geschäftsunfähiger Testator

  • Ich habe einen ähnlich gelagerten Fall.

    Die Erblasserin ließ in dem Monat ein notarielles Testament beurkunden (und einen Grundstückskaufvertrag vorbereiten), in dem auch eine Betreuung für sie angeregt wurde.

    Es wird (zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung) eine Betreuung eingerichtet.

    Im ärztlichen Gutachten, das etwa 3 Monate später erstellt wird, heißt es in Bezug auf den vorbereiteten Grundstückskaufvertrag, dass die Untersuchte "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Monat X (Anmerkung von mir: dem Monat der Testamentserrichtung und der Vorbereitung des KV) ... nicht mehr geschäftsfähig war" und "sie nicht mehr in der Lage war, die Folgen ihrer Erklärungen vollumfänglich zu verstehen und sie fremden Einflüssen unterlag."
    (Nur am Rande: Vom Testament ist im Gutachten keine Rede, vllt. weil die Untersuchte an Demenz litt und ihr Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt war.)

    Mein Problem ist, dass ich erst nach der Testamentseröffnung von dem Betreuungsverfahren erfahren habe und es auch keine mir bekannten gesetzlichen Erben gibt (die hochbetagte Erblasserin war verwitwet und kinderlos, Geschwister sind und waren nicht vorhanden). Ermittlungen nach gesetzlichen Erben der 3. Erbordnung können sich ewig hinziehen, Ausgang ungewiss.

    Grundbesitz ist vorhanden (vllt. auch schon nicht mehr, die GB-Berichtigung könnte schon stattgefunden haben), der erwähnte KV wurde nicht mehr abgeschlossen.

    Mir nicht ganz klar, wie die Rechte der möglichen gesetzlichen Erben gewahrt werden können.

    Kann eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden, weil von einer Nichtigkeit des Testaments auszugehen ist oder liegt eher ein Fall für eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte (die gesetzlichen Erben, die von der Testamentseröffnung zu benachrichtigen sind) vor? Ich tendiere zu einer Lösung über § 1913 BGB.

  • Das würde ich auch. Mit einer Nachlasspflegschaft legt man sich ja schon ziemlich fest, denn damit macht man deutlich, dass man das Testament für unwirksam hält. So weit würde ich mich im Eröffnungsverfahren nicht aus dem Fenster lehnen. Ein Pfleger, der die unbekannten gesetzlichen Erben vertritt, kann ja ggf. die Schritte einleiten, die er für richtig hält.

  • Ich habe da bei dieser Falllage immer im Hinterkopf, dass ein Notar eigentlich mehr als genau weiß was er tut. Und ich kenne die Gutachten aus unseren Betreuungsverfahren aus der Zeit wo ich dort war.
    Dass jemand zum Verkauf einer Immobilien ggf. gedrängt wird und der Notar diesen Hintergrund nicht bemerkt, ok.
    Aber dass Derjenige auch gleich testierunfähig war und der Notar so gar nichts bemerkt hat ????

    Ich würde da auch beim Gutachter nachfragen, wenn es zeitlich noch Sinn macht. in #1 stehen keine Jahreszahlen. TES und GA kann also länger her sein.

  • Max: Testament und Gutachten sind ca. 3 Jahre alt, aber das spielt m. E. keine Rolle (wichtiger ist wohl, dass das Gutachten und die Beurkundung zeitlich nicht weit auseinander lagen).

    Wie die notarielle Praxis aussieht, kann ich schlecht beurteilen und ich weiß nicht, was ein Notar alles veranstaltet, um die Geschäftsfähigkeit festzustellen. Ich kann nur sagen, dass sich der ärztliche Gutachter schon sehr konkret festgelegt hat ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit .... usw.") und der sollte ja die größere Kompetenz auf diesem Fachgebiet haben.

    AKoehler: Dann werde ich mal versuchen, das Betreuungsgericht zu überzeugen.

  • Das Schöne ist, dass man sich mit einer Nachlasspflegschaft eben gerade nicht festlegt.

    Sobald das Gericht nicht mehr sicher ist, ob die Erben bekannt sind oder unbekannt (weil z.B. ein Testament unwirksam sein könnte), kann das NLG als reine Sicherungsmaßnahme im Interesse der tatsächlichen Erben (wer auch immer das dann mal sein mag) die Nachlasspflegschaft anordnen.

    Der Wirkungskreis wäre dann ausschließlich die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses - ohne die Erbenermittlung.

    Den Testamentserben würde ich aufgeben, einen Erbscheinsantrag zu stellen, damit dann im Erbscheinsverfahren die Testierfähigkeit geprüft werden kann und im Anschluss daran ggf. die NLP aufgehoben wird.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Das sehe ich völlig anders. Nach meiner Ansicht ist das ein klassischer Fall für eine Nachlasspflegschaft. Ob von mehreren Beteiligten über die Wirksamkeit eines Testaments gestritten wird oder ob dessen Wirksamkeit objektiv ungewiss (und sogar höchstwahrscheinlich zu verneinen) ist, bleibt sich einerlei.

  • Ok, aber selbst wenn eine NLP angeordnet wird, so kann der Nachlasspfleger doch nicht die Testamentsanfechtung erklären, oder? Denn dann könnte er - quasi im Umkehrschluss - auch auf die Anfechtung verzichten und somit die NLP obsolet werden lassen.

    Edit: Papenmeier war schneller

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!