Problem: Ablieferungspflicht not. Widerruf

  • Hallo,

    ich habe folgendes Problem: Es wurde ein notarielles Ehegattentestament errichtet. Zu Lebzeiten setzt die Notarin einen Widerruf des Ehemanns auf und lässt diesen Widerruf an die Ehegattin zustellen. Dem Nachlassgericht lässt sie eine Kopie der Urkunde zukommen sowie eine Kopie der Zustellungsurkunde. M.E. handelt es sich bei diesem Widerruf um eine Verfügung von Todes wegen. Der Erblasser trifft eine Verfügung, in dem er sagt, dass er gerade nach seinem Ableben nicht die Erbfolge, wie im Testament bestimmt, haben möchte...

    1. Frage: Hätte diese Verfügung nicht in die amtliche Verwahrung kommen sollen?

    Zwischenzeitlich ist nunmehr der Ehegatte (der widerrufen hat) verstorben. Nunmehr geht es um die Eröffnung. Ich meine, dass ebenso diese Verfügung zu eröffnen ist. Die Notarin weigert sich jedoch, diese hier abzuliefern. Sie sagt zwar, es handele sich um eine Verfügung von Todes wegen, jedoch besteht keine Ablieferungspflicht...... Sie verweist auf § 34 BeurkG???
    (Steht m.E. nichts zu dieser Problematik drin)

    Bin ich hier völlig falsch? Habe ich die völlig falsche Denkweise zu obigem Sachverhalt?

    Ich bitte um Hilfe, evtl. Fundstellen... ick hab nix jefunden ;)

  • Es handelt sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, wie eigentlich alle Kommentare zu § 2260 BGB bzw. § 2296 BGB sagen. Daher ergibt sich aus meiner Sicht, dass es eben KEINE Verfügung von Todes wegen ist und daher auch KEINE Ablieferung in die amtliche Verwahrung erfolgt und auch KEINE Eröffnung.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Die Bezugnahme auf § 2296 BGB erklärt sich durch die Verweisung in § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Erwähnung des § 2260 BGB ist dagegen wohl eher auf die Nachwirkungen des niedersächsischen Wahlabends zurückzuführen, was ich im Hinblick auf das eingetretene Ergebnis durchaus für verständlich halte.

    Der Widerruf nach § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB unterliegt nicht dem Verwahrungserfordernis (MüKo/Hagena, § 34 BeurkG Rn. 3 m.w.N. -abgedruckt im Erbrechtsband nach § 2263 BGB-).

    Ich habe den Widerruf immer zusammen mit dem widerrufenen Testament eröffnet. Ist gebührenrechtlich bei gleichzeitiger Eröffnung irrelevant.

  • Die Bezugnahme auf § 2296 BGB erklärt sich durch die Verweisung in § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Erwähnung des § 2260 BGB ist dagegen wohl eher auf die Nachwirkungen des niedersächsischen Wahlabends zurückzuführen, was ich im Hinblick auf das eingetretene Ergebnis durchaus für verständlich halte.

    Der Widerruf nach § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB unterliegt nicht dem Verwahrungserfordernis (MüKo/Hagena, § 34 BeurkG Rn. 3 m.w.N. -abgedruckt im Erbrechtsband nach § 2263 BGB-).

    Ich habe den Widerruf immer zusammen mit dem widerrufenen Testament eröffnet. Ist gebührenrechtlich bei gleichzeitiger Eröffnung irrelevant.

    Äh, ja?! Ich war bei § 2270 ff BGB, Tippgicht ist keine Hilfe...
    Und auch, was die Einordung des niedersächsischen Wahlergebnisses betrifft, sind wir derselben Auffassung:)

    Zur Sache:
    Da der Widerruf nicht im Origínal vorliegt und sich die Notarin ja auch weigert, dieses vorzulegen, könnte man allein deswegen schon eine Eröffnung verneinen.

    Zusätzlich bleibe ich jedoch dabei, dass es sich eben NICHT um eine Verfügung von Todes wegen, sondern um eine einseitige, empfangsbedürftige (!) Willenserklärung (MüKo Rd-Nr. 8 zu 2271) handelt, was aus meiner Sicht gegen eine Einordung als Verfügung von Todes wegen handelt. Demzufolge scheidet eine Eröffung dieser Erklärung (sollte das Original vorliegen) m. E. aus.

    Was man aber machen sollte:
    Einen Zusatz ins Eröffnungsprotokoll des gemeinschaftlichen Testaments setzen, aus dem sich der Sachverhalt des Widerrufs ergibt.
    "Mit notarieller Urkunde vom... wurde der Widerruf des o.g. Testaments erklärt, welcher in Ausfertigung dem Ehegatten am...zugestellt worden ist".

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • ....mmmhhhh.... was mich immer noch so verunsichtert ist, dass ich über Anwärter bei einer Dozentin (hoch angesehen) nachfragen ließ.... diese war wohl erschüttert, wie ich so etwas fragen könnte... natürlich wäre dies zu eröffnen....

    Und wenn ich diesen Passus in das Protokoll aufnehmen würde, werte ich dann nicht vielleicht schon... zumal ich ja nicht von der Wirksamkeit ausgehen kann. Die Prüfung der ganzen Sache steht mir ja erstmal nicht zu.???? :gruebel:

  • In meiner Formulierung ist eigentlich gar KEINE Wertung enthalten?
    Mit Wertung würd da stehen "hat wirksam widerrufen".

    Dann schreib, wenn es Dir lieber ist, was rein à la:
    "Es liegt ein Widerruf vom... etc. (wie oben) vor. Eine Prüfung der Wirksamkeit erfolgt nicht im Eröffnungsverfahren sondern erst in einem gesondert durchzuführenden Erbscheinsverfahren."

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Auch eine positive Erbeinsetzung ist eine einseitige (erbrechtliche, wenn auch nicht empfangsbedürftige) Willenserklärung und niemand bezweifelt, dass sie deswegen keine Verfügung von Todes wegen sei. Es ist daher unstreitig, dass der Widerruf nach § 2271 Abs. 1 S. 1 BGB seinem Wesen nach eine Verfügung von Todes wegen darstellt (OLG München DNotZ 1944, 114; Staudinger/Kanzleiter § 2271 Rn. 9; Planck/Greiff § 2271 Anm. II 1). Hieraus folgt dann zwangsläufig das Eröffnungsgebot.

  • Also werde ich jetzt eine Beschluss machen hinsichtlich der Ablieferung der Notarin. Diese hat mir heute ein Schreiben geschickt, dass sie sich mit dem Deutschen Notarinstitut in Verbindung gesetzt hätte und dieses ihrer Meinung wäre :-(. Die Notarkammer ist wohl ebenso ihrer Auffassung... dadurch bin ich auch so verunsichert....

  • Die vorgebliche Rechtsauffassung des DNotI braucht Dich nicht zu verunsichern. Wenn Dinge für manche nicht eindeutig erscheinen, gibt es eben dazu unterschiedliche Auffassungen. Das besagt aber noch nichts darüber, ob die betreffende Auffassung auch zutrifft.

  • Habe die Widerrufserklärung auch immer (in den wenigen Fällen, die ich hatte) eröffnet und dazu die Urschrift vom Notariat erfordert. Gab auch nie Probleme, falls doch, könnte man ja ggf. auf die Strafbarkeit hinweisen (§ 274 StGB).
    Meine, dass wir hier im Forum über das Thema schon einmal diskutiert haben?

  • Auf die Strafbarkeit hatte ich bereits hingewiesen. Da sie sich jedoch weiter weigert, muss ich ja irgendwas machen... eben irgendwie zwingen ;)

  • ... Zusätzlich bleibe ich jedoch dabei, dass es sich eben NICHT um eine Verfügung von Todes wegen, sondern um eine einseitige, empfangsbedürftige (!) Willenserklärung (MüKo Rd-Nr. 8 zu 2271) handelt, was aus meiner Sicht gegen eine Einordung als Verfügung von Todes wegen handelt...

    :confused: MüKo, 5.A., Rdn. 11 m.w.N. sagt (bei mir) ausdrückl., dass der Widerruf gleichzeitig letztwillige Vfg. ist (und auch angefochten werden kann).

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Wenn gute Worte nicht weiterhelfen und Zwang erforderlich ist, kann man ein Zwangsgeld androhen und ggf. festsetzen (Verfahren s. Kommentar zu § 2259 BGB).
    In der Zwischenzeit müsste man aber wohl das vorliegende Testament eröffnen; in das EÖP würde ich aber einen Hinweis aufnehmen (z.B., dass eine weitere letztw. Vfg. vorhanden ist, die mangels Vorlage der Urschrift noch nicht eröffnet werden konnte).

    Ich würde aber wohl noch einmal - mit kurzer Frist - schriftlich diese Verfahrensweise ankündigen, auf die entstehenden Mehrkosten bei mehrfacher Eröffnung hinweisen und auch die Vorlage der Akte an die StA zur strafrechtlichen Überprüfung ankündigen bzw. vorbehalten.

  • Stimmt, das sagt "mein" MüKo in Rdnr. 11 auch...
    Ich war allerdings bei der o. g. Rdnr. 4 stehen geblieben, weil das meiner Erinnerung an einen alten Fall entsprach:
    Original gab der Notar nicht her und ich hatte nix zum Eröffnen, außer ner einfachen Kopie des Widerrufs. Das konnte aber ja nicht sein. Ich bin dann der Situation auf meine oben dargelegte Art "entkommen" und habe da auch nach dem Blick in die Rdnr. 4 kein "Unrechtsbewusstsein" aufkommen lassen: wenn es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung (was mit einem "normalen" Testament nun überhaupt nichts zu tun hat) handelt, wird es wohl keine Verfügung von Todes wegen sein und ich habe daher eine Eröffnung unterlassen, aber den Hinweis ins Protokoll geschrieben.
    Es scheint aber wohl doch eine Vfg. v. T. wg. und demzufolge wird auch das Eröffungsgebot durchzusetzen sein. Ist mir neu. Wieder was gelernt. Beim nächsten Mal geht es dann anders...
    Bin trotzdem gespannt, wie´s bei der Threadstarterin ausgeht.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Werde berichten ... ;) Ich bin ja froh, dass es hier auch so gesehen wird... Man lässt sich halt zu schnell verwirren! Danke schon mal für die rege Beteiligung!

  • Ich habe einige Sympathie für die Auffassung die Widerrufserklärung im Original zu eröffnen. Wenn die notariell beurkundete Widerrufserklärung eine Verfügung von Todes wegen darstellt, wäre natürlich auch zu überlegen, ob der Notar nicht verpflichtet wäre, diese Verfügung in die amtliche Verwahrung zu geben.

    Weiterhin weise ich darauf hin, dass der Widerrufs eines notariellen Testaments durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung auch eine Verfügung von Todes wegen darstellt, vgl. Palandt. Das entsprechende Protokoll wäre also im Todesfalle auch zu eröffnen (!?). Folglich müsste das Protokoll auch ins Urkundsregister eingetragen werden und von der Vernichtung ausgeschlossen werden und das ZTR benachrichtigt werden. Tatsächlich erfolgt nur Mitteilung ans ZTR. Früher war sogar ausdrücklich geregelt, dass das Standesamt in diesem Fall nicht benachriichtigt wird. Die Akte mit Protokoll kann 5 Jahre nach der Rücknahme sogar vernichtet werden. Ist unser Handeln vielleicht sogar strafbar? Gehört das Protokoll evtl. sogar in die amtliche Verwahrung, da eine Verfügung von Todes wegen zu Lebzeiten des Testators nicht offen in einer Akte liegen darf? Entstehen Kosten für die Verwahrung? Wenn keine Verwahrung gewünscht ist, muss das Protokoll ausgehändigt werden?

    Fragen über Fragen? Es gibt viel zu tun, lassen wir es liegen.

  • Boah... auweia... das sind Überlegungen... bin völlig baff... aber, die Überlegungen sind irgendwie ebenso nicht von der Hand zu weisen... Herrje... was habe ich da losgetreten :oops:

  • Der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments wird in beurkundeter Form erklärt, während die Rücknahme eines notariellen Testaments aus der besonderen amtlichen Verwahrung lediglich die Wirkung eines Widerrufs hat. Schon aus diesem Grund kann das Rücknahmeprotokoll als solches keine Verfügung von Todes wegen sein. Deswegen wird die Widerrufswirkung ja auch auf dem zurückgegebenen Testament vermerkt.

  • Wie Cromwell, (nur zur Ergänzung, Belehrung und Vermerk, auch und gerade, wenn diese falsch sind, haben keinen Einfluss auf die Frage der Wirksamkeit der Widerrufsfiktion, vgl. OLG Saarbrücken, 16.10.1991, 5 W 96/91; lediglich Hergabeverlangen und Realakt (Rückgabe) sind notwendig, der Rest ist nur für Aufklärung und Beweisfrage relevant)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!