Sehr hohe Vergütung vom Ergänzungspfleger

  • Guten Abend!
    Ich habe einen Antrag einer Ergänzungspflegerin vor mir, wo sie einen Stundensatz iHv 90 € für 53 Std. ansetzt. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsanwältin, wo aber nicht die Berufsmäßigkeit festgestellt wurde. Neben dem Stundensatz möchte sie noch ihre entstandenen Auslagen (Kopien, Fahrtkosten, usw.) vergütet haben.

    Die Vergütung soll aus dem Mündelvermögen festgesetzt werden (Mündet hat 130.000 €), bzw. sie möchte ermächtigt werden sich daraus zu befriedigen.
    Den hohen Stundensatz rechtfertigt sie mit einem hohen Arbeitsaufwand und schwierigen Aufgaben (Erbauseinandersetzung mit mehreren Immobilien). Geht ein so hoher Stundensatz? Und dann daneben noch die Auslagenentschädigung?

  • Guten Abend!
    Ich habe einen Antrag einer Ergänzungspflegerin vor mir, wo sie einen Stundensatz iHv 90 € für 53 Std. ansetzt. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsanwältin, wo aber nicht die Berufsmäßigkeit festgestellt wurde. Neben dem Stundensatz möchte sie noch ihre entstandenen Auslagen (Kopien, Fahrtkosten, usw.) vergütet haben.

    Die Vergütung soll aus dem Mündelvermögen festgesetzt werden (Mündet hat 130.000 €), bzw. sie möchte ermächtigt werden sich daraus zu befriedigen.
    Den hohen Stundensatz rechtfertigt sie mit einem hohen Arbeitsaufwand und schwierigen Aufgaben (Erbauseinandersetzung mit mehreren Immobilien). Geht ein so hoher Stundensatz? Und dann daneben noch die Auslagenentschädigung?

    Das wäre für mich erst mal der Kasus Knaxus.
    Wie kommt man denn auf die Idee , einen Rechtsanwalt ehrenamtlich zu bestellen ?

    Beim Ehrenamtlichen würden immerhin aber die Voraussetzungen der §§ 1915, 1836 II BGB vorliegen.;)
    Mit der ( sog. ) Ermessensvergütung ist jedoch alles abgegolten; Auslagen daneben jibbet et nich !

  • Ja das mit der Berufsmäßigkeit ist wirklich komisch gelaufen...

    also sind die 90 € in Ordnung, wenn ich es für angemessen erachte. Die geltendgemachten zusätzlichen Auslagen sind jedoch nicht erstattungsfähig, weil die mit den 90 € abgegolten sind?

  • Nehme meine Aussage hinsichtlich der Erstattungsmöglichkeit von Auslagen zurück vgl. Damrau/Zimmermann Anm. 21 zu § 1836 BGB.

    Andererseits wäre die Sache ja damit zu einfach.
    Schließlich könnte man auch daran denken, die Feststellung gem. § 1 VBVG nachzuholen.;)

  • Weils mir gerade unterkommt :

    In dem Zusammenhang könnte auch die Entscheidung des OLG Oldenburg FamRZ 2012, S. 1961 relevant sein.
    Danach richtet sich die Vergütung des anwaltlichen Ergänzungspflegers regelmäßig nach VBVG.

  • Habe leider bloß die Leitsätze im Juris nachverfolgen können, da keine FamRZ zur Hand.

    Nachvollziehen kann man solche Leitsätze aber nicht, deswegen erlangt sowas für mich auch kaum Bedeutung.
    Das Gesetz macht doch hier in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB eine eindeutige Aussage zu den abweichenden Möglichkeiten bis hin zu 150 € in der Stunde (Rspr.).

    Vielleicht muss man die Entscheidung ja auch so lesen: "Nur weil jemand Anwalt ist und die Tätigkeit berufsmäßig ausübt, hat er noch keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung als nach dem VBVG. Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob besondere Fachkenntnisse notwendig waren bzw. ob Umfang und Schwierigkeiten der Geschäfte dies rechtfertigen."
    Wahrscheinlich muss man die Entscheidung auch so verstehen, man fragt sich dann nur, warum man Leitsätze nicht gleich so formuliert, dass man sie beim ersten Lesen versteht und nicht erst zu falschen Schlüssen kommt.

  • Hallo,

    meine anwaltliche Ergänzungspflegerin, die für den AK: "Vertretung der mj. Kinder in der Erbschaftsangelegenheit nach ihrem Vater.., einschließlich der kostenrechtl. Regelungen im Scheidungsverfahren..." eingesetzt ist, beansprucht eine Vergütung von 150 €/h.
    Parallel zu dem Familienverfahren wurde eine Nachlasspflegschaft eingerichtet, da aufgrund des Scheidungsverfahrens unklar war, ob die Mutter der Kinder Miterbin geworden ist.
    Der werthaltige Nachlass (u.a. erhebliches Barvermögen, Beteiligung an Unternehmen etc.) wurde vollständig vom Nachlasspfleger abgewickelt.
    Die Ergänzungspflegerin beansprucht den gleichen Stundensatz wie der Nachlasspfleger, wobei sie nicht weiter erläutert warum die Ergänzungspflegschaft besonders rechtlich schwierig war (§ 1915 Abs. 1 S. 2 BGB).
    Letztendlich bestand ihre Tätigkeit in der Korrespondenz mit dem NL-Pfleger und der Entgegennahme des bereinigten Nachlasses auf den für die Kinder angelegten Konten.
    Weiterhin macht sie Umsatzsteuer geltend.

    Ich werde sie jetzt um Mitteilung bitten, warum die Ergänzungspflegschaft derart rechtlich schwierig war, dass sie den m.E. absoluten Höchststundensatz beansprucht. Zudem werde ich sie auffordern den Vergütungsantrag hinsichtlich der Umsatzsteuer zu berichtigen.

    Seht ihr das ähnlich oder haltet ihr den Stundensatz für angemessen?
    Selbstverständlich werde ich die Mutter noch zum Vergütungsantrag der Ergänzungspflegerin anhören, gehe aber davon aus, dass diese keine Einwände erheben wird.

    Letzte Frage: Muss ich die Ergänzungspflegschaft mit Beschluss aufheben oder ist die Ergänzungspflegschaft automatisch durch Erledigung beendet? Ich tendiere dazu die Pflegschaft mit Beschluss aufzuheben.

    Vielen Dank für eure Meinungen!!!

  • Auch bei Beendigung durch Erledigung ist ein deklaratorischer Beschluß möglich (und hier vielleicht sogar angebracht).

    Festsetzung gegen das Mündelvermögen nehme ich an, sonst wäre ja noch der Bezi anzuhören.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ganz genau!

    Hab mir nochmal die Nachlassakte geholt. Der Nachlasspfleger wurde extra aufgrund seiner Rechtskenntnisse ausgewählt, weil er Anwalt für Familienrecht und geprüfter Nachlasspfleger ist. Zudem hat das Nachlassgericht bei Anhörung zum Vergütungsantrag festgestellt, dass die Nachlassangelegenheit überdurchschnittlich schwierig war.
    Das kann ich in der Ergänzungspflegschaft nicht feststellen, zumal die Ergänzungspflegerin erst tätig geworden ist, als der Nachlasspfleger alle Arbeiten im Rahmen der Nachlassabwicklung erledigt hatte. Sie hat daher auch nur 10 Stunden abgerechnet. Den Erbschein hat sie vorsorglich auch erst beantragt, als die Arbeit durch den "Nachlassverwalter " (so bezeichnet die Ergänzungspflegerin den Nachlasspfleger) erledigt war.

  • Bei berufsmäßiger Bestellung wird es bei dann wohl auf einen Nettostundensatz von 110 € hinauslaufen.

    Fehleinschätzung. Hier geht es um Freiberuf, nicht um Beamtentätigkeit.

    Wollte man eine Gleichwertigkeit mit dem Einkommen aus angestellter Tätigkeit als Maßstab nehmen, ist die Summe der Sozialabgaben zu berücksichtigen:
    [TABLE='width: 168']

    [tr]


    [TD='class: xl66, width: 84, align: right']Dienstnehmer 37,65%[/TD]
    [TD='class: xl67, width: 84, align: right'][/TD]

    [/tr]


    [/TABLE]
    Dienstgeber 20,53%

    Gesamt 58,18%
    Vor Steuern bleiben also [TABLE='width: 80']

    [tr]


    [TD='class: xl65, width: 80'] 87,27 € [/TD]

    [/tr]


    [/TABLE]

    Einmal editiert, zuletzt von Moosi (17. August 2021 um 17:04) aus folgendem Grund: Zahlen ergänzt

  • Wovon sprichst Du?

    Es handelt sich um eine anwaltliche berufsmäßige Pflegerin.

    Und hier gibt es üblicherweise Nettostundensätze von 100/110 € bei durchschnittlicher Schwierigkeit und von 130/150 € bei erheblicher bis außerordentlicher Schwierigkeit.

    Hierzu gibt es unendliche Rechtsprechung, auch wenn je nach OLG Bezirk hier und da mal 10 € mehr oder weniger gegeben werden.

  • Neben der Vergütung nach Zeitaufwand gibt es nur die Erstattung der tatsächlich entstandenen Auslagen.

    Auslagen bei Erstattung aus dem Vermögen sind aber nicht festsetzungsfähig. Das wurde im Bereich der Nachlasspflegschaft schon mehrfach obergerichtlich entschieden. Die Auslagen sind seitens des Pflegers somit unmittelbar vom Minderjährgen (bzw. seinem gesetzlichen Verteter) einzufordern. Das Gleiche gilt natürlich für die festgesetzte Vergütung, weil der Ergänzungspfleger keinen Zugriff auf den Nachlass hat.

  • Neben der Vergütung nach Zeitaufwand gibt es nur die Erstattung der tatsächlich entstandenen Auslagen.

    Auslagen bei Erstattung aus dem Vermögen sind aber nicht festsetzungsfähig. Das wurde im Bereich der Nachlasspflegschaft schon mehrfach obergerichtlich entschieden. Die Auslagen sind seitens des Pflegers somit unmittelbar vom Minderjährgen (bzw. seinem gesetzlichen Verteter) einzufordern. ...

    Das sehe ich nicht so, da die hier bestellte Ergänzungspflegerin keinen Zugriff auf das Vermögen hat, vgl. BeckOK FamFG/Schlünder, 39. Ed. 1.7.2021, FamFG § 168 Rn. 2:

    Zitat

    Nach Abs. 1 Nr. 1 können ein Vorschuss, Aufwendungsersatz, Aufwandsentschädigungen, soweit der Vormund sie aus der Staatskasse verlangen kann (wenn der Mündel mittellos ist), oder gegen den Mündel festgesetzt werden, wenn er bemittelt ist und der Vormund nicht die Vermögenssorge hat.

    Diese Regelung gilt auch für Pfleger, § 168 Abs. 5 FamFG.

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