist oder wenn die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung von dem Gläubiger mit Erfolg bestritten wird. Denn daraus könne nsich mit Bezug auf den Gegenstand der Hinterlegung Ansprüche des Schuldners ergeben, die bei der Entschließdung er Hinterlegungstelle über die Herausgabe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, vielmehr einer Berücksichtigung des Hinterlegers als eines Beteiligten notwendig machen.


    für einen entsprechenden Teilbetrag herstellen kann.

    Interessanter Vorschlag. Frage mich nur wie man das praktisch hinbekommen kann. Der Streit über die Höhe wird wohl immer eine umfangreiche Beweiserhebung erforderlich machen (je nach Berechnungsmethode über: übliche Sätze im Markt, bisher vom Lizenzgeber verlangte Sätze, Forschnungskosten des Anmelders, vorhandene Belastung der angeriffenen Ausführungsform mit Lizenzgebühren, maximale Belastungsgrenze entsprechender Produkte, etc....). Schnell geht das mit Sicherheit nicht.

    Ob man eine einstweilige Entscheidung über die Möglichkeit einer Überzahlung bekommen kann? Sehe ich im Augenblick noch keine Grundlage.

    Vor diesem Hintergrund wohl viel zu riskoreich für den Lizenzsucher, um praktisch machbar zu sein.

  • Frage mich nur wie man das praktisch hinbekommen kann.

    Das kann ich nicht beantworten. Ich schwimme nicht in zivilrechtlichen Sumpfgebieten. ;)

    Der Streit über die Höhe wird wohl immer eine umfangreiche Beweiserhebung erforderlich machen (je nach Berechnungsmethode über: übliche Sätze im Markt, bisher vom Lizenzgeber verlangte Sätze, Forschnungskosten des Anmelders, vorhandene Belastung der angeriffenen Ausführungsform mit Lizenzgebühren, maximale Belastungsgrenze entsprechender Produkte, etc....). Schnell geht das mit Sicherheit nicht.

    Es geht bei vorläufigen Eilentscheidung wie einstweiligen Verfügungen oder Einstellungen bekanntlich nicht um absolute Richtigkeit und Berechenbarkeit. Es ginge nur darum, einen realistischen Betrag vor dem Zugriff des Hinterlegungsberechtigten während der Verfahrensdauer zu schützen, was z.B. einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung oder einem Arrest vergleichbar wäre. Ob es dafür eine Grundlage gibt, sollte sich durch einen Zivilrechtler klären lassen.

    Vor diesem Hintergrund wohl viel zu riskoreich für den Lizenzsucher, um praktisch machbar zu sein.

    Vielleicht ist das so, aber aus der Sicht der Hinterlegungsstelle gibt es wohl nichts Machbareres.

  • Das ist irgendwie alles unbefriedigend. Ich frage mich aber, ob es aus formalen Gründen ggf. doch reicht, als Gegenleistung die Annahme des Lizenzangebotes als zulässigen Vorbehalt gem. § 373 BGB reinzuschreiben (also unter Ziff. 5 b. des Hinterlegungsformulars NRW unter http://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/hinterlegung/index.php).

    Was akzeptiert die Hinterlegungstelle als Nachweis iSv § 22 HintG NRW/BW dafür, dass die Gegenleistung iSv § 373 BGB auch wirklich erbracht wurde, wenn der Gläubiger einen Antrag auf Herausgabeanordnung stellt?

    Geht das ggf. auch nur durch schriftliche Bestätigung durch den Schuldner und/oder Urteil? Oder würde z.B. auch eine Kopie des Briefes/Schriftsatzes ausreichen, in der der Gläubiger die Annahme des Lizenzangebotes ggb. dem Schuldner erklärt hat?

    Aus Art 20 Abs. 2 BayHintG scheint zu folgen, dass eine Bewilligung der Auszahlung durch den Schuldner selbst bei Verzicht auf die Rücknahme notwendig ist, wenn Gegenleistungsvorbehalts gem. § 373 BGB gemacht wurde! (Link zum BayHintG: http://www.gesetze-bayern.de/jportal/portal…hmen&doc.part=X). Dies scheint mir aber auch aus der Kommentarliteratur für die alte Hinterlegungsordnung hervorzugehen (vgl. Palandt/Grüneberg, 65. Auflage, § 380 Rn. 2) - wie wird das jetzt für die neuen Hinterlegungsgesetze der übrigen Länder, insbesondere NRW und BW gesehen?

    Wenn es einer Freigabe/Bestätigung des Schuldners (d.h. des Lizenzsuchers) bedürfte, müsste der Patentinhaber diese Erklärung erstmal gem. § 380 BGB einklagen, wenn der Schuldner eine solche Bestätigung auch nach erfolgter Annahme des Lizenzangebotes durch den Gläubiger nicht freiwillig abgibt. In dem Verfahren könnte man dann die Frage der Angemessenheit der Lizenzhöhe gem. § 315 Abs. 3 BGB klären lassen, wenn der Schuldner beantragt, nur zur Freigabe in einer bestimmten Höhe veurteilt zu werden.

    Das fände ich eine elegante Lösung. Fraglich nur, ob das von den Hinterlegungstellen auch so gesehen wird bzw. ob ein solcher Hinterlegungsantrag überhaupt als zulässig angesehen wird!?!

    6 Mal editiert, zuletzt von EMax (5. Januar 2013 um 19:18)

  • Die Hinterlegung ist, nachdem der Hinterlegungsgrund bekannt ist so einfach wie jede andere auch.
    Im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten erfährt der Antragsteller jede Unterstützung, da die Verwaltungsvorschriften umfassende Hilfestellung vorschreiben: Ist ein unrichtiger oder unvollständiger Antrag eingegangen, so hat die Hinterlegungsstelle auf dessen Berichtigung oder Vervollständigung hinzuwirken. Die Frage, was die Hinterlegungsstelle akzeptiert, ist damit wohl erledigt, denn sie wird es mitteilen. Was die Hinterlegungsstelle zu akzeptieren hat, ist durch die Entscheidung des BGH vorgegeben.
    Sich Gedanken über die Herausgabe vor einer Entscheidung im Rechtsstreit zu machen, ist ebenso müßig wie überflüssig.

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